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fluss zu nehmen und so in das freie Zusammenspiel von Angebot und Nachfrage
einzugreifen.
D. Die Motive einer Transaktion
Unter rechtlichen Gesichtspunkten ist eine Abgrenzung nach den Motiven von
Kurspflege und Marktmanipulation dann denkbar, wenn Kurspflegemaßnahmen und
Marktmanipulationen aus unterschiedlichen Beweggründen und Motivationslagen
heraus vorgenommen werden. Da es aber auch Motive gibt, die sowohl die Grundlage für eine Marktmanipulation als auch eine Kurspflege sein können, kann eine
Unterscheidung von Marktmanipulation und Kurspflege nicht zweifelsfrei ohne das
Hinzutreten weiterer Umstände nur aufgrund der Motivationslage der handelnden
Personen vorgenommen werden. Das Motiv einer Transaktion ist im Ergebnis zur
Abgrenzung von Kurspflege und Marktmanipulationen nicht geeignet.
E. Die Transparenz
Die Transparenz eignet sich zur Abgrenzung von Kurspflege und Marktmanipulation. Sie ist bedeutend, um Manipulationen zu erschweren und Informationsasymmetrien zu minimieren. Transparenz ist daher zwingende Voraussetzung dafür, dass
keine unzulässige Marktmanipulation vorliegt.
F. Die Anforderungen an die Bildung des Börsenpreises gem. § 24 BörsG
Die Anforderungen an den Börsenpreis gem. § 24 BörsG eignen sich nicht zur Abgrenzung der Marktmanipulation von der Kurspflege. Sowohl Marktmanipulationen
als auch Kurspflegemaßnahmen verstoßen nicht gegen § 24 BörsG. Weder Kurspflegemaßnahmen noch Marktmanipulationen führen zu einem Börsenpreis, der
nicht der wirklichen Marktlage nach § 24 Abs. 2 S. 1 BörsG entspricht und gegen
das Gebot der formalen Kurswahrheit verstößt. Beide Handelstechniken werden
letztlich mittels oder in Begleitung von realen, an sich ordnungsgemäß ausgeführten
Transaktionen durchgeführt.
G. Das Volumen einer Transaktion
Das Volumen einer Transaktion ist nicht dazu geeignet, Marktmanipulationen und
Kurspflegemaßnahmen zu konkretisieren und voneinander abzugrenzen. Es stellt
einen von vielen Einflussfaktoren auf die Bildung des Börsenkurses dar und ist nicht
allein dazu geeignet, den manipulativen Charakter eines Geschäfts festzustellen.
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Dieser kann nur unter Heranziehung weiterer Umstände bestimmt werden. Eine
abstrakte Regelung für alle möglichen Fallkonstellationen zu finden, ist aufgrund
der Vielzahl der Einflussfaktoren und der unbegrenzten Kombinationsvarianten
nicht möglich. Die Begrenzung des Volumens für ergänzende Stabilisierungsmaßnahmen ist jedoch ein hilfreicher Versuch, die Preisbildung in einer sensiblen Phase
kurz nach der Emission zu schützen, da so zumindest ein Einflussfaktor begrenzt
wird. Es ist aber nicht nachvollziehbar, warum bei den Regelungen für ergänzende
Stabilisierungsmaßnahmen die gewählten Volumenmengen festgesetzt wurden.
H. Der Ausübungszeitpunkt einer Transaktion / Das Zeitmoment
Maßnahmen zur Preisbeeinflussung stellen, nur weil sie außerhalb des gesetzlich
festgelegten Zeitraums ausgeübt wurden, keine unzulässige Marktmanipulation dar.
Die Begrenzung des Ausübungszeitraums ist daher kein geeignetes Kriterium, um
Kurspflege von Marktmanipulation abzugrenzen. Durch die Begrenzung des Stabilisierungszeitraums werden den Adressaten jedoch objektive Kriterien für die Anwendung der Vorschrift an die Hand gegeben. Das Überschreiten des Zeitraums
kann ein Indiz für eine unzulässige Maßnahme darstellen. Eine Begrenzung des
Stabilisierungszeitraums dient der Praktikabilität und der Überwachung der Regelungen.
I. Der Ausführungsort einer Transaktion
Der Ausführungsort ist zur Abgrenzung von Kurspflegemaßnahmen und Marktmanipulationen nur insoweit geeignet, als dieser dazu dient, den Regelungsbereich des
Verbotes der Marktmanipulation gem. § 20a WpHG festzustellen. Maßnahmen, die
vor einer Emission am Frauen Markt durchgeführt werden, sind nur in Ausnahmefällen zulässig. Preisbeeinflussende Maßnahmen am Grauen Markt können daher
weder eindeutig als Kurspflege noch als Marktmanipulation eingeordnet werden.
J. Die preisbeeinflussende Maßnahmen durchführende Person oder Institution
Eine konkrete Einordnung und Konkretisierung der einzelnen Handlungen als Kurspflege oder Marktmanipulation ist anhand der Person oder Institution, welche die
Handlungen vorgenommen hat, nicht eindeutig möglich. Als taugliche Täter einer
Marktmanipulation kommen sowohl unabhängige Dritte, als auch der Emittent oder
auch Banken in Betracht. Kursstabilisierungsmaßnahmen können in Übereinstimmung mit den Regelungen der AusnahmenVO nur von Wertpapierhäusern und Kreditinstituten, nicht jedoch vom Emittenten selbst durchgeführt werden. Wegen des
fehlenden abschließenden Charakters der Safe Harbour kann die Vornahme einer
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References
Zusammenfassung
Durch Marktmanipulation und Kurspflege wird die Bildung der Börsenkurse gezielt beeinflusst. Die Abgrenzung der verbotenen Börsenkursmanipulationen und der erlaubten Kurspflege stellt aufgrund des Phänomens der Ähnlichkeit der Handelstechniken eine Herausforderung dar und ist gerade in Zeiten der Finanzmarktkrise von Bedeutung.
Die Arbeit untersucht die in § 20a WpHG und den europäischen Regelungen zur Verfügung gestellten Abgrenzungsmerkmale darauf, ob sie sich zur Konkretisierung der verbotenen Marktmanipulation von der erlaubten Kurspflege eignen. So werden für den Leser Leitlinien entwickelt, die eine eindeutige Klassifizierung von Markmanipulation und Kurspflege als zulässig bzw. unzulässig ermöglichen.