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6. Kapitel: Thesenartige Zusammenfassung der Untersuchungsergebnisse
Die deutschen als auch die europäischen Regelungen, die sich mit der Marktmanipulation und der Kurspflege befassen, wurden dahin gehend untersucht, was unter den
genannten Begriffen der Kurspflege und der Marktmanipulation konkret zu verstehen ist und welche Abgrenzungskriterien der Gesetzgeber zur Einordnung zulässiger
und unzulässiger Maßnahmen zur Verfügung stellt. Im Ergebnis ist festzuhalten,
dass die vom Gesetzgeber zur Verfügung gestellten Abgrenzungskriterien zur Konkretisierung und Abgrenzung der Kurspflege von der Marktmanipulation wie folgt
zu beurteilen sind:
A. Abgrenzung nach der Art und Weise der vorgenommenen Handlungen
Kurspflege und Marktmanipulationen überschneiden sich nur im Bereich der handelsgestützten Manipulationen. Kurspflege kann nur durch tatsächliche Handelsaktivitäten bzw. Transaktionen durchgeführt werden. Werden falsche Informationen
verbreitet oder der innere Wert des Unternehmens durch reale Handlungen beeinflusst, liegt in jedem Falle eine verbotene Marktmanipulation vor. Die Handlungen,
die den Bereich der informationsgestützten und handelsgestützten Marktmanipulationen betreffen, fallen nicht in den Bereich des Safe Harbours und sind deshalb in
jedem Falle unzulässig.
B. Das Täuschungselement
Das Täuschungselement eignet sich zur Abgrenzung der Kurspflege von der Marktmanipulation, da es nur im Rahmen von Marktmanipulationen, nicht jedoch bei
Kurspflegemaßnahmen zu finden ist. Bei der Durchführung von Marktmanipulationen werden die Kapitalmarktteilnehmer getäuscht, da bei den Anlegern ein Irrtum
hervorgerufen wird. Bei der Kurspflege fehlt es an der Täuschung als Unrechtselement, da die Kurspflege umfangreich bekannt gemacht wird und dem Kapitalmarkt
alle notwendigen Informationen zur Verfügung gestellt werden.
C. Der Zweck einer Transaktion
Eine Abgrenzung von Kurspflege und Marktmanipulation aufgrund des mit den
Maßnahmen verfolgten Zwecks ist nicht möglich, da sowohl Kurspflegemaßnahmen
als auch Marktmanipulationen bezwecken, auf die Preisbildung an den Börsen Ein-
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fluss zu nehmen und so in das freie Zusammenspiel von Angebot und Nachfrage
einzugreifen.
D. Die Motive einer Transaktion
Unter rechtlichen Gesichtspunkten ist eine Abgrenzung nach den Motiven von
Kurspflege und Marktmanipulation dann denkbar, wenn Kurspflegemaßnahmen und
Marktmanipulationen aus unterschiedlichen Beweggründen und Motivationslagen
heraus vorgenommen werden. Da es aber auch Motive gibt, die sowohl die Grundlage für eine Marktmanipulation als auch eine Kurspflege sein können, kann eine
Unterscheidung von Marktmanipulation und Kurspflege nicht zweifelsfrei ohne das
Hinzutreten weiterer Umstände nur aufgrund der Motivationslage der handelnden
Personen vorgenommen werden. Das Motiv einer Transaktion ist im Ergebnis zur
Abgrenzung von Kurspflege und Marktmanipulationen nicht geeignet.
E. Die Transparenz
Die Transparenz eignet sich zur Abgrenzung von Kurspflege und Marktmanipulation. Sie ist bedeutend, um Manipulationen zu erschweren und Informationsasymmetrien zu minimieren. Transparenz ist daher zwingende Voraussetzung dafür, dass
keine unzulässige Marktmanipulation vorliegt.
F. Die Anforderungen an die Bildung des Börsenpreises gem. § 24 BörsG
Die Anforderungen an den Börsenpreis gem. § 24 BörsG eignen sich nicht zur Abgrenzung der Marktmanipulation von der Kurspflege. Sowohl Marktmanipulationen
als auch Kurspflegemaßnahmen verstoßen nicht gegen § 24 BörsG. Weder Kurspflegemaßnahmen noch Marktmanipulationen führen zu einem Börsenpreis, der
nicht der wirklichen Marktlage nach § 24 Abs. 2 S. 1 BörsG entspricht und gegen
das Gebot der formalen Kurswahrheit verstößt. Beide Handelstechniken werden
letztlich mittels oder in Begleitung von realen, an sich ordnungsgemäß ausgeführten
Transaktionen durchgeführt.
G. Das Volumen einer Transaktion
Das Volumen einer Transaktion ist nicht dazu geeignet, Marktmanipulationen und
Kurspflegemaßnahmen zu konkretisieren und voneinander abzugrenzen. Es stellt
einen von vielen Einflussfaktoren auf die Bildung des Börsenkurses dar und ist nicht
allein dazu geeignet, den manipulativen Charakter eines Geschäfts festzustellen.
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Zusammenfassung
Durch Marktmanipulation und Kurspflege wird die Bildung der Börsenkurse gezielt beeinflusst. Die Abgrenzung der verbotenen Börsenkursmanipulationen und der erlaubten Kurspflege stellt aufgrund des Phänomens der Ähnlichkeit der Handelstechniken eine Herausforderung dar und ist gerade in Zeiten der Finanzmarktkrise von Bedeutung.
Die Arbeit untersucht die in § 20a WpHG und den europäischen Regelungen zur Verfügung gestellten Abgrenzungsmerkmale darauf, ob sie sich zur Konkretisierung der verbotenen Marktmanipulation von der erlaubten Kurspflege eignen. So werden für den Leser Leitlinien entwickelt, die eine eindeutige Klassifizierung von Markmanipulation und Kurspflege als zulässig bzw. unzulässig ermöglichen.