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7. Kapitel: Endergebnis
Das Verbot der Marktmanipulation wird in Deutschland durch § 20a WpHG und die
MaKonV geregelt. Eine Definition enthalten die Vorschriften jedoch nicht. Unter
Marktmanipulation wird allgemein eine Vielzahl an Verhaltensweisen verstanden,
durch die auf unredliche Weise auf die Kurs- bzw. Preisbildung eingewirkt werden
kann. Nach den Regelungen der AusnahmenVO werden unter dem Begriff der
Kurspflege allgemein solche marktausgleichenden An- und Verkäufe verstanden,
die einer stetigen und stabilen Kursentwicklung dienen und einem Abgleiten der
Kurse oder auch unerwünschten künstlichen Kurssteigerungen entgegenwirken
sollen.
Die Konkretisierung und Abgrenzung der Marktmanipulation von der Kurspflege
ist unter Beachtung der Regelungen des § 20a WpHG, der MaKonV und der AusnahmenVO zwar schwierig, aber möglich. Eine Schwierigkeit bei der Einordnung
der verschiedenen Maßnahmen und Handlungen als zulässig bzw. unzulässig ergibt
sich daraus, dass oft ein subjektives Element entscheidend sein kann, um eine Handlung als zulässig oder unzulässig zu qualifizieren. Der Gesetzgeber hat sich zwar
bemüht, Regelungen zu schaffen, die eine Überprüfung der Maßnahmen aufgrund
objektiver Kriterien ermöglichen. Tatsächlich sind objektive Kriterien allein nicht
ausreichend, um die Zulässigkeit einer Maßnahme festzustellen. In der Praxis ist
eine Marktmanipulation deshalb oft nicht eindeutig feststellbar, weil es nicht gelingt,
die entsprechenden subjektiven Elemente nachzuweisen.
Im Ergebnis ist jedoch festzuhalten, dass der Gesetzgeber mit der Neufassung des
Verbotes der Marktmanipulation gem. § 20a WpHG und der MaKonV eine handhabbare Regelung für die Praxis geschaffen hat, die zwar nicht alle Unklarheiten
beseitigt, aber dennoch einige Kriterien enthält, die eine eindeutige Einordnung und
Unterscheidung von Kurspflege und Marktmanipulation ermöglichen. Dies zeigt
sich vor allem daran, dass sich die Anzahl der Ermittlungsverfahren seit den Gesetzesänderungen erheblich erhöht hat. Von einem Schattendasein578 der Marktmanipulation kann in keinem Falle mehr die Rede sein. Dies liegt aber abgesehen von den
Änderungen der gesetzlichen Vorschriften auch in einer Änderung des Bewusstseins. Seit der Entwicklung des Neuen Marktes und des damit verbundenen Zusammenbruchs eines gesamten Marktsegments rückte der Tatbestand der Marktmanipulation und die Durchführung von Kurspflegemaßnahmen durch entsprechende Berichterstattung in den Medien und den tatsächlichen Vorgängen mehr in den
Mittelpunkt des Geschehens.
Hinsichtlich der Tauglichkeit der einzelnen Abgrenzungskriterien ist abschlie-
ßend festzuhalten, dass das Täuschungselement, die Transparenz und das Prinzip der
Marktfairness sich zur Abgrenzung der Kurspflege und der Marktmanipulation eig-
578 Siehe oben Fn. 5.
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nen. Diese Merkmale lassen sich nur bei Marktmanipulationen, nicht aber bei Kurspflegemaßnahmen finden. Das Täuschungselement eignet sich zur Abgrenzung, da
im Rahmen von Marktmanipulationen die Kapitalmarktteilnehmer getäuscht werden
und so bei den Anlegern ein Irrtum hervorgerufen wird. Dem Kapitalmarkt werden
nicht alle notwendigen Informationen zur Verfügung gestellt, um die Täuschung und
den Irrtum als einen solchen zu identifizieren. Die Transparenz ist aus genau diesem
Grunde so wichtig für die Konkretisierung der einzelnen Handlung. Nur durch
Transparenz der Kurspflegemaßnahmen können dem Kapitalmarkt die notwendigen
Informationen zur Verfügung gestellt und Informationsasymmetrien im Markt minimiert werden. In diesem Zusammenhang steht auch das Prinzip der Marktfairness,
da nur der Manipulator mangels ausreichender Information des Kapitalmarktes gegen dieses Prinzip verstößt.
Alle Merkmale außer dem Täuschungselement, der Transparenz und dem Prinzip
der Marktfairness lassen sich sowohl bei der Kurspflege als auch bei der Marktmanipulation finden. Der Zweck und die Motive einer Transaktion können bei Marktmanipulationen und Kurspflegemaßnahmen zwar unterschiedlich sein, sie können
aber auch identisch sein. Eine eindeutige Abgrenzung ist folglich nicht möglich.
Auch das Volumen einer Transaktion bzw. der Zeitpunkt oder Zeitraum in welchem
die Maßnahmen vorgenommen werden, kann allenfalls einen Anhaltspunkt für die
Konkretisierung der Maßnahme geben. Gleiches gilt für die handelnde Person oder
die weiteren Marktprinzipien des § 8 MaKonV. Eine scharfe Trennlinie zwischen
Zulässigkeit und Unzulässigkeit kann aber aufgrund der Merkmale, die der Gesetzbzw. Verordnungsgeber zur Verfügung gestellt hat, nicht gezogen werden.
Auch wenn sich letztlich nur drei Abgrenzungskriterien finden ließen, die eine
Abgrenzung und Konkretisierung von Preis beeinflussenden Maßnahmen ermöglichen, so haben die Kapitalmarktteilnehmer doch einen Anhaltspunkt, der in Zweifelsfällen eine Einordnung einer Maßnahme erleichtert. Auch die Feststellung, dass
die anderen vom Gesetz- und Verordnungsgeber zur Verfügung gestellten Merkmale
sich gerade nicht zur Konkretisierung der Handlungen eignen ermöglicht eine Negativfeststellung und damit auch eine Hilfestellung bei der Einordnung einer Maßnahme als zulässig bzw. unzulässig.
Liegt jedoch eine Täuschung vor, fehlt es an Transparenz oder wird das Prinzip
der Marktfairness verletzt, kann der Kapitalmarktteilnehmer gewiss sein, dass eine
verbotene Marktmanipulation vorliegt. Eine Abgrenzung von Kurspflege und
Marktmanipulation wird so leichter möglich.
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References
Zusammenfassung
Durch Marktmanipulation und Kurspflege wird die Bildung der Börsenkurse gezielt beeinflusst. Die Abgrenzung der verbotenen Börsenkursmanipulationen und der erlaubten Kurspflege stellt aufgrund des Phänomens der Ähnlichkeit der Handelstechniken eine Herausforderung dar und ist gerade in Zeiten der Finanzmarktkrise von Bedeutung.
Die Arbeit untersucht die in § 20a WpHG und den europäischen Regelungen zur Verfügung gestellten Abgrenzungsmerkmale darauf, ob sie sich zur Konkretisierung der verbotenen Marktmanipulation von der erlaubten Kurspflege eignen. So werden für den Leser Leitlinien entwickelt, die eine eindeutige Klassifizierung von Markmanipulation und Kurspflege als zulässig bzw. unzulässig ermöglichen.