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Abgabe von Zeichnungswünschen oder zumindest zu überhöhten Zeichnungswünschen veranlasst werden könnten.473 In einem solchen Falle kommt eine Ahndung
des Verhaltens über allgemeine strafrechtliche Vorschriften wie § 263 StGB in Betracht.
II. Maßnahmen zur Preisbeeinflussung im regulierten Markt
Nach der Erstemission wird Kurspflege eingesetzt, um Kursschwankungen zu glätten, da sich noch kein Gleichgewicht von Angebot und Nachfrage im Markt gebildet
hat.474 Die Durchführung von Kurspflegemaßnahmen rechtfertigt sich im Hinblick
auf die Funktion der Börse, einen ordnungsgemäßen Handel aufrechtzuerhalten und
die Preiskontinuität sicherzustellen.475 Gleiches gilt auch für Sekundäremissionen.
Dies hat der europäische Gesetzgeber klargestellt, indem er Regelungen bzgl. des
Stabilisierungszeitraums nach einem SPO getroffen hat. Bei Sekundärplatzierungen
wird der Emissionspreis für junge Aktien aus einer Kapitalerhöhung meist mit einem deutlichen Abschlag gegenüber dem Sekundärmarktpreis festgelegt. Dieser
Abschlag ist erforderlich, um das Risiko bei der Platzierung der neuen Aktien zu
verringern. In diesem Fall resultiert aus der Stabilisierung der gleiche Effekt der
Verminderung des Risikoabschlags wie bei der Erstemission.476 Entgegen der Ansicht von Möller477 hat sich bei Zweitplatzierungen noch kein Marktgleichgewicht
gebildet, so dass auch bei einem SPO der Bedarf nach Kurspflegemaßnahmen besteht. Insbesondere wenn durch den SPO erst ein breiter Markt geschaffen werden
soll, der für institutionelle Investoren interessant ist, können sich durch das erhebliche zusätzliche Angebot von Aktien starke Kursschwankungen im Anschluss an die
Platzierung ergeben.478
III. Zusammenfassung
Maßnahmen, die vor einer Emission durchgeführt werden, sind nur in Ausnahmefällen zulässig. Eine Ahndung dort durchgeführter, manipulativer Handlungen kann
jedoch nicht über § 20a WpHG erfolgen, sofern ein Antrag auf Zulassung an einem
organisierten Markt nicht angekündigt oder gestellt ist. Preisbeeinflussende Maßnahmen am Grauen Markt können daher weder eindeutig als Kurspflege noch als
Marktmanipulation eingeordnet werden. Nach einer Emission ist es möglich, in
zulässiger Weise Kurspflegemaßnahmen durchzuführen. Kurspflegemaßnahmen
473 Krämer/Hess, FS für Döser, S. 171, 187.
474 Siehe oben S. 89.
475 Möller, WM 2002, 309, 315.
476 Meißner, Kursstabilisierung, S. 57 f.
477 Möller, WM 2002, 309, 315.
478 Krämer/Hess, FS für Döser, S. 171, 187.
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können daher nicht nur an bestimmten Handelsplätzen ausgeführt werden. Der Aus-
übungsort ist zur Abgrenzung von Kurspflegemaßnahmen und Marktmanipulationen
nur insoweit entscheidend, dass dieser dazu dient, den Regelungsbereich des Verbotes der Marktmanipulation gem. § 20a WpHG festzustellen.
I. Die preisbeeinflussende Maßnahmen durchführende Person oder Institution
Kurspflege und Marktmanipulationen können von verschiedenen Personen oder
Institutionen durchgeführt werden. Eine Marktmanipulation wird immer von Personen vorgenommen, die sich von ihren Handlungen einen bestimmten Vorteil erhoffen. Dies können z.B. eine Bank oder das Unternehmen selbst sein. In Betracht
kommt aber auch, dass ein unabhängiger Dritter versucht, den Kurs zu manipulieren.
Ähnlich ist es bei der Kurspflege. Auch hier kommen verschiedene Personen in
Betracht, welche die Kurspflegemaßnahmen durchführen könnten. Es ist auch in
Erwägung zu ziehen, dass nur bestimmte Personen dazu berechtigt sein könnten, die
Preisbildung zu beeinflussen, weil sie übergeordnete Ziele verfolgen. Aufgrund
dessen ist es vorstellbar, dass Marktmanipulationen und Kurspflegemaßnahmen
anhand der Personen, welche die entsprechenden Maßnahmen durchführen, unterschieden und konkretisiert werden könnten.
I. Zugehörigkeit zu einer Institution nach § 1 Abs. 3 WpHG
Maßnahmen bzw. Geschäfte, die aus geld- oder währungspolitischen Gründen oder
im Rahmen der öffentlichen Schuldenverwaltung von bestimmten Trägern hoheitlicher Gewalt, von beauftragten Organisationen oder von für deren Rechnung handelnden Personen getätigt werden, fallen gem. § 1 Abs. 3 WpHG nicht in den Anwendungsbereich des § 20a WpHG. Damit werden Maßnahmen, die von bestimmten
Organisationen und Institutionen im staatlichen Auftrag durchgeführt werden, von
dem Verbot der Marktmanipulation ausgenommen. Kurspflege aus geld- oder währungspolitischen Gründen ist folglich zumindest aus kapitalmarktrechtlicher Sicht
erlaubt. Der Grund hierfür ist, dass die Sicherung der Geld- und Währungspolitik
der Regierung dem Regelungsziel des § 20a WpHG übergeordnet ist. Der Schutz
des Kapitalmarktes und seiner Einrichtungen sowie ein ordnungsgemäßer Börsenhandel sind zwangsläufig in dieser Geld- und Währungspolitik beinhaltet. Kommt es
z.B. zu einem Verfall des Geldwertes, ist auch die Funktionsfähigkeit der Kapitalmärkte beeinträchtig. Den staatlichen Stellen muss es daher möglich sein, entsprechend in den Handel einzugreifen. Dass die staatlichen Stellen dies nur unter den
Gesichtpunkten des Allgemeinwohls dürfen, ist eine Selbstverständlichkeit. Ein
Missbrauch staatlicher Macht wird auch in einem solchen Fall nicht gerechtfertigt.
Allerdings betrifft diese Ausnahme nur den Fall, dass staatliche Organisationen
versuchen, z.B. dem Verfall des Geldwertes entgegen zu wirken. Aus diesem Grund
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References
Zusammenfassung
Durch Marktmanipulation und Kurspflege wird die Bildung der Börsenkurse gezielt beeinflusst. Die Abgrenzung der verbotenen Börsenkursmanipulationen und der erlaubten Kurspflege stellt aufgrund des Phänomens der Ähnlichkeit der Handelstechniken eine Herausforderung dar und ist gerade in Zeiten der Finanzmarktkrise von Bedeutung.
Die Arbeit untersucht die in § 20a WpHG und den europäischen Regelungen zur Verfügung gestellten Abgrenzungsmerkmale darauf, ob sie sich zur Konkretisierung der verbotenen Marktmanipulation von der erlaubten Kurspflege eignen. So werden für den Leser Leitlinien entwickelt, die eine eindeutige Klassifizierung von Markmanipulation und Kurspflege als zulässig bzw. unzulässig ermöglichen.