91
scheidungsprozeß wird bis zur Vollendung des 23. Lebensjahres hingenommen.185
3.1.3 Einbürgerung der ausländischen Bevölkerung
Auch die Einbürgerung von Ausländern in Deutschland regelt nunmehr das
Staatsangehörigkeitsgesetz (StAG). Mit dem Inkrafttreten des Zuwanderungsgesetzes wurden die entsprechenden Regeln über den Erwerb der deutschen Staatsangehörigkeit im Ausländerrecht gestrichen.186
Die Einbürgerung von Ausländern mit langen Aufenthaltszeiten ist seither in
§ § 10 ff. StAG (§ § 85 ff. AuslG) geregelt. Dieses sieht für bestimmte Personengruppen erleichterte Einbürgerungsmöglichkeiten vor. Erfüllt der Antragsteller die hier normierten Voraussetzungen, entsteht ein Einbürgerungsanspruch.
3.1.3.1 Einbürgerungsvoraussetzungen
§ 10 StAG Anspruch auf Einbürgerung
(§ 85 AuslG Einbürgerungsanspruch für Ausländer mit längerem Aufenthalt; Miteinbürgerung ausländischer Ehegatten und minderjähriger Kinder)
(1) 1Ein Ausländer, der seit acht Jahren rechtmäßig seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Inland hat, ist auf Antrag einzubürgern, wenn er
1. sich zur freiheitlichen demokratischen Grundordnung des Grundgesetzes für die
Bundesrepublik Deutschland bekennt und erklärt, dass er keine Bestrebungen verfolgt oder unterstützt oder verfolgt oder unterstützt hat, die gegen die freiheitliche
demokratische Grundordnung, den Bestand oder die Sicherheit des Bundes oder
eines Landes gerichtet sind oder eine ungesetzliche Beeinträchtigung der Amtsführung der Verfassungsorgane des Bundes oder eines Landes oder ihrer Mitglieder zum Ziele haben oder die durch Anwendung von Gewalt oder darauf gerichtete Vorbereitungshandlungen auswärtige Belange der Bundesrepublik
Deutschland gefährden, oder glaubhaft macht, dass er sich von der früheren Verfolgung oder Unterstützung derartiger Bestrebungen abgewandt hat,
185 Vgl. § 29 Abs. 2 StAG. Das Änderungsgesetz zum Ausländerrecht 2007 (Entwurf 28.3.07)
sieht den Wegfall dieser Regelung vor.
186 Die früheren Regelungen zur Einbürgerungsvoraussetzungen des Ausländergesetzes werden in Klammern aufgeführt.
92
2. freizügigkeitsberechtigter Unionsbürger oder gleichgestellter Staatsangehöriger
eines EWR-Staates ist oder als Staatsangehöriger der Schweiz eine Aufenthaltserlaubnis auf Grund des Abkommens vom 21. Juni 1999 zwischen der Europäischen
Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Schweizerischen Eidgenossenschaft andererseits über die Freizügigkeit (BGBl. 2001 II S. 810) besitzt
oder eine Aufenthaltserlaubnis-EU oder eine Niederlassungserlaubnis oder eine
Aufenthaltserlaubnis für andere als die in den § § 16, 17, 22, 23 Abs. 1, § § 23a,
24 und 25 Abs. 3 und 4 des Aufenthaltsgesetzes aufgeführten Aufenthaltszwecke
besitzt,
3. den Lebensunterhalt für sich und seine unterhaltsberechtigten Familienangehörigen ohne Inanspruchnahme von Leistungen nach dem Zweiten oder Zwölften
Buch Sozialgesetzbuch bestreiten kann,
4. seine bisherige Staatsangehörigkeit aufgibt oder verliert und
5. nicht wegen einer Straftat verurteilt worden ist.
Satz 1 Nr. 1 findet keine Anwendung, wenn ein minderjähriges Kind im Zeitpunkt
der Einbürgerung das 16. Lebensjahr noch nicht vollendet hat. Von der in Satz 1
Nr. 3 bezeichneten Voraussetzung wird abgesehen, wenn der Ausländer das 23. Lebensjahr noch nicht vollendet hat oder aus einem von ihm nicht zu vertretenden
Grund den Lebensunterhalt nicht ohne Inanspruchnahme von Leistungen nach
dem Zweiten oder Zwölften Buch Sozialgesetzbuch bestreiten kann.
(2) Der Ehegatte und die minderjährigen Kinder des Ausländers können nach
Maßgabe des Absatzes 1 mit eingebürgert werden, auch wenn sie sich noch nicht
seit acht Jahren rechtmäßig im Inland aufhalten.
(3) Weist ein Ausländer durch eine Bescheinigung nach § 43 Abs. 3 Satz 2 des
Aufenthaltsgesetzes die erfolgreiche Teilnahme an einem Integrationskurs nach,
wird die Frist nach Absatz 1 auf sieben Jahre verkürzt.
In der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zum Staatsangehörigkeitsgesetz
(StAR-VwV)187 werden die in § § 10 ff. StAG (§ § 85 ff. AuslG) aufgelisteten
Einbürgerungsvoraussetzungen näher konkretisiert. In § 10 Abs. 1 Satz 1 (§ 85
Absatz 1, Satz 1 AuslG) wird auf einen rechtmäßigen gewöhnlichen Aufenthalt
im Inland abgestellt, der seit acht Jahren ununterbrochen gegeben sein muss.188
Der Antragsteller muss sich in der Regel bei der Beantragung der Einbürgerung,
spätestens vor der Aushändigung der Einbürgerungsurkunde, zur freiheitlich-demokratischen Grundordnung des Grundgesetzes der Bundesrepublik Deutschland
bekennen und erklären, dass er nicht an verfassungsfeindlichen Bestrebungen
187 Allgemeine Verwaltungsvorschrift zum Staatsangehörigkeitsrecht (StAR-VwV) vom
13.12.2000. Diese wurde bis dato nicht verändert.
188 Vgl. ebenda, S. 57.
93
teilgenommen hat (Loyalitätserklärung).189 Der Antragsteller muss den Lebensunterhalt für sich und seine unterhaltsberechtigten Familienangehörigen ohne Inanspruchnahme von Sozial- oder Arbeitslosenhilfe bestreiten können (Lebensunterhalt aus eigenen Mitteln). Maßgeblich ist dabei auch, ob der Einbürgerungsbewerber in der Vergangenheit tatsächlich Sozial- oder Arbeitslosenhilfe in Anspruch genommen hat oder heute nimmt. Die Inanspruchnahme von Sozial- oder
Arbeitslosenhilfe steht der Einbürgerung nicht entgegen, wenn die Bedürftigkeit
nicht zu vertreten ist oder wenn der Einbürgerungsbewerber das 23. Lebensjahr
noch nicht vollendet hat.190
Ist der Einbürgerungsbewerber nicht staatenlos, so setzt der Einbürgerungsanspruch in der Regel voraus, dass er seine bisherige Staatsangehörigkeit aufgibt
(Vermeidung von Mehrstaatigkeit).191 Das Aufgeben der Staatsangehörigkeit umfasst alle Fälle des Ausscheidens, wie Entlassung, Genehmigung des Verzichts
auf die Staatsangehörigkeit oder Erlaubnis zum Staatsangehörigkeitswechsel. Als
Verlust wird das kraft Gesetzes eintretende Ausscheiden aus der bisherigen
Staatsangehörigkeit verstanden.192
Sowohl der Ehegatte als auch die minderjährigen Kinder eines Ausländers können mit diesem eingebürgert werden, auch wenn sie sich noch nicht acht Jahre
rechtmäßig in Deutschland aufhalten. Die miteinzubürgernden Familienangehörigen müssen aber grundsätzlich ebenso die vorgenannten Voraussetzungen für
den Anspruch auf Einbürgerung erfüllen. Bei einem miteinzubürgernden Ehegatten genügt jedoch ein rechtmäßiger Inlandsaufenthalt von vier Jahren bei zweijähriger Dauer der ehelichen Lebensgemeinschaft.193 Zudem werden vom miteinzubürgernden Ehegatten grundsätzlich ausreichende Deutschkenntnisse verlangt.194 Bei miteinzubürgernden Kindern unter 16 Jahren genügt ein rechtmä-
ßiger Inlandsaufenthalt von drei Jahren. Bei einem Kind, das im Zeitpunkt der
Miteinbürgerung das sechste Lebensjahr noch nicht vollendet hat, ist es sogar
ausreichend, wenn es unmittelbar vor der Einbürgerung sein halbes Leben rechtmäßig im Inland verbracht hat.195
Die 2007 beschlossene Reform des Zuwanderungsrechts beinhaltet auch eine Änderung des Staatsangehörigkeitsgesetzes. Hiernach wird § 10 StAG wie folgt neu
gefasst:
189 Vgl. ebenda, S. 58 ff.
190 Vgl. ebenda, S. 61 f.
191 Bei Einbürgerungsbewerbern, deren Herkunftsstaat die Aufgabe oder den Verlust rechtlich
nicht vorsieht, wird gemäß § 12 Abs. 1 StAG (§ 87 AuslG) eine Einbürgerung unter Hinnahme der Mehrstaatigkeit vollzogen.
192 Vgl. Allgemeine Verwaltungsvorschrift zum Staatsangehörigkeitsrecht (StAR-VwV) vom
13.12.2000, S. 61.
193 Vgl. ebenda, S. 63.
194 Vgl. ebenda, S. 64.
195 Vgl. ebenda, S. 63.
94
§ 10 StAG Anspruch auf Einbürgerung196
(1) Ein Ausländer, der seit acht Jahren rechtmäßig seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Inland hat und handlungsfähig nach Maßgabe von § 80 des Aufenthaltsgesetzes oder gesetzlich vertreten ist, ist auf Antrag einzubürgern, wenn er
1. sich zur freiheitlichen demokratischen Grundordnung des Grundgesetzes für die
Bundesrepublik Deutschland bekennt und erklärt, dass er keine Bestrebungen verfolgt oder unterstützt oder verfolgt oder unterstützt hat, die
a) gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung, den Bestand oder die Sicherheit des Bundes oder eines Landes gerichtet sind oder
b) eine ungesetzliche Beeinträchtigung der Amtsführung der Verfassungsorgane
des Bundes oder eines Landes oder ihrer Mitglieder zum Ziele haben oder
c) durch Anwendung von Gewalt oder darauf gerichtete Vorbereitungshandlungen
auswärtige Belange der Bundesrepublik Deutschland gefährden, oder glaubhaft
macht, dass er sich von der früheren Verfolgung oder Unterstützung derartiger Bestrebungen abgewandt hat,
2. ein unbefristetes Aufenthaltsrecht oder als Staatsangehöriger der Schweiz oder
dessen Familienangehöriger eine Aufenthaltserlaubnis auf Grund des Abkommens
vom 21. Juni 1999 zwischen der Europäischen Gemeinschaft und ihren Mitgliedsstaaten einerseits und der Schweizerischen Eidgenossenschaft andererseits über
die Freizügigkeit oder eine Aufenthaltserlaubnis für andere als die in den § § 16,
17, 20, 22, 23 Abs. 1, § § 23a, 24 und 25 Abs. 3 bis 5 des Aufenthaltsgesetzes aufgeführten Aufenthaltszwecke besitzt.
3. den Lebensunterhalt für sich und seine unterhaltsberechtigten Familienangehörigen ohne Inanspruchnahme von Leistungen nach dem Zweiten oder Zwölften
Buch Sozialgesetzbuch bestreiten kann oder deren Inanspruchnahme nicht zu vertreten hat,
4. seine bisherige Staatsangehörigkeit aufgibt oder verliert,
5. weder wegen einer rechtswidrigen Tat zu einer Strafe verurteilt noch gegen ihn
auf Grund seiner Schuldunfähigkeit eine Maßregel der Besserung und Sicherung
angeordnet worden ist,
6. über ausreichende Kenntnisse der deutschen Sprache verfügt und
7. über Kenntnisse der Rechts- und Gesellschaftsordnung und der Lebensverhältnisse in Deutschland verfügt.
196 § 10 StAG i.d.F. AuslRÄndG 2007 (Entwurf 28.3.07).
95
Die Voraussetzungen nach Satz 1 Nr. 1 und Nr. 7 müssen Ausländer nicht erfüllen,
die nicht handlungsfähig nach Maßgabe von § 80 Abs. 1 des Aufenthaltsgesetzes
sind.
(2) Der Ehegatte und die minderjährigen Kinder des Ausländers können nach Maßgabe des Absatzes 1 mit eingebürgert werden, auch wenn sie sich noch nicht seit
acht Jahren rechtmäßig im Inland aufhalten.
(3) Weist ein Ausländar durch die Bescheinigung des Bundesamtes für Migration
und Flüchtlinge die erfolgreiche Teilnahme an einem Integrationskurs nach, wird
die Frist nach Absatz 1 auf sieben Jahre verkürzt. Bei Vorliegen besonderer Integrationsleistungen, insbesondere beim Nachweis von Sprachkenntnissen, die die
Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 6 übersteigen, kann sie auf sechs Jahre
verkürzt werden.
(4) Die Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 6 liegen vor, wenn der Ausländer die Anforderungen der Sprachprüfung zum Zertifikat Deutsch (B1 des Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmens) in mündlicher und schriftlicher Form
erfüllt. Bei einem minderjährigen Kind, das im Zeitpunkt der Einbürgerung das 16.
Lebensjahr noch nicht vollendet hat, sind die Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz
1 Nr. 6 bei einer altersgemäßen Sprachentwicklung erfüllt.
(5) Die Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 7 sind in der Regel durch einen
erfolgreichen Einbürgerungstest nachgewiesen. Zur Vorbereitung darauf werden
Einbürgerungskurse angeboten; die Teilnahme daran ist nicht verpflichtend.
(6) Von den Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 6 und 7 wird abgesehen,
wenn der Ausländer sie wegen einer körperlichen, geistigen oder seelischen
Krankheit oder Behinderung oder altersbedingt nicht erfüllen kann.
(7) Das Bundesministerium der Innern wird ermächtigt, die Prüfungs- und Nachweismodalitäten des Einbürgerungstests sowie die Grundstruktur und die Lerninhalte des Einbürgerungskurses nach Absatz 5 auf der Basis der Themen des Orientierungskurses nach § 43 Abs. 3 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes durch Rechtsverordnung, die nicht der Zustimmung des Bundesrates bedarf, zu regeln.
Die Änderungen konkretisieren insbesondere die Regelungen bezüglich der
Sprachkursteilnahme. Nunmehr wird eine standardisierte Sprachprüfung in
mündlicher und schriftlicher Form verlangt. Gleichzeitig wird dem Ausländer die
Möglichkeit eingeräumt, sich bei erfolgreicher Teilnahme an einem Integrationskurs schneller einbürgern zu lassen. Bei Vorliegen einer erfolgreichen Teilnahme
wird die Frist auf sieben Jahre verkürzt. Bei Vorliegen besonderer Integrationsleistungen kann die Frist sogar auf sechs Jahre verkürzt werden. Auffallend ist,
dass die »erleichterte Einbürgerung« für 16-23 Jährige nicht mehr vorgesehen ist.
Bisher konnten sich unter 23-jährige einbürgern lassen ohne nachzuweisen, dass
sie ihren Lebensunterhalt selbst sichern können.
96
3.1.3.2 Einbürgerung bei Straffälligkeit
Bei straffälligen Ausländern, deren Verurteilungen im Bundeszentralregister weder getilgt wurden noch die zu tilgen sind, wird über die Einbürgerung gemäß
§ 12a StAG (§ 88 AuslG, Entscheidung bei Straffälligkeit) entschieden.
§ 12a StAG Einbürgerung trotz Vorstrafen
(1) Nach § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 bleiben außer Betracht
1. die Verhängung von Erziehungsmaßregeln oder Zuchtmitteln nach dem Jugendgerichtsgesetz,
2. Verurteilungen zu Geldstrafe bis zu 180 Tagessätzen und
3. Verurteilungen zu Freiheitsstrafe bis zu sechs Monaten, die zur Bewährung
ausgesetzt und nach Ablauf der Bewährungszeit erlassen worden sind.
Ist der Ausländer zu einer höheren Strafe verurteilt worden, so wird im Einzelfall
entschieden, ob die Straftat außer Betracht bleiben kann.
(2) Ausländische Verurteilungen zu Strafen sind zu berücksichtigen, wenn die Tat
im Inland als strafbar anzusehen ist, die Verurteilung in einem rechtsstaatlichen
Verfahren ausgesprochen worden ist und das Strafmaß verhältnismäßig ist. Eine
solche Verurteilung kann nicht mehr berücksichtigt werden, wenn sie nach dem
Bundeszentralregistergesetz zu tilgen wäre. Absatz 1 gilt entsprechend.
(3) Wird gegen einen Ausländer, der die Einbürgerung beantragt hat, wegen des
Verdachts einer Straftat ermittelt, ist die Entscheidung über die Einbürgerung bis
zum Abschluss des Verfahrens, im Falle der Verurteilung bis zum Eintritt der
Rechtskraft des Urteils auszusetzen. Das Gleiche gilt, wenn die Verhängung der
Jugendstrafe nach § 27 des Jugendgerichtsgesetzes ausgesetzt ist.
(4) Im Ausland erfolgte Verurteilungen und im Ausland anhängige Ermittlungsund Strafverfahren sind im Einbürgerungsantrag aufzuführen.
Geringfügige Delikte gemäß § 12a Abs. 1 Satz 1 und 2 StAG stehen der Einbürgerung oder Miteinbürgerung nicht entgegen.197 Ist jedoch eine Freiheitsstrafe zur
Bewährung ausgesetzt und die Bewährungszeit noch nicht abgelaufen, so hat die
zuständige Behörde zu prüfen, ob sie den Einbürgerungsantrag ablehnt oder das
Verfahren bis zum Erlass der Freiheitsstrafe nach Ablauf der Bewährungszeit aus-
197 Hierbei handelt es sich um die Verhängung von Erziehungsmaßregeln oder Zuchtmitteln
nach dem Jugendgerichtsgesetz bzw. Verurteilung zu Geldstrafen bis zu 180 Tagessätzen.
97
setzt.198 Wurde der Ausländer zu einer Strafe verurteilt, die nicht unter § 12a Satz
1 Nr. 2, 3 StAG fällt, muss nach Ermessen entschieden werden, ob die Verurteilung für eine Einbürgerung außer Betracht bleiben kann.199
Die Einbürgerungsvoraussetzungen trotz Vorstrafen werden durch das Änderungsgesetz 2007 (Entwurf 28.3.07) deutlich verschärft.
§ 12a StAG Einbürgerungen trotz Vorstrafen200
(1) Bei der Einbürgerung bleiben außer Betracht
1. die Verhängung von Erziehungsmaßregeln oder Zuchtmitteln nach dem Jugendgerichtsgesetz,
2. Verurteilungen zu Geldstrafe bis zu 90 Tagessätzen und
3. Verurteilungen zu Freiheitsstrafe bis zu drei Monaten, die zur Bewährung ausgesetzt und nach Ablauf der Bewährungszeit erlassen worden sind. Bei mehreren
Verurteilungen zu Geld- oder Freiheitsstrafen im Sinne von Satz 1 Nr. 2 und Nr. 3
sind diese zusammen zu zählen, es sei denn, es wird eine niedrigere Gesamtstrafe
gebildet; treffen Geld- und Freiheitsstrafe zusammen, entspricht ein Tagessatz
einem Tag Freiheitsstrafe. Übersteigt die Strafe oder die Summe der Strafen geringfügig den Rahmen nach Satz 1 und 2, so wird im Einzelfall entschieden, ob
diese außer Betracht bleiben kann. Ist eine Maßregel der Besserung und Sicherung
nach § 61 Nr. 5 oder Nr. 6 des Strafgesetzbuches angeordnet worden, so wird im
Einzelfall entschieden, ob die Maßregel der Besserung und Sicherung außer Betracht bleiben kann.
(2) 1 Ausländische Verurteilungen zu Strafen sind zu berücksichtigen, wenn die
Tat im Inland als strafbar anzusehen ist, die Verurteilung in einem rechtsstaatlichen Verfahren ausgesprochen worden ist und das Strafmaß verhältnismäßig ist. 2
Eine solche Verurteilung kann nicht mehr berücksichtigt werden, wenn sie nach
dem Bundeszentralregistergesetz zu tilgen wäre. 3 Absatz 1 gilt entsprechend.
(3) 1 Wird gegen einen Ausländer, der die Einbürgerung beantragt hat, wegen des
Verdachts einer Straftat ermittelt, ist die Entscheidung über die Einbürgerung bis
zum Abschluss des Verfahrens, im Falle der Verurteilung bis zum Eintritt der
Rechtskraft des Urteils auszusetzen. 2 Das Gleiche gilt, wenn die Verhängung der
Jugendstrafe nach § 27 des Jugendgerichtsgesetzes ausgesetzt ist.
198 Vgl. Allgemeine Verwaltungsvorschrift zum Staatsangehörigkeitsrecht (StAR-VwV) vom
13.12.2000, S. 75.
199 Ebd. Dies ist der Fall, wenn eine Tilgung der Verurteilung zu erwarten ist oder wenn eine
Freiheitsstrafe bis zu sechs Monaten nicht zur Bewährung ausgesetzt oder nach Ablauf
der Bewährungszeit nicht erlassen worden ist.
200 § 12a StAG i.d.F. AuslRÄndG 2007 (Entwurf 28.3.07).
98
(4) Im Ausland erfolgte Verurteilungen und im Ausland anhängige Ermittlungsund Strafverfahren sind im Einbürgerungsantrag aufzuführen.
Der Gesetzgeber erschwert mithin die Einbürgerung von straffälligen Ausländern. Während die aktuelle Einbürgerungsvoraussetzung eine Verurteilung zu einer Geldstrafe von bis zu 180 Tagessätzen hinnimmt, wird diese nunmehr auf
90 Tagessätze gesenkt. Auch hinsichtlich der Freiheitsstrafen wird eine Verschärfung vorgenommen. Die hingenommene Freiheitsstrafe darf nunmehr nur noch
drei, statt bisher sechs Monate betragen. Ferner werden mehrere Verurteilungen
zu Geld- oder Freiheitsstrafen zusammengerechnet und wirken sich insofern stärker zu Lasten des Betroffenen aus.
3.1.3.3 Deutsch durch Geburt
Das Staatsangehörigkeitsgesetz (StAG) regelt im Übrigen den Erwerb der Staatsangehörigkeit durch Geburt. Nach § 4 Abs. 1 und 2 StAG wird die deutsche
Staatsangehörigkeit mit der Geburt durch Abstammung erworben (ius sanguinis).
Absatz 3 der Norm sieht den Erwerb der deutschen Staatsangehörigkeit durch Geburt im Inland vor (ius soli). Absatz 4 der Norm schränkt den Erwerb durch Abstammung ein.201
§ 4 StAG Geburt
(1) 1Durch die Geburt erwirbt ein Kind die deutsche Staatsangehörigkeit, wenn ein
Elternteil die deutsche Staatsangehörigkeit besitzt. 2Ist bei der Geburt des Kindes
nur der Vater deutscher Staatsangehöriger und ist zur Begründung der Abstammung nach den deutschen Gesetzen die Anerkennung oder Feststellung der Vaterschaft erforderlich, so bedarf es zur Geltendmachung des Erwerbs einer nach den
deutschen Gesetzen wirksamen Anerkennung oder Feststellung der Vaterschaft;
die Anerkennungserklärung muß abgegeben oder das Feststellungsverfahren muß
eingeleitet sein, bevor das Kind das 23. Lebensjahr vollendet hat.
(2) Ein Kind, das im Inland aufgefunden wird (Findelkind), gilt bis zum Beweis
des Gegenteils als Kind eines Deutschen.
(3) 1Durch die Geburt im Inland erwirbt ein Kind ausländischer Eltern die deutsche
Staatsangehörigkeit, wenn ein Elternteil
1. seit acht Jahren rechtmäßig seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Inland hat und
2. freizügigkeitsberechtigter Unionsbürger oder gleichgestellter Staatsangehöriger eines
EWR-Staates ist oder als Staatsangehöriger der Schweiz eine Aufenthaltserlaubnis auf
201 Vgl. Allgemeine Verwaltungsvorschrift zum Staatsangehörigkeitsrecht (StAR-VwV) vom
13.12.2000, S. 5 ff.
99
Grund des Abkommens vom 21. Juni 1999 zwischen der Europäischen Gemeinschaft und
ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Schweizerischen Eidgenossenschaft andererseits
über die Freizügigkeit (BGBl. 2001 II S. 810) besitzt oder eine Aufenthaltserlaubnis-EU
oder eine Niederlassungserlaubnis besitzt.
2Der Erwerb der deutschen Staatsangehörigkeit wird durch den für die Beurkundung der Geburt des Kindes zuständigen Standesbeamten eingetragen. 3Das Bundesministerium des Innern wird ermächtigt, mit Zustimmung des Bundesrates
durch Rechtsverordnung Vorschriften über das Verfahren zur Eintragung des Erwerbs der Staatsangehörigkeit nach Satz 1 zu erlassen.
(4) 1Die deutsche Staatsangehörigkeit wird nicht nach Absatz 1 erworben bei Geburt im Ausland, wenn der deutsche Elternteil nach dem 31. Dezember 1999 im
Ausland geboren wurde und dort seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat, es sei denn,
das Kind würde sonst staatenlos. 2Die Rechtsfolge nach Satz 1 tritt nicht ein, wenn
der deutsche Elternteil die Geburt innerhalb eines Jahres der zuständigen Auslandsvertretung anzeigt. 3Sind beide Elternteile deutsche Staatsangehörige, so tritt
die Rechtsfolge des Satzes 1 nur ein, wenn beide die dort genannten Voraussetzungen erfüllen.
Neben dem Abstammungsprinzip, dem Erwerb der deutschen Staatsangehörigkeit der Eltern oder eines Elternteils durch Geburt, gilt zusätzlich seit dem 1. Januar 2000 das Geburtsrecht. In Deutschland geborene Kinder von ausländischen
Eltern werden ab diesem Zeitpunkt mit der Geburt automatisch Deutsche, wenn
ein Elternteil sich bei der Geburt seit mindestens acht Jahren dauerhaft und rechtmäßig in Deutschland aufhält und seit mindestens drei Jahren eine unbefristete
Aufenthaltsgenehmigung hat. Als rechtmäßiger Aufenthalt werden alle anrechenbare Aufenthaltszeiten anerkannt, die mit einem Aufenthaltstitel dokumentierbar
sind. Die Duldung ist hiervon ausgenommen.202
Im Bereich des Erwerbs der Staatsangehörigkeit sieht die Reform 2007 insofern
eine Veränderung vor, als ein im Inland geborenes Kind die Staatsangehörigkeit
erwirbt, wenn ein Elternteil über ein unbefristetes Aufenthaltsrecht oder als
Staatsangehöriger der Schweiz oder dessen Familienangehöriger über eine Aufenthaltserlaubnis verfügt.203
3.1.3.4 Ausschluss von Einbürgerung
In § 11 StAG (§ 86 AuslG, Ausschlussgründe) werden die Kriterien, die der Einbürgerung entgegenstehen bzw. einen Ausschluss von der Einbürgerung begründen, aufgeführt.
202 Vgl. ebenda, S. 7 f.
203 Vgl. § 4 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 StAG i.d.F. AuslRÄndG 2007 (Entwurf 28.3.07).
100
§ 11 StAG Ausschlussgründe
Ein Anspruch auf Einbürgerung nach § 10 besteht nicht, wenn
1. der Ausländer nicht über ausreichende Kenntnisse der deutschen Sprache verfügt,
2. tatsächliche Anhaltspunkt die Annahme rechtfertigen, dass der Einbürgerungsbewerber Bestrebungen verfolgt oder unterstützt oder verfolgt oder unterstützt
hat, die gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung, den Bestand oder
die Sicherheit des Bundes oder eines Landes gerichtet sind oder eine ungesetzliche
Beeinträchtigung der Amtsführung der Verfassungsorgane des Bundes oder eines
Landes oder ihrer Mitglieder zum Ziele haben oder die durch Anwendung von Gewalt oder darauf gerichtete Vorbereitungshandlungen auswärtige Belange der
Bundesrepublik Deutschland gefährden, es sei denn, der Einbürgerungsbewerber
macht glaubhaft, dass er sich von der früheren Verfolgung oder Unterstützung derartiger Bestrebungen abgewandt hat, oder
3. ein Ausweisungsgrund nach § 54 Nr. 5 und 5a des Aufenthaltgesetzes vorliegt.
Satz 1 Nr. 3 gilt entsprechend für Ausländer im Sinne des § 1 Abs. 2 des Aufenthaltsgesetzes und auch für Staatsangehörige der Schweiz, die eine Aufenthaltserlaubnis auf Grund des Abkommens vom 21. Juni 1999 zwischen der Europäischen
Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Schweizerischen Eidgenossenschaft andererseits über die Freizügigkeit (BGBl. 2001 II S. 810) besitzen.
Der Einbürgerungsbewerber muss über ausreichende Sprachkenntnisse verfügen.
Diese sind gegeben, wenn sich der Ausländer im täglichen Leben in seiner deutschen Umgebung sprachlich zurechtfindet. Auch die Fertigkeit des Lesens eines
deutschsprachigen Textes, des Verstehens und die mündliche Wiedergabe des wesentlichen Textinhalts ist erforderlich. Sprachkenntnisse gelten als nachgewiesen, wenn der Einbürgerungsbewerber ein deutsches Sprachdiplom erworben,
vier Jahre eine deutsche Schule mit Erfolg besucht, einen deutschen Schulabschluss erlangt oder ein Studium an einer deutschsprachigen Hoch- bzw. Fachhochschule abgeschlossen hat. Verfügt der Einbürgerungsbewerber nicht über einen dieser Nachweise, so kann eine Überprüfung der Sprachkenntnisse angeordnet werden.204
Liegen tatsächliche Anhaltspunkte für eine verfassungsfeindliche oder extremistische Betätigung des Einbürgerungsbewerbers vor, so kann dieser von der Einbürgerung ausgeschlossen werden. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn der
Ausländer die freiheitliche demokratische Grundordnung oder die Sicherheit der
204 Vgl. Allgemeine Verwaltungsvorschrift zum Staatsangehörigkeitsrecht (StAR-VwV) vom
13.12.2000, S. 65 f.
101
Bundesrepublik Deutschland gefährdet oder sich bei der Verfolgung politischer
Ziele an Gewalttätigkeiten beteiligt oder öffentlich zur Gewaltanwendung aufruft
oder mit Gewaltanwendung droht. Entscheidend ist dabei allein die Erfüllung des
Ausweisungstatbestandes des § 55 Abs. 2 AufenthG (§ 46 Nr. 1 AuslG). Auf die
konkrete Zulässigkeit einer Ausweisung kommt es nicht an.205
Im StAG werden die Ausschlussgründe durch das Änderungsgesetz 2007 (Entwurf 28.3.07) wie folgt neu gefasst:
§ 11 StAG Ausschlussgründe206
Die Einbürgerung ist ausgeschlossen, wenn
1. tatsächliche Anhaltspunkte die Annahme rechtfertigen, dass der Ausländer Bestrebungen verfolgt oder unterstützt oder verfolgt oder unterstützt hat, die gegen
die freiheitliche demokratische Grundordnung, den Bestand oder die Sicherheit
des Bundes oder eines Landes gerichtet sind oder eine ungesetzliche Beeinträchtigung der Amtsführung der Verfassungsorgane des Bundes oder eines Landes
oder ihrer Mitglieder zum Ziele haben oder die durch die Anwendung von Gewalt
oder darauf gerichtete Vorbereitungshandlungen auswärtige Belange der Bundesrepublik Deutschland gefährden, es sei denn, der Ausländer macht glaubhaft, dass
er sich von der früheren Verfolgung oder Unterstützung derartiger Bestrebungen
abgewandt hat, oder
2. ein Ausweisungsgrund nach § 54 Nr. 5 und 5a des Aufenthaltsgesetzes vorliegt.
Satz 1 Nr. 2 gilt entsprechend für Ausländer im Sinne des § 1 Abs. 2 des Aufenthaltsgesetzes und auch für Staatsangehörige der Schweiz und deren Familienangehörige, die eine Aufenthaltserlaubnis auf Grund des Abkommens vom 21. Juni
1999 zwischen der Europäischen Gemeinschaft und ihren Mitgliedsstaaten einerseits und der Schweizerischen Eidgenossenschaft andererseits über die Freizügigkeit besitzen.
Bemerkenswert ist, dass das Vorhandensein von ausreichenden Kenntnissen der
deutschen Sprache nun in § 11 Abs. 1 StAG i.d.F. AuslRÄndG 2007 (Entwurf
28.3.07) wegfällt, dafür als allgemeine Einbürgerungsvoraussetzung in § 10
StAG aufgeführt wird. Ausreichende Kenntnisse der deutschen Sprache werden
mithin deutlich wichtiger genommen.
205 Vgl. ebenda, S. 66.
206 § 11 StAG i.d.F. AuslRÄndG 2007 (Entwurf 28.3.07).
102
3.1.4 Einbürgerungsstatistik
Der Erwerb der deutschen Staatsangehörigkeit stellt für Ausländer auch eine Garantie zur Sicherung des Bleiberechts dar. Straffälligkeit kann nicht mehr zur Beendigung des Aufenthalts führen, denn ein deutscher Staatsangehöriger kann
selbstredend weder ausgewiesen noch abgeschoben werden.
Abbildung 18:207
Im Jahr 2005 wurden 117.241 Personen in Deutschland eingebürgert. Etwa 27%
(32.611 Personen) der Eingebürgerten waren türkische Staatsangehörige. Dies
entspricht ca.1,85 % der hier lebenden türkischen Staatsangehörigen. Die Einbürgerungszahlen der vergangenen Jahre, die rückläufig sind, verdeutlichen den
Stellenwert der deutschen Staatsangehörigkeit für die hier lebenden türkischen
Staatsangehörigen. Allein im Jahr 1999 ließen sich 100.324 türkische Staatsangehörige einbürgern. Dies entspricht einer Einbürgerungsquote von ca. 4,9%, das
heißt, dass etwa jeder zwanzigste türkische Staatsangehörige sich einbürgern
ließ.208 Auch wenn die Einbürgerungszahlen auch bei den türkischen Staatsange-
207 Statistisches Bundesamt (2006), Bevölkerung und Erwerbstätigkeit – Einbürgerungen,
Fachserie 1/ Reihe 2.1, Stand 2005, Wiesbaden, S. 20-23.
208 Vgl. ebenda, S. 16.
Einbürgerung von Ausländern nach den häufigsten
Herkunftsstaaten (2005)
2.975
3.133
3.363
3.684
4.136
4.482
5.055
6.896
8.824
32.611
0 5.000 10.000 15.000 20.000 25.000 30.000 35.000
Kasachstan
Afghanistan
Ukraine
Marokko
Irak
Iran
Russische Föderation
Polen
Serbien Montenegro
Türkei
Chapter Preview
References
Zusammenfassung
Für straffällige Ausländer, die in Deutschland geboren oder im Kindesalter eingereist sind, stellt sich eine Ausweisung regelmäßig als „Doppelbestrafung“ dar. Auch die Verwurzelung im Bundesgebiet schützt nach nationalen Maßstäben hiervor nur begrenzt. Betrachtet man das sozioökonomische Profil der Ausgewiesenen, so zeigt sich, dass diese fast ausnahmslos der sog. Unterschicht angehören. Bildungsarmut, Arbeits- und Perspektivlosigkeit sowie der damit einhergehende unsichere Aufenthaltsstatus bestimmen ihr Leben. Im Gegensatz zum bisherigen nationalen Ausländerrecht stellt der Europäische Ausweisungsschutz nun insbesondere für Unionsbürger und assoziationsbegünstigte türkische Staatsangehörige stärker auf faktische Bindungen in der „Heimat“ ab. Aus sozialwissenschaftlicher Perspektive ist nachweisbar, dass er hierdurch ausgesprochen effektiv wirkt und die Ausweisungszahlen in der Ausländerpraxis deutlich reduziert hat.