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tuation von Ausländern zu sehen. Defizitäre Ausprägungen im Bereich sprachlicher Kompetenz und schulischer bzw. beruflicher Qualifikation begünstigen in
hohem Maße die vorliegenden Missstände. So lag im Jahr 2003 der Anteil der
ausländischen Arbeitslosen ohne abgeschlossene Berufsausbildung bei 72,5%.
Der entsprechende Anteil der Deutschen unter den deutschen Arbeitslosen betrug
28,9%.89 Auch insoweit zeigt sich, dass vor dem Hintergrund einer sich ändernden Wirtschaftsstruktur und dem damit verbundenen erhöhten Bedarf an qualifizierten Fachkräften eine Verbesserung der beruflichen Qualifikation der Ausländer von entscheidender Bedeutung für eine gelingende Integration ist.
2.5 Integrationshindernisse
Integration basiert auf einer Wechselwirkung zwischen der Aufnahmegesellschaft und den Zuwanderer. In beiden Gesellschaftsgruppen sind sowohl positive
als auch negative Aspekte, welche die Integration beeinflussen, aufzufinden. Integrationshindernisse auf der Seite der Ausländer bestehen, soweit bei ihnen in
einem erheblichen Ausmaß Defizite im Bereich Sprache, Ausbildung und Arbeitssituation existieren.
Diese Defizite können als Auslöser für weitere Hindernisse angesehen werden,
die den Integrationsprozess negativ beeinflussen. So stellt insbesondere Armut
eines der Hindernisse dar, deren Auswirkung insoweit gravierend ist. Sucht und
Kriminalität führen zusätzlich dazu, dass der Ausländer gegen das Gesetz verstößt. Neben der gesellschaftlichen Missbilligung dieser Form des kriminellen
Verhaltens wird hierdurch ein rechtliches Verfahren ausgelöst.
2.5.1 Armut
Die Daten über die Lebensbedingungen in Deutschland verdeutlichen, dass Armut innerhalb unserer Gesellschaft keine Randerscheinung ist. Armut und die damit verbundene soziale Ausgrenzung stellen ein gesamtgesellschaftliches Problem dar.
Im Jahr 2004 waren etwa 13% der Bevölkerung armutsgefährdet.90 Etwa 10,6
Millionen Menschen sind hiervon betroffen gewesen, darunter 1,7 Millionen Kinder unter 16 Jahren.91 Das Armutsrisiko von Ausländern ist in Deutschland inner-
89 Vgl. Lebenslagen in Deutschland (2005), Der 2. Armuts- und Reichtumsbericht der Bundesregierung, S. 162.
90 Die Armutsgefährdungsquote bzw. das Armutsrisiko ist nach EU-Definition der Anteil der
Personen, der mit weniger als 60% des mittleren Einkommens auskommen muss.
91 Statistisches Bundesamt (2006), Armut- und Lebensbedingungen – Ergebnisse aus Leben
in Europa für Deutschland 2005, Wiesbaden, S. 5.
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halb der letzten Jahre gestiegen. Während im Jahr 1998 etwa 19,6% der Ausländer von Armut bedroht waren, so waren es im Jahr 2003 schon 24%. Dieser Wert
liegt weiterhin deutlich über der Armutsrisikoquote der Gesamtbevölkerung, die
im Jahr 2003 bei 15,4% lag. Bei näherer Betrachtung lässt sich feststellen, dass
innerhalb der ausländischen Bevölkerung wiederum Unterscheidungsmerkmale
bezüglich der Armutsgefährdung auszumachen sind. So bewegen sich Ausländer
aus westlichen Herkunftsländern in der Regel in höheren Einkommensschichten
als Ausländer aus sonstigen Staaten. Innerhalb der Gruppe der Nichtunionsbürger
sind primär Ausländer mit türkischer Herkunft und aus dem ehemaligen Jugoslawien von Armut betroffen. Diese haben in Relation zu den anderen Bezugsgruppen zudem die längste Verweildauer in Armut.
Die Aufenthaltszeit in Deutschland ist ein wichtiger Faktor, welche in Korrelation zur Armutsgefährdung steht. Demgemäß sind Ausländer, die länger in
Deutschland ansässig sind, häufiger in höheren Einkommensschichten anzutreffen als diejenigen mit kürzeren Aufenthaltszeiten. Des Weiteren sind binationale
Haushalte in geringerem Ausmaß von Armut betroffen als reine Ausländerhaushalte. Generell lässt sich feststellen, dass jüngere, ältere und weibliche Personen
vom Anstieg des Armutsrisikos überdurchschnittlich betroffen sind.
Bedenklich ist im Übrigen auch die Situation der Personen, die zur »zweiten Generation« gezählt werden. Etwa 34% dieses Personenkreises lebte im Jahr 2003
unter der Armutsrisikogrenze.92
Vorrangig sind die Gründe für ein erhöhtes Armutsrisiko in der Arbeitslosigkeit und den fehlenden Bildungsabschlüssen zu sehen. Bei einer Gesamtbetrachtung lässt sich feststellen, dass 40% der Arbeitslosen und ein Viertel der Personen
ohne abgeschlossene Schul- und Berufsausbildung armutsgefährdet sind. Unter
den Erwerbstätigen (Vollzeit) liegt der Wert dagegen nur bei 4%.93
2.5.2 Ausländerkriminalität
2.5.2.1 Aussagekraft der Polizeilichen Kriminalstatistik
Die Kriminalität der Ausländer wird mit Hilfe der Polizeilichen Kriminalstatistik
(PKS) von 2005 dargestellt. Danach besaßen 22,5% (2001:24,9%) der von der
Polizei ermittelten Tatverdächtigen nicht die deutsche Staatsangehörigkeit94, obwohl der Ausländeranteil in Deutschland nur ca. 8,2% beträgt.
92 Vgl. Lebenslagen in Deutschland (2005), Der 2. Armuts- und Reichtumsbericht der Bundesregierung, S. 166 ff.
93 Vgl. Statistisches Bundesamt (2006), Armut- und Lebensbedingungen – Ergebnisse aus
Leben in Europa für Deutschland 2005, Wiesbaden, S. 22 ff.
94 Bundeskriminalamt (2006), Polizeiliche Kriminalstatistik Bundesrepublik Deutschland,
Berichtsjahr 2005, Wiesbaden, S. 109.
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References
Zusammenfassung
Für straffällige Ausländer, die in Deutschland geboren oder im Kindesalter eingereist sind, stellt sich eine Ausweisung regelmäßig als „Doppelbestrafung“ dar. Auch die Verwurzelung im Bundesgebiet schützt nach nationalen Maßstäben hiervor nur begrenzt. Betrachtet man das sozioökonomische Profil der Ausgewiesenen, so zeigt sich, dass diese fast ausnahmslos der sog. Unterschicht angehören. Bildungsarmut, Arbeits- und Perspektivlosigkeit sowie der damit einhergehende unsichere Aufenthaltsstatus bestimmen ihr Leben. Im Gegensatz zum bisherigen nationalen Ausländerrecht stellt der Europäische Ausweisungsschutz nun insbesondere für Unionsbürger und assoziationsbegünstigte türkische Staatsangehörige stärker auf faktische Bindungen in der „Heimat“ ab. Aus sozialwissenschaftlicher Perspektive ist nachweisbar, dass er hierdurch ausgesprochen effektiv wirkt und die Ausweisungszahlen in der Ausländerpraxis deutlich reduziert hat.