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ten Behörden dem Sicherheitsbereich, sind ihrer Art nach also lediglich einem einzigen Bereich der Eingriffsverwaltung zuzurechnen. Eine Vernetzung mit Behörden
aus weiteren Bereichen der Verwaltung, etwa aus dem Finanz-, Sozial-, Gesundheits-, und/oder Kultuswesen ist im ATDG nicht vorgesehen. Die Anzahl und Vielfalt der zur Verfügung stehenden Daten ist dadurch wiederum begrenzt.
Im Rahmen der Gesamtwürdigung dieser Kriterien ist, um den durch den Menschenwürdegehalt vermittelten absoluten Schutz nicht auszuhöhlen, ein enger Maßstab anzulegen. Unter Beachtung dieser Vorgabe kann bei der Antiterrordatei, auch
soweit diese Volltextdatei ist, nicht davon ausgegangen werden, dass sie den unantastbaren Kernbereich des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung tangiert. So
mag diese zwar ein Schritt zum „gläsernen“ Menschen sein, letztlich ist sie aber
noch immer davon entfernt, den Menschen in seiner Persönlichkeit zu registrieren
und zu katalogisieren. Die Zusammenfügung der in der Antiterrordatei gespeicherten Daten zum Profil eines „Terrorverdächtigen“ vermag zwar eine Facette der personalen Identität beleuchten, erlaubt aber insgesamt keine so gravierenden Rückschlüsse auf die Persönlichkeit des Betroffenen in ihrer Komplexität, als dass von
einer Denaturierung zu einem bloßen Datenobjekt gesprochen werden könnte.
III. Zusammenfassung
Die Antiterrordatei greift weder in ihrer Ausgestaltung als zweistufige Datei noch
als Volltextdatei in den unantastbaren Kernbereich des Rechts auf informationelle
Selbstbestimmung ein. Sie ist daher unter Beachtung der übrigen durch das Grundrecht gesetzten Grenzen, insbesondere der aus dem Verhältnismäßigkeitsprinzip
fließenden Vorgaben verfassungsrechtlich zu würdigen.
C. Die Eingriffsintensität der Antiterrordatei und das Maß der an Bestimmtheit und
Verhältnismäßigkeit des ATDG zu stellenden Anforderungen
Das zu fordernde Maß an die Bestimmtheit, insbesondere hinsichtlich der bereichsspezifischen und präzisen Festlegung der Verwendungszwecke der erfassten Daten,
und an die Verhältnismäßigkeit des ATDG, richtet sich nach der Intensität der einzelnen Informationsakte. Dies sind im Rahmen des ATDG die Speicherung und die
Zusammenführung der Daten einschließlich der dadurch bewirkten Informationsverdichtung (§ 2 Satz 1 ATDG), die Recherche (§ 5 Abs. 1 Satz 1 ATDG), die Trefferanzeige (§ 5 Abs. 1 Satz 2 ATDG), der Direktabruf (§ 5 Abs. 2 ATDG), der Trefferabgleich (§ 6 Abs. 1 Satz 1 1. Alt. ATDG), das Stellen eines Übermittlungsersuchens (§ 6 Abs. 1 Satz 1 2. Alt. ATDG), die Weitergabe der Daten in Form der
automatischen Freischaltung (§ 5 Abs. 1 Satz 3, 4 ATDG) und der konventionellen
Übermittlung (§ 6 Abs. 1 Satz 1 2. Alt. i.V.m. § 7 ATDG), die weitere Verwendung
und die Zweckänderung der Daten (§ 6 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 ATDG). Die Intensität
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References
Zusammenfassung
Gemeinsame Verbunddateien der Sicherheitsbehörden auf dem Prüfstand: Kurz nach Inkrafttreten des in Politik und Rechtswissenschaft stark umstrittenen Antiterrordateigesetzes (ATDG) liefert das Werk eine wissenschaftlich fundierte Stellungnahme zur Verfassungsmäßigkeit der informationellen Zusammenarbeit der Sicherheitsbehörden im Allgemeinen und der Antiterrordatei im Besonderen. Am Beispiel der Antiterrordatei zeigt die Arbeit die verfassungsrechtlichen Grenzen auf, die das Trennungsgebot und das Recht auf informationelle Selbstbestimmung gemeinsamen Verbunddateien von Polizei und Nachrichtendiensten setzen. Eingebettet werden die Erkenntnisse in die verfassungsrechtliche Diskussion um die Grenzen staatlicher Sicherheitsgewährleistung. Mit ihren Ausführungen zum Spannungsverhältnis von Freiheit und Sicherheit bezieht die Arbeit Position zur jüngsten Antiterrorgesetzgebung insgesamt.