149
II. Einsetzung und Zusammensetzung
1. Einsetzung
Anders als zur Zeit des Codice di Commercio von 1882 ist die Einsetzung eines
Gläubigerausschusses in Italien nicht fakultativ.803 Das mag sich unter anderem aus
dem Umstand erklären, dass der Gläubigerausschuss im Insolvenzverfahren eine
zentrale Rolle einnimmt.
Auch nach derzeitigem Recht kann es allerdings dazu kommen, dass ein Gläubigerausschuss mangels Bereitschaft der Gläubiger nicht zustande kommt.804 Auf diese Situation nimmt nun auch der durch das Decreto correttivo 12 Settembre 2007, n.
169 geänderte Art. 41 Abs. 4 LF Bezug, der für einen solchen Fall vorsieht, dass die
Befugnisse des Ausschusses von dem beauftragten Richter wahrgenommen werden.805
Nach Art. 40 Abs. 1 LF setzt der beauftragte Richter innerhalb von dreißig Tagen
nach dem Eröffnungsbeschluss auf der Grundlage der bisher ausgewerteten Akten
des Schuldners einen Gläubigerausschuss ein.806 Dazu hört er den Verwalter und die
Gläubiger an, die sich bereit erklärt haben, einen Posten im Ausschuss zu übernehmen. Gegenüber dem bisherigen Recht wird die Einsetzung eines Gläubigerausschusses damit beschleunigt.807 Während nach der früheren Fassung des Art. 40
Abs. 1 LF der Gläubigerausschuss erst zehn Tage nach der Vollstreckbarerklärung
der Insolvenztabelle (also nach Feststellung der Forderungen) eingesetzt werden
musste,808 findet eine Einsetzung nach heutigem Recht innerhalb eines Monats nach
Verfahrenseröffnung statt.
803 Den Unterschied zu dem deutschen Recht betont auch Rocco di Torrepadula, in:
Nigro/Sandulli (Hrsg.), La riforma della legge fallimentare, I, S. 260 FN 12.
804 Esposito, Il fallimento 2007, 111 (119).
805 So bereits zur früheren Rechtslage Esposito, Il fallimento 2007, 111 (119).
806 Das Gesetz spezifiziert nicht, welche Folge der Fristablauf hat. Nach Pacchi, in: Bertacchini
et al., Manuale di diritto fallimentare, S. 114; Rocco di Torrepadula, in: Nigro/Sandulli
(Hrsg.), La riforma della legge fallimentare, I, S. 260, FN 13; Schiavon, in Jorio/Fabiani
(Hrsg.), Il nuovo diritto fallimentare, I, S. 670, FN 4 soll nach Ablauf der dreißigtägigen Frist
der beauftragte Richter weiter die Möglichkeit behalten, einen Ausschuss einzusetzen. Hergeleitet wird dies aus dem Recht des beaufragten Richters, in jedem Augenblick auf den Ausschuss einzuwirken.
807 Vgl. Bruno, in: Terranova (Hrsg.), La nuova legge fallimentare, S. 80; Ianniello, Il nuovo
diritto fallimentare, S. 92.
808 Bis zur Vollstreckbarerklärung der Insolvenztabelle konnten einige Monate vergehen, vgl.
Schiavon, Informazione prevedenziale 2005, 549 (577). Allerdings war es vor der Reform
möglich, einen vorläufigen Gläubigerausschuss einzusetzen, wenn der beauftragte Richter
dies etwa wegen einer anstehenden Entscheidung über die Fortführung des Unternehmens für
erforderlich hielt, Fiale, Diritto fallimentare, S. 123.
150
2. Zusammensetzung
Während die anfängliche Zusammensetzung durch den beauftragten Richter bestimmt wird (dazu b.), haben später sowohl die Gläubigerversammlung als auch der
beauftragte Richter Einfluss auf die Besetzung des Ausschusses (dazu c.). Unabhängig von dem Zeitpunkt und der Person desjenigen, der die Zusammensetzung bestimmt, müssen bei der Besetzung insbesondere die Voraussetzungen des Art. 40
Abs. 2 LF erfüllt sein (dazu a.).
a) Voraussetzungen bei der Besetzung
aa) Die Voraussetzungen des Art. 40 Abs. 2 LF
Nach Art. 40 Abs. 2 LF besteht der Ausschuss aus drei oder fünf Mitgliedern, die
unter den Gläubigern in der Weise ausgewählt werden, dass die Höhe und die Qualität der Forderungen ausgewogen repräsentiert werden. Außerdem muss nach Art. 40
Abs. 2 LF auch die Möglichkeit der Befriedigung berücksichtigt werden („avuto riguardo alla possibilità di soddisfacimento dei stessi“).
Die Vorgabe der Anzahl der Mitglieder des Ausschusses durch den Gesetzgeber
existierte bereits im Codice di Commercio von 1882 und diente damals wie heute
dazu, klare Abstimmungsverhältnisse zu schaffen und Abstimmungspatts zu vermeiden.809
Die Norm legt einen großen Wert auf die angemessene Repräsentation der Gläubiger. Mit der Bezugnahme auf die Qualität der Forderung ist insbesondere der Unterschied zwischen gesicherten und ungesicherten Gläubigern gemeint.810 Das Auswahlkriterium, dass auch die Möglichkeit der Befriedigung berücksichtigt werden
soll, dient dazu, sicherzustellen, dass alle Mitglieder an einem positiven Ausgang
des Verfahrens interessiert sind.811 Daher sollen etwa Arbeitnehmer (die in Italien
durch den vom Istituto Nazionale della Previdenza Sociale verwalteten Lohnausgleichsfond abgesichert sind) von einem Amt im Ausschuss ausgeschlossen sein.812
Gleiches soll für die ungesicherten Gläubiger gelten, wenn diese voraussichtlich ü-
809 Vgl. Calamandrei, Del fallimento, S. 223.
810 Pacchi, in: Bertacchini et al., Manuale di diritto fallimentare, S. 114; Rocco di Torrepadula,
in: Nigro/Sandulli (Hrsg.), La riforma della legge fallimentare, I, S. 262; Zanichelli, La nuova
disciplina del fallimento, S. 73.
811 Allegritti, Diritto delle banche e del mercato finanziario 2006, 91 (98 ); Grossi, La riforma
della legge fallimentare, S. 605; Nardecchia, Informazione prevedenziale 2006, 1 (3); vgl.
auch Proto, in: Schiano di Pepe (Hrsg.), Il diritto fallimentare riformato, S. 129 f.; Schiavon,
Informazione prevedenziale 2005, 549 (577); Schiera, in: Ferro/Nappi (Hrsg.), Le insinuazioni al passivo, S. 251.
812 Pagni, Il fallimento 2007, 140 (148).
151
berhaupt keine Quote erhalten.813 Abgesehen von diesen Sonderfällen gehört zu einer solch ausgewogenen Repräsentation in der Regel auch die Berücksichtigung der
Inhaber geringerer Forderungen.814 Gleichwohl werden in der Regel vor allem Inhaber größerer Forderungen, namentlich Banken, im Ausschuss vertreten sein.815
Mitglieder des Ausschusses können ausweislich des Wortlauts des Art. 40 Abs. 2
LF nur Gläubiger sein.816 Die Forderung, auch Personen, die nicht zugleich Gläubiger sind (und eventuell über ein besonderes Fachwissen verfügen), als Mitglieder
des Ausschusses zuzulassen,817 hat sich damit nicht durchgesetzt, obwohl das italienische Recht auch andere Regelungen kennt.818 Voraussichtlich wird sich aber bei
der Auslegung des Art. 40 Abs. 2 LF die Idee durchsetzen, dass unter mehreren zur
Mitarbeit bereiten Gläubigern diejenigen auszuwählen sind, die über besondere
fachliche Fähigkeiten verfügen.819 Denn für ein solches Kriterium spricht nicht nur
das Bestreben, aus den negativen Erfahrungen der Vergangenheit zu lernen.820
Vielmehr können sich die Gläubiger im Ausschuss nach Art. 40 Abs. 6 LF nur durch
solche Personen vertreten lassen, die die fachlichen Voraussetzungen erfüllen, die
auch an einen Insolvenzverwalter gestellt werden. Es liegt nahe, dass bei mehreren
zur Mitarbeit im Ausschuss bereiten Gläubigern diese erst recht nach ihren Qualifikationen ausgewählt werden.
813 Minutoli, in: Ferro, La legge fallimentare, S. 304 f.; Proto, in: Schiano di Pepe (Hrsg.), Il diritto fallimentare riformato, S. 128.
814 Rocco di Torrepadula, in: Nigro/Sandulli (Hrsg.), La riforma della legge fallimentare, I, S.
262.
815 Fondazione Luca Pacioli, Il comitato dei creditori e la tutela delle minoranze, S. 2; Michelotti, Il diritto fallimentare e delle società commerciali 2007, 735 (736); Schiavon, Il comitato
dei creditori, S. 4; siehe auch Tribunale di Firenze, Il fallimento 2008, 194 (199), nach dem
eine ausgewogene Repräsentation nur in theoretischen Ausnahmefällen gewährleistet ist.
816 Vgl. etwa Cabras, La governance del fallimento, S. 9; Rocco di Torrepadula, in: Nigro/Sandulli (Hrsg.), La riforma della legge fallimentare, I, S. 261; Schiavon, Il comitato dei
creditori, S. 4.
817 Proto, Il fallimento, 1001 (1006).
818 So konnte die Delegazione dei creditori nach dem Gesetz 10. Juli 1930, Nr. 995 als Vorläufer
des Comitato dei Creditori auch mit Vertretern und von den Gläubigern beauftragten Personen besetzt werden (siehe dazu Navarrini, Le nuove disposizioni in materia fallimentare, S.
68 ff.) und nach Art. 45 des Gesetzes 8. Juli 1999, Nr. 270 über die außerordentliche Verwaltung von Großunternehmen können nicht nur Gläubiger, sondern auch Personen, die eine besondere Sachkenntnis auf dem Gebiet haben, auf dem das sich in der Krise befindliche Großunternehmen seine Aktivität ausgeübt hat, ein Amt in dem (mit dem Gläubigerausschuss vergleichbaren) Überwachungsausschuss wahrnehmen (dazu Rocco di Torrepadula, in: Nigro/Sandulli (Hrsg.), La riforma della legge fallimentare, I, S. 261).
819 Siehe dazu Bonfatti/Censoni, Manuale di diritto fallimentare, S. 81; Esposito, Il fallimento
2007, 111 (113); Schiavon, Il comitato dei creditori, S. 3.
820 Siehe dazu oben S. 146.
152
bb) Annahme
Obwohl für die Mitglieder des Gläubigerausschusses nirgends geregelt ist, dass ihre
Ernennung der Annahme bedarf,821 wird ein solches Verhältnis allseits bejaht.822
b) Anfängliche Zusammensetzung
Die anfängliche Zusammensetzung bestimmt der beauftragte Richter nach Maßgabe
der in Art. 40 Abs. 2 LF genannten Kriterien. In der Praxis war es allerdings bisher
häufig so, dass der Insolvenzverwalter die Mitglieder vorschlug, nachdem er sich
ihrer Bereitschaft zur Mitwirkung im Ausschuss versichert hatte.823
Die Einsetzung und die Auswahl der Mitglieder durch den beauftragten Richter
ist weniger ein Akt der Regulierung des Verfahrens durch die Obrigkeit. Vielmehr
ergibt sich die Notwendigkeit, den Ausschuss durch den beauftragten Richter einzusetzen, aus dem Umstand, dass der Ausschuss relativ früh eingesetzt werden soll,
um seine umfangreichen Aufgaben wahrzunehmen. Zu diesem Zeitpunkt ist aber
eine Wahl der Mitglieder durch die Gläubiger selbst in der Regel noch nicht möglich.824
c) Nachträgliche Änderung
Die Zusammensetzung des Ausschusses kann nachträglich geändert werden. Beschließen die Gläubigerversammlung oder der beauftragte Richter keine Änderung,
bleiben die bisherigen Mitglieder im Amt. Der Gesetzgeber hat – anders als dies zunächst vorgesehen war – auf ein Verfahren verzichtet, in dem diese Mitglieder ausdrücklich bestätigt werden.825
821 Art. 29 Abs. 1 LF regelt, dass der Insolvenzverwalter die Ernennung zum Insolvenzverwalter
annehmen muss.
822 Esposito, Il fallimento 2007, 111 (115); Ianniello, Il nuovo diritto fallimentare, S. 92; Michelotti, Il diritto fallimentare e delle società commerciali 2007, 735 (737); Minutoli, in: Ferro,
La legge fallimentare, S. 304.
823 Grossi, La riforma della legge fallimentare, S. 598.
824 Schiavon, Il comitato dei creditori, S. 3; Schiavon, Informazione prevedenziale 2005, 549
(578); Schiavon, in: Jorio/Fabiani (Hrsg.), Il nuovo diritto fallimentare, I, S. 671.
825 Relazione sullo Schema di decreto legislativo recante “la riforma organica della disciplina
delle procedure concorsuali di cui al regio decreto 16 marzo 1942, n. 267”, abgedruckt in:
Terranova (Hrsg.), La nuova legge fallimentare,, S. 395 ff., 410.
153
aa) Wahl durch die Gläubigerversammlung
Nach Art. 37-bis Abs. 1 LF können bei der Versammlung zur Feststellung der Forderungen die anwesenden Gläubiger, die die Mehrheit der Forderungen repräsentieren und deren Forderungen festgestellt worden sind, neue Mitglieder des Gläubigerausschusses bestimmen, die das Gericht ernennt, wenn die Kriterien des Art. 40 LF
eingehalten worden sind.826
bb) Änderungs- und Ersetzungskompetenz des beauftragten Richters
aaa) Allgemeines
Nach Art. 40 Abs. 1 LF kann der beauftragte Richter die Zusammensetzung des
Gläubigerausschusses im Verhältnis zu den Änderungen der Insolvenztabelle oder
aus anderem berechtigtem Grund modifizieren, wobei die Bestimmung des Art. 37bis LF unberührt bleibt. Die Vorschrift, die erst nach Vorlage des ersten Entwurfes
auf eine Forderung der Literatur827 eingeführt worden ist, soll unter anderem eine
angemessene Repräsentation der verschiedenen Gläubigerinteressen im Ausschuss
sicherstellen.828 Daher erfolgt auch hier eine Ersetzung der einzelnen Mitglieder gemäß Art. 40 Abs. 4 LF nach den in Abs. 2 genannten Kriterien, so dass die Forderungen nach Höhe und Art ausgewogen repräsentiert werden.829 In der Praxis ging
die Initiative zur Ersetzung einzelner Mitglieder (etwa wegen des Fortfalls des
Gläubigerstatus) in der Regel vom Insolvenzverwalter aus.830 Zu beachten ist, dass
der beauftragte Richter nicht nur die Mitglieder selbst auswechseln kann. Vielmehr
ist es ihm auch möglich, die Anzahl der Mitglieder innerhalb der gesetzlichen Grenzen zu ändern.831
826 Zu Einzelheiten siehe bereits oben den Abschnitt über die Wahl der Ausschussmitglieder,
S. 150 f.
827 Proto, Il fallimento, 1001 (1006 f.); vgl. auch Lo Cascio, Il fallimento 2005, 985 (986 f.).
828 Vgl. Proto, Il fallimento, 1001, (1005 f.).
829 Rocco di Torrepadula, in: Nigro/Sandulli (Hrsg.), La riforma della legge fallimentare, I,
S. 262, FN 25; Schiavon, Informazione prevedenziale 2005, 549 (579); Schiavon, in: Jorio/Fabiani (Hrsg.), Il nuovo diritto fallimentare, I, S. 672.
830 Grossi, La riforma della legge fallimentare, S. 598.
831 Rocco di Torrepadula, in: Nigro/Sandulli (Hrsg.), La riforma della legge fallimentare, I,
S. 261.
154
bbb) Der Begriff des berechtigten Grundes
Der Begriff des berechtigten Grundes („giustificato motivo“) ist weiter als der des
wichtigen Grundes („giusta causa“) und umfasst auch Gründe der Zweckmäßigkeit.832
Solche Gründe sind dann gegeben, wenn der starke Verdacht besteht, dass sich
das Ausschussmitglied durch eine Pflichtverletzung schadensersatzpflichtig gemacht
hat. Daher regelt auch Art. 41 Abs. 8 S. 2 LF, dass der beauftragte Richter ein Mitglied des Gläubigerausschusses ersetzt, wenn er den Insolvenzverwalter zu einer
Schadensersatzklage gegen das betroffene Mitglied ermächtigt.
Umgekehrt reicht es als berechtigter Grund nicht aus, dass der beauftragte Richter
Zweckmäßigkeitserwägungen nicht teilt, die zu einer bestimmten Entscheidung des
Gläubigerausschusses geführt haben.833
Im Zusammenhang mit Art. 37 LF versteht man unter dem Begriff des „giustificato motivo“ Fälle der Inkompatibilität oder des Interessenkonflikts, die bei Einsetzung des Ausschusses noch nicht absehbar waren.834 Entsprechend soll zwar auch
für eine Ersetzung ein Interessenkonflikt des Ausschussmitglieds mit der Insolvenzmasse ausreichen.835 Diese von Teilen der Literatur vertretene Auffassung mag
sich aber in den nächsten Jahren wegen der neuen Regelung zu den Stimmverboten
von Ausschussmitgliedern ändern.836
Ein berechtigter Grund soll auch in den Fällen vorliegen, in denen eine gedeihliche Zusammenarbeit zwischen dem Insolvenzverwalter und bestimmten Ausschussmitgliedern nicht mehr möglich ist, wenn der dauerhafte Konflikt von dem
Ausschussmitglied verschuldet wurde.837 Auch bei Desinteresse oder Nachlässigkeit
des Betroffenen soll eine Ersetzung wegen eines berechtigten Grundes möglich
sein.838
Im Übrigen ist die sich aus der Literatur ergebende Typologie etwas diffus. Das
mag daran liegen, dass das Gesamtkonzept der richterlichen Ersetzungskompetenz
unter der Geltung des neuen Rechts noch nicht klar definiert ist.
832 Siehe dazu die Nachweise in Anm. 982.
833 Abete, Il fallimento 2007, 480 (485).
834 Bruno, in: Terranova (Hrsg.), La nuova legge fallimentare,, S. 80; Schiavon, Il comitato dei
creditori, S. 3; vgl. auch Grossi, La riforma della legge fallimentare, S. 605.
835 So etwa Ianniello, Il nuovo diritto fallimentare, S. 93.; Schiavon, Informazione prevedenziale
2005, 549 (578); vgl. Abete, Il fallimento 2007, 480 (483).
836 Siehe dazu unten S. 183 ff.
837 Vgl. Proto, Il fallimento, 1001 (1007); großzügiger Ferri, Il fallimento 2006, 1225 (1228), der
einen Konflikt für ausreichend hält und ein Verschulden offenbar nicht für notwendig erachtet.
838 Proto, in: Schiano di Pepe (Hrsg.), Il diritto fallimentare riformato, S. 129; vgl. auch Allegritti, Diritto delle banche e del mercato finanziario 2006, 91 (97); Nardecchia, Informazione
prevedenziale 2006, 1 (5).
155
ccc) Die widerstreitenden Konzepte bei der Auslegung der richterlichen Änderungsund Ersetzungskompetenz
Wie auch an anderen Stellen manifestieren sich in den unterschiedlichen Interpretationen die bereits eingangs erwähnten Grundströmungen, von denen die eine etwas
stärker die Rolle der Gläubiger betont und die andere eine beherztere Lenkung des
Verfahrens durch die gerichtlichen Organe befürwortet.839
(1) Orientierung an der Gläubigerautonomie
Die zuerst genannte Auffassung sieht in Art. 40 Abs. 1, 4 LF nur ein Mittel, um
im Falle einer von der Gläubigerversammlung bei der Wahl nicht vorhersehbaren
Änderung (insbesondere einer Änderung der Insolvenztabelle) die Funktionsfähigkeit und das Repräsentationsprinzip auch nachträglich sicherstellen zu können. Nach
einer noch restriktiveren Interpretation soll Art. 40 Abs. 1, 4 LF dem beauftragten
Richter überhaupt nur ermöglichen, die eigene anfängliche Auswahlentscheidung,
nicht aber die der Gläubiger modifizieren zu können.840
(2) Die Ersetzungskompetenz als Instrument zur Kontrolle des Ausschusses durch
das Gericht
Die andere Seite orientiert sich eher an der historisch gewachsenen841 Funktion
der Norm und sieht in der Ersetzungsbefugnis ein Mittel, um Einfluss auf die Mehrheiten (und eventuell auch auf die inhaltlichen Ergebnisse) des Ausschusses zu
nehmen und die Verfolgung von Sonderinteressen sanktionieren zu können.
In diese Richtung weisen jedenfalls großzügigere Interpretationen des „giustificato motivo“, nach denen bereits die ungerechtfertigte Obstruktion des Ausschusses
bei der erforderlichen Zustimmung zu dem Liquidationsplan842 oder die Gefahr
frühzeitiger Kenntnis von in dem Liquidationsplan aufgeführten und von dem Insolvenzverwalter beabsichtigten Anfechtungs- oder Schadensersatzklagen für eine Ersetzung ausreichen sollen.843 Hierher gehört auch der Vorschlag, dass der beauftragte Richter die Zahl der Mitglieder des Ausschusses erhöhen können soll, um Vereinbarungen zwischen den Mitgliedern zu erschweren und so einem zu großen Einfluss
einiger weniger Gläubiger vorzubeugen.844 Schließlich gelingt es auf diese Weise
839 Siehe oben S. 128 f.
840 In diesem Sinne Pagni, Il fallimento 2007, 140 (148); a.A.: Bruno, in: Terranova (Hrsg.), La
nuova legge fallimentare, S. 80; Zanichelli, La nuova disciplina del fallimento, S. 73.
841 Vgl. dazu oben S. 122 ff.
842 Grossi, La riforma della legge fallimentare, S. 1373.
843 Ferretti, Le funzioni del curatore fallimentare, S. 149.
844 Nardo, in: Santangeli (Hrsg.), Il nuovo fallimento, S. 192.
156
auch, die Ersetzungsbefugnis als Sanktionsmechanismus zu interpretieren. So soll
ein Ausschussmitglied etwa dann substituiert werden können, wenn es sich bei einer
Abstimmung in einem Interessenkonflikt befand und sich nicht der Stimme enthalten hat.845
III. Verfahren und Beschlussfassung
1. Verfahren
a) Erstes Zusammentreten
aa) Einberufung
Nach Art. 40 Abs. 3 LF wählt der Ausschuss innerhalb von zehn Tagen ab seiner
Einsetzung den Vorsitzenden auf Einberufung des Insolvenzverwalters.846 Diese Regelung kann zu Ungereimtheiten führen, wenn der Insolvenzverwalter den Ausschuss nicht innerhalb dieser Frist einberuft. Der Fristablauf soll aber keine Folgen
für die Wirksamkeit der Wahl haben und allenfalls einen Grund für die Ersetzung
oder die Entlassung des Insolvenzverwalters darstellen.847
bb) Wahl des Vorsitzenden
In der ersten Sitzung wählt der Ausschuss nach Art. 40 Abs. 3 LF mit einfacher
Mehrheit einen Vorsitzenden. Ihm kommt die Pflicht zu, den Ausschuss einzuberufen, soweit im Gesetz nicht anderes bestimmt ist. Darüber hinaus hat er die Aufgabe,
die Mitglieder über die anstehenden Entscheidungen zu unterrichten.848
Das Gesetz präzisiert nicht, ob es der Mehrheit der Mitglieder („componenti“)
oder der Mehrheit der Abstimmenden („votanti“) bedarf. Auch gibt die Rechtslage
vor der Reform keinen Anhaltspunkt, da nach Art. 40 Abs. 2 LF a.F. der Vorsitzende von dem beauftragten Richter ernannt wurde. Daher wird vorgeschlagen, dass
entsprechend Art. 41 Abs. 3 LF die Mehrheit der Abstimmenden ausschlaggebend
ist.849 Der Wortlaut lässt dies zu. Die Gesetzesbegründung spricht jedoch von der
845 Ferri, Il fallimento 2006, 1225 (1228).
846 Unklar ist, ob der Insolvenzverwalter an der Sitzung des Ausschusses teilnehmen muss oder
sich darauf beschränken kann, sie einzuberufen, vgl. Rocco di Torrepadula, in:
Nigro/Sandulli (Hrsg.), La riforma della legge fallimentare, I, S. 263, FN 26.
847 Schiavon, in: Jorio/Fabiani (Hrsg.), Il nuovo diritto fallimentare, I, S. 679, FN 17.
848 Rocco di Torrepadula, in: Nigro/Sandulli (Hrsg.), La riforma della legge fallimentare, I, S.
263.
849 Ianniello, Il nuovo diritto fallimentare, 93; Michelotti, Il diritto fallimentare e delle società
commerciali 2007, 735 (737); Minutoli, in: Ferro, La legge fallimentare, S. 305.
Chapter Preview
References
Zusammenfassung
Die umfassende Gläubigerbeteiligung hat eine lange Tradition im deutschen Insolvenzrecht. In der Praxis beteiligen sich die Gläubiger jedoch häufig nicht. Dieser Umstand und unausgewogene Entscheidungen der Gläubiger können das Verfahrensziel, die bestmögliche Befriedigung der Gläubiger, gefährden. Die Untersuchung vergleicht die Gläubigerbeteiligung nach der deutschen Insolvenzordnung mit der durch das decreto legislativo 9 gennaio 2006, n. 5 und das decreto legislativo 12 Settembre 2007, n. 169 reformierten legge fallimentare. Die Arbeit erörtert umfassend aktuelle juristische Fragen. Der rechtsvergleichende Teil bezieht Ansätze der ökonomischen Analyse des Rechts und der Verhaltensökonomik ein, um konkrete Änderungsvorschläge zu erarbeiten.