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Mit der Abschaffung der Wahlrechte der Gläubiger ließ sich auch die erste anzuberaumende Gläubigerversammlung abschaffen, die ohnehin als wild („tumultuosa“)
und srörend für den weiteren Verfahrensverlauf beschrieben wurde.633 Trotz der umfangreichen Einschränkungen blieb neben einigen anderen Befugnissen das Recht
der Gläubiger erhalten, in einer späteren Versammlung über die Betriebsfortführung
zu entscheiden.634
Bereits zu dieser Zeit wurde allerdings der Sinn der gesetzgeberischen Entscheidung, die Ernennung eines Organs den Gläubigern zu entziehen, das gerade die Interessen dieser Gläubiger wahrnehmen sollte, in Frage gestellt.635 Die Reform sei eher
auf die antidemokratische und autoritative Tendenz des Gesetzgebers zurückzuführen und sie habe letztlich dazu geführt, dass das private Interesse als Antrieb des Insolvenzverfahrens abhanden gekommen sei.636
IV. Das Königliche Dekret von 1942
Das königliche Dekret von 1942 sollte auf die zu liberale Konzeption des Codice di
Commercio von 1882 reagieren und die im Gesetz von 1930 angelegten Prinzipien
im Sinne eines energischeren Schutzes des allgemeinen Interesses gegenüber dem
Einzelinteresse ausbauen.637 Der Schutz der Gläubiger wurde als höchstes Interesse
der Allgemeinheit anerkannt.638 Um diesen Schutz zu verwirklichen, sollte das Gesetz so ausgestaltet werden, dass das allgemeine Interesse nicht durch Sonderinteressen des Schuldners oder einzelner Gläubiger unterlaufen werden konnte.639 Das beinhaltete zum einen eine Steigerung der gerichtlichen Kompetenzen und die Konzentration der Kompetenzen, die nach der vorherigen Gesetzgebung der Gläubigerversammlung zugewiesen wurden, im Gläubigerausschuss.640 Zum anderen sollte
aber die allgemeine Wirtschaft dadurch geschützt werden, dass die Sicherheit und
Verlässlichkeit von geschäftlichen Beziehungen durch die Beseitigung der Unternehmer gestärkt wurden, die ihre Verpflichtungen nicht ordnungsgemäß erfüllten.641
633 Relazione ministeriale alla camera dei deputati, Le Leggi 1930, S. 562 (565).
634 Vgl. Brunetti, Diritto fallimentare, S. 228.
635 Navarrini, Le nuove disposizioni in materia fallimentare, S. 68.
636 Vgl. die Nachweise bei Caselli, in: Bricola/Galgano/Santini (Hrsg.), Commentario Scialoja-
Branca, S. 243, FN 1.
637 Relazione ministeriale al Re sul regio decreto 16.03.1942, Nr. 267, Gazzetta Ufficiale
06.04.1942, S. 3 (4).
638 Relazione ministeriale al Re sul regio decreto 16.03.1942, Nr. 267, Gazzetta Ufficiale
06.04.1942, S. 3 (4).
639 Relazione ministeriale al Re sul regio decreto 16.03.1942, Nr. 267, Gazzetta Ufficiale
06.04.1942, S. 3 (4).
640 Relazione ministeriale al Re sul regio decreto 16.03.1942, Nr. 267, Gazzetta Ufficiale
06.04.1942, S. 3 (4).
641 Vgl. Forgillo, Il nuovo ruolo del curatore, S. 15; Jorio, in: Jorio/Fabiani (Hrsg.), Il nuovo diritto fallimentare, I, S. 2; siehe auch Relazione ministeriale al Re sul regio decreto
16.03.1942, Nr. 267, Gazzetta Ufficiale 06.04.1942, S. 3 (4).
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Das Insolvenzrecht erhielt auf diese Weise auch eine Sanktionsfunktion.642 Der
Schutz des allgemeinen Interesses entsprach den Tendenzen der Zeit.643
Das königliche Dekret entzog den Gläubigern das Recht, die Mitglieder des
Gläubigerausschusses („Comitato dei creditori“) zu benennen, und wies diese Kompetenz allein dem beauftragten Richter zu, dessen Ermessen nur insoweit eingeschränkt war, als er die Mitglieder unter den Gläubigern auszuwählen hatte.644 Die
Gläubigerversammlung als Organ wurde abgeschafft, so dass die einzige Möglichkeit für die Gläubiger, auf das Verfahren Einfluss zu nehmen, in einer Mitwirkung
im Ausschuss bestand. Der Gläubigerausschuss wurde zu einem beratenden Organ,
das nach der Vorstellung des Gesetzgebers häufig von dem beauftragten Richter angerufen werden sollte.645 Das Recht, über die Betriebsfortführung zu entscheiden,
wurde von der Gläubigerversammlung auf den Gläubigerausschuss übertragen.646
Die Legge fallimentare stieß anfangs zwar auf einige Kritik, erhielt aber später
auch häufig positive Resonanz in der italienischen Literatur.647 Erst Anfang der
achtziger Jahre wurde die Wissenschaft aus ihrem „tiefen dogmatischen Schlaf“648
durch die lauter werdenden Stimmen der Kritiker an den hergebrachten Regelungen
der Legge fallimentare geweckt. Die Gründe für die schließlich umgesetzte Reform
sind vielgestaltig und bedingen einander. Zum einen kam es zu einer Neuorientierung hinsichtlich der mit dem Insolvenzverfahren anzustrebenden Verfahrensziele.
So wurde die Legge fallimentare von 1942, die die Insolvenz des Schuldners auf
verschiedene Weise sanktionierte und sich damit als Hemmnis auswirken konnte,649
überhaupt eine wirtschaftliche Aktivität aufzunehmen, als nicht mehr zeitgemäß
642 Relazione sullo Schema di decreto legislativo recante “la riforma organica della disciplina
delle procedure concorsuali di cui al regio decreto 16 marzo 1942, n. 267”, abgedruckt in:
Terranova (Hrsg.), La nuova legge fallimentare,, S. 395: “L’attuale disciplina si ispira ad una
finalità essenzialmente liquidatoria dell’impresa insolvente e ad una tutela accentuata dei diritti dei creditori […]. In tale quadro, la finalità recuperatoria del patrimonio imprenditoriale ha finito per trovare collocazione secondaria rispetto allo scopo sanzionatorio del fallimento.”; vgl. auch Costa, ZInsO 2006, 1071 (1072); Marchesi, Anche la legge fallimentare
scoraggia gli investimenti, 585 (587); Marchesi, Anche la legge fallimentare scoraggia gli investimenti, S. 2.
643 Vgl. Relazione ministeriale al Re sul regio decreto 16.03.1942, Nr. 267, Gazzetta Ufficiale
06.04.1942, S. 3 (4).
644 Relazione ministeriale al Re sul regio decreto 16.03.1942, Nr. 267, Gazzetta Ufficiale
06.04.1942, S. 3 (7).
645 Relazione ministeriale al Re sul regio decreto 16.03.1942, Nr. 267, Gazzetta Ufficiale
06.04.1942, S. 3 (7).
646 Relazione ministeriale al Re sul regio decreto 16.03.1942, Nr. 267, Gazzetta Ufficiale
06.04.1942, S. 3 (10).
647 Vgl. insbesondere Caselli, in: Bricola/Galgano/Santini (Hrsg.), Commentario Scialoja-
Branca, S. 243 ff.
648 Vgl. Bonsignori, Inattualità del fallimento, S. 169 (“profondo sonno dogmatico”).
649 Costa, ZInsO 2006, 1071 (1072); Marchesi, Anche la legge fallimentare scoraggia gli investimenti, S. 2.
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empfunden.650 In eine neue Richtung wies auch die Diskussion um die Frage, inwieweit das Unternehmen als solches zum Schutz von Dritten dienen sollte.651 In der
Hauptsache besann man sich aber darauf, eine möglichst hohe Befriedigung der
Gläubiger zu erreichen. Daher galt es, das Insolvenzverfahren gegenüber der früher
bestehenden Regelung effizienter zu gestalten.652
Unter dem Regime der Legge fallimentare von 1942 war das Insolvenzverfahren
bei einer Dauer zwischen sechs und acht Jahren deutlich langwieriger als andere
Verfahren in Europa653 und fand daher nicht nur im Inland, sondern auch international deutliche Kritik.654 Darüber hinaus erhielten die Gläubiger am Ende des Verfahrens vergleichsweise geringe Quoten. So erhielt ein gesicherter Gläubiger im Durchschnitt 33 % bis 38 % des Nennbetrages seiner Forderung.655 Ungesicherte Gläubiger durften sogar nur mit einer durchschnittliche Quote von 8 % bis 10 % rechnen.656 Der objektive Wert einer Forderung war zu Beginn des Insolvenzverfahrens
sogar noch deutlich geringer als dieser Nominalbetrag, da die Forderung durch die
lange Verfahrensdauer weiter entwertet wurde.657 Daher schätzte man, dass die Forderung eines gesicherten Gläubigers zu Beginn des Verfahrens tatsächlich nur etwa
25 % des Nennbetrages wert war;658 die Forderungen von ungesicherten Gläubigern
sogar noch wesentlich weniger. Diese negative Bilanz wirkte sich freilich nicht nur
auf die Kosten aus, zu denen man Kredite erhielt.659 Vielmehr blieben auch ander-
650 Vgl. Costa, ZInsO 2006, 1071 (1072); Minutoli, Il fallimento 2005, 1460 (1461); Schiavon,
Informazione prevedenziale 2005, 549 spricht sogar von einer “superatissima logica sanzinonatoria”. Forgillo, Il nuovo ruolo del curatore, S. 15 f. weist darauf hin, dass de facto die
Sanktionszüge des alten Rechts durch später hinzugekommene Verfahren und durch die
Rechtsprechung verschwunden waren.
651 Inwieweit dieser Gedanke tatsächlich Eingang in die bestehenden Regelungen gefunden hat,
wird unten auf S. 204 ff. untersucht.
652 Vgl. Nigro, Diritto della banca e del mercato finanziario 2006, 197 (198 f.).
653 Die Angaben variieren geringfügig je nach Quelle und betrachtetem Zeitraum: Brogi/Santella,
Two new measures of Bankruptcy efficiency, sprechen von sechs (S. 21) bzw. sieben Jahren
(S. 35); Forgillo, Il nuovo ruolo del curatore, S. 2 nennt einen Zeitraum von sieben Jahren;
nach den Statistiken des ISTAT lag die Verfahrensaduer in den Jahren 2000 bis 2004 zwischen 6,6 und 7,9 Jahren; vgl. dazu auch Rebecca/Baretta, Il diritto fallimentare e delle società commerciali 2007, 598 (602).
654 Vgl. Costa, ZInsO 2006, 1071 (1072); Fimmanò, La conservazione e la riallocazione dei valori aziendali nella riforma delle procedure concorsuali, S. 1.
655 Brogi/Santella, Two new measures of Bankruptcy efficiency, S. 19, 36.
656 Die Werte variieren je nach Quelle: Nach den Statistiken des ISTAT, am 15.12.2007 abrufbar
unter www.istat.it, haben die ungesicherten Gläubiger in den Jahren 2000 bis 2004 Quoten
von 6 % bis 9 % erhalten; Fimmanò, La conservazione e la riallocazione dei valori aziendali
nella riforma delle procedure concorsuali, S. 2 spricht von 10 % bis 12 %; Forgillo, Il nuovo
ruolo del curatore, S. 2 spricht ebenfalls von 12 %; zu älteren Erhebungen vgl. Bonsignori,
Inattualità del fallimento, S. 169 (171).
657 Vgl. im Einzelnen von Brogi/Santella, Two new measures of Bankruptcy efficiency, S. 35 ff.,
die von einem weiteren jährlichen Wertverlust von 1,2 % ausgehen.
658 Brogi/Santella, Two new measures of Bankruptcy efficiency, S. 37.
659 Fimmanò, La conservazione e la riallocazione dei valori aziendali nella riforma delle procedure concorsuali, S. 2; Marchesi, Anche la legge fallimentare scoraggia gli investimenti, S. 1.
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weitig nutzbare Produktionsfaktoren auf Jahre in dem Verfahren gebunden.660 Auch
die niedrigen Auslandsinvestitionen in Italien insgesamt führte man auf die Missstände im Insolvenzrecht zurück.661 Damit wuchs die Erkenntnis, dass nicht nur die
Quote selbst verbessert, sondern auch die Beschleunigung des Verfahrens vorangetrieben werden müsste.
Diese Beschleunigung als eines der Hauptziele der Reform sollte auf verschiedene Weise erreicht werden.662 Unter anderem sollte die Komplexität des Verfahrens
reduziert werden, denn der Gesetzgeber von 1942 hatte in dem Bestreben, eine möglichst umfassende Kontrolle über den Insolvenzverwalter zu erhalten, viele Zustimmungserfordernisse des beauftragten Richters vorgesehen. Die Vielzahl von Handlungen, die einer Zustimmung bedurften, machte das Verfahren langsam und vergleichweise ineffizient.663 Neben einer Reduktion der Zustimmungserfordernisse
sollten zum anderen die Entscheidungsprozesse (etwa die Beschlüsse des Gläubigerausschusses) beschleunigt werden.
Die Idee, dass das Unternehmen als solches einen Wert darstellt und der Zusammenhalt der einzelnen assets, den Gläubigern einen höheren Ertrag bringen könnte,
war der Legge fallimentare von 1942 im Wesentlichen fremd.664 Daher nahm auch
das Institut der Betriebsfortführung, dem das Gesetz misstrauisch gegenüber stand,
eine marginale Rolle ein.665 Erst in den 70er Jahren des 20. Jahrhunderts setzte sich
der Gedanke durch, dass das Unternehmen in seinem Verbund wertvoller ist als in
einzelnen Teilen.666 Die damals eingeführten Regelungen über die amministrazione
straordinaria haben mit der Reform auch Eingang in das Regelinsolvenzverfahren
gefunden.667
Nach der Legge fallimentare von 1942 wurde das Verfahren durch die staatlichen
Organe, insbesondere den beauftragten Richter geführt. Dieser ernannte den Insolvenzverwalter und kontrollierte ihn, während die Gläubiger praktisch keine Mitwirkungsbefugnisse hatten. Das weitgehende Fehlen einer effektiven Kontrolle der finanziell Betroffenen führte nicht nur zu Korruption und Unterschlagungen der Verfahrensorgane.668 Vielmehr waren der Insolvenzverwalter und der beauftragte Richter, die zwar weitgehend unabhängig, aber auch finanziell unbeteiligt waren, nicht in
660 Fimmanò, La conservazione e la riallocazione dei valori aziendali nella riforma delle procedure concorsuali, S. 2.
661 Forgillo, Il nuovo ruolo del curatore, S. 2.
662 Im Einzelnen Nigro, Diritto della banca e del mercato finanziario 2006, 197 (201 ff.).
663 Forgillo, Il nuovo ruolo del curatore, S. 6; Minutoli, Il fallimento 2005, 1460 (1464); vgl.
auch Bonfatti/Censoni, Manuale di diritto fallimentare, S. 330 f.; Schiavon, Informazione
prevedenziale 2005, 549 (560).
664 Jorio, in: Jorio/Fabiani (Hrsg.), Il nuovo diritto fallimentare, I, S. 2.
665 Jorio, in: Jorio/Fabiani (Hrsg.), Il nuovo diritto fallimentare, I, S. 2.
666 Nigro, Diritto della banca e del mercato finanziario 2006, 197 (203).
667 Vgl. Nigro, Diritto della banca e del mercato finanziario 2006, 197 (203).
668 Vgl. etwa Stanghellini, Il fallimento 2006, 377 (380); siehe auch Corte die Cassazione
28.02.2005, n. 13919 sowie Palamara, Cassazione Penale 2006, 2147.
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der Lage, das Verfahren zügig zu führen und die Masse effizient zu verwerten.669
Kritisch beurteilt wurde auch, dass es sich bei dem beauftragten Richter in erster Linie um einen Juristen handelte, während der Einsatz von wirtschaftlich versierteren
Personen als sinnvoller erachtet wurde.670 Aus diesen Überlegungen gewann man
auch im Vergleich mit anderen Rechtsordnungen die Erkenntnis, dass die Gläubiger
als finanziell Betroffene zu dem Zweck eines effizienteren und schnelleren Verfahrensablaufes eine aktivere Rolle in dem Verfahren einnehmen müssten.671 Dass daher eine Beschränkung der Befugnisse der gerichtlichen Organe und eine Stärkung
der Gläubiger erforderlich seien, war zuletzt672 weitgehend unumstritten.673 In den
verschiedenen der Reform vorausgegangenen Kommissionen war man sich aber uneins, in welchem Maße eine Beteiligung der Gläubiger stattfinden sollte und inwieweit die Befugnisse des Gerichts eingeschränkt werden sollten.674 Teilweise meinte
man, dass die Gläubiger als finanziell Betroffene auch die entscheidende Rolle in
dem Verfahren einnehmen sollten, während den gerichtlichen Organen nur die Kontrolle der Rechtmäßigkeit zukommen sollte.675 Dieser häufig als „privatistica“ bezeichneten Konzeption stellte sich die These entgegen, dass die Befugnisse des
Richters nur eingeschränkt für die Missstände der Legge fallimentare verantwortlich
seien. Vielmehr stelle der beauftragte Richter als „kostenloser juristischer Berater“676 die Rechtmäßigkeit des Verfahrens sicher, rege den konstanten Fortgang des
Verfahrens gegenüber dem Verwalter an und sorge damit auch für die Effizienz des
Verfahrens. Schließlich schütze der beauftragte Richter die verschiedenen in dem
Verfahren betroffenen Interessen.677 Daher plädierte man dafür, dem beauftragten
Richter auch die Lösung von eventuellen Konflikten zwischen dem Insolvenzverwalter und den Gläubigervertretern zuzuweisen, die Fragen der der Zweckmäßigkeit
betrafen.678
669 Cabras, La governance del fallimento, S. 3; Cabras, Il sistema di governance nelle imprese in
crisi, S. 22; Stanghellini, Il fallimento 2006, 377 (380); vgl. auch Fimmanò, La conservazione
e la riallocazione dei valori aziendali nella riforma delle procedure concorsuali, S. 4.
670 Bonsignori, Inattualità del fallimento, S. 169 (181).
671 Brogi/Santella, Two new measures of Bankruptcy efficiency, S. 6 f.; Fimmanò, La conservazione e la riallocazione dei valori aziendali nella riforma delle procedure concorsuali, S. 4;
Stanghellini, Il fallimento 2006, 377 (380); vgl. auch Nigro, Diritto della banca e del mercato
finanziario 2006, 197 (203 ff.).
672 Siehe aber noch die kritische Haltung von Caselli, in: Bricola/Galgano/Santini (Hrsg.), Commentario Scialoja-Branca, S. 243 ff.
673 Vgl. etwa Jorio, in: Jorio/Fabiani (Hrsg.), Il nuovo diritto fallimentare, I, S. 25; Nigro, Diritto
della banca e del mercato finanziario 2006, 197 (198).
674 Jorio, in: Jorio/Fabiani (Hrsg.), Il nuovo diritto fallimentare, I, S. 25; vgl. auch Meoli, Il fallimento 2005, 1042 (1043).
675 Vgl. Jorio, in: Jorio/Fabiani (Hrsg.), Il nuovo diritto fallimentare, I, S. 25.
676 Jorio, in: Jorio/Fabiani (Hrsg.), Il nuovo diritto fallimentare, I, S. 25.
677 Jorio, in: Jorio/Fabiani (Hrsg.), Il nuovo diritto fallimentare, I, S. 25.
678 So insbesondere Nardecchia, Informazione prevedenziale 2006, 1 (9 f.); Minutoli, Il fallimento 2005, 1460 (1465 ff.); vgl. auch Jorio, in: Jorio/Fabiani (Hrsg.), Il nuovo diritto fallimentare, I, S. 25.
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Es ist nicht völlig klar, welche der beiden unterschiedlichen Konzeptionen in der
aus den unterschiedlichen Entwürfen des Justiz- und Wirtschaftsministeriums hervorgegangenen Legge fallimentare letztlich überwogen hat.679 Der Streit um das
richtige Maß der Gläubigerbeteiligung setzt sich in der Interpretation der einzelnen
Regelungen fort.
V. Die Reformen von 2006 und 2007
Die Legge fallimentare von 1942 wurde durch das Decreto legislativo 9 gennaio
2006, n. 5 grundlegend reformiert. Die ersten erkannten Mängel hat der Gesetzgeber
durch das Decreto legislativo 12 Settembre 2007, n. 169 zu beheben versucht, das
zum 01.01.2008 in Kraft getreten ist. Beide sind Gegenstand der folgenden Darstellung.
C. Einteilung der Gläubigergruppen
Wie in Deutschland unterscheidet man im italienischen Insolvenzrecht verschiedene
Gläubigergruppen.
I. Privilegierte Gläubiger (Creditori privilegiati)
In Italien unterscheidet sich die Stellung der gesicherten Gläubiger stark von der Art
des jeweiligen Sicherungsrechts. Daher bedarf es nicht nur einer kurzen Darstellung
der Rechtslage im Insolvenzrecht (dazu 1. und 2.), sondern auch eines kurzen Überblicks über die Sicherungsrechte in Italien (dazu 3.).
1. Grundsatz
Nach Art. 54 Abs. 1 LF können Gläubiger, die durch Hypothek, Pfandrecht oder
durch Privileg (ein gesetzliches, akzessorisches Sicherungsrecht für bestimmte Forderungen an beweglichen oder unbeweglichen Gegenständen, das dem Pfandrecht
und der Hypothek in der Regel vorrangig ist680) gesichert sind, ihr Vorrecht in Bezug auf den erzielten Erlös des jeweiligen Gegenstands geltend machen. Nach
Art. 111 Abs. 1 LF werden sie aus dem Verwertungserlös des jeweiligen Sicherungsgegenstands nach Abzug der vorab zu begleichenden Forderungen (insbeson-
679 Jorio, in: Jorio/Fabiani (Hrsg.), Il nuovo diritto fallimentare, I, S. 26.
680 Zu den privilegi im italienischen Recht siehe Greving, Der Treuhandgedanke bei Sicherungs-
übertragungen im italienischen und deutschen Recht, S. 141 ff.
Chapter Preview
References
Zusammenfassung
Die umfassende Gläubigerbeteiligung hat eine lange Tradition im deutschen Insolvenzrecht. In der Praxis beteiligen sich die Gläubiger jedoch häufig nicht. Dieser Umstand und unausgewogene Entscheidungen der Gläubiger können das Verfahrensziel, die bestmögliche Befriedigung der Gläubiger, gefährden. Die Untersuchung vergleicht die Gläubigerbeteiligung nach der deutschen Insolvenzordnung mit der durch das decreto legislativo 9 gennaio 2006, n. 5 und das decreto legislativo 12 Settembre 2007, n. 169 reformierten legge fallimentare. Die Arbeit erörtert umfassend aktuelle juristische Fragen. Der rechtsvergleichende Teil bezieht Ansätze der ökonomischen Analyse des Rechts und der Verhaltensökonomik ein, um konkrete Änderungsvorschläge zu erarbeiten.