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Der Schaden aus § 826 BGB muß sich kausal bei der Stiftung realisieren; es
gilt § 249 BGB1372. Eine Haftung aus § 826 BGB kommt wegen vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung vor allem bei Verletzung der o.g. strafrechtlichen Normen in Betracht, mithin in Fällen der strafrechtlichen Untreue1373 oder Unterschlagung oder auch im Falle des Mißbrauchs der Vertretungsmacht1374, insbesondere wenn das jeweilige Vorstandsmitglied und der Vertragspartner zum Nachteil
der Stiftung kollusiv zusammenwirken1375. Denkbar ist auch der Fall, wenn der
Stiftungsvorstand die Stiftung absichtlich »herunterwirtschaftet«, um z.B. der
Stiftung Schaden zuzufügen, den Namen des Stifters herabzuwürdigen oder um
Destinatärsansprüche zu vereiteln.
3. Haftung aus § 426 I BGB
Bei einer Haftung des Stiftungsvorstands gegenüber den Destinatären oder gegenüber Dritten aufgrund von Deliktsrecht ist § 31 BGB für die Stiftung gem.
§ 86 S. 1 BGB anwendbar1376, so daß der Stiftung deliktische Schadenszufügung
bei Dritten durch ihre Organe gem. § 31 BGB zugerechnet wird1377. Eine Abdingung des § 31 BGB ist nicht möglich1378. Im Ergebnis haftet die Stiftung selbst
aus §§ 86, 31 BGB i.V.m. der deliktischen Anspruchsgrundlage1379. Da sowohl
die Stiftung als auch der Stiftungsvorstand aus Delikt dem Dritten gegenüber haften, findet § 840 I BGB Anwendung; Stiftung und Vorstand sind damit Gesamtschuldner im Verhältnis zum Dritten. Es gilt § 426 I BGB, der eine eigene Anspruchsgrundlage im Innenverhältnis zwischen den Gesamtschuldnern bildet1380.
Die Haftungsverteilung zwischen mehreren Schädigern bestimmt sich nur dann
nach § 426 I BGB, wenn jeder andere Vergleichsmaßstab fehlt1381. Bei Schadensersatzansprüchen findet vielmehr § 254 BGB Anwendung1382. Es ist primär das
Maß der Verursachung und sekundär die Verschuldensverteilung maßgeblich1383.
1372 Palandt/Sprau, § 826, Rn. 14; Nomos/Staudinger, § 826, Rn. 11; MüKo/Wagner (4. Auflage), § 826, Rn. 32.
1373 LG Saarbrücken NJW-RR 1987, 500 f.; Blydt-Hansen, S. 161; MüKo/Wagner (4. Auflage),
§ 826, Rn. 102, nennt als Beispiel, daß ein Organmitglied lukrative Geschäftschancen verstreichen läßt, um sie von einem persönlich verbundenen Unternehmen wahrnehmen zu
lassen.
1374 Palandt/Sprau, § 826, Rn. 21; MüKo/Wagner (4. Auflage), § 826, Rn. 102.
1375 BGH NJW 1996, 658, 658 f.; RGZ 145, 311, 314 ff.; Schwintek, S. 201.
1376 § 31 BGB gilt für alle juristischen Personen, vgl. Palandt/Heinrichs, § 31, Rn. 3; MüKo/
Reuter (5. Auflage), § 31, Rn. 11.
1377 Allgemein Nomos/Dörner, § 31, Rn. 1 f.; Jauernig/Jauernig, § 31, Rn. 1 f.; MüKo/Reuter
(5. Auflage), § 31, Rn. 1 ff.
1378 Palandt/Heinrichs, § 31, Rn. 4; MüKo/Reuter (5. Auflage), § 31, Rn. 46.
1379 Küntzel, DB 2004, 2303, 2303.
1380 Palandt/Grüneberg, § 426, Rn. 1; Jauernig/Stürner, § 426, Rn. 14 ff.
1381 Palandt/Grüneberg, § 426, Rn. 7 ff.
1382 Jauernig/Stürner, § 426, Rn. 9; Palandt/Grüneberg, § 426, Rn. 10 m. w. N.
1383 Palandt/Heinrichs, § 254, Rn. 59 ff.
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Da der Stiftung die Haftung des Vorstands vollständig über § 31 BGB zugerechnet wird, würde die Stiftung, wenn Stiftung und Vorstand zusammen mit
einem Dritten Gesamtschuldner wären, mit dem Vorstand eine Haftungseinheit
bilden, da die Verursachungsbeiträge von Vorstand und Stiftung identisch
wären1384. Dies folgt daraus, daß die Verursachungsbeiträge meist nur von einem
der beiden zu 100% geleistet werden, der andere aber aufgrund einer Zurechnungsnorm in gleichem Umfang dafür einzustehen hat1385. Bei der Stiftung muß
dieses Ergebnis notwendigerweise eintreten, da die Stiftung mangels eigener
Handlungsfähigkeit keine eigenen Verursachungsbeiträge neben dem Stiftungsvorstand leisten kann1386. Im Innenverhältnis untereinander hat regelmäßig der für
Eigenverschulden haftende Gesamtschuldner den für Fremdverschulden einstehenden Gesamtschuldner von der Haftung freizustellen1387.
Auf die Stiftung und den Vorstand übertragen bedeutet das, daß der Stiftungsvorstand, der die Haftung der Stiftung über § 31 BGB i.V.m. Deliktsrecht begründet, die Stiftung gem. 426 I BGB vollständig von der Haftung freizustellen hat.
Die Stiftung hat daher einen Regreßanspruch zu 100% gegenüber dem Stiftungsvorstand, wenn sie von einem Dritten wegen deliktisch zugefügtem Schaden über
§ 31 BGB in Anspruch genommen wird.
4. Haftung aus Landesrecht
Einige Landesstiftungsgesetze sehen eigene Schadensersatzansprüche der Stiftung gegenüber dem Stiftungsvorstand für den Fall vor, daß der Stiftungsvorstand
die ihm obliegenden Pflichten verletzt1388. In Bayern nach alter Rechtslage1389 und
1384 Zur Haftungseinheit bei Gesamtschuldnern vgl. BGH NJW-RR 1989, 918, 920; BGHZ 55,
344, 349; 61, 214, 220; Palandt/Grüneberg, § 426, Rn. 11; Jauernig/Stürner, § 426, Rn.
10; Staudinger/Noack, § 426, Rn. 83 ff.
1385 MüKo/Bydlinski (5. Auflage), § 426, Rn. 32.
1386 Dies gilt nicht, wenn und soweit die Stiftung aufgrund anderer satzungsmäßig berufener
Organe unabhängig vom Stiftungsvorstand handlungsfähig ist.
1387 Staudinger/Noack, § 426, Rn. 92.
1388 Art. 14 S. 2 StiftG Bayern i. d. F. v. 19. Dezember 2001 (GVBl. 2002, S. 10), in der Neufassung durch Gesetz vom 22. Juli 2008 (GVBl. 2008, S. 473) ist diese eigenständige Haftungsnorm entfernt; § 8 StiftG Hessen: »Die Mitglieder der Stiftungsorgane sind zur ordnungsgemäßen Verwaltung des Stiftungsvermögens verpflichtet. Bei einer vorsätzlichen
oder grob fahrlässigen Verletzung ihrer Obliegenheiten sind sie unbeschadet von Haftungsvorschriften in anderen Gesetzen der Stiftung gegenüber zum Schadensersatz verpflichtet.«
1389 Art. 14 S. 2 StiftG Bayern i. d. F. v. 19. Dezember 2001 (GVBl. 2002, S. 10): »Organmitglieder, die ihre Obliegenheiten vorsätzlich oder grob fahrlässig verletzen, sind der Stiftung zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet.«
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References
Zusammenfassung
Die Stiftung des bürgerlichen Rechts wird vom Stiftungsvorstand als grundsätzlich einzigem Organ verwaltet. Die oft immensen Vermögensmassen der Stiftungen sind damit der zunächst alleinigen Verantwortung des Vorstands übergeben. Da dieser zentralen Einfluss auf die Geschicke der Stiftung hat, ist es notwendig, einen Pflichtenkatalog zu formulieren, der die Aufgaben und Spielräume des Stiftungsvorstands zusammenfasst und verständlich erläutert. Im Rahmen einer rechtswissenschaftlichen Untersuchung wird daher mit diesem Buch geklärt, welche grundlegenden Pflichten der Stiftungsvorstand hat, wo diese ihre rechtlichen Grundlagen finden und welche haftungsrechtlichen Folgen sich bei Pflichtverletzungen des Stiftungsvorstands ergeben können.
Dabei ist es gelungen, Abstimmungsfehler zwischen Bundes- und Landesrecht aufzuzeigen, die zur formellen Verfassungswidrigkeit zahlreicher Landesnormen im Stiftungsrecht geführt haben. Dies hat Auswirkungen sowohl auf die Arbeit des Stiftungsvorstands als auch auf die Arbeit der Stiftungsaufsichtsbehörde, deren Aufgabe es ist, die Mitgliederlosigkeit der Stiftung durch staatliche Kontrolle und Fürsorge auszugleichen.