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vorgesehen, ist das Bestellen eines Notvorstands nicht nötig. Die Vertretungsmacht des Notvorstands kann damit erst vom Gericht definiert werden. Sowohl
Umfang, als auch Dauer der Vertretungsbefugnis werden erst mit dem Beschluß
des Amtsgerichts festgelegt1510. Fehlen die Voraussetzungen der Bestellung und
wird dennoch ein Notvorstand bestellt, ist dieser Bestellungsbeschluß gleichwohl
wirksam, da die Bestellung rechtsbegründend wirkt1511. Erforderlich ist allerdings
die Zustimmung des Bestellten1512.
2. Einschränkungen der Vertretungsmacht
Die Vertretungsmacht ist grundsätzlich unbeschränkt. Einschränkungen derselben sind aber möglich1513.
a. Durch Bundes- bzw. Landesrecht
Die gesetzliche Vertretungsmacht wird zum einen durch § 181 BGB beschränkt.
Das Verbot des Selbstkontrahierens und der Mehrvertretung gilt auch für den Stiftungsvorstand. Die Vorstandsmitglieder können keine Rechtsgeschäfte im Namen
der Stiftung mit sich im eigenen Namen oder als Vertreter eines Dritten vornehmen, es sei denn, das Rechtsgeschäft besteht in der Erfüllung einer Verbindlichkeit. Außerdem kann der Stifter in der Stiftungssatzung eine Befreiung vom Verbot des Insichgeschäfts erteilen1514. Will der Stiftungsvorstand ein notwendiges
Insichgeschäft durchführen und enthält die Stiftungssatzung keine Gestattung, so
muß er gem. §§ 86, 29 BGB das zuständige Amtsgericht um Bestellung eines
Notvertreters ersuchen, der das Rechtsgeschäft namens der Stiftung abschließt1515.
Im Landesrecht entfalten die o.g. Genehmigungserfordernisse der Aufsichtsbehörde die Wirkung einer Einschränkung der Vertretungsmacht1516. Soweit die
erforderliche Genehmigung der Aufsichtsbehörde im Rahmen einer zulässigen
Genehmigungspflicht nicht erteilt ist, fehlt dem Stiftungsvorstand die Vertretungsmacht zur Vornahme der angestrebten Handlung1517.
1510 Ebersbach, S. 99; RAG JW 1937, 3187.
1511 RG JW 1918, 361; Ebersbach, S. 99.
1512 Seifart/v. Campenhausen/Hof, § 9 Rn. 42 m.w.N.
1513 Meyn/Richter, Rn. 542.
1514 Vgl. dazu die Ausführungen unter C II 4 a (3) (f) [g], S. 165 f.
1515 v.Rotberg, § 13, Anm.2.
1516 Schwintek, S. 178; MüKo/Reuter (5. Auflage), § 86, Rn. 11; Kaper, S. 113.
1517 Vgl. auch Hartmann/Atzpodien, S. 147 ff.
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b. Durch die Stiftungssatzung
Weiterhin möglich ist es, die Vertretungsmacht des Stiftungsvorstands
gem. §§ 86, 26 II S. 2 BGB in der Satzung zu beschränken. Denkbar sind sachliche Begrenzungen auf bestimmte Rechtsgeschäfte oder bestimmte Arten von Geschäften, formelle Formerfordernisse für das Vertreterhandeln1518 oder auch Zustimmungserfordernisse eines anderen satzungsmäßigen Stiftungsorgans1519, sowie die Untersagung einzelner bestimmter Geschäfte, wie die Veräußerung bestimmter Grundstücke1520. Die Beschränkung wirkt gem. § 26 II 2 BGB auch im
Außenverhältnis gegenüber Dritten. Nach von Hof vertretener Ansicht gilt dies jedoch nicht gegenüber gutgläubigen Dritten1521. Die Beschränkung der Vertretungsbefugnis sei einem gutgläubigen Dritten nicht bekannt, dieser müsse die
Satzung der Stiftung auf Beschränkungen der Vertretungsmacht des Vorstands hin
überprüfen, um tatsächlich über Ansprüche gegen die Stiftung sicher zu sein und
nicht auf die Haftung gem. §§ 179 ff. BGB verwiesen zu werden1522. Hof favorisiert damit wohl eine teleologische Reduktion des § 26 II 2 BGB.
Stengel1523 schlägt vor, die Regelungen über Geschäftsbereich und Organbefugnisse generell an den Regelungen des Handelsrechts zu orientieren und denen
über Handelsgesellschaften anzunähern. Nach hM gilt die Beschränkung in der
Satzung gegenüber jedem Dritten ohne Rücksicht auf die Kenntnis oder das Kennenmüssen1524. Der hM ist zuzustimmen. Maßgeblich ist der Gesichtspunkt der
Schutzwürdigkeit. Die Regelung des § 26 II BGB dient vor allem dem Schutz des
Vereins und über § 86 BGB der Stiftung. Eine Beschränkung der Vertretungsmacht soll nicht nur der Beschränkung der Geschäftsführungsbefugnis dienen,
die den Vorstand nur im Innenverhältnis binden würde, sondern vielmehr und
gerade im Außenverhältnis wirken. Dies soll verhindern, daß sich der Vorstand
wirksam über die Beschränkungen hinwegsetzen kann, wenn er Ansprüche des
Vereins oder der Stiftung im Innenverhältnis in Kauf nimmt. Diese Sicherung ist
im Stiftungsrecht besonders dringend, da mangels körperschaftsähnlicher Struktur kein Kontrollorgan wie im Vereinsrecht mit der Mitgliederversammlung existiert, das derartiges Fehlverhalten des Vorstands nachprüft und ggf. unterbindet.
Auf der anderen Seite steht der gutgläubige Dritte, der sich darauf verlassen hat,
daß das einzige vertretungsberechtigte Organ der Stiftung tatsächlich die Stiftung
mit seinem Handeln verpflichtet. Es steht der Schutz der Stiftung dem Schutz des
Rechtsverkehrs gegenüber. Im Vereinsrecht ist diese Problematik durch die Existenz eines bundeseinheitlichen Vereinsregisters, ebenso wie im Handelsrecht
1518 Stöber, Rn. 275; RGRK/Steffen, § 26, Rn. 5; Schwintek, S. 183.
1519 Schwintek, S. 183.
1520 Stengel, § 4, Anm.10.4.
1521 Seifart/v. Campenhausen/Hof, § 9 Rn. 32.
1522 Seifart/v. Campenhausen/Hof, § 9 Rn. 32.
1523 Stengel, § 4 Anm. 10.4.
1524 MüKo/Reuter (5. Auflage), § 86 Rn. 11; Soergel/Neuhoff § 86 Rn. 7; Bamberger/Roth/
Schwarz (1. Auflage), § 86 Rn. 3; Wernicke ZEV 2003, 301; unentschieden Staudinger/
Rawert, § 86, Rn. 8.
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durch ein entsprechendes Handelsregister gelöst. Ein solches Register fehlt aber
im Stiftungsrecht, obgleich damit auch im Stiftungsrecht das Problem gelöst
wäre1525. Zwar enthalten auch die Landesstiftungsgesetze mittlerweile Regelungen über die zwingende Eintragung in ein Stiftungsverzeichnis1526, doch fehlt solchen Verzeichnissen die Verbindlichkeit i.S. einer zumindest negativen Publizität,
die den vereinsrechtlichen Registern zukommt1527.
Der Mindestschutz des Rechtverkehrs wird durch die §§ 179 ff. BGB gewahrt,
während die Stiftung durch die Ausgleichsansprüche gegenüber dem Vorstand
geschützt wird. Das Interesse der Stiftung an einer uneingeschränkten Durchsetzung der Vertretungsbeschränkungen des Vorstands ist jedoch stärker zu gewichten, da sonst eine effektive Durchsetzung der Beschränkung der Vertretungsmacht
nicht möglich ist. Der Vorstand ist im gesetzlichen Regelfall die einzige personelle Besetzung der Stiftung. Zusätzliche Kontrollorgane sind zwar möglich, aber
nicht zwingend vorgeschrieben1528. Die einzige Kontrolle der Vertretungsbeschränkung erfolgt durch die Stiftungsaufsicht, eine Kontrolle, die den Vorstand
nicht unbedingt zwingt, den Rahmen der Vertretungsmacht einzuhalten. Die Stiftung insoweit nur auf Schadensersatzansprüche gegen den Vorstand zu verweisen,
würde der besonders gefährdeten Stellung der Stiftung im Verhältnis zum Stiftungsvorstand nicht gerecht. Mit der hM ist eine Begrenzung der Vertretungsmacht des Stiftungsvorstands durch Satzungsbestimmungen des Stifters daher
gegenüber jedem Dritten unabhängig von dessen Kenntnis zu bejahen1529.
Die Beschränkungen der Vertretungsmacht erfahren jedoch dort eine Grenze,
wo die Funktionsfähigkeit der Stiftung und die Erfüllung des Stiftungszwecks
gefährdet sind1530. Die Beschränkungen der Vertretungsmacht dürfen nicht die
Handlungsfähigkeit der Stiftung beeinträchtigen oder die Erfüllung des Stiftungszwecks behindern1531. Derartige Beschränkungen der Vertretungsmacht sind
zwar wirksam, führen aber zur Anerkennungsunfähigkeit der Stiftung oder zur
Aufhebung der Stiftung gem. § 87 I BGB.
1525 Dementsprechend fordern Stimmen in der Literatur ein solches Register: Staudinger/
Rawert § 86 Rn. 8.
1526 Art. 8 StiftG Bayern; § 17 a StiftG Niedersachsen; § 4 StiftG Baden-Württemberg; § 11 I
StiftG Berlin; § 15 StiftG Bremen; § 3 StiftG Hamburg; § 17 a StiftG Hessen; § 3 StiftG
Mecklenburg-Vorpommern; § 12 StiftG Nordrhein-Westfalen; § 5 StiftG Rheinland-Pfalz;
§ 18 StiftG Saarland; § 8 StiftG Sachsen; § 20 StiftG Sachsen-Anhalt; § 15 II StiftG
Schleswig-Holstein; § 20 StiftG Thüringen; § 14 StiftG Brandenburg.
1527 Vgl. Reichert, Rn. 2348 m.w.N.
1528 Kontrollorgane dürfen auch nicht von der Aufsichtsbehörde als zusätzliche Genehmigungsvoraussetzung verlangt werden, vgl. Suerbaum, ZSt 2004, 34, 35.
1529 MüKo/Reuter (5. Auflage), § 86, Rn. 11; Palandt/Heinrichs, § 86, Rn. 1; Schwintek, S. 185
m.w.N.
1530 Schwintek, S. 185; Ebersbach, S. 103; Seifart/v.Campenhausen/Hof, § 9, Rn. 29; Strickrodt, S. 80.
1531 Schwintek, S. 186, nennt hier die Zustimmungsbedürftigkeit von Zweckerfüllungsmaßnahmen durch ein nur selten zusammentretendes oder potentiell häufig beschlußunfähiges
Gremium bzw. wenn das genannte Gremium regelmäßig eine Zustimmung aus mangelnder
Sachkunde oder wegen kollidierender Eigeninteressen verweigert.
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c. Durch den Stiftungszweck als solchen
Einige Stimmen der Literatur1532 gehen darüber hinaus so weit, die Einschränkung
der Vertretungsmacht im Außenverhältnis auch ohne ausdrückliche Einschränkung in der Satzung bereits aus dem Stiftungszweck abzuleiten1533. Dies begründet z.B. Ebersbach damit, daß kein Stiftungsorgan die Stiftung wirksam durch ein
Geschäft verpflichten könne, das erkennbar die Grenzen überschreitet, die durch
die Satzung, insbesondere durch den Stiftungszweck, gezogen seien1534. Eine alte
Entscheidung des BGH aus dem Jahre 1957 bildet die Grundlage für diese Überlegung1535. Stengel führt an, daß eine vollständige Unterwerfung der Stiftungsorgane unter die Zweckbindung des Vermögens erst dann gegeben sei, wenn abweichende Handlungsweisen des Vorstands rechtlich unmöglich seien. Anderenfalls
sei ein umfassender Schutz der Stiftung vor eigenmächtig handelnden Organen
nicht gegeben1536.
Die neuere Literatur steht der Eingrenzung der Vertretungsmacht aus dem Stiftungszweck zu Recht sehr skeptisch gegenüber. Reuter1537 hat richtig ausgeführt,
daß der Umfang der Vertretungsmacht klar umrissen sein muß1538. Zum Schutz
des Rechtsverkehrs darf die Vertretungsbefugnis nicht von der Auslegung des
Stiftungszwecks abhängen. Die Kompetenzen des Vorstands müssen klar festgelegt sein, um Unsicherheiten im Rechtsverkehr vorzubeugen. Der Dritte, der mit
der Stiftung kontrahieren will, darf nicht auf eine vage Auslegung des Stiftungszwecks verwiesen werden; er muß zumindest aus der Stiftungssatzung klar ersehen können, ob und inwieweit der Vorstand Vertretungsmacht hat1539. Schon die
ausdrückliche Beschränkung der Vertretungsmacht des Vorstands in der Satzung
aus Verkehrsschutzgesichtspunkten ist nicht unproblematisch. Dem Dritten auch
das Risiko fehlender Aussagen über den Umfang und eventueller Einschränkungen der Vertretungsmacht des Vorstands in der Satzung aufzubürden, geht über
das zumutbare Maß hinaus.
Die von Stengel angenommene Gefahr durch Stiftungsorgane, welche die Vertretungsbeschränkungen im Innenverhältnis mißachten1540, dürfte ebenfalls kein
Argument sein, um die Begrenzung der Vertretungsmacht aus dem Stiftungszweck begründen zu können. Schwintek hat hier zutreffend erinnert, daß die Vertretungsbefugnis der Stiftungsorgane ohnehin durch Anzeige- und Genehmi-
1532 Bereits Ebersbach, S. 108.
1533 Erman/Westermann § 86 Rn. 2; Palandt/Heinrichs § 86 Rn. 1; Stengel (1993) S. 167 ff,
Stengel (1994) § 5 Anm.3; RGRK/Steffen, § 86 Rn. 3; für das Vereinsrecht Danckelmann,
NJW 1973, 735, 736.
1534 Ebersbach, S. 108.
1535 BGH LM § 85 Nr.1 = NJW 1957, S. 708 = BB 1957, 276.
1536 Stengel, S. 124.
1537 MüKo/Reuter (4. Auflage), § 86 Rn. 3.
1538 Im Ergebnis auch MüKo/Reuter (5. Auflage), § 86, Rn. 11.
1539 BGH NJW 1980, 2799 f.
1540 Stengel, S. 124.
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gungspflichten des Stiftungsvorstands begrenzt werden kann1541. Zudem steht es
dem Stifter frei, mit satzungsmäßigen Kontrollorganen und Beschränkungen der
Vertretungsmacht organschaftlicher Willkür einen Riegel vorzuschieben. Wenn
der Stifter selbst gegen die Gefahr autonom handelnder Stiftungsorgane keine
Vorkehrungen getroffen hat, kann das daraus resultierende Risiko billigerweise
nicht dem Rechtsverkehr auferlegt werden, zumal eine inhaltlich so unscharfe
Begrenzung der Vertretungsmacht wie der aus dem Stiftungszweck mehr Rechtsunsicherheit schaffen als Rechtssicherheit gewinnen würde.
Eine Beschränkung der Vertretungsbefugnis aufgrund des Stiftungszwecks
kann zudem aus dogmatischen Gründen nicht angenommen werden: Der Stiftungsvorstand hat die Stellung eines gesetzlichen Vertreters; seine Vertretungsmacht ist dem Wortlaut des §§ 86, 26 II S. 1 BGB nach grds. unbeschränkt. Eine
Beschränkung der Vertretungsmacht bereits aus der Zwecksetzung des Vereins
oder der Stiftung abzuleiten, wäre zum einen eine systemfremde Adaption der
sog. ultra-vires-Lehre1542, die im anglo-amerikanischen Rechtskreis angewandt
wird, zum anderen eine fehlerhafte Auslegung des § 26 II BGB. Die ultra-vires-
Lehre besagt sinngemäß, daß der juristischen Person im Außenverhältnis nicht
mehr Macht zukommen kann, als ihr im Innenverhältnis zusteht. Diese Macht
wird im Innenverhältnis spätestens durch die Generalklausel der Zwecksetzung
bestimmt. Ließe man eine Beschränkung der Vertretungsmacht durch den Stiftungszweck bereits im Außenverhältnis zu, würde dies de facto bedeuten, daß
§ 26 II S. 2 BGB inhaltslos wäre. Eine ausdrückliche Beschränkung der Vertretungsmacht durch eine Satzungsbestimmung wäre sinnlos, wenn der Vereinsoder Stiftungszweck diese Beschränkung bereits per se enthielte.
Da der Gesetzgeber aber die Beschränkbarkeit der Vertretungsmacht durch
ausdrückliche Satzungsbestimmung zugelassen hat, kann er nicht davon ausgegangen sein, daß die Vertretungsbefugnis bereits durch den Vereins- oder Stiftungszweck generell eingeschränkt sei. Hätte der Gesetzgeber eine Einschränkung der Vertretungsmacht durch den Stiftungszweck auch im Außenverhältnis
beabsichtigt, hätte dies ausdrücklich zum Ausdruck gebracht werden müssen.
Der BGH hat diesem Ergebnis im Vereinsrecht tendenziell zugestimmt1543.
Schwintek weist hierzu darauf hin, daß der BGH die ursprüngliche Rechtsprechung nicht ausdrücklich widerrufen, sondern nur klargestellt habe, daß sich eine
Begrenzung der Vertretungsmacht aus der Satzung ergeben müsse und nicht
bereits aus einer satzungsmäßigen Eingrenzung des Handlungsspielraums des
Vorstands folge1544. Eine ausdrückliche Abkehr von o.g. Rechtsprechung sei aus
dieser Entscheidung also nicht abzuleiten. Damit verkennt Schwintek die Tragweite des Urteils. In diesem hat der BGH die Notwendigkeit anerkannt, daß zum
1541 Schwintek, S. 181.
1542 Bamberger/Roth/Schwarz (1. Auflage), § 86 Rn. 3; § 26 Rn. 15; MüKo/Reuter (5. Auflage), § 86, Rn. 11; Seifart/v.Campenhausen/Hof, § 9 Rn. 33; Staudinger/Rawert, § 86 Rn.
8; Schwintek, S. 181; Meyn/Richter, Rn. 546.
1543 BGH NJW 1980, 2799 f.
1544 Schwintek, S. 179.
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Schutz des Rechtsverkehrs die Beschränkung der Vertretungsmacht des Vorstands klar erkennbar sein muß. Wenn schon eine Begrenzung der Handlungsspielräume keine Einschränkung der Vertretungsmacht bewirken kann, kann
diese erst recht nicht aus der allgemeinen Zwecksetzung der Stiftung oder des
Vereins abgeleitet werden.
Eine Begrenzung der Vertretungsmacht durch den Stiftungszweck scheidet
damit aus Verkehrsschutzgesichtspunkten aus1545. Konsequenterweise folgt daher
für die Vertreterstellung des Stiftungsvorstands die Anwendung der Grundsätze
über den Mißbrauch der Vertretungsmacht1546. Im Innenverhältnis bindet der Stiftungszweck den Stiftungsvorstand sehr wohl, so daß Rechtsgeschäfte abseits des
Stiftungszwecks eine Pflichtverletzung des Stiftungsvorstands darstellen, im
Außenverhältnis aber wirksam bleiben. Nur in Fällen der Evidenz und Kollusion
kann die Unwirksamkeit des fraglichen Rechtsgeschäfts die Folge sein. Im Falle
der Kollusion wird mit dem Rechtsgedanken der §§ 242, 138 BGB eine Nichtigkeit des vorgenommenen Rechtsgeschäfts die Folge sein, während bei evidentem
Mißbrauch der Vertretungsmacht die §§ 177 f. BGB Anwendung finden. Schwintek meint, daß eine Heilung der schwebenden Unwirksamkeit des Rechtsgeschäfts im Falle der Stiftung von vornherein ausgeschlossen sei1547. Üblicherweise wird es an einer Gestattungsmöglichkeit fehlen, wenn neben dem Vorstand
keine weiteren satzungsmäßigen Stiftungsorgane eingesetzt sind. Sofern ein Kontrollorgan vom Stifter eingesetzt wurde, kommt diesem zwar durchaus die Möglichkeit einer Genehmigung eines solchen Rechtsgeschäfts zu. Da das Kontrollorgan aber seinerseits an die Erfüllung des Stiftungszwecks gebunden ist1548, wäre
auch diese Zustimmung eine objektive Pflichtverletzung des Kontrollorgans und
ein ebenso evidenter Mißbrauch der Vertretungsmacht, so daß erneut §§ 177 f.
BGB Anwendung fänden.
3. Vertretungsbescheinigungen
Zum Nachweis im Rechtsverkehr werden von den Stiftungsbehörden sog. Vertretungsbescheinigungen ausgestellt1549. Diese werden mangels anderer Nachweismöglichkeiten auch allgemein anerkannt1550. Soweit diese nicht in den Landesstiftungsgesetzen vorgesehen sind1551, soll nach Reuter ein Rechtsanspruch auf
Erteilung einer Vertretungsbescheinigung aus dem Grundrecht der Stiftung auf
1545 MüKo/Reuter (5. Auflage), § 86, Rn. 11; Bamberger/Roth/Schwarz (1. Auflage), § 86 Rn.
3; § 26 Rn. 15; Seifart/v.Campenhausen/Hof, § 9 Rn. 33; Staudinger/Rawert, § 86 Rn. 8;
Schwintek, S. 181; Meyn/Richter, Rn. 546; Kaper, S. 114 f.; im Ergebnis auch Wernicke,
ZEV 2003, 301, 302.
1546 So Schwintek, S. 182; Coing, S. 18 f.
1547 Schwintek, S. 182.
1548 Gebel/Hinrichsen, § 4, Anm.3.
1549 Vgl. dazu VG Gießen, Urt. v. 6.1.1999, Az. 10 E 1856/98 (2), ZSt 2007, 187 f.
1550 Fischer, BWNotZ 2005, 97, 107.
1551 So aber etwa in § 8 III StiftG Schleswig-Holstein.
Chapter Preview
References
Zusammenfassung
Die Stiftung des bürgerlichen Rechts wird vom Stiftungsvorstand als grundsätzlich einzigem Organ verwaltet. Die oft immensen Vermögensmassen der Stiftungen sind damit der zunächst alleinigen Verantwortung des Vorstands übergeben. Da dieser zentralen Einfluss auf die Geschicke der Stiftung hat, ist es notwendig, einen Pflichtenkatalog zu formulieren, der die Aufgaben und Spielräume des Stiftungsvorstands zusammenfasst und verständlich erläutert. Im Rahmen einer rechtswissenschaftlichen Untersuchung wird daher mit diesem Buch geklärt, welche grundlegenden Pflichten der Stiftungsvorstand hat, wo diese ihre rechtlichen Grundlagen finden und welche haftungsrechtlichen Folgen sich bei Pflichtverletzungen des Stiftungsvorstands ergeben können.
Dabei ist es gelungen, Abstimmungsfehler zwischen Bundes- und Landesrecht aufzuzeigen, die zur formellen Verfassungswidrigkeit zahlreicher Landesnormen im Stiftungsrecht geführt haben. Dies hat Auswirkungen sowohl auf die Arbeit des Stiftungsvorstands als auch auf die Arbeit der Stiftungsaufsichtsbehörde, deren Aufgabe es ist, die Mitgliederlosigkeit der Stiftung durch staatliche Kontrolle und Fürsorge auszugleichen.