68
dern zur Verfügung stellen. Daraus ergibt sich der zentrale Stellenwert von gegenseitigen Konsultationen im Rahmen internationaler Regelwerke und Organisationen.
Schließlich haben Institutionalisten eine sehr spezifische Sichtweise auf das Verhältnis von Macht und Interessen bzw. die Bedeutung materieller Machtasymmetrien für die Stabilität institutionalisierter Kooperation. Anders als etwa Neorealisten gehen Institutionalisten davon aus, dass Institutionen auch dann stabil bleiben können, wenn sich die zugrunde liegenden Interessenstrukturen und Machtverteilungen zwischen den Staaten verändern. Institutionalisierte Zusammenarbeit fördert auch in diesem Sinne die Stabilität des internationalen Systems.
3.1.4 Allgemeine und spezifische Funktionen internationaler
(Sicherheits-) Institutionen
Die geschilderten Merkmale und Prämissen der institutionalistischen Theorie erscheinen vor allem im Bereich der politischen Ökonomie plausibel, besonders dann,
wenn es um die Beziehungen der industrialisierten Staaten im OECD-Raum geht. So
wurde argumentiert, dass sich die Plausibilität der Aussagen des Institutionalismus
auf den Bereich der Ökonomie beschränke, während den internationalen Sicherheitsbeziehungen eine andere Logik zugrunde liege.169 Aus dieser Perspektive wird
Sicherheit als ein besonders sensibles Herrschaftsfeld angesehen, welches sich in
seiner Bedeutung von anderen Sachbereichen abhebt (high politics). Ein Verlust im
Bereich der Wirtschaft bedeutet in der Regel weniger Profit und ggf. verlorene Exportchancen. Ein Verlust in der Sicherheitspolitik kann im Extremfall die eigene
physische Vernichtung bedeuten.170
Demgegenüber haben Helga Haftendorn, Otto Keck und ihre Koautoren argumentiert, dass Staaten auch im sicherheitspolitischen Bereich institutionell kooperieren, um sich einerseits besser vor äußeren Risiken und Bedrohungen schützen zu
können.171 In diesem Zusammenhang hat die NATO bereits während der Zeit des
Kalten Krieges eine Reihe von Funktionen erfüllt, die über die Zusammenlegung der
Relations Theory. Appraising the Field, Cambridge und London, MIT Press, S.71-107,
hier: S.73.
169 Vgl. beispielsweise Jervis, Robert (1999), „Realism, Neoliberalism, and Cooperation.
Understanding the Debate,“ in: International Security 24(1), S.42-63, hier: S.45.
170 Vgl. Grieco, Joseph M. (1988), „Anarchy and the Limits of Cooperation: A Realist Critique
of the Newest Liberal Institutionalism,“ in: International Organization 42(3), S.485-508.
Vgl. auch Hasenclever; Mayer und Rittberger, Theories of International Regimes, S.59-68.
Ähnlich argumentiert Lipson, dass institutionalisierte Formen der Kooperation in wirtschaftspolitischen Bereichen leichter zu erreichen und auch aufrecht zu erhalten seien, als
im Bereich militärischer Sicherheitspolitik. Lipson, Charles (1984), „International Cooperation in Economic and Security Affairs,“ in: World Politics 37(1), S.1-23.
171 Haftendorn, Helga und Keck, Otto (Hrsg.) (1997), Kooperation jenseits von Hegemonie
und Bedrohung, Baden-Baden, Nomos sowie Haftendorn, Helga; Keohane, Robert und
Wallander, Celeste (Hrsg.) (1999), Imperfect Unions - Security Institutions over Time and
Space, Oxford, Oxford University Press.
69
gemeinsamen militärischen Potentiale zur Abschreckung eines Angriffs durch die
Sowjetunion hinaus gingen. Nach dem Ende des Ost-West-Konflikts entwickelte die
Nordatlantische Allianz gänzlich neue Funktionen, die von den Mitgliedstaaten
nachgefragt wurden. 172 Andererseits erfüllen Sicherheitsinstitutionen wie die NATO
die gleiche allgemeine Funktion wie andere internationale Institutionen auch: Sie
ermöglichen die Zusammenarbeit zwischen Staaten zur Überwindung problematischer Handlungsinterdependenzen durch gegenseitige Konsultationen, den Austausch von Informationen und durch Regeln für kollektives Handeln.
Das institutionalistische Forschungsprogramm ermöglicht die Entwicklung einer
Typologisierung institutioneller Funktionen. Dabei greift die vorliegende Arbeit vor
allem auf die Überlegungen von Helga Haftendorn und Celeste Wallander zurück.
Haftendorn unterscheidet zunächst zwischen der allgemeinen und den spezifischen
Funktionen internationaler (Sicherheits-)Institutionen. Dabei definiert sie die spezifischen Funktionen wie folgt:
„Sicherheitsinstitutionen haben […] die Aufgabe (oder spezifische Funktion) ihren Mitgliedstaaten eine Zusammenarbeit bei der Gewährleistung von Sicherheit im Sinne des Schutzes ihrer territorialen Integrität, politischen Selbstbestimmung und wirtschaftlichen Wohlfahrt gegen
eine militärische Bedrohung zu erleichtern.“173
Ergänzend ist hinzuzufügen, dass sich die spezifischen Funktionen nicht ausschließlich auf den engen Bereich der militärischen Abschreckung beziehen müssen,
sondern beispielsweise auch auf die Bereiche der Konfliktregelung und Vertrauensbildung, Information und Politikkoordinierung gegenüber Nicht-Mitgliedern der
Institution.174 Das Wesensmerkmal spezifischer Funktionen ist, dass sie sich auf eine
konkrete Aufgabe in einer konkreten historischen Situation beziehen: „assets are
specific to a given relationship, location, or purpose“.175
Die Gewährleistung der kollektiven Verteidigungsfähigkeit gegenüber der Sowjetunion war die wichtigste spezifische Funktion der NATO bis zum Ende des Kalten Krieges. Auch danach hat die Allianz weiterhin den Zweck der kollektiven Verteidigung erfüllt. Darüber hinaus kamen die Bearbeitung gewaltsamer Konflikte in
Südosteuropa sowie der Stabilitätstransfer nach Mittelost- und Osteuropa als spezifische Aufgaben nach 1990 hinzu.176
172 Für eine analoge Argumentation im Sinne einer funktionalistischen Sichtweise im Zusammenhang mit der europäischen Sicherheitspolitik vgl. Tams, Carsten (1999), „The Functions of a European Security and Defense Identity and Its Institutional Form,“ in: Haftendorn, Helga; Keohane, Robert und Wallander, Celeste (Hrsg.), Imperfect Unions - Security
Institutions over Time and Space, New York, Oxford University Press, S.80-103.
173 Haftendorn, Helga (1997), „Sicherheitsinstitutionen in den internationalen Beziehungen -
Eine Einführung,“ in: Haftendorn, Helga und Keck, Otto (Hrsg.), Kooperation jenseits von
Hegemonie und Bedrohung, Baden-Baden, Nomos, S.11-33, hier: S.16.
174 Vgl. ebd., S.18.
175 Wallander, Institutional Assets and Adaptability, S.708.
176 Vgl. Duffield, NATO's Functions After the Cold War, S.770.
70
Die allgemeine Funktion einer Sicherheitsinstitution zeichnet sich in Abgrenzung
zu den spezifischen Funktionen dadurch aus, dass sie grundsätzlich von allen multilateralen Institutionen erfüllt wird, unabhängig vom historischen Kontext, thematischen Regelungsbereich und konkreter Mitgliedschaft. Sie bezieht sich ausschließlich auf die Zusammenarbeit der Mitgliedstaaten untereinander:
„Wie alle Institutionen haben Sicherheitsinstitutionen die (allgemeine) Funktion, das Verhalten ihrer Mitglieder durch geeignete Verhaltens- und Verfahrensregeln im Sinne von kooperativen Verhaltensweisen zu beeinflussen, und zwar in der Weise, dass es trotz konkurrierender
Interessen über einen längeren Zeitraum hinweg zu einer Zusammenarbeit zwischen zwei oder
mehreren Staaten kommt.“177
Bei der allgemeinen Funktion stehen Konsultationen, der Austausch von Informationen, der Abbau von Unsicherheiten und die Bereitstellung von allgemein anerkannten kollektiven Entscheidungsregeln im Mittelpunkt.178 Im Wesentlichen geht es
dabei um zwei zusammenhängende Aspekte. Einerseits dienen die institutionalisierten Formen der Kooperation jedem Mitgliedstaat dazu, eigene – durchaus aus Eigeninteresse eingegangene – Verpflichtungen glaubhaft zu machen (credibility of commitments). Andererseits dienen sie dazu, das Verhalten anderer Akteure einzubinden
und zu kontrollieren. Im Zusammenhang mit dem europäischen Integrationsprozess
hat Andrew Moravcsik diesen Sachverhalt wie folgt zusammengefasst: „Choices to
pool and delegate sovereignty to international institutions are best explained as efforts by governments to constrain and control one another – in game-theoretical
language, by their effort to enhance the credibility of commitments.”179 Aus der
Perspektive des funktionalen Institutionalismus liegt es im Eigeninteresse der Staaten, mittels institutionalisierter Zusammenarbeit die Glaubwürdigkeit der eingegangenen Verpflichtungen zu erhöhen.180
Neben der Unterscheidung zwischen der allgemeinen und den spezifischen Funktionen hat Wallander darüber hinaus zwischen internen und externen sowie zwischen politischen und militärischen Funktionen unterschieden. Nach innen gerichtete Funktionen regeln das Verhältnis der Mitgliedstaaten untereinander, während die
nach außen gerichteten Funktionen sich primär auf die Beziehungen zu Nicht-
Mitgliedern der Institution richten. Die zweite Unterscheidung ergibt sich aus den
politischen oder militärischen Instrumenten, auf welchen die jeweiligen Funktionen
in erster Linie basieren.
177 Haftendorn, Sicherheitsinstitutionen in den internationalen Beziehungen - Eine Einführung,
S.16 (eigene Hervorhebung).
178 Lisa Martin and Beth Simmons definieren die allgemeine Funktion als „a way for states to
overcome problems of collective action, high transaction costs, and information deficits or
asymmetries.“ Martin, Lisa und Simmons, Beth (1998), „Theories and Empirical Studies of
International Institutions,“ in: International Organization 52(4), S.729-57, hier: S.738.
179 Moravcsik, The Choice for Europe, S.9 (eigene Hervorhebung).
180 Vgl. Keohane und Martin, Institutional Theory as a Research Program, S.80.
71
Aus der Kombination der genannten drei Kategorien ergibt sich somit eine doppelte Matrix, die potentiell acht verschiedene institutionelle Funktionen abbildet
(vier militärische und vier politische Funktionen). Tatsächlich ist die Anzahl der
relevanten Funktionen jedoch geringer. Der Grund dafür ist, dass die drei Dimensionen nicht völlig unabhängig voneinander sind. So ist die allgemeine Funktion per
Definition stets nach innen gerichtet und hat einen rein politischen Charakter, denn
schließlich wird sie von allen Institutionen erfüllt. Zudem gibt es zwar einen theoretischen Unterschied zwischen der allgemeinen (d.h. kontextunabhängigen) Funktion
einerseits und den spezifisch-politisch, nach innen gerichteten (d.h. kontextabhängigen) Funktionen andererseits. Da sich die vorliegende Arbeit jedoch nur mit einem
spezifischen Kontext – der NATO aus Sicht der deutschen Sicherheitspolitik – befasst, ist diese Unterscheidung hier ohne Relevanz.
allgemein
spezifisch
intern extern
Politische Funktionen
Abbildung 1: Typologie institutioneller Funktionen
allgemein
spezifisch
intern extern
Militärische Funktionen
72
Bei einer spezifisch-politischen und nach innen gerichteten Funktion handelt es
sich also letztlich um einen konkreten historischen Anwendungsfall der allgemeinen
Funktion. Beispielsweise ermöglichte die NATO es der Bundesrepublik Deutschland, zunächst die Wiederbewaffnung und später die Vereinigung multilateral abzusichern, weil sie ihren Mitgliedstaaten vertrauenschaffende Informations- und Konsultationskanäle bereit stellte und die Einhaltung kollektiver Handlungsnormen
überwachte. Analog gilt dies auch für die spannungsreichen Beziehungen zwischen
den beiden NATO-Mitgliedern Türkei und Griechenland. Aus diesem Grund werden
die allgemeine und die spezifisch-politisch-interne Funktion in den empirischen
Kapiteln dieser Arbeit zusammengefasst. Die weißen Flächen in Abbildung 2 markieren die tatsächlich relevanten institutionellen Funktionen. Die folgende Tabelle
beschreibt diese vier Funktionen noch einmal zusammenfassend.
Tabelle 1: Typologie institutioneller Funktionen
allgemeine Funktion (politisch – intern)
Informationsaustausch, gegenseitige Konsultationen, Entscheidungsregeln für
gemeinsames Handeln unter den Mitgliedstaaten
Beispiele im Rahmen der NATO:
Konsultationen und Entscheidungsregeln im Nordatlantikrat oder in der Nuklearen
Planungsgruppe; Konsultationen im Rahmen informeller, jedoch ebenfalls institutionalisierter Foren (z.B. Quad)
spezifisch – politisch – extern
Einflussnahme auf das Verhalten von Nicht-Mitgliedern der Institution auf politischem Wege und mit politischen Mitteln
Beispiele im Rahmen der NATO:
Unterstützung der politischen und ökonomischen Reformprozesse in den Staaten
Mittelost- und Osteuropas nach dem Ende des Kalten Krieges
73
Tabelle 1 (Fortsetzung)
spezifisch – militärisch – intern
Schaffung der Voraussetzungen für die militärische Zusammenarbeit der Mitgliedstaaten; Bereitstellung von „[g]eneral assets […] for military planning, coordination, and implementation.“181
Beispiele im Rahmen der NATO:
Aufstellung multinationaler Verbände mit dem Ziel der Herstellung von Interoperabilität; gemeinsame Beschaffungs- und Rüstungspolitik; gemeinsame Ausbildung und Entwicklung von Doktrinen; militärische Lastenteilung unter Bündnispartnern
spezifisch – militärisch – extern
Gemeinsame militärische Machtbündelung und militärische Handlungsfähigkeit
gegenüber äußeren Risiken und Bedrohungen
Beispiel im Rahmen der NATO:
Gemeinsame Abschreckung gegenüber der Sowjetunion während des Kalten Krieges; nach dem Ende des Kalten Krieges: Militärisches Krisenmanagement; militärische Bekämpfung des Terrorismus und der Verbreitung von Massenvernichtungswaffen (MVW)
In ihrer Studie zur Entstehung, Fortdauer und zum Wandel euro-atlantischer Sicherheitsinstitutionen kommen Wallander und Keohane zu dem Ergebnis, dass die
Nordatlantische Allianz das Ende des Ost-West-Konflikts deshalb überdauern konnte, weil sie sich zu einer Security Management Institution (SMI) weiterentwickelt
habe. Dabei wurde die militärische Abschreckung zwar nicht völlig verdrängt, aber
doch von neuen Funktionen im Bereich des internen Konfliktmanagements in den
Hintergrund gedrängt. Statt militärischer Potentiale seien es Mechanismen der
Transparenz, der Konsultationen sowie der Anreizstrukturen für sicherheitspolitische Kooperation, die den neuen Mehrwert der NATO aus Sicht ihrer Mitgliedstaaten ausmacht.182 Inklusivität statt Exklusivität der Mitgliedschaft, die Ausrichtung
auf sicherheitspolitische Risiken im Sinne weniger bestimmbarer Gefahren und die
181 Wallander, Institutional Assets and Adaptability, S.731.
182 Wallander und Keohane, Risk, Threat, and Security Institutions, S.33.
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Konfliktregulierung zwischen den Verbündeten sind weitere wesentliche Merkmale
einer SMI.
Dabei ist die Multifunktionalität von Sicherheitsinstitutionen kein Phänomen, das
auf die Zeit nach dem Ende des Kalten Krieges beschränkt ist. In einer historischen
Studie zu den Allianzen in der internationalen Ordnung Europas zwischen 1815 und
1945 kommt Paul Schröder zu dem Schluss, dass Multifunktionalität auch historisch
eine wesentliche Grundvoraussetzung für den Erfolg und die Stabilität militärischer
Allianzen war: „[F]unctionally, alliances serve many diverse purposes and are best
considered as general tools for management and control in international affairs.“183
Auch in der NATO des Kalten Krieges war diese interne Funktion von gleichrangiger Bedeutung wie etwa die gemeinsame Abschreckung eines sowjetischen Angriffs. So kam der gegenseitigen Versicherung – durch eine integrierte Militärstruktur, gemeinsame Streitkräfteplanung und -kontrolle und durch die substantielle amerikanische Präsenz in Europa – eine zentrale Bedeutung zu. Sie wirkte dem
Sicherheitsdilemma innerhalb Europas entgegen, das insbesondere durch die Wiederbewaffnung und später durch die Vereinigung Deutschlands zu entstehen drohte.184 Auch aus Sicht der Bundesrepublik war diese allgemeine Funktion essentiell.
Sie bot eine Lösung des „deutschen Problems“ und ermöglichte es Bonn somit,
schrittweise die deutsche Souveränität und Handlungsfähigkeit wiederzuerlangen:185
„NATO makes German power controlable and thus acceptable to allies and political
adversaries alike. Germany outside NATO would raise international concerns.“186
Die Bedeutung des Informationsaustauschs, der gegenseitigen Konsultationen und
der Bereitstellung erprobter kollektiver Entscheidungsregeln nahm in der politisch
und strategisch unklaren Situation nach dem Fall der Berliner Mauer noch zu.187
3.1.5 Sicherheits- und Einflussinteressen in der institutionellen Kooperation
Institutionelle Funktionen dienen den Mitgliedstaaten dazu, ihre Sicherheits- und
Einflussinteressen zu verfolgen. Die spezifisch-militärische, nach außen gerichtete
Funktion ermöglicht es den Mitgliedstaaten, ihre Sicherheit durch die Bündelung
militärischer Fähigkeiten gegenüber äußeren Risiken und Bedrohungen zu erhöhen.
Dafür schafft die spezifisch-militärische, nach innen gerichtete Funktion durch die
Herstellung von Interoperabilität der nationalen Streitkräfte die Voraussetzungen.
183 Schroeder, Paul W. (1976), „Alliances, 1815-1945: Weapons of Power and Tools of Management,“ in: Knorr, Klaus (Hrsg.), Historical Dimensions of National Security Problems,
Lawrence u.a., The University Press of Kansas, S.227-62, hier: S.255.
184 Vgl. Duffield, NATO's Functions After the Cold War, S.773.
185 Duffield, Explaining the Long Peace in Europe, S.387. Der Autor betrachtet die NATO als
einen institutionellen Rahmen, in dem verschiedene Sicherheitsregime zusammengefasst
sind, so der Nordatlantikvertrag (mit Artikel 5 zur kollektiven Verteidigung), der integrierten Militärstruktur und dem gemeinsamen Streitkräfteplanungsprozess.
186 Christoph Bertram, zitiert nach: Duffield, NATO's Functions After the Cold War, S.774.
187 Vgl. Duffield, Explaining the Long Peace in Europe, S.388.
Chapter Preview
References
Zusammenfassung
Seit dem Ende des Kalten Krieges haben alle Bundesregierungen den weiterhin zentralen Stellenwert der Nordatlantischen Vertragsorganisation (NATO) sowie ihren Anspruch bekräftigt, den Transformationsprozess der Allianz aktiv mitzugestalten. Gleichzeitig sah sich die deutsche Sicherheitspolitik dem Vorwurf politischer und wissenschaftlicher Beobachter ausgesetzt, häufig passiv und inkonsequent zu handeln. So gilt Deutschland im Bereich des militärischen Krisenmanagements oder bei der Umsetzung militärischer Verpflichtungen seit langer Zeit als Bremser.
Vor diesem Hintergrund untersucht die vorliegende Monographie den Gestaltungswillen der deutschen NATO-Politik und die dieser Politik zugrunde liegenden Sicherheits- und Einflussinteressen in den Bereichen der Osterweiterungen, des militärischen Krisenmanagements und des Kampfes gegen den Terrorismus nach dem 11. September 2001. Sie bedient sich dabei eines institutionalistischen Analyserahmens, nach dem mehrere Funktionen von Sicherheitsinstitutionen – allgemeine und spezifische, politische und militärische – unterschieden werden können. Ein zentrales Ergebnis der Studie ist, dass sich die scheinbaren Widersprüche der deutschen Sicherheitspolitik damit erklären lassen, dass sie stets die politisch-integrativen Funktionen der NATO in den Mittelpunkt stellte.