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und externen Akteuren untersucht“ (Hartmann 1997b: 2). Mair macht außerdem
darauf aufmerksam, dass „die klassischen Kriterien der Evaluierung von Entwicklungshilfeprojekten – Kosten-Nutzen-Verhältnis, Nachhaltigkeit und Breitenwirkung
– in einem Bereich kaum anwendbar sind, der sich durch geringe Berechenbarkeit
und komplexe Prozesse auszeichnet. Evaluierung muss deshalb mittels qualitativer
politikwissenschaftlicher Analysen erfolgen und darf sich nicht quantitativ reduktionistischer Ansätze bedienen.“ (Mair 1997: 7). Inzwischen wurden weitere Kriterien
zur Evaluierung der „Demokratieförderung“ entwickelt, die seine Kritik aufnehmen.
So wurden eine Reihe von Studien unternommen, die sich kritisch mit den „klassischen Kriterien“ auseinandersetzen und diese weiterentwickelt haben (vgl. Weidenfeld 2001).
2.3.3. Das methodische Vorgehen
Um den Einfluss der internationalen Organisationen (IO) auf den innenpolitischen
Reformprozess zu bestimmen, werden hier die folgenden Wege verfolgt:
Der erste Weg liegt darin, zu zeigen, dass die internationalen Normen erst dann
von Albanien aufgenommen wurden, nachdem die internationalen Organisationen
deren Annahme verlangten. Der zweite Weg liegt in der „process-tracing analysis
that seeks to reconstruct the policy-making process in sufficient detail to establish
the causal importance of IO influence“ (Schimmelfennig 2002: 23).
Da das Engagement der internationalen Organisationen in Albanien bisher nur
wenig Beachtung in der Forschung gefunden hat, werden in erster Linie Primärquellen, d.h. Dokumente der internationalen Organisationen und der albanischen Regierung ausgewertet. Methodisch wird der Leistungsfähigkeit und dem Einfluss der drei
externen Akteure über die Analyse der folgenden Quellen nachgegangen:
So werden erstens die Strategiepapiere und die Fortschritts- bzw. Jahresberichte
der europäischen Organisationen analysiert. Die externen Akteure kommentieren in
diesen Dokumente in der Regel frühere Entwicklungsstadien des albanischen Demokratisierungsprozesses und weisen auf positive Veränderungen bzw. fehlende
Reformschritte in einzelnen Sektoren (z.B. Verwaltungsreform) hin. Durch eine
Analyse der entsprechenden Sektoren, in denen die externen Akteure mit eigenen
Unterstützungsprojekten aktiv waren, können Rückschlüsse auf die Wirkungen ihrer
Unterstützungsmaßnahmen in diesen Bereichen gezogen werden. Im Zentrum stehen
dabei die ausführlichen Berichte der Europäischen Kommission, die seit der Entscheidung über eine Prüfung der Verhandlungen über ein SAA mit Albanien im Jahr
1999 regelmäßig die Entwicklungen in Albanien analysieren.
Zweitens wurden Dokumente der albanischen Seite (in erster Linie Fortschrittsberichte, Reformagenden der Regierung, nationale Strategiepapiere) analysiert, um
Rückschlüsse über die Wirkung des externen Engagements anhand der Reaktion von
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albanischer Seite zu ziehen.90 Vor allem wurden Publikationen von albanischen
Forschungsinstitutionen ausgewertet.
Um zu einem ausgeglichenen Bild der Unterstützung durch die externen Akteure
zu gelangen, wurden neben den offiziellen Statements der europäischen Akteure und
des albanischen Staates weitere Akteure befragt, denn „both European Union and
CEE policy-makers have an incentive to exaggerate the extent of EU influence“
(Grabbe 2003: 324). So wurden drittens Interviews mit Personengruppen durchgeführt, die den albanischen Transformationsprozess und das ausländische Engagement in Albanien kritisch verfolgen. Dazu zählen Journalisten, Wissenschaftler und
(inländische und ausländische) Experten anderer (internationaler) Organisationen.
Viertens wurden Evaluierungsstudien einbezogen, die von unabhängigen Forschungsinstituten im Auftrag der EU durchgeführt wurden (z.B. zur PHARE-
Länderstrategie in Albanien).
90 Bereits die Existenz von Regierungsdokumenten, die auf die Anforderungen der internationalen Akteure eingehen, ist ein Anzeichen für den Einfluss der internationalen Organisationen
in der Form eines „Agenda settings“.
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References
Zusammenfassung
Im Schnittfeld von Transformations- und Integrationsforschung bietet die Arbeit eine detaillierte Auseinandersetzung mit den Einflussmöglichkeiten europäischer Institutionen auf die Demokratisierung in Südosteuropa. Analysiert wird die Demokratisierungshilfe von EU, OSZE und Europarat am wenig untersuchten Fall des „scheinheiligen Demokratisierers“ Albanien. Scheinheilige Demokratisierer stellen die Demokratisierungsbemühungen europäischer Organisationen in Südosteuropa vor große Herausforderungen. Wegen der prekären Sicherheitslage weisen sie einen erhöhten Stabilisierungsbedarf auf und begrenzten dadurch die Wirkung des Engagements der europäischen Akteure. In Auseinandersetzung mit den Forschungsansätzen der Internationalen Sozialisierung, der Europäisierung und der Konditionalität leistet die Arbeit einen Beitrag zur Debatte über die Rolle externer Akteure und untersucht die Wirkungszusammenhänge zwischen der internationalen und nationalen Dimension der Demokratisierung von Transformationsländern. Die Ergebnisse der Studie werfen einen kritischen Blick auf die EU-Konditionalität und zeigen die Notwendigkeit einer neuen Integrationsstrategie für die Länder Südosteuropas auf.