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Davon ausgehend lässt sich das Regulierungsrisiko in regulierungsbedürftigen Netzbereichen mit Marktmacht (MM) wie folgt durch das Maß ?MM charakterisieren:
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iiiMM KrKcKrKc ????+?=? )()](*))(*([ ????
9.3 Kostendeckung und disaggregiertes Regulierungsmandat
Um das Unterinvestitionsproblem in regulierungsbedürftigen Netzbereichen zu
lösen, wird in der aktuellen Regulierungsdiskussion das Konzept der Access holidays kontrovers diskutiert (vgl. Gans/King 2003 und Knieps 2005: S. 88-91). Die
Grundidee dieses Konzepts besteht darin, dass sich die Regulierungsbehörde (bevor
das Unternehmen investiert) verpflichtet, während einer festgelegten Zeitperiode
einen regulierungsbedürftigen Markt nicht zu regulieren. Die Dauer der Access
holidays soll vom jeweiligen Investitionsobjekt abhängen. Je nach Art und Umfang
der irreversiblen Kosten ist eine unterschiedliche Dauer erforderlich (Gans/King
2003: S. 168 ff.). Die zeitweise Aussetzung der Regulierung im Rahmen der Access
holidays soll dem regulierten Unternehmen hinreichende Investitionsanreize geben
und eine Unterinvestition verhindern.
Es stellt sich allerdings die Frage, ob das Problem des regulatorischen Opportunismus durch eine Änderung des Regulierungsparameters (Höhe des regulierten
Preises versus Dauer der Regulierung) innerhalb von Phase 2 gelöst werden kann.
Das Problem der Einflussnahme von Interessengruppen bleibt unabhängig von der
Wahl des Regulierungsparameters bestehen. Warum sollte das regulierte Unternehmen auf Stufe 2a darauf vertrauen, dass sich die Regulierungsbehörde auf Stufe 2b
an die zugesagte Dauer der Access holidays hält? Abhängig von der Realisierung
von M(?i) ergeben sich für die Regulierungsbehörde unterschiedlich starke Anreize,
die ursprünglich zugesagte Dauer der Access holidays zu verkürzen. Durch eine
bloße Vereinfachung des Regulierungsparameters lässt sich das Problem des regulatorischen Opportunismus nicht lösen. Die Wurzel des Problems liegt darin begründet, dass sich die Regulierungsbehörde nicht bereits in Stufe 2a glaubwürdig eine
Selbstbindung auferlegen kann, die Deckung der gesamten Kosten, einschließlich
der entscheidungsrelevanten Kapitalkosten, auf Stufe 2b zuzulassen.
Reformbemühungen, die sich auf Phase 2 konzentrieren, greifen zu kurz. Reformbemühungen, die das Problem an der Wurzel lösen sollen, müssen bei der Ausgestaltung des gesetzlichen Regulierungsmandats in Phase 1 ansetzen. Im Regulierungsmandat legt der Gesetzgeber die Kompetenzen der Regulierungsbehörde bei
der Regulierungsumsetzung fest. Das Regulierungsmandat muss kompatibel sein mit
dem gesetzlichen Regulierungsrahmen. Nur durch eine geeignete Beschränkung des
diskretionären Handlungsspielraums der Regulierungsbehörde lässt sich die Selbst-
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bindungsfähigkeit der Regulierungsbehörden erhöhen und das Regulierungsrisiko
reduzieren.304 Innerhalb des gewährten Handlungsspielraums sollte dann allerdings
der Fachkompetenz der zuständigen Regulierungsbehörde vertraut werden. Im Folgenden sollen die Grundelemente eines disaggregierten Regulierungsmandats skizziert werden, das auf dem normativen Referenzpunkt des disaggregierten Regulierungsansatzes basiert (vgl. Knieps 2005: S. 87 f. und 2007: S. 190 f.).
Das Regulierungsrisiko in wettbewerbsfähigen Netzbereichen (vgl. Abschnitt
9.2.2) kann vermieden werden, indem der Regulierungsbehörde im Regulierungsmandat folgende Beschränkungen auferlegt werden: • Verbot von Regulierungseingriffen, die zu einer Marktschließung führen.
Markteintritt und Marktaustritt müssen grundsätzlich in allen Netzbereichen erlaubt sein. • Verbot von Marktmachtregulierung außerhalb eines vom Gesetzgeber funktional definierten Bereichs, innerhalb dessen die Existenz monopolistischer Bottlenecks eine plausible Möglichkeit darstellt. Alle anderen Netzbereiche sind eindeutig wettbewerbsfähig und dürfen nicht reguliert werden.305 • Verpflichtung zu einer differenzierten Lokalisierung und Regulierung monopolistischer Bottlenecks, deren Notwendigkeit periodisch zu überprüfen ist.
Das Regulierungsrisiko in regulierungsbedürftigen Netzbereichen (vgl. Abschnitt
9.2.3) kann vermieden bzw. begrenzt werden, indem der Regulierungsbehörde im
Regulierungsmandat folgende weitere Beschränkungen auferlegt werden: • Verpflichtung zur Anwendung der Price cap-Regulierung in Kombination mit
Accounting Separation zur Disziplinierung der Marktmacht monopolistischer
Bottlenecks. • Keine Gefährdung der Überlebensfähigkeit des regulierten Unternehmens durch
falsche Parameter-Setzung bei der Price cap-Regulierung. Bei der Bestimmung
der Preisuntergrenze (Kostendeckungsbeschränkung) muss die Deckung der
entscheidungsrelevanten Kosten, einschließlich der Kapitalkosten, der Referenzpunkt sein.
Als Fazit dieses Kapitels ist festzuhalten, dass das Problem des Regulierungsrisikos
kein Problem ist, das sich allein über Kompensationen lösen lässt. Verbesserte Methoden der Regulatory Finance können zwar einen wichtigen Beitrag leisten, um
Mess- und Prognosefehler à la Ahn/Thompson (vgl. Abschnitt 9.1.1) oder regulierungsbedingte Asymmetrien à la Kolbe/Tye/Myers (vgl. Abschnitt 9.1.3) bei der
Kapitalkostenermittlung adäquat zu berücksichtigen. Das eigentliche Kernproblem
des Regulierungsrisikos, das in Abschnitt 9.2 herausgearbeitet wurde – diskretionäres Reguliererverhalten auf Grund des Einflusses von Interessengruppen – kann aber
304 Den Regulierungsbehörden zusätzliche Kompetenzen und Instrumente (z.B. Access Holidays) einzuräumen, wäre eine Schritt in die falsche Richtung. Nur durch eine klare Begrenzung – und nicht eine Ausweitung – der Handlungsspielräume kann die Selbstbindungsfähigkeit der Behörden gestärkt werden.
305 Für sie gilt das allgemeine Wettbewerbsrecht.
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durch verbesserte Kostenermittlung allein nicht gelöst werden. Es muss auch glaubwürdig sein, dass die Regulierungsbehörde die Deckung der ermittelten Kosten
durch entsprechende Erlöse zulassen wird.
Die Regulierungsbehörde ist zur Lösung des Opportunismusproblems auf den
Gesetzgeber angewiesen. Der Gesetzgeber muss den diskretionären Handlungsspielraum der Regulierungsbehörde klar definieren und begrenzen, um die Glaubwürdigkeit und die Selbstbindungsfähigkeit der Behörde bei der Regulierungsumsetzung zu
stärken. Die Beachtung der Kostendeckungsbeschränkung ist ein ganz zentrales
Element des disaggregierten Regulierungsmandats. Die wirtschaftspolitische Relevanz entscheidungsrelevanter Kosten im Regulierungskontext lässt sich somit nicht
nur auf die normative sondern auch auf die positive Theorie der Regulierung gründen. Die Verknüpfung von entscheidungsorientierter Kostenermittlung und positiver
Theorie der Regulierung ist ein vielversprechender Forschungsansatz.
Chapter Preview
References
Zusammenfassung
Für die in liberalisierten Netzindustrien aktiven Unternehmen sind Kosteninformationen insbesondere bei Preis- und Investitionsentscheidungen von zentraler Bedeutung. Darüber hinaus interessieren sich in zunehmendem Maße die wirtschaftspolitischen Entscheidungsträger für die Kosten der Netze, vor allem bei der Regulierung von Marktmacht und der Bestellung defizitärer Netzleistungen. Dies erfordert eine auf anerkannten ökonomischen Prinzipien basierende entscheidungsorientierte Kostenermittlung, die durchgängig und konsistent in allen Netzbereichen – seien sie nun wettbewerblich, reguliert oder subventioniert – anwendbar ist. Die vorliegende Habilitationsschrift will hierfür eine systematische methodische Grundlage legen.
Im Mittelpunkt steht die disaggregierte Ermittlung der Kapitalkosten. Es wird aufgezeigt, dass das Deprival value-Konzept bei der Kapitalkostenermittlung eine zentrale Rolle spielt. Darauf aufbauend wird ein analytischer Rahmen entwickelt, der das Zusammenspiel von Regulierung und Subventionierung (z.B. bei defizitären Eisenbahninfrastrukturen) normativ begründen kann.