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Eine Definition des Anwendungsbereiches der Kapitalverkehrsfreiheit enthält der
EG-Vertrag nicht. Entscheidendes Abgrenzungskriterium zu den anderen Grundfreiheiten ist nach der Rechtsprechung des EuGH der Zweck der Kapitalbewegung.
Geschäfte, „bei denen es in erster Linie um die Anlage und die Investition des betreffenden Kapitals geht und nicht um die Vergütung einer Dienstleistung“1216 fallen
unter die Vorschriften des freien Kapitalverkehrs.1217 Nach diesem Kriterium kommt
eine Anwendung des Art. 56 EG nicht in Betracht. Denn die certificati verdi werden
nicht zum Zweck der Anlage ausgestellt. Sie erhalten vielmehr nur im Zusammenhang mit der Quotenverpflichtung ihre Bedeutung. Das Verbot des ungedeckten
Verkaufs sowie das nur begrenzt mögliche Banking machen die certificati verdi als
Anlageobjekte unattraktiv. Sie sind – anders als die schwedischen Zertifikate1218 –
gerade nicht als Finanzinstrumente ausgestaltet. Etwas anderes ergibt sich auch
nicht, wenn man die Kapitalverkehrsrichtlinie1219 als Auslegungshilfe zur Abgrenzung der Kapitalverkehrs- von der Warenverkehrsfreiheit heranzieht. Da die Zertifikate keine Anteils-, Beteiligungs- oder Forderungsrechte verkörpern, handelt es sich
auch nicht um Wertpapiere im Sinne der Richtlinie. Das Recht, das sich aus dem
Zertifikat ergibt, erschließt sich vielmehr erst aus dem Zusammenhang mit dem
Quotensystem.1220
Unabhängig von der durch das nationale Recht vorgegebenen Rechtsnatur der
grünen Zertifikate fallen diese auf europarechtlicher Ebene somit im Ergebnis unter
die Vorschriften über den freien Warenverkehr, da sie nicht von der Kapitalverkehrsfreiheit nach Art. 56 EG erfasst werden.
II. Staatliche Maßnahme i. S. v. Art. 28 EG
Die Regelungen des italienischen quotengestützten Zertifikatesystems, insbesondere
die Quotenverpflichtung, begründen keine mengenmäßige Beschränkung im Sinne
eines Kontingents.1221
Erfasst werden durch Art. 28 EG indessen auch sog. Maßnahmen gleicher Wirkung. Eine Maßnahme gleicher Wirkung wie eine mengenmäßige Einfuhrbeschränkung ist nach der vom EuGH in der Rechtssache Dassonville entwickelten Formel
,,jede Handelsregelung der Mitgliedstaaten, die geeignet ist, den innergemeinschaft-
1216 EuGH, verb. Rs. C-286/82 und 26/83 – Luisi und Carbone, Slg. 1984, 377, Rn. 21.
1217 Vgl. Bröhmer, in: Calliess/Ruffert, EUV/EGV, Art. 56 EGV, Rn. 14.
1218 Auch dafür verneint Himmer jedoch die Anwendbarkeit des Art. 56 EG, Energiezertifikate in
den Mitgliedstaaten der Europäischen Union, S. 392.
1219 Richtlinie 88/361/EG, 4. Richtlinie des Rates zur Liberalisierung des Kapitalverkehrs, ABl. L
178 vom 8. Juli 1988, S. 5.
1220 Komorowski, Quotenmodelle zur Förderung erneuerbarer Energien, S. 101 ff.
1221 Ausführlich zu Quotenmodellen im Allgemeinen ebenda, S. 104 f.; Himmer, Energiezertifikate in den Mitgliedstaaten der Europäischen Union, S. 393.
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lichen Handel unmittelbar oder mittelbar, tatsächlich oder potentiell zu behindern“.1222
Das quotengestützte Zertifikatemodell kann sich in zweierlei Hinsicht auf den
Handel zwischen den Mitgliedstaaten der EU auswirken. Zum einen kommt eine
Beeinträchtigung des Handels mit Elektrizität in Betracht, zum anderen eine Beeinträchtigung eines potenziellen zukünftigen europäischen Zertifikatehandels.
Die Beurteilung der Handelsbeschränkungen dieser Märkte ist unabhängig voneinander vorzunehmen. Das komplexe Regelungssystem des quotengestützten italienischen Zertifikatesystems beinhaltet dabei drei wesentliche Elemente, die im Rahmen
der Prüfung des Art. 28 EG zu unterscheiden sind: die Quotenverpflichtung, die
Zertifikatevergabe und die Reziprozitätsklausel hinsichtlich der Zuerkennung von
Zertifikaten für im Ausland erzeugten Strom aus erneuerbaren Energiequellen.
1. Beeinträchtigung des europäischen Stromhandels
Es besteht ein – wenngleich noch immer von erheblichen faktischen Hemmnissen
geprägter – Elektrizitätsbinnenmarkt. Die Auferlegung einer Quotenverpflichtung
für italienische Erzeuger und Importeure von Strom aus konventionellen Energiequellen sowie die Ausgabe von Zertifikaten für Erzeuger von Strom aus erneuerbaren Energiequellen sind auch geeignet, diesen europäischen Stromhandel zu beeinträchtigen. Durch die Statuierung der Quotenverpflichtung wird der italienische
Markt für Strom um den aufgrund der Quotenverpflichtung eingespeisten Strom aus
erneuerbaren Energiequellen verkleinert, da die künstlich geschaffene Nachfrage für
Strom aus erneuerbaren Energiequellen eine Reduzierung der Nachfrage für Strom
aus konventionellen Energiequellen bewirkt.1223 Dementsprechend können neben
italienischen auch Erzeuger von Strom aus konventionellen Energiequellen aus
anderen Mitgliedstaaten der EU weniger Strom in Italien verkaufen und werden
somit am Handel mit Strom in Italien gehindert. Außerdem werden aufgrund der
Reziprozitätsklausel auch nicht-italienische Erzeuger von Strom aus erneuerbaren
Energiequellen daran gehindert, ihren Strom in Italien zu verkaufen, soweit sie wegen mangelnder Reziprozität keine grünen Zertifikate erhalten können.1224 Sofern sie
in ihrem Mitgliedstaat keine ausreichende Förderung erhalten, werden sie ohne die
Zuteilung von grünen Zertifikaten ihren Strom in Italien nicht wirtschaftlich verkaufen können und daher von der Einführung abgehalten.
1222 EuGH, Rs. 8/74 – Dassonville, Slg. 1974, 837, Leitsatz.
1223 Ehricke, EWS 2002, 301, 305; vgl. allg. Komorowski, Quotenmodelle zur Förderung erneuerbarer Energien, S. 110; vergleichbar auch die Argumentation des EuGH, Rs. C-379/98 –
PreussenElektra, Slg. 2001, I-2099, Rn. 70.
1224 Frenz, DVBl 2001, 673, 674; Ehricke, a. a. O., 305.
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2. Beeinträchtigung eines europäischen Zertifikatehandels
Komplizierter stellt sich die Situation hinsichtlich der Beschränkung eines europäischen Zertifikatehandels dar.
Es existiert zum gegenwärtigen Zeitpunkt kein gemeinschaftsweiter Handel mit
Zertifikaten für Strom aus erneuerbaren Energiequellen. Allerdings ist entsprechend
der Weite der Dassonville-Formel davon auszugehen, dass auch die Beschränkung
eines potenziellen gemeinschaftsweiten Handels mit Zertifikaten genügen kann.1225
Dabei ist die Tatsache, dass es sich nicht um einen bereits bestehenden Markt handelt, im Rahmen der Prüfung der weiteren Voraussetzungen des Art. 28 EG sowie
der Rechtfertigungsgründe zu berücksichtigen.
In Bezug auf das italienische Fördersystem ist zunächst festzustellen, dass dieses
grundsätzlich die Zuerkennung von grünen Zertifikaten für im Ausland erzeugten
Strom ermöglicht. Allein in der Zuerkennung grüner Zertifikate ist daher keine Beeinträchtigung des innergemeinschaftlichen Handels zu erkennen. Dabei wird allerdings die Einhaltung einer Reziprozitätsklausel vorausgesetzt. Diese Klausel verhindert die vorbehaltlose Anerkennung von ausländischen Zertifikaten, macht diese von
den Förderregelungen des anderen Mitgliedstaats abhängig und stellt daher eine
unmittelbare und tatsächliche Beeinträchtigung des potenziellen innergemeinschaftlichen Handels mit Zertifikaten dar. Schließlich ermöglichen die italienischen Regelungen bislang keine Anerkennung von im Ausland ausgestellten Zertifikaten. Auch
hierdurch wird der potenzielle innergemeinschaftliche Handel beeinträchtigt.1226
3. Die Bereichsausnahme für Vertriebsmodalitäten nach der Keck-Rechtsprechung
Nach einer in der Rechtssache Keck und Mithouard1227 durch den EuGH entwickelten Formel ist
„die Anwendung nationaler Bestimmungen, die bestimmte Verkaufsmodalitäten beschränken
oder verbieten, auf Erzeugnisse aus anderen Mitgliedstaaten (...) nicht geeignet, den Handel
zwischen den Mitgliedstaaten im Sinne dieser Definition zu behindern, sofern diese Bestimmungen für alle betroffenen Wirtschaftsteilnehmer gelten, die ihre Tätigkeit im Inland ausüben, und sofern sie den Absatz der inländischen Erzeugnisse und der Erzeugnisse aus anderen
Mitgliedstaaten rechtlich wie tatsächlich in der gleichen Weise berühren.“1228
Die Keck-Rechtsprechung dient angesichts der Weite der Dassonville-Formel einer
Eingrenzung des Tatbestandes des Art. 28 EG, so dass Maßnahmen, die für den
innergemeinschaftlichen Handel offensichtlich ohne negative Auswirkungen sind,
1225 Vgl. ausführlich Himmer, Energiezertifikate in den Mitgliedstaaten der Europäischen Union,
S. 396 f.
1226 Vgl. allg. ebenda, S. 403.
1227 EuGH, Rs. C-267/91 und C-268/91 – Keck und Mithouard, Slg. 1993, I-6097.
1228 EuGH, Rs. C-267/91 und C-268/91 – Keck und Mithouard, Slg. 1993, I-6097, 3. Leitsatz.
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keiner Rechtfertigung durch die Mitgliedstaaten bedürfen.1229 Unterschieden werden
produktbezogene und vertriebsbezogene Regelungen. Produktbezogene Regelungen
sind solche, die sich auf die Ware selbst beziehen, d. h. ihre Bezeichnung, Form,
Abmessung, Gewicht, Zusammensetzung, Aufmachung, Etikettierung und Verpackung.1230 Vertriebsbezogene Regelungen oder Verkaufsmodalitäten betreffen hingegen nicht das Produkt selbst, sondern vielmehr den Verkaufsvorgang.1231
a) Beschränkungen des Stromhandels
Die Beschränkungen des Stromhandels ergeben sich aus der Bevorzugung von
Strom aus erneuerbaren Energiequellen gegenüber solchem aus konventionellen
Energiequellen sowie aus der Bevorzugung inländischer gegenüber ausländischen
Erzeugern von Strom aus erneuerbaren Energiequellen.
Im Hinblick auf diese Beschränkungen des Stromhandels stellt sich zunächst die
Frage, wie die Quotenverpflichtung, die Zertifikatevergabe und die Reziprozitätsklausel wirken. Gegen die Einordnung als produktbezogene Regelungen spricht,
dass der Erwerb des Stroms und derjenige der Zertifikate von einander getrennt sind.
Regelungen, die die Zertifikatevergabe betreffen, beziehen sich deshalb grundsätzlich nicht auf das Produkt „Strom“. Schwierigkeiten bereitet gleichzeitig jedoch
auch die Einordnung der Regelungen als Vertriebsmodalitäten im Sinne der Rechtsprechung. Denn weder die Quotenverpflichtung noch die Zertifikatevergabe beziehen sich auf den Vertrieb von Strom, sondern auf dessen Einspeisung bzw. Erzeugung.1232 Die Regelung ist daher jedenfalls nicht mit den bislang entschiedenen
Fällen, wie z. B. dem Ladenschlussgesetz1233 oder Werbebeschränkungen1234, vergleichbar. Aber auch eine analoge Anwendung bzw. eine ausweitende Modifizierung der Keck-Formel auf die Beschränkungen des quotengestützten Zertifikatesystems ist nicht angezeigt. Auszugehen ist dabei zum einen von Sinn und Zweck der
Keck-Rechtsprechung. Dieser liegt in der Begrenzung des Anwendungsbereichs der
1229 Siehe zur Keck-Rechtsprechung ausführlich Kingreen, in: Calliess/Ruffert, EUV/EGV,
Art. 28-30 EGV, Rn. 161 ff.; zur Übertragung der Keck-Rechtsprechung auf Verwendungsbeschränkungen siehe Albin/Valentin, EWS 2007, 533 ff.
1230 EuGH, Rs. C-267/91 und C-268/91 – Keck und Mithouard, Slg. 1993, I-6097, Rn. 15.
1231 Z. B. Ladenschlussgesetze, Werbebeschränkungen, räumliche Vertriebsbeschränkungen, vgl.
Kingreen, in: Calliess/Ruffert, EUV/EGV, Art. 28-30 EGV, Rn. 170 ff.
1232 Die Anwendung der Keck-Rechtsprechung ist deshalb jedoch hinsichtlich der Beeinträchtigungen des Strommarktes nicht von vornherein ausgeschlossen. Zu kurz greift daher insoweit
die Argumentation von Himmer, Energiezertifikate in den Mitgliedstaaten der Europäischen
Union, S. 398.
1233 Vgl. EuGH, verb. Rs. C-401/92 und C-402/92 – Tankstation t'Heukske, Slg. 1994, I-2199;
EuGH, verb. Rs. C-69 und C-258/93 – Punto Casa S. p. A., Slg. 1994, I-2355; EuGH, verb.
Rs. C-418 bis C-421/93 – Semeraro Casa Uno, Slg. 1996, I-2975.
1234 EuGH, Rs. C-412/93 – Leclerc, Slg. 1995, I-179; EuGH, verb. Rs. C-34/95 bis C-36/95 – de
Agostini, Slg. 1997, I-3843; EuGH, Rs. C-405/98 – Gourmet International, Slg. 2001, I-1795;
EuGH, Rs. 292/92 – Hünermund, Slg. 1993, I-6787.
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Dassonville-Formel bei solchen Beschränkungen, die weder zu Absatzeinbußen
noch zu erhöhten Aufwendungen für die Sicherstellung des Absatzes führen.1235 Wie
oben bereits festgestellt wurde, kann die Quotenregelung aber erhebliche Auswirkungen auf den Absatz von Strom aus anderen Mitgliedstaaten zeitigen. Schon aus
diesem Grund ist eine Anwendung der Keck-Formel abzulehnen. Überdies handelt
es sich um eine diskriminierende Regelung, soweit Strom aus dem Ausland nur für
den Fall des Vorliegens der Voraussetzungen der Reziprozitätsklausel zertifiziert
wird. Die Maßnahme berührt daher auch den Absatz der inländischen Erzeugnisse
und der Erzeugnisse aus anderen Mitgliedstaaten rechtlich nicht in der gleichen
Weise, so dass auch diese Voraussetzung der Keck-Formel nicht erfüllt ist.1236
b) Beschränkungen des potenziellen Zertifikatehandels
Auch hinsichtlich der Beschränkungen des potenziellen Zertifikatehandels ist festzustellen, dass eine Anwendung der Keck-Rechtsprechung ausscheidet.
So ermöglichen die Quotenverpflichtung und die Zertifikateausgabe erst den
Handel mit Zertifikaten. Es handelt sich daher um die intensivstmögliche produktbezogene Regelung, nicht um eine Verkaufsmodalität.1237 Schließlich betrifft auch
die Reziprozitätsklausel die Frage des Ob und nicht des Wie des Zertifikateimports,
so dass es sich auch insofern nicht um eine vertriebsbezogene Regelung handelt.1238
Überdies ist auch diese Regelung diskriminierend ausgestaltet. So werden ausländische Zertifikate nicht anerkannt und Strom aus ausländischen Kraftwerken wird nur
bei Vorliegen der Voraussetzungen der Reziprozitätsklausel zertifiziert.
4. Zwischenergebnis
Bei der Quotenverpflichtung, der Zertifikateausgabe und der Reziprozitätsklausel
handelt es sich hinsichtlich des in Ansätzen bestehenden gemeinschaftsweiten
Stromhandels um Maßnahmen gleicher Wirkung i. S. d. Art. 28 EG. Auch ein potenzieller zukünftiger Zertifikatehandel wird durch Art. 28 EG geschützt. Insoweit
stellen sich die italienischen Regelungen, insbesondere angesichts des Erfordernisses der Reziprozität für die Zertifizierung von ausländischem Strom und der Nichtanerkennung von ausländischen Zertifikaten als Maßnahmen gleicher Wirkung dar.
1235 Vgl. zu Verwendungsbeschränkungen Albin/Valentin, EWS 2007, 533, 538.
1236 Zutreffend insoweit Himmer, Energiezertifikate in den Mitgliedstaaten der Europäischen
Union, S. 398; a. A. Komorowski, für ein abstraktes Quotenmodell, in dem die Stromversorger oder die Letztverbraucher der Quotenpflicht unterliegen; Quotenmodelle zur Förderung
erneuerbarer Energien, S. 119.
1237 Vgl. Himmer, Energiezertifikate in den Mitgliedstaaten der Europäischen Union, S. 399;
Komorowski, Quotenmodelle zur Förderung erneuerbarer Energien, S. 121.
1238 Himmer, Energiezertifikate in den Mitgliedstaaten der Europäischen Union, S. 398 ff.
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Die Bereichsausnahme nach der Keck-Rechtsprechung findet auf die Maßnahmen
keine Anwendung.
III. Rechtfertigung
Es stellt sich daher die Frage, ob die Regelungen des italienischen Quoten- und
Zertifikatesystems gerechtfertigt sein können. In Betracht kommen eine Rechtfertigung nach den geschriebenen Rechtfertigungsgründen des Art. 30 Abs. 1 EG oder
aufgrund ungeschriebener „zwingender Erfordernisse des Allgemeininteresses“ nach
der „Cassis-de-Dijon-Formel“.1239
1. Rechtfertigung nach Art. 30 EG
Nach Art. 30 EG können Regelungen i. S. d. Art. 28 EG aus den Gründen der
„öffentlichen Sittlichkeit, Ordnung und Sicherheit, zum Schutze der Gesundheit und des Lebens von Menschen, Tieren oder Pflanzen, des nationalen Kulturguts von künstlerischem, geschichtlichem oder archäologischem Wert oder des gewerblichen und kommerziellen Eigentums“
gerechtfertigt sein. Die Vorschrift ist als Ausnahmevorschrift eng auszulegen.1240
Daher ist der Katalog als abschließend zu betrachten1241 und die genannten Rechtfertigungsgründe sind restriktiv zu interpretieren.1242
Der Rechtfertigungsgrund des Schutzes der Gesundheit und des Lebens von Menschen, Tieren oder Pflanzen kann daher auch nicht als einheitlicher Rechtfertigungsgrund im Sinne eines übergreifenden Umweltschutzes angesehen werden.1243 Der
Umweltschutz greift nach dem EuGH bereits ein, bevor eine Gefährdung der Gesundheit oder des Lebens in Frage steht und ist daher begrifflich von deren Schutz
zu trennen. Vielmehr sind hierin drei unterschiedliche Rechtfertigungsgründe zu
sehen: der Schutz der Gesundheit und des Lebens von Menschen, der Schutz der
Gesundheit und des Lebens von Tieren und der Schutz der Gesundheit und des Lebens von Pflanzen.1244 Auch in der PreussenElektra-Entscheidung hat der EuGH den
Umweltschutz nicht den Rechtfertigungsgründen des Art. 30 EG zugeordnet.1245 Die
1239 EuGH, Rs. 120/78 – Cassis de Dijon, Slg. 1979, 649, 662.
1240 Leible, in: Grabitz/Hilf, Das Recht der Europäischen Union, Art. 30 EGV, Rn. 3; EuGH, Rs.
7/61 – Kommission/Italien, Slg. 1961, 695, 720; EuGH, Rs. 13/68 – Salgoil, Slg. 1968, 679,
694; EuGH, Rs. 113/80 – Kommission/Irland, Slg. 1981, 1625, 1. Leitsatz.
1241 EuGH, Rs. 46/76 – Bauhuis, Slg. 1977, 5, 15; EuGH, Rs. 113/80 – Kommission/Irland, Slg.
1981, 1625, 1. Leitsatz.
1242 Leible, in: Grabitz/Hilf, Das Recht der Europäischen Union, Art. 30 EGV, Rn. 4.
1243 Ehricke, RdE 2003, 57, 63; Gebauer/Wollenteit/Hack, ZNER 2001, 12, 14.
1244 EuGH, Rs. C-2/90 – Kommission/Belgien, Slg. 1992, I-4431, Rn. 30.
1245 Komorowski, Quotenmodelle zur Förderung erneuerbarer Energien, S. 130; a. A. Faber, NuR
2002, 140, 142.
Chapter Preview
References
Zusammenfassung
Die Steigerung des Anteils der erneuerbaren Energien an der Stromerzeugung spielt für die Verbesserung der Versorgungssicherheit und die Erreichung der Klimaschutzziele der Europäischen Union eine herausragende Rolle. Den hierfür maßgeblichen Rechtsnormen der einzelnen Mitgliedstaaten kommt deshalb besondere Bedeutung zu.
Der Autor analysiert detailliert die Vorschriften der Republik Italien. Die Darstellung der energiewirtschaftlichen Grundlagen und der energierechtlichen Rahmenbedingungen bildet den Ausgangspunkt für die anschließende Untersuchung der Förderregelungen. Im Mittelpunkt der Betrachtung stehen das Zertifikatesystem und die verschiedenen Einspeisetarifsysteme für Kleinanlagen und den Bereich der Fotovoltaik. Die eingehende Prüfung der Vereinbarkeit der italienischen Regelungen mit dem Europarecht und ein partieller Vergleich mit dem EEG schließen die Darstellung ab.