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VI. Übertragung der certificati verdi
Bereits Art. 11 Abs. 3 S. 1 Decreto Bersani, der die Erfüllung der Quotenverpflichtung durch den Erwerb von certificati verdi ermöglicht, setzt deren Übertragbarkeit
voraus. Der Ablauf und die Modalitäten der Übertragung von certificati verdi werden im D. M. 24/10/2005 und im Titolo VIII des Testo integrato883 detailliert geregelt.
Es gibt zwei Möglichkeiten, die certificati verdi zu übertragen. Neben dem Verkauf der Zertifikate auf dem durch den GME organisierten und regulierten Markt für
certificati verdi besteht die Option, bilaterale Verträge über die Übertragung von
certificati verdi abzuschließen. Diese ursprünglich in Art. 6 Abs. 3 des D. M.
11/11/99 getroffene Regelung wurde durch Art. 6 Abs. 3 des D. M. 24/10/2005 bestätigt. Während die bilaterale Übertragung den allgemeinen Regeln des italienischen Zivilrechts unterworfen ist, bestehen für die Übertragung von certificati verdi
auf dem vom GME organisierten Markt884 strikte Regelungen.
1. Der regulierte Zertifikatemarkt
a) Teilnahmeberechtigte
Zur Teilnahme am Handel von certificati verdi können auf dem regulierten Zertifikatemarkt nach Art. 82.1 Testo integrato der GSE, die nationalen und ausländischen
Stromerzeuger, Großmarktkunden, Stromimporteure sowie Verbraucherschutzorganisationen i. S. v. Art. 2 Abs. 23 Gesetz Nr. 481/1995 sowohl als Käufer als auch als
Verkäufer zugelassen werden. Die Beschränkung der Teilnehmer auf die genannten
Personen erschließt sich aus dem detailliert geregelten komplexen Ablauf jeder
Transaktion auf dem geregelten Markt und der erforderlichen Kontrolle der Inhaberschaft der übertragenen certificati verdi. Diese Abläufe wären im Fall einer erhöhten
Anzahl von Teilnehmern nur schwer durchzuführen. Aus der persönlichen Beschränkung des Marktes der certificati verdi resultiert indessen ein Ausschluss der
Nutzung der certificati verdi als reine Spekulationsobjekte und damit auch eine
Einschränkung des Marktpotenzials der certificati verdi.885 Auch ist hierin ein Grund
dafür zu sehen, warum nur ungefähr 10 % der Transaktionen auf dem regulierten
Zertifikatemarkt durchgeführt werden.886
883 Siehe Fn. 868.
884 Eine Zusammenfassung der Marktordnung in deutscher Sprache enthält Puopolo/Geffers, in:
AEEC, Der Energiebinnenmarkt in Europa, 307, 316.
885 So Pernazza, Rassegna giuridica dell’energia elettrica 2006, 177, 194 f.
886 GSE, Incentivazione delle fonti rinnovabili con il sistema dei Certificati Verdi (siehe
Fn. 771), S. 42.
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Für die Zulassung ist ein Antrag887 beim GME erforderlich, der lediglich prüft, ob
der Antragsteller in der Vergangenheit wegen Börsen- und Marktmanipulation,
Kurstreiberei888, Delikten gegen die Sicherheit der elektronischen Kommunikation889
oder Betrug890 rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe verurteilt worden ist.891 Auch ein
Antragsteller, der gemäß Art. 20 Testo integrato bereits einmal vom Markt ausgeschlossen wurde, wird nicht zugelassen.892 Mit der Zulassungsentscheidung des
GME erhält der Antragsteller die Qualifikation eines Teilnehmers893 und wird in das
Teilnehmerverzeichnis eingetragen. Zur Teilnahme am Handel mit certificati verdi
muss sich der Teilnehmer danach nur noch im elektronischen Handelssystem registrieren.
b) Der contratto di adesione894
Gemäß Art. 12.1 Testo integrato obliegt es dem Antragsteller, mit seinem Antrag
auch ein unterschriebenes Exemplar des Beitrittsvertrags einzureichen. Der Beitrittsvertrag legt den Teilnehmern eine Reihe von Pflichten auf. Hervorzuheben sind
insbesondere die Pflicht zur Erfüllung der Quotenverpflichtung,895 die auf
Art. 11 Abs. 1 bis 3 Decreto Bersani verweist, die Pflicht, sich mit systemkompatiblen Computern und der entsprechenden Vernetzung und Software zur Abwicklung
des Handels auszustatten,896 sowie die Pflicht, das entsprechende Personal zur Bedienung der technischen Systeme zu beschäftigen.897 Der GME verpflichtet sich im
Gegenzug gegenüber dem Teilnehmer insbesondere zur Gewährung der Teilnahme
am Handelssystem, zur schnellstmöglichen Behebung von technischen Ausfällen
und zum Datenschutz.898
887 Domanda di ammissione.
888 Art. 501 Codice Penale.
889 Art. 617 quater, quinquies und sexies Codice Penale.
890 Art. 640 ter Codice Penale.
891 Art. 11.2 lit. a) Testo integrato.
892 Art. 11.2 lit. b) Testo integrato.
893 Operatore.
894 Beitrittsvertrag.
895 Art. 2 Abs. 2 lit. f) des Beitrittsvertrags.
896 Art. 2 Abs. 2 lit. b) des Beitrittsvertrags.
897 Art. 2 Abs. 2 lit. c) des Beitrittsvertrags.
898 Art. 3.2, 3.4 und 3.8 des Beitrittsvertrags.
174
2. Verkauf und Kauf von certificati verdi auf dem regulierten Markt
Zwischen Januar und März jeden Jahres finden jeweils einmal in der Woche, während des übrigen Jahres einmal im Monat Handelstage899 statt, an denen Transaktionen auf dem regulierten Markt zustande kommen können.900
a) Die Abgabe von Verkaufs- und Kaufangeboten
Der Inhaber von certificati verdi bietet seine certificati verdi gemäß den Regelungen
des Art. 89 Testo integrato auf dem regulierten Markt an. Für die unterschiedlichen
certificati verdi – certificati a preventivo, certificati a consuntivo und certificati
virtuali – sowie separat für jedes einzelne Gültigkeitsjahr führt der GME eigene
elektronische Handelsbücher.901 Verkaufsangebote werden direkt durch den Teilnehmer unter Angabe des Gültigkeitsjahres, der Menge der angebotenen certificati
verdi und des Preises je 1 MWh in das elektronische System eingetragen. Die Mindestmenge ist ein certificato verde. Ungedeckte Verkaufsangebote902 sind nicht
gestattet.903 Das bedeutet, dass maximal alle im conto proprietà des Anbietenden
registrierten certificati verdi zum Verkauf angeboten werden können, jedoch keine
darüber hinaus gehende Anzahl, es sei denn, der Anbietende hat bereits während
desselben Handelszeitraums weitere certificati verdi erworben. Der GME überprüft,
ob die Anzahl der angebotenen certificati verdi durch den conto proprietà des Anbietenden gedeckt ist.
Kaufinteressenten geben den Höchstpreis und die gewünschte Menge von Zertifikaten bis spätestens zwölf Uhr des einem Handelszeitraum vorausgehenden Tages
an.904 Zur Sicherung der Zahlung des Kaufpreises nach Abschluss der Transaktion
hat der Kaufinteressent zudem bis zwölf Uhr des dem Handelszeitraum vorausgehenden Tages auf dem ihm zugeordneten Preiskonto905 einen Betrag einzuzahlen,
der den Kaufpreis in voller Höhe abdeckt.906 Der GME überprüft vor der Überschreibung der certificati verdi, ob die eingezahlte Summe ausreichend ist.907 Bis zur
Verknüpfung908 der Kauf- und Verkaufsangebote können diese ohne Angabe von
Gründen zurückgezogen oder geändert werden. Alle Angebote, die in einem Handelszeitraum nicht berücksichtigt wurden, werden automatisch gelöscht.909
899 Sessione di mercato.
900 Art. 86.2 Testo integrato.
901 Art. 89.1 Testo integrato.
902 Vendita allo scoperto.
903 Art. 89.2, 89.3 und 89.4 Testo integrato.
904 Art. 93.1 Testo integrato.
905 Conto prezzo.
906 Art. 93.1 Testo integrato.
907 Art. 90.1 und 93.2 Testo integrato.
908 Abbinamento automatico, Art. 91 Testo integrato.
909 Art. 89.9 und 89.10 Testo integrato.
175
b) Die Kopplung der Verkaufs- und Kaufangebote
Aus allen für einen Handelszeitraum eingehenden Angeboten für den Kauf und
Verkauf von certificati verdi werden Listen gebildet, die nach dem angegebenen
Preis sortiert sind – absteigend hinsichtlich der Kaufangebote, aufsteigend hinsichtlich der Verkaufsangebote.910 Die Verknüpfung von Verkaufs- und Kaufofferten
erfolgt dann durch die Zuordnung des Verkaufsangebotes mit Mindestpreisangabe
zu den Kaufangeboten, die diesem Preis entsprechen sowie darüber hinausgehen,
bzw. durch die Zuordnung des Kaufangebotes mit Höchstpreisangabe zu den Verkaufsangeboten, die diesem Preis entsprechen oder darunter liegen. Bei gleich lautenden Angeboten hat das zeitlich früher abgegebene Vorrang.
c) Die Preisbildung auf dem regulierten Markt
Auf dem regulierten italienischen Markt der certificati verdi bildet sich der Preis –
nach der aktuellen Rechtslage – nicht uneingeschränkt nach den Grundsätzen der
wirtschaftlichen Theorie. Zwar wird auch hier die Nachfrage nach certificati verdi
durch die Höhe der Quote und die sich daraus ergebenden Quotenverpflichtungen
der einzelnen Produzenten von Strom aus konventionellen Energiequellen bestimmt911 – die Kopplung der Quote an die Produktion von Strom aus konventionellen Energiequellen im Vorjahr hat dabei eine Abhängigkeit vom Gesamtstromverbrauch zur Folge912 –, die freie Preisbildung wird jedoch vor allem durch drei Faktoren beeinträchtigt.
Zum einen führte der Verkauf der GSE-Zertifikate zum festgelegten Referenzpreis in Verbindung mit dem bestehenden Mangel an certificati verdi privater Produzenten von Strom aus erneuerbaren Energiequellen lange Zeit zu einer Verzerrung
des Marktpreises. Der Referenzpreis bildete faktisch eine Höchstgrenze für den
Zertifikatepreis, da die Quotenverpflichteten aufgrund der großen Anzahl an GSE-
Zertifikaten sicher waren, jedenfalls zu diesem Preis die erforderlichen Zertifikate
erwerben zu können. Dieser Effekt wird erst mit dem Auslaufen der Förderung nach
dem CIP 6/92 und dem damit verbundenen Verschwinden der GSE-Zertifikate völlig wegfallen.913 Der Einfluss des Preises der GSE-Zertifikate auf den Zertifikatepreis wurde in der Literatur kritisiert.914 Der Kritik ist zuzustimmen, wobei wiederum das Kriterium der Investitionssicherheit zum Tragen kommt. Die Preisbildung
nach dem CIP 6/92 hängt von zahlreichen Faktoren ab. Orientiert sich der Zertifikatepreis auf dem freien Markt aber am Preis der GSE-Zertifikate, so wird die ohnehin
910 Art. 89.6 Testo integrato.
911 Puopolo/Geffers, in: AEEC, Der Energiebinnenmarkt in Europa, 307, 314.
912 Forleo, Rassegna giuridica dell’energia elettrica 2006, 203, 215 m. w. N.
913 Rinaldi, Rivista dei dottori commercialisti 4/2005, 651, 660; vgl. auch GSE, Rapporto 2006
(siehe Fn. 634), S. 74.
914 Lorenzoni, Energy Policy 2003, 33, 38 f.; Leonardi, Qualenergia 2006, 47, 51.
176
systemimmanente Unsicherheit des Investors bei der Berechnung der durch die
grünen Zertifikate zu erzielenden Erlöse zusätzlich verstärkt. Der Preis der certificati
verdi des GSE ist im Zeitraum von 2002 bis 2007 von 8,418 auf 13,749 Cent je kWh
angestiegen.915 Dieser Preisanstieg ist zum einen auf die Inflation und den Preisanstieg bei den fossilen Brennstoffen, zum anderen darauf zurückzuführen, dass in den
letzten Jahren insbesondere Biomasseanlagen mit CIP 6/92-Förderung in Betrieb
gegangen sind, die wesentlich teurer sind und eine höhere Einspeisevergütung erhalten.916 Aufgrund dieser Tatsachen wird davon ausgegangen, dass sich der Referenzpreis auch in den kommenden Jahren erhöhen wird.917 In den letzten Jahren konnte
indessen die Nachfrage nach grünen Zertifikaten durch die Zertifikate der Produzenten bereits nahezu vollständig (2005) bzw. vollständig (2006 und 2007) gedeckt
werden.918 Der Einfluss der GSE-Zertifikate und damit des Referenzpreises kommt
daher derzeit nicht mehr zum Tragen. Ob sich dies infolge der erheblichen Erhöhung
der Quote in den kommenden Jahren wieder ändern wird, bleibt abzuwarten.
Zweitens setzt der GME jeweils spätestens fünf Tage vor einem Handelszeitraum
einen Mindestangebotspreis fest.919 Der Markt ist daher durchaus als „gelenkt“ zu
bezeichnen.920 Nähere Bestimmungen zur Festlegung dieses Mindestpreises enthält
der Testo integrato nicht.
Drittens ist zu erwarten, dass infolge der Änderung der Zertifikatekaufpflicht
durch das Haushaltsgesetz 2008 der durchschnittliche Zertifikatepreis des Vorjahres
zu einer Untergrenze des Zertifikatepreises wird. Insoweit bleiben indessen noch die
Ausführungsbestimmungen abzuwarten.921
d) Die Eintragung der Transaktion in das Register des GSE
Sowohl Transaktionen auf dem regulierten Zertifikatemarkt als auch solche, die
durch bilaterale Verträge zustande kommen, werden in das elektronische Register
eingetragen, das der GSE führt. Die certificati verdi werden vom conto proprietà
des Veräußerers gelöscht und dem conto proprietà des Erwerbers gutgeschrieben.922
915 GSE, Rapporto 2006 (siehe Fn. 634), S. 72.
916 Panella, Rassegna giuridica dell’energia elettrica 2006, 147, 153; vgl. auch GSE, Rapporto
2006 (siehe Fn. 634), S. 72.
917 Ebenda, S. 74.
918 So betrug das Verhältnis von veräußerten GSE-Zertifikaten zu anderen certificati verdi 2002
noch 46.758 zu 17.890, 2003 bereits 39.606 zu 29.806, 2004 18.552 zu 57.964 und 2005 nur
noch 641 zu 85.522; 2006 wurden erstmals keine GSE-Zertifikate mehr benötigt; GSE, Incentivazione delle fonti rinnovabili con il sistema dei Certificati Verdi (siehe Fn. 771), S. 39.
919 Art. 87.1 Testo integrato.
920 Di Nucci, et 2005, 827, 829.
921 Siehe hierzu unten S. 179.
922 Provvedimento amministrativo. Pernazza, Rassegna giuridica dell’energia elettrica 2006, 177,
189; zum konstitutiven oder deklaratorischen Charakter siehe unten S. 178.
177
e) Kritische Würdigung
Der Handel auf dem regulierten Markt bietet den Teilnehmern bestimmte Sicherheiten, die sie bei bilateralen Geschäften nicht haben. So garantieren die festen Regelungen die Transparenz und die Durchführung der Transaktionen sowie die allgemeine Verfügbarkeit von Informationen. Geschäftspartner müssen nicht gesucht
werden, hierdurch sinken die Transaktionskosten.923 Die Bezahlung der certificati
verdi ist durch die Abgabe der Sicherheiten im Vorfeld der Handelstage garantiert
und der Kauf von bereits veräußerten nicht existierenden Zertifikaten ist ausgeschlossen.
Die Reglementierung der Teilnahme am Markt und der Durchführung der Transaktionen wird in der italienischen Doktrin jedoch auch zu Recht als übertrieben
kritisiert.924 Die subjektiven und objektiven Einschränkungen führen dazu, dass die
Preisbildung stark eingeengt ist und hierdurch der Vorteil eines freien Marktmechanismus, der Zertifikatesystemen im Gegensatz zu Einspeisetarifen generell zugeschrieben wird, kompromittiert wird. Hier spielt insbesondere auch das Verbot des
ungedeckten Verkaufs eine Rolle.925 Auch aus diesen Gründen werden nur etwa
10 % der Transaktionen auf dem regulierten Markt durchgeführt.926
3. Bilaterale Verträge
Die Übertragung der certificati verdi außerhalb des regulierten Marktes ist weit
weniger reglementiert.
a) Berechtigte
Während nach dem Wortlaut des Art. 6 Abs. 3 D. M. 11/11/99 die certificati verdi
außerhalb des regulierten Marktes nur „zwischen ihren Inhabern und Produzenten
sowie Importeuren, die der Quotenverpflichtung unterliegen“927 gehandelt werden
durften, ist diese enge persönliche Beschränkung mit Einführung des Art. 6 Abs. 3
D. M. 24/10/2005 weggefallen. Unzutreffend war indessen bereits vorher die Vermutung, der Ausschluss anderer Rechtssubjekte vom Handel mit certificati verdi
außerhalb des regulierten Marktes hätte zur Folge, dass auf diese Weise kaum
923 Vgl. Tappi, Rassegna giuridica dell’energia elettrica 2006, 165, 171.
924 Vgl. Pernazza, Rassegna giuridica dell’energia elettrica 2006, 177, 195.
925 Siehe hierzu oben S. 174.
926 Siehe Fn. 886.
927 Im Wortlaut: „I certificati verdi sono oggetto di libero mercato tra i soggetti detentori degli
stessi ed i produttori e importatori soggetti all'obbligo di cui all'articolo 11, commi 1 e 2, del
D. lgs. 16 marzo 1999, n. 79, anche al di fuori della sede di cui al comma 1”.
178
Transaktionen abgewickelt würden.928 Vielmehr wurden bereits im Jahr 2005 86 %
aller Verkäufe bilateral vereinbart.929 Überlegungen hinsichtlich der Rechtsfolgen im
Falle eines Verstoßes gegen diese Regelung haben sich mit der Gesetzesänderung
erübrigt.930 Diese Gesetzesänderung ist zu begrüßen. Während die Einschränkungen
zur Gewährleistung der Stabilität und Transparenz des Marktes in einer Anfangszeit
des Marktes nachvollziehbar erscheinen, ist im Hinblick auf die Steigerung der
Nachfrage nach certificati verdi und des Anteils der Marktteilnehmer im Allgemeinen eine weitere Öffnung des Teilnehmerkreises als wettbewerbsfördernd anzusehen.
b) Schuldrechtliche und dingliche Betrachtung der Übertragung
Bei allen Übertragungen der certificati verdi stellt sich die Frage danach, wann diese
dinglich vollzogen werden. Es kommen zwei Zeitpunkte in Betracht. Zum einen der
Moment des Abschlusses des Vertrags über die Übertragung der certificati verdi,
zum anderen derjenige der Eintragung der Transaktion im elektronischen System
durch den GSE. Von Bedeutung ist die Antwort auf diese Frage insbesondere hinsichtlich der Möglichkeit eines Erwerbers von certificati verdi, diese im selben Handelszeitraum an einen Dritterwerber weiter zu übertragen, bevor der Erwerb im
Handelsbuch eingetragen wurde.
Nach dem grundsätzlich im italienischen Recht gemäß Art. 1376 Codice civile
geltenden Konsensualprinzip erfolgt die Übertragung des Rechts im Moment des
Vertragsschlusses.931 Es stellt sich dann lediglich die Frage, welche Bedeutung der
Eintragung der Übertragung in das elektronische Register des GSE zukommt. Das
Bestehen von besonderen Regelungen für die Übertragung der certificati verdi könnte dieser Eintragung konstitutive Wirkung zumessen.932 Für eine Abweichung vom
Konsensualprinzip gibt es jedoch in den relevanten Normen des D. M. 24/10/2005
und des Testo integrato keine Anhaltspunkte. Auch die Vorschriften hinsichtlich der
Überprüfung der Gültigkeit der Transaktion933 lassen keinen anderen Schluss zu. So
928 So aber Pernazza, Rassegna giuridica dell’energia elettrica 2006, 177, 196.
929 GSE, Rapporto 2006 (siehe Fn. 634), S. 74.
930 Pernazza, Rassegna giuridica dell’energia elettrica 2006, 177, 196, ging davon aus, dass ein
Verkauf an eine Person, die weder ein Importeur noch ein Produzent von konventionellem
Strom war, als nichtig anzusehen war. Das Ziel der Regelung, nämlich die Beteiligung von
Dritten mit dem Ziel des spekulativen An- und Verkaufs von certificati verdi sowie der
Schutz der Publizität des Marktes, bedingten diese drastische Rechtsfolge.
931 Im Wortlaut: „Nei contratti che hanno per oggetto il trasferimento della proprietà di una cosa
determinata, la costituzione o il trasferimento di un diritto reale ovvero il trasferimento di un
altro diritto, la proprietà o il diritto si trasmettono e si acquistano per effetto del consenso delle parti legittimamente manifestato”. Siehe zum Konsensualprinzip Grundmann, in:
ders./Zaccaria, Einführung in das italienische Recht, 109, 226 ff., 231 ff.; Kindler, Einführung in das italienische Recht, S. 152 ff.
932 Tappi, Rassegna giuridica dell’energia elettrica 2006, 165, 173.
933 Validazione.
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überprüft der GSE diese lediglich zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses ohne jeglichen Entscheidungsspielraum. Der GSE kann daher im Fall der Verweigerung der
Eintragung trotz des Vorliegens der Voraussetzungen für die Eintragung durch einen
Gerichtsbeschluss934 dazu verpflichtet werden.935 Vom Konsensualprinzip ist somit
auch im Fall der Übertragung von certificati verdi keine Ausnahme zu machen.936
Die Inhaberschaft an den Rechten geht unmittelbar mit Zusammentreffen von Angebot und Annahme über.
Von der Frage nach der dinglichen Vollendung der Transaktion ist die Frage zu
trennen, ob der Käufer von certificati verdi den Erwerb einem Dritten entgegenhalten kann, wenn der Erwerb derselben certificati verdi durch diesen Dritten zwar erst
danach erfolgt ist, jedoch vorher im Handelsbuch eingetragen wurde. Eine gesetzliche Regelung besteht auch hinsichtlich dieses Problems nicht. Es stellt sich insoweit
die Frage, ob dem elektronischen Handelsbuch Publizitätsfunktion zukommt. Gegen
eine drittschützende Funktion der Eintragung nach Art. 2644 Codice civile in Analogie zum italienischen Immobiliarregister spricht indessen ganz grundlegend, dass
das elektronische Register des GSE nicht öffentlich einsehbar ist.937 Der Überprüfung und Eintragung kann daher keine drittschützende Funktion zukommen.
4. Die Zertifikatekaufpflicht des GSE
Durch Art. 5 Abs. 9 S. 3 D. M. 24/10/2005 wurde eine Zertifikatekaufpflicht zu
Lasten des GSE eingeführt. Diese Zertifikatekaufpflicht war subsidiär ausgestaltet.
Der GSE musste auf Antrag des Erzeugers diejenigen Zertifikate aufkaufen, die zum
Jahresende ihre Geltung verloren und die „infolge eines Überangebots von certificati
verdi aufgrund einer mangelnden Anpassung der Quote an die nationalen Richtziele“938 nicht zur Erfüllung der Quotenverpflichtung nach Art. 11 Decreto Bersani
benötigt wurden. Der Preis bestimmte sich nach dem Referenzpreis in Art. 9 Abs. 2
D. M. 24/10/2005.
Art. 2 Abs. 149 Haushaltsgesetz 2008 statuiert nun eine ähnliche Regelung, die
ebenfalls eine Zertifikatekaufpflicht des GSE begründet. Das Verhältnis der beiden
Vorschriften zueinander ist nicht explizit geregelt. Insbesondere wurde Art. 5 Abs. 9
S. 3 D. M. 24/10/2005 nicht abgeschafft. Es gilt jedoch insoweit der Grundsatz lex
posterior derogat legi priori. Die Vorschrift des Haushaltsgesetzes unterscheidet
sich sowohl hinsichtlich der Voraussetzungen als auch hinsichtlich der Rechtsfolge
von Art. 5 Abs. 9 S. 3 D. M. 24/10/2005. So greift die Pflicht nach dem Wortlaut der
Vorschrift ein, bis das Ziel der Deckung von 25 % des Inlandsverbrauchs durch
934 Provvedimento giudiziale.
935 Vgl. Pernazza, Rassegna giuridica dell’energia elettrica 2006, 177, 197.
936 So im Ergebnis auch Tappi, Rassegna giuridica dell’energia elettrica 2006, 165, 173.
937 Vgl. Pernazza, Rassegna giuridica dell’energia elettrica 2006, 177, 189.
938 Im Wortlaut: „un eccesso di offerta di certificati verdi, causato da un mancato adeguamento
dell'obbligo”.
180
Strom aus erneuerbaren Energiequellen oder weitere Ziele nach den Vorgaben der
EU erreicht sind. Gleichzeitig stellt die Vorschrift nun nicht mehr auf ein allgemeines Überangebot an certificati verdi ab, sondern nur darauf, dass die Zertifikate
nicht „zur Erfüllung der Quote erforderlich“939 sind. Diesem Wortlaut lässt sich
entnehmen, dass jeder einzelne Erzeuger von Strom aus erneuerbaren Energiequellen, alle certificati verdi, die er selbst nicht zur Erfüllung seiner Quote benötigt, an
den GSE verkaufen kann. Eine Subsidiarität zur allgemeinen Quotenerfüllung ist
nicht mehr vorgesehen. Der Preis bestimmt sich dabei nach dem Durchschnittspreis
der Zertifikate auf dem regulierten Markt des Vorjahres. Soweit nach der neuen
Vorschrift gerade nicht auf ein allgemeines Überangebot an certificati verdi abgestellt wird, hat dies freilich faktisch nicht nur zur Folge, dass die Zertifikatekaufpflicht den Erzeugern von Strom aus erneuerbaren Energiequellen zusätzliche Investitionssicherheit bringt, sondern bewirkt darüber hinaus, dass der Durchschnittspreis
des Vorjahres eine Untergrenze für den Preis des laufenden Jahres begründet.940 Es
bleibt insoweit noch abzuwarten, ob diese weit reichende Regelung durch die ausstehenden Ausführungsverordnungen zumindest teilweise wieder eingeschränkt
wird.
VII.Certificati verdi als Sicherungsmittel
Während auf dem regulierten Markt lediglich Kaufverträge vorgesehen sind, kommen außerhalb dessen auch andere Verträge im Bezug auf certificati verdi in Betracht. Zwar sind Vereinbarungen, die sich auf fructus und usus von certificati verdi
beziehen, grundsätzlich wirtschaftlich uninteressant, da die certificati verdi keinen
über die Darlegung der Erfüllung der Quotenverpflichtung hinausgehenden Inhalt
aufweisen.941 Es kommt jedoch insbesondere die Nutzung von certificati verdi als
Sicherungsmittel für Investoren zum Bau von Anlagen zur Stromerzeugung aus
erneuerbaren Energiequellen in Betracht.
1. Conti proprietà vincolati942
Die bereits genannte mangelnde Investitionssicherheit hat die Finanzierung von
Anlagen zur Stromerzeugung aus erneuerbaren Energiequellen für Investoren von
Beginn an erschwert. Bereits kurz nach Einführung der grünen Zertifikate wurde
daher gefordert, die grünen Zertifikate als Sicherheiten einsetzbar zu machen. Das
Wirtschaftsministerium ist dieser Forderung nachgekommen und hat bereits 2003
939 Im Wortlaut: „(certificati) ulteriori rispetto a quelli necessari per assolvere all’obbligo della
quota minima dell’anno precedente”.
940 Zu den europarechtlichen Auswirkungen der Zertifikatekaufpflicht siehe unten S. 216 ff.
941 Vgl. Pernazza, Rassegna giuridica dell’energia elettrica 2006, 177, 194.
942 “Vinkulierte” oder “gebundene” Konten.
Chapter Preview
References
Zusammenfassung
Die Steigerung des Anteils der erneuerbaren Energien an der Stromerzeugung spielt für die Verbesserung der Versorgungssicherheit und die Erreichung der Klimaschutzziele der Europäischen Union eine herausragende Rolle. Den hierfür maßgeblichen Rechtsnormen der einzelnen Mitgliedstaaten kommt deshalb besondere Bedeutung zu.
Der Autor analysiert detailliert die Vorschriften der Republik Italien. Die Darstellung der energiewirtschaftlichen Grundlagen und der energierechtlichen Rahmenbedingungen bildet den Ausgangspunkt für die anschließende Untersuchung der Förderregelungen. Im Mittelpunkt der Betrachtung stehen das Zertifikatesystem und die verschiedenen Einspeisetarifsysteme für Kleinanlagen und den Bereich der Fotovoltaik. Die eingehende Prüfung der Vereinbarkeit der italienischen Regelungen mit dem Europarecht und ein partieller Vergleich mit dem EEG schließen die Darstellung ab.