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IV. Fazit mit Blick auf Gestaltungsmöglichkeiten des Erblassers
Im Ergebnis bleibt festzuhalten, dass das (potenzielle) Vorstandsmitglied unter Abwägung der Chancen und Risiken des Einzelfalls entscheiden kann und muss, ob es
beide Ämter in seiner Person (weiterhin) vereinigt oder nicht. Die Ämterhäufung ist
trotz möglicherweise auftretender Interessenkollisionen nicht ohne Weiteres unzulässig. Der rechtmäßigen Ausübung des Vorstandsamtes steht der Umstand, dass das
Vorstandsmitglied zugleich das Amt des Verwaltungsvollstreckers bekleidet, nicht
per se entgegen. Dies ergibt sich zusammengefasst daraus, dass bei Beachtung der
Grundsätze ordnungsgemäßen Verwalterhandelns sowohl das Interesse der Gesellschaft als auch das Interesse der übrigen Gesellschafter, deren Anteile nicht der
Verwaltung des Testamentsvollstreckers unterliegen, trotz Doppelfunktion ausreichend Berücksichtigung finden können. Handelt ein Vorstandsmitglied mit bestem
Wissen und Gewissen zum Wohle der Gesellschaft, so handelt es damit letztlich
zum Wohle aller Aktionäre, deren Belange sich im Regelfall mit den Belangen der
Gesellschaft decken.712 Die Situation betreffend die vom Testamentsvollstrecker
verwalteten Aktien ist keine andere als die Situation bei Aktien, die von einem Vorstandsmitglied als Eigentümer gehalten werden.
Schließlich kann die Satzung persönliche und sachliche Eignungsvoraussetzungen
für ein Vorstandsmitglied festlegen, wobei das Auswahlermessen des Aufsichtsrats
nicht unangemessen eingeschränkt werden darf.713 Enthält die Satzung keine entsprechende Regelung, die die Ämterhäufung untersagt, ist die Doppelfunktion zulässig. Erfolgt eine die Ämterhäufung untersagende Satzungsregelung nachträglich, so
kann das Vorstandsmitglied aus wichtigem Grund ex nunc nach § 84 Abs. 3 AktG
abberufen werden, sofern es nicht gemäß §§ 2226 i.V.m. 671 Absätze 2 und 3 BGB
selbst aus wichtigem Grund das Testamentsvollstreckeramt kündigt.
Bei Vorliegen einer die Ämterhäufung untersagenden Satzungsregelung kann der
Erblasser durch letztwillige Verfügung nicht erreichen, dass es zu einer Doppelstellung des von ihm vorgesehenen Testamentsvollstreckers kommt. Ist jedoch eine
entsprechende Satzungsregelung – wie meistens – nicht vorhanden, kann der Erblasser die Ernennung des Testamentsvollstreckers an die Bedingung knüpfen, dass der
Testamentsvollstrecker entweder seine schon bestehende Vorstandsmitgliedschaft
beibehält oder das Testamentsvollstreckeramt erst dann beginnt, wenn er bei der
Gesellschaft die Vorstandsmitgliedschaft erlangt hat.714 Dabei besteht jedoch die
Problematik, dass der Erblasser zugleich eine Regelung für die Zeit vor und nach
Eintritt der Bedingung treffen muss.715
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712 Fleck, FS Fischer (1979), S. 107, 118; Martens, FS Fischer (1979), S. 437, 447
713 Sudhoff/Froning, Unternehmensnachfolge, 5. Aufl., S. 567
714 Der Erblasser kann die Ernennung des Testamentsvollstreckers an eine aufschiebende oder
auflösende Bedingung knüpfen, vgl. statt Vieler Staudinger/Reimann, BGB, § 2197 Rn 33.
715 So der zutreffende Hinweis von Grunsky, ZEV 2008, 1, 4, der anmerkt, dass der Erblasser
dabei häufig zu dem Ergebnis kommen wird, dass ihm der eingesetzte Testamentsvollstrecker
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Sieht ein Erblasser in der Ämterhäufung die Gefahr, dass die Interessen des Nachlasses bzw. die Interessen des Gesellschaftererben aus erbrechtlicher Sicht zu kurz
kommen könnten, kann er testamentarisch festlegen, dass der von ihm bestimmte
Testamentsvollstrecker zu keiner Zeit zugleich das Amt des Vorstandsmitglieds
ausüben darf mit der Folge, dass das Testamentsvollstreckeramt sein Ende findet,
sobald der Testamentsvollstrecker zum Vorstandsmitglied der AG bestellt ist. Wenn
der vom Erblasser ausgewählte Testamentsvollstrecker zu Lebzeiten des Erblassers
bereits Vorstandsmitglied der AG ist, deren Anteile dem Nachlass unterfallen, bleibt
dem Erblasser die Möglichkeit, das Amt des Testamentsvollstreckers von der Bedingung abhängig zu machen, dass dieser zum Zeitpunkt des Erbfalls das Amt des
Vorstandsmitglieds nieder legt. Darauf, dass der Testamentsvollstrecker die Annahme des ihm nach dem Erbfall angetragenen Vorstandsamtes ablehnt oder nach dem
Erbfall zu Lasten des Vorstandsamtes das Amt des Testamentsvollstreckers annimmt, sollte sich der Erblasser besser nicht verlassen. Zu empfehlen ist daher in
jedem Fall die Benennung eines Ersatztestamentsvollstreckers gemäß § 2197 Abs. 2
BGB.
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auch ohne das Amt in der Gesellschaft immer noch lieber ist als etwa ein anderer Testamentsvollstrecker oder gar die Inkaufnahme einer testamentsvollstreckerlosen Zeit.
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References
Zusammenfassung
Das Werk untersucht die Zulässigkeit der Testamentsvollstreckung an Aktien sowie die Machtbefugnisse des Testamentsvollstreckers für den praktisch bedeutsamen Fall, dass seiner Verwaltung Aktien unterstellt sind. Besondere Bedeutung kommt dabei der Frage zu, inwieweit der Testamentsvollstrecker ohne Zustimmung des Erben tätig werden und beispielsweise an der Gründung einer AG, an deren Umwandlung in eine GmbH oder an einem Börsengang einer nicht konzernierten AG mitwirken kann. Abschließend widmet sich die Autorin der Frage, inwieweit die Ämter „Testamentsvollstrecker“ und „Vorstandsmitglied einer AG“, deren Aktien der Verwaltung durch den Testamentsvollstrecker unterstellt sind, miteinander vereinbar sind.