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Zweites Kapitel: Staatsaufsicht über die Landesmedienanstalten im
Kontext des Systems Privatfunkaufsicht
A. Festlegung des Prüfungsgegenstandes und kurze Darlegung der Aufsichtsmechanismen im Verhältnis Staat – Landesmedienanstalten – Private Fernsehveranstalter
Im vorliegenden Kapitel soll eine grundlegende Darstellung des Systems der Staatsaufsicht über die Landesmedienanstalten erfolgen. Im Zuge dessen kann die Staatsaufsicht nicht isoliert betrachtet werden. Zwar geht es schwerpunktmäßig um die
Strukturen der Staatsaufsicht im Bereich des Privatrundfunks als Teil der dualen
Rundfunkordnung. In diesem Zusammenhang muss aber auch ein Überblick über
das System der Privatrundfunkaufsicht insgesamt gegeben werden. Die Aufsicht
über den privaten Rundfunk kann grundsätzlich in zwei „Ebenen“14 unterteilt werden:
Primär unterliegen die privaten Fernsehveranstalter der Kontrolle der Landesmedienanstalten. Dies ist bereits in § 38 Abs. 1 RStV vorgesehen, wonach die jeweils zuständigen Landesmedienanstalten zu prüfen haben, ob die staatsvertraglichen Bestimmungen von den privaten Veranstaltern eingehalten werden15. Hinsichtlich der Einzelheiten der Kontrolle verweist § 38 Abs. 1 S. 2 RStV auf die jeweils
einschlägigen Landesmediengesetze, wobei Landesrecht gemäß § 1 Abs. 2 RStV
grundsätzlich nur dann anwendbar ist, wenn der Rundfunkstaatsvertrag keine anderslautenden Bestimmungen enthält16. Außerdem ist zu beachten, dass § 38 RStV
aufgrund der Anordnung in § 39 RStV nur für bundesweit verbreitetes Fernsehen
Anwendung findet17. Die Aufsicht über landesweite oder länderübergreifende nicht
bundesweit verbreitete Angebote richtet sich folglich nach den einschlägigen Landesmediengesetzen.
Sekundär unterliegen wiederum die Landesmedienanstalten der staatlichen Aufsicht der zuständigen Landesbehörde. Diese staatliche Aufsicht hat in sämtlichen
Landesmediengesetzen eine ausdrückliche gesetzliche Ausformung erhalten18.
14 Siehe auch Martin, ZUM 1993, 515 (517) der von zwei externen Aufsichtsstufen spricht.
15 Zur Neuordnung der Medienaufsicht über bundesweit verbreiteten Rundfunk durch den Zehnten Rundfunkänderungsstaatsvertrag siehe Zweites Kapitel B. II. 3 c).
16 Hesse, Rundfunkrecht, 5. Kapitel, Rn. 7.
17 Dies ist indes angesichts des im ersten Kapitel eingegrenzten Untersuchungsgegenstandes
von geringer Relevanz, da die Sportwettenwerbung ausstrahlenden privaten Fernsehveranstalter nahezu ausschließlich bundesweit senden.
18 Vgl. § 48 LMedienG BW; Art. 19 BayMG; § 18 MStV BB; § 55 BremLMG; § 50 MStV
HSH; § 60 HPRG; § 51 Abs. 1 RundfG MV; § 53 NMedienG; § 117 LMG NRW; § 50 LMG
RP; § 62 SMG; § 36 SächsPRG; § 54 MedienG LSA; § 55 ThürLMG.
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Im Rahmen dieses Kapitels erfolgt zunächst eine überblicksartige Darstellung der
geschilderten ersten Aufsichtsebene. Es wird kurz auf die Organisation der Landesmedienanstalten einzugehen sein, um sodann Maßstab und Mittel der Aufsicht, sowie die Kooperation der Landesmedienanstalten in Aufsichtsangelegenheiten darzustellen.
Anschließend erfolgt eine detaillierte Untersuchung der zweiten Aufsichtsebene.
Es ist zu klären, welche Parallelen zur Staatsaufsicht über den öffentlich-rechtlichen
Rundfunk zu ziehen sind und inwiefern die aufsichtsrechtlichen Grundsätze aus diesem Bereich auf die Staatsaufsicht gegenüber den Landesmedienanstalten übertragen werden können. Darüber hinaus sind Umfang und Grenzen der Staatsaufsicht
aufzuzeigen. Als grundlegende Vorfrage für die Beurteilung des Problems der
Sportwettenwerbung im Programm privater Fernsehveranstalter ist zu klären, inwieweit Aufsichtsmöglichkeiten auch im Bereich der Programmangelegenheiten bestehen und ob eine Aufsicht in Programmangelegenheiten von Verfassungs wegen
nicht gänzlich ausgeschlossen ist.
B. Die Aufsichtsmechanismen der Landesmedienanstalten hinsichtlich privater
Fernsehveranstalter
I. Organisation und Aufbau der Landesmedienanstalten
Die Rundfunkordnung der Bundesrepublik Deutschland besteht aus den Bereichen
des öffentlich-rechtlichen und des privaten Rundfunks. Dieses System ist unter der
Bezeichnung „Duale Rundfunkordnung“ bereits in der Präambel des RStV festgeschrieben. In dieser dualen Rundfunkordnung ist es Hauptaufgabe der insgesamt
14 Landesmedienanstalten19 in der Bundesrepublik die Veranstaltung privaten
Rundfunks hinsichtlich der Einhaltung der einschlägigen rundfunkrechtlichen Bestimmungen zu überwachen20.
19 Die Namen der einzelnen Landesmedienanstalten lauten wie folgt: Landesanstalt für Kommunikation Baden-Württemberg (LFK); Bayerische Landeszentrale für neue Medien (BLM);
Medienanstalt Berlin-Brandenburg (mabb); Bremische Landesmedienanstalt (brema); Medienanstalt Hamburg / Schleswig-Holstein (MA HSH); Hessische Landesanstalt für privaten
Rundfunk (LPR Hessen); Landesrundfunkzentrale Mecklenburg-Vorpommern (LRZ); Niedersächsische Landesmedienanstalt (NLM); Landesanstalt für Medien Nordrhein-Westfalen
(LfM); Landeszentrale für Medien und Kommunikation Rheinland-Pfalz (LMK); Landesmedienanstalt Saarland (LMS); Sächsische Landesanstalt für privaten Rundfunk und neue Medien (SLM); Medienanstalt Sachsen-Anhalt (MSA); Thüringer Landesmedienanstalt (TLM).
20 Vgl. § 38 Abs. 1 RStV und z.B. für das Land NRW § 88 Abs. 2 LMG NRW.
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References
Zusammenfassung
Die Arbeit zeichnet einen Querschnitt durch das Rundfunk- und Glücksspielrecht. Es erfolgt eine dezidierte und umfassende Darstellung der Systematik der Staatsaufsicht über die Landesmedienanstalten am Beispiel der Sportwettenwerbung im Privatfernsehen. Die in den Landesmediengesetzen der 16 Bundesländer normierten Aufsichtsmaßstäbe und Aufsichtsmittel werden rechtsvergleichend gegenübergestellt und in allen Einzelheiten erläutert. Sodann folgt eine Untersuchung der materiellrechtlichen Zulässigkeit von Sportwettenwerbung im Privatfernsehen, insbesondere nach Maßgabe des zum 01.01.2008 in Kraft getretenen Fernsehwerbeverbotes für Glücksspiele gemäß § 5 Abs. 3 Alt. 1 GlüStV. Die Tatbestandsvoraussetzungen des Verbotes werden detailliert erörtert und die Norm überdies auf ihre Verfassungs- und Europarechtskonformität überprüft.