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mungsschutzes zu berücksichtigen, ob Umstände geprüft bzw. Tatbestandsvorausset zungen verlangt werden, welche über diejenigen eines markenrechtlichen Verletzungsanspruchs hinausgehen. Dies ist im Rahmen des § 4 Nr. 9 a) UWG mit dessen
Erfordernis der »Vermeidbarkeit« der Fall, da ein derartiges subjektives Element den
§§ 14 II Nr. 1 und Nr. 2 MarkenG unbekannt ist. Demgegenüber ergeben sich allein
anhand der im Rahmen von § 4 Nr. 9 b) UWG zu prüfenden Voraussetzungen keine
unterschiedlichen Tatbestandsmerkmale im Vergleich zum markenrechtlichen
Anspruch nach § 14 II Nr. 3 MarkenG, sodass insofern ein Rückgriff auf das UWG
ausscheiden kann. Dieselben Grundsätze gelten für markenrechtlich geschützte Pro duktgestaltungen bzw. Kennzeichen.
Im Hinblick auf markenrechtlich per se nicht schutzfähige Gestaltungen gilt, dass
mangels Eröffnung des Anwendungsbereichs des MarkenG stets auf das UWG
zurückgegriffen werden kann.
Bei der Prüfung markenrechtlich nicht erfasster Kennzeichen sind im Rahmen des
UWG-Nachahmungsschutzes markenrechtliche Grundsätze zu berücksichtigen.
6. UWG-Schutz von Werbeslogans
Werbeslogans werden, da es sich weder um Waren noch um Dienstleistungen handelt,
nicht vom Nachahmungsschutz des § 4 Nr. 9 a) und b) UWG erfasst, sondern von § 3
UWG im Rahmen eines sonstigen wettbewerbsrechtlichen Nachahmungsschutzes,
wobei die Kriterien des § 4 Nr. 9 UWG dabei jedoch berücksichtigt werden müssen.
Das Verhältnis eines derartigen Nachahmungsschutzes zum Markenrecht entspricht
insofern demjenigen zum wettbewerbsrechtlichen Leistungsschutz, sodass sich hinsichtlich der gleichfalls zu bildenden Fallgruppen von markenrechtlich nicht
geschützten, aber schutzfähigen, markenrechtlich geschützten sowie aus Rechtsgründen nicht schutzfähigen Werbeslogans keine Unterschiede ergeben.
7. Schutz von Markeninhabern gegen unlauteren Behinderungswettbewerb, § 4
Nr. 10 UWG
Eine Berufung auf Behinderungsschutz nach § 4 Nr. 10 UWG ist stets parallel neben
der Anwendung markenrechtlicher Anspruchsgrundlagen möglich. Die Sachverhalte,
in denen eine unlautere Marktbehinderung vorliegt, sind von vornherein nicht vom
MarkenG erfasst, sodass diese den entsprechenden lauterkeitsrechtlichen Ansprüchen
nicht entgegensteht. Als einer der wichtigsten Fälle von Behinderungswettbewerb
stellt sich die bösgläubige Markenanmeldung dar, wobei im Einzelfall untersucht
werden muss, ob es sich um eine gezielte Behinderung nach § 4 Nr. 10 UWG oder um
eine sonstige unlautere Behinderung nach § 3 UWG handelt. Gegen Sie kann jedoch
stets parallel markenrechtlich und wettbewerbsrechtlich vorgegangen werden.
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8. Wettbewerbsrechtlicher Schutz von Markenbildungsprinzipien
Der wettbewerbsrechtliche Schutz von Markenbildungssystemen kann entgegen Auffassungen in der Literatur nicht grundsätzlich unter Verweis auf markenrechtliche
Wertungen verweigert werden. Es muss vielmehr im konkreten Einzelfall untersucht
werden, ob der Verkehr in dem System selbst einen Hinweis auf die betriebliche Herkunft erblickt, da in diesem Fall die über den wettbewerbsrechtlichen Nachahmungsschutz zu schützende Leistung über die markenrechtlichen Wertungen hinausgeht.
9. Wettbewerbs- und markenrechtlicher Schutz von Vertriebsbindungen gegen
Außenseiter
Ein Außenseitervertrieb kann auch nach der Aufgabe des Merkmals der Lückenlosigkeit des Vertriebssystems bei Vorliegen eines Schleichbezugs, eines Verleitens zum
Vertragsbruch und einer Kontrollnummernbeseitigung ein Verstoß gegen die §§ 3, 4
Nr. 10 UWG darstellen.
Daneben kann auf das Markenrecht parallel zurückgegriffen werden, da kein Bedürf nis besteht, die Vorrangthese auf diese Fallgruppe anzuwenden.
IV. Fazit
Die vom Bundesgerichtshof in der Entscheidung »MAC Dog« erstmals aufgestellte
Vorrangthese des Marken- vor dem Wettbewerbsrecht betrifft ein Subsidiaritätsverhältnis, nicht aber eine strenge Spezialität zwischen den beiden Rechtsgebieten. Die
These vom Vorrang des Markenrechts bewirkt dabei, wie vom BGH treffend erkannt,
dass ein kennzeichenrechtlicher Sachverhalt »in erster Linie« auf Grundlage des MarkenG beurteilt werden muss. Hierdurch wird der vom Gesetzgeber beabsichtigten
Konzentrationswirkung des MarkenG bei Sachverhalten mit Zeichenbezug genüge
getan.
Einer abstrakten Begrenzungs- bzw. Sperrwirkung des Markenrechts, welche eine
Anwendung des Wettbewerbsrechts auch dann bewirken soll, wenn der Anwendungsbereich des Markenrechts eröffnet, einzelne Tatbestandsvoraussetzungen jedoch
nicht vorliegen, ist nicht gerechtfertigt. Insofern kann der Vorrangthese eine Differenzierungsthese entgegengestellt werden, wonach im Einzelfall im Rahmen einer Differenzierung untersucht werden muss, ob eine Umgehung markenrechtlicher Wertungen im konkreten Sachverhalt festgestellt werden kann. Dies ist von vornherein schon
dann nicht der Fall, wenn wie vom BGH verlangt, lauterkeitsrechtlich zu berücksichtigende »besonderen Umstände« festgestellt werden können. Da die Grenzen zwischen derartigen »besonderen Umständen« i.S.d. UWG und den Unlauterkeitsmomenten z.B. des § 14 II Nr. 3 MarkenG fließend sind, ändert sich zumindest für die
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References
Zusammenfassung
Wann ist ein Markenschutz durch das UWG möglich? Welche Fallgruppen bestehen an der Schnittstelle des Marken- und Lauterkeitsrechts und wie sind diese rechtlich zu behandeln? Diesen Fragen, mit denen Praktiker auf dem Gebiet des Gewerblichen Rechtsschutzes regelmäßig konfrontiert werden, stellt das Werk eine umfassende Gesamtdarstellung gegenüber. Es behandelt die relevanten Fallgruppen, in denen sich die Anwendungsbereiche des Markengesetzes und des UWG überschneiden können und beschäftigt sich mit der Frage des Verhältnisses der beiden Rechtsgebiete zueinander, insbesondere ob sich ein Markeninhaber zum Schutz seines Kennzeichens sowohl auf das Marken- als auch auf das Wettbewerbsrecht berufen kann.