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staaten später neue Limited Partnership Acts erlassen worden sind. Diese Regelung
ändert sich geringfügig durch den RULPA, der ausdrücklich vorsieht, dass mit
Einführung des neuen Uniform Act sämtliche Vorgängerregelungen bis auf einzelne
Bestimmungen vollständig aufgehoben werden sollten.415 Die meisten US-Bundesstaaten haben in ihren Transformationsgesetzen diese Regelung jedoch nicht
übernommen, sondern in Anlehnung an § 30 (2) ULPA Vorschriften erlassen. Danach
ist eine limited partnership grundsätzlich nach dem zurzeit ihrer Gründung geltenden
Recht zu beurteilen, es sei denn, die Gesellschafter haben sich freiwillig dem neuen
Recht unterstellt.416 Eine solche Rechtswahl ist insbesondere für die limited partners
interessant, die sich erhoffen, dass sich ihre Teilnahme an der Geschäftsführung der
Gesellschaft unter dem neuen Recht nicht mehr als unzulässige Kontrollausübung
darstellt.417
Der neu gefasste ULPA 2001 hat die Wahlmöglichkeit der Gesellschafter der limited
partnership ausdrücklich in § 1206 ULPA vorgesehen. Demnach gilt auch unter dem
neuen Modellgesetz die Regel, dass sich die haftungsrechtliche Beurteilung des limited
partner grundsätzlich nach dem zum Gründungszeitpunkt geltenden Recht richtet, bis
die Gesellschafter durch Beschluss eine Rechtswahl treffen. Die Einführung der
Wahlmöglichkeit hat zur Folge, dass im Falle von zwei limited partners, deren Gesellschaften zwar zur gleichen Zeit gegründet wurden, aber aufgrund der Rechtswahl nach
unterschiedlichen Gesetzen beurteilt werden, die Frage nach der Haftung trotz völlig
identischen Sachverhalts zu entgegengesetzten Ergebnissen kommen kann. Für den
deutschen Rechtsanwender ist es somit von besonderer Bedeutung, exakt
herauszuarbeiten, welches Recht auf die einschlägige Gesellschaft anwendbar ist und
welche Leitlinien zur Haftung des Einfluss nehmenden limited partner zur fraglichen
Zeit gegolten haben. Die Darstellung trägt diesem Gesichtspunkt insofern Rechnung, als
dass die Haftung des Einfluss nehmenden limited partner unter sämtlichen Fassungen
der jeweiligen Limited Partnership Acts chronologisch aufgearbeitet wird.
B. Methodische Vorgehensweise
In der Einführung wurde bereits eine Zielsetzung der Untersuchung erläutert. Neben der
Analyse der unterschiedlichen Wertungsprinzipien, die hinter den jeweiligen
Regelungsmodellen beider Rechtsordnungen stehen, soll dem deutschen Rechtsanwender auch die methodische Vorgehensweise bei der ordnungsgemäßen Ermittlung
415 § 1104 RULPA; dazu auch Rehrl, 53 U.Colo.L.Rev. 823, 873 (1982).
416 Z. B. §121.1202 (a), McKinney's Partnership Law (1991); § 7-62-1103 Colo.Rev.Stat. (West
2005). Zur Rechtswahl vgl. ausführlich Rehrl, 53 U.Colo.L.Rev. 823, 873 (1982).
417 Vgl. dazu Rehrl, 53 U.Colo.L.Rev. 823, 873 (1982); unter Geltung des RULPA 1985 dürfen
allerdings die limited partners nicht an der Rechtswahl teilnehmen. Siehe z. B. § 7-62-1103
Colo.Rev.Stat.
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des ausländischen Rechts näher gebracht werden. In diesem Zusammenhang ist es von
überragender Bedeutung, dass der Rechtsanwender bei der Auslegung und Anwendung
der einzelstaatlichen Rechtsquellen nicht nur den Gesetzestext zugrunde legt, sondern
die Vorschrift so auslegt und anwendet, wie ein Richter im jeweiligen US-Bundesstaat
dies tun würde. Der deutsche Rechtsanwender muss demzufolge zunächst die
haftungsrechtliche Vorschrift heranziehen, die zur fraglichen Zeit für die jeweilige
limited partnership gegolten hat. Die Auslegung dieser Vorschriften durch die
einschlägigen Entscheidungen genießt dabei oberste Priorität. Hilfsweise bietet es sich
in Einzelfällen an, bei vergleichbaren Sachverhalten die Gesetze und deren Auslegung
durch die Rechtsprechung anderer Bundesstaaten zur Rate zu ziehen.
Da die einzelstaatlichen Gesetze in weiten Teilen die Vorschläger der einzelnen
Uniform Limited Partnership Acts übernommen haben, sind zudem insbesondere die
Wertungen der einzelnen Modellgesetze, die sich in den offiziellen Anmerkungen und
Erläuterungen widerspiegeln, von entscheidender Bedeutung. Zudem ist zu beachten,
dass Fälle aus anderen Bundesstaaten natürlich nur herangezogen werden, wenn die
entscheidungserheblichen Limited Partnership Acts jeweils auf demselben Modellgesetz
basieren. Denn die Modellgesetze wurden, wie zuvor erwähnt, von den einzelnen
Bundesstaaten nicht einheitlich übernommen, so dass bei der Entscheidung eines
Rechtsstreits immer geprüft werden muss, auf welches Modellgesetz die einzelstaatliche
Regelung zurückzuführen ist.
Manche gliedsstaatlichen Limited Partnership Acts basieren weiterhin noch auf dem
ULPA 1916, auf dem ULPA 1976 oder auch auf dem ULPA 1985. Erst sehr wenige
Staaten haben den ULPA 2001 bisher umgesetzt.418 Zudem ist zu beachten, dass die
meisten Vorschriften zur Haftung des limited partner, auch wenn sie z. B. auf das
Modellgesetz aus dem Jahre 1916 zurückführen sind, nicht aufgehoben worden sind, so
dass diese im Einzelfall noch einen Anwendungsbereich haben.419 Zum besseren
Verständnis der Auslegung und Anwendung der Modellgesetze ist es zudem von
Vorteil, sich die historische Sichtweise bezüglich des Grades der zulässigen
Einflussnahme des limited partner vor Augen zu führen, die sich zumeist in den ersten
Limited Partnership Acts aus dem Jahre 1822 widerspiegelt.
C. Die gesetzliche Haftung des herrschenden Limited Partner
Die folgende Darstellung orientiert sich an der beschriebenen Vorgehensweise.
Zunächst werden die haftungsrechtlichen Konsequenzen eines herrschenden Komman-
418 Vgl. Bromberg/Ribstein, S. 15:128–129 (Supp. 2005).
419 Siehe editorial note to § 303, 6a ULA, 129, 130 (2003); Cary/Eisenberg, S. 81. Die auf den ersten
Modellgesetzen basierenden einzelstaatliche Gesetze gelten noch immer für alle die
Gesellschaften, die zwar vor dem RULPA gegründet worden sind, aber weiterhin nach dem alten
Recht beurteilt werden wollen. Zur Wahlmöglichkeit Rehrl, 53 U.Colo.L.Rev. 823, 873 (1982).
Chapter Preview
References
Zusammenfassung
Die Einheit von Herrschaft und Haftung beherrschte in Deutschland wie in den USA lange Zeit die Diskussion über den Sinn und Unsinn der beschränkten Haftung im Gesellschaftsrecht. Um opportunistischem Handeln von herrschenden Gesellschaftern entgegenzuwirken, wurde die beschränkte Haftung nur gegen einen Verlust von Mitwirkungsbefugnissen in der Gesellschaft gewährt. Eine Trennung von Herrschaft und Haftung war nicht möglich. In Deutschland wurde dieses Dogma durch die atypische KG bereits frühzeitig durchbrochen. In den USA trat eine solche Entwicklung erst vollständig in den letzten Jahrzehnten ein. In jüngster Zeit entstand in den europäischen Rechtsordnungen ein neuer Reformprozess, der maßgeblich durch die Bestrebungen geprägt war eine mindestkapitallose Gesellschaftsform mit beschränkter Haftung zu kreieren, in der die Gesellschafter die Kontrolle über die Gesellschaft ausüben können.
Das Werk zeigt die die Ursachen für diese Entwicklung sowie die rechtlichen und ökonomischen Konsequenzen einer Durchbrechung des Grundsatzes einer Einheit von Herrschaft und Haftung im Gesellschaftsrecht auf und hinterfragt diese im Hinblick auf den weltweiten Markt der Gesellschaftsrechte.