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aufgaben einen Konkurs ihrer Eigen- oder Beteiligungsgesellschaften verhindern, da sonst die eigene Kreditwürdigkeit gefährdet ist, so dass in der Praxis
die Unterschiede zum Kommunalunternehmen gering sein dürften.
Insgesamt ist deshalb der Hinweis auf die haftungsbeschränkende Wirkung
der Kapitalgesellschaften kein tragfähiges Argument für die Wahl einer privatrechtlichen Organisationsform.442
11. Finanzierungsmöglichkeiten
In der Literatur wird zum Teil die Auffassung vertreten, dass Kapitalgesellschaften bei den Kapitalgebern eine größere Kreditwürdigkeit genießen als
juristische Personen des öffentlichen Rechts.443 Diese Auffassung wird im
Wesentlichen damit begründet, dass – erstens – die Gesellschaften des Privatrechts aufgrund ihrer Eigenkapitalausstattung eine eigene Haftungsgrundlage
besäßen, mit der sie uneingeschränkt der Zwangsvollstreckung unterlägen,
während die Kapitalausstattung vieler Rechtsträger des öffentlichen Rechts
unzureichend sei, und dass – zweitens – die Kreditaufnahme formal einfacher
zu bewerkstelligen sei, da die Privatrechtsgesellschaften nicht den allgemeinen Haushaltsrestriktionen unterlägen.
Beide Gründe können eine Bevorzugung der Privatrechtsform nicht legitimie ren. Die These von der größeren Kreditwürdigkeit ist angesichts der im
Abschnitt 10. geschilderten Einstandspflicht der Gemeinde für ihr Kommunalunternehmen nicht plausibel und wird durch die Tatsache widerlegt, dass
den Gebietskörperschaften vielfach bessere Konditionen bei der Kreditvergabe eingeräumt werden als juristischen Personen des Privatrechts.444 Dass
dies auch für das Kommunalunternehmen zutrifft, belegt eine Risikoeinschätzung der Bayerischen Landesbank: »Hinsichtlich der Beschaffung von
Fremdkapital ist das Kommunalunternehmen der GmbH überlegen, da diese
über ihre Haftungsbeschränkung ein erhöhtes Kreditrisiko aufweist. Die
Gewährträgerschaft der Kommune kann somit zu günstigeren Konditionen
bei der Kreditvergabe führen.«445 Was schließlich die Restriktionen des Haushaltsrechts angeht (vgl. Art. 71 GO Bay), so gelten diese für das selbständige
Kommunalunternehmen nicht (Art. 91 Abs. 3 GO Bay).
442 Im Ergebnis ebenso A. Gaß, Umwandlung (Fußn. 334), S. 84; D. Ehlers, Verwaltung in Privatrechtsform (Fußn. 107), S. 323; W. Erbguth / F. Stollmann, DÖV 1993, 798 ff., 807.
Signifikante Unterschiede sieht hier M. Uechtritz, in: W. Hoppe / M. Uechtritz (Hrsg.),
Handbuch (Fußn. 249), S. 558 Rn. 53.
443 Vgl. dazu die Nachweise bei D. Ehlers, Verwaltung in Privatrechtsform (Fußn. 107), S. 323.
Zum Folgenden vgl. insbes. A. Gaß, Umwandlung (Fußn. 334), S. 84 ff.; M. Uechtritz, in:
W. Hoppe / M. Uechtritz (Hrsg.), Handbuch (Fußn. 249), S. 561 f. Rn. 62 ff.;
444 Vgl. dazu J. Wolf, Anstalt des öffentlichen Rechts (Fußn. 349), S. 61 f.
445 Zitiert nach U. Kummer, Vom Eigen- oder Regiebetrieb zum Kommunalunternehmen
(Fußn. 322), S. 114.
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12. Kooperationsmöglichkeiten446
Immer wichtiger wird angesichts des zunehmenden Wettbewerbs auch für
öffentliche Unternehmen die Möglichkeit der Kooperation mit anderen
öffentlichen und privaten Unternehmen. Durch Kooperationen können Syner gieeffekte erzielt, es kann das Wirkungsgebiet erweitert und das Know-how
Externer nutzbar gemacht werden. Immer wichtiger wird deshalb auch das
Kriterium »Kooperationsmöglichkeiten« für die Wahl der Rechtsform kommunaler Unternehmen. Da selbständige Kooperation Selbständigkeit des
Unternehmens und damit Rechtsfähigkeit voraussetzt, haben Regie- und
Eigenbetrieb hier ein rechtsförmliches Handicap, so dass die Betrachtung sich
auf öffentliche Unternehmen mit eigener Rechtspersönlichkeit konzentrieren
kann und damit wiederum auf GmbH und AG als privatrechtlich und das
Kommunalunternehmen als öffentlich-rechtlich organisierte Unternehmen.
a) Kooperation von Gemeindeunternehmen mit öffentl.-rechtlichen Rechtsträgern
Für die Möglichkeiten, die das Kommunalrecht kommunalen Unternehmen
für eine Kooperation mit öffentlich-rechtlichen Rechtsträgern bietet, ist zu
unterscheiden zwischen den Ländern Bayern, Niedersachsen und Schleswig-
Holstein, in denen die Kommunalgesetzgeber das gemeinsame Kommunalunternehmen bzw. die gemeinsame kommunale Anstalt eingeführt haben (dazu
Abschnitt bb)), und den Ländern, in denen dies nicht geschehen ist (dazu
Abschnitt aa)). Nur in der im Abschnitt bb) beschriebenen Konstellation ist
das Kommunalunternehmen hinsichtlich der Kooperationsfähigkeit eine der
privaten Rechtsform überlegene Alternative.
aa) Das gemischt-öffentliche Unternehmen
Soweit die Institution eines gemeinsamen Kommunalunternehmens gesetzlich nicht eingeführt ist, steht eine für die Zusammenarbeit mehrerer Kommunen geeignete öffentlich-rechtliche Unternehmensform nicht zur Verfügung.
Die rechtlich unselbständigen Regie- und Eigenbetriebe sind immer nur
Unternehmen der einen Gemeinde, der sie rechtlich zugehören und auch für
das Kommunalunternehmen als Anstalt des öffentlichen Rechts wird, sofern
gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, von einer monistischen Trägerstruktur
446 Zum Folgenden vgl. insbes. A. Gaß, Umwandlung (Fußn. 334), S. 106 ff.; J. Hellermann,
in: W. Hoppe / M. Uechtritz (Hrsg.), Handbuch (Fußn. 249), S. 164 Rn. 133 ff.;
M. Uechtritz, ebd., S. 562 Rn. 64 ff.
Chapter Preview
References
Zusammenfassung
Die Arbeit problematisiert die gegenwärtige Praxis einer materiellen und formellen Privatisierung weiter Bereiche der kommunalen Daseinsvorsorge. Im Ersten Teil wird als verfassungstheoretisches Problem der materiellen Privatisierung auf die Gefahr einer Erosion des Öffentlichen hingewiesen: auf die Tendenz zur Ausdünnung der demokratischen und sozialstaatlichen Legitimations- und Verantwortungsstrukturen. Im Zweiten Teil wird die These entwickelt, dass es sich bei der Wahl einer privatrechtlichen Organisationsform für öffentliches Handeln (formelle Privatisierung) nicht um eine rein rechtstechnische Frage, sondern um eine verfassungsrelevante Strukturentscheidung handelt, die einer verfassungsrechtlichen Rechtfertigung bedarf. Als eine flexible Handlungsform des öffentlichen Rechts und als geeignete Alternative zu privatrechtlichen Rechtsformen wird im Dritten Teil die Organisationsform des selbständigen Kommunalunternehmens vorgestellt. Die Leistungsfähigkeit dieser neuen öffentlich-rechtlichen Organisationsform wird sodann im Vierten Teil auf der Grundlage eines ausführlichen Rechtsformenvergleichs dargestellt und im Fünften Teil anhand einer rechtstatsächlichen Analyse der bayerischen Krankenhaus-Kommunalunternehmen konkretisiert. Von den rechtspolitischen Vorschlägen ist die Forderung nach einer Einführung einer direktiven Mitbestimmung im Kommunalunternehmen hervorzuheben.