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trollorgan in eine eigentümliche Zwitterposition gerät, da ihr nun nicht mehr
die Kommunalverwaltung als klar definiertes Kontrollobjekt gegenübersteht;
vielmehr sind »auf der anderen Seite« auch Mandatsträger an den administrativen Entscheidungen unmittelbar beteiligt.416
6. Staatsaufsicht
Gemäß Art. 91 Abs. 3 GO Bay finden die Vorschriften über die staatliche
Aufsicht (Art. 108-120) und die Rechtsmittel (Art. 119, 120 GO Bay) auf
das Kommunalunternehmen sinngemäß Anwendung. Staatliche Aufsicht
kann gegenüber Gemeinden und ihren Ausgliederungen wegen der kommunalen Selbstverwaltungsgarantie des Art. 28 Abs. 2 GG nur Rechtsaufsicht
sein. Das ihr damit zur Verfügung stehende Aufsichtsinstrumentarium
(Informationsrecht, Beanstandungsrecht, Recht der Ersatzvornahme, Bestellung einer Beauftragten) kann die Rechtsaufsichtsbehörde beim selbständigen Kommunalunternehmen direkt und bezogen auf dessen gesamte Tätigkeit einsetzen.
Gegenüber kommunalen Eigen- und Beteiligungsgesellschaften ist die staatliche Aufsicht dagegen eingeschränkt. Unmittelbar kann sie nur bezogen auf
den Gründungs- und Beteiligungsakt ausgeübt werden, im Übrigen aber nur
indirekt gegenüber der Trägergemeinde, indem sie darauf hinwirkt, dass diese
ihre Ingerenzrechte gegenüber ihrer Eigengesellschaft in hinreichender Weise
ausübt. Den Kommunen mag diese nur mittelbare Kontrolle als Vorteil der
Privatrechtsform erscheinen, als legitimer Grund für die Wahl dieser Rechtsform kann sie keine Anerkennung finden, da eine solche Sicht die positive
Funktion der Staatsaufsicht verkennt. »Das Vorhandensein aufsichtlicher
Kontrolle wird sowohl aus staatlicher als auch aus Sicht der Privatwirtschaft
als Vorteil gewertet, denn die staatliche Aufsicht soll die Gemeinden nicht nur
vor nicht abschätzbaren finanziellen Risiken bewahren und die Beschränkung
der Tätigkeit auf die Verfolgung eines öffentlichen Zwecks überwachen, son dern auch sicherstellen, dass die Subsidiarität der kommunalen Wirtschaftstätigkeit gegenüber der Privatwirtschaft gewahrt bleibt.«417
7. Personalwirtschaftliche Aspekte
Als ein Kernargument zugunsten einer privatrechtlichen Organisationsform
werden die Vorteile genannt, die mit der Nichtgeltung des öffentlichen
416 Kritisch auch G. F. Schuppert, Zur Kontrollierbarkeit öffentlicher Unternehmen (Fußn.
405), S. 37 ff., allerdings für den staatlichen Bereich (Freie und Hansestadt Hamburg), für
den anders als im Kommunalbereich der Gewaltenteilungsgrundsatz Beachtung fordert.
417 A. Gaß, Umwandlung (Fußn. 334), S. 142; positiv zur direkten Rechtsaufsicht über das
Kommunalunternehmen auch M. Ruffert, VerwArch 92 (2001), 27 ff., 53 f.
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References
Zusammenfassung
Die Arbeit problematisiert die gegenwärtige Praxis einer materiellen und formellen Privatisierung weiter Bereiche der kommunalen Daseinsvorsorge. Im Ersten Teil wird als verfassungstheoretisches Problem der materiellen Privatisierung auf die Gefahr einer Erosion des Öffentlichen hingewiesen: auf die Tendenz zur Ausdünnung der demokratischen und sozialstaatlichen Legitimations- und Verantwortungsstrukturen. Im Zweiten Teil wird die These entwickelt, dass es sich bei der Wahl einer privatrechtlichen Organisationsform für öffentliches Handeln (formelle Privatisierung) nicht um eine rein rechtstechnische Frage, sondern um eine verfassungsrelevante Strukturentscheidung handelt, die einer verfassungsrechtlichen Rechtfertigung bedarf. Als eine flexible Handlungsform des öffentlichen Rechts und als geeignete Alternative zu privatrechtlichen Rechtsformen wird im Dritten Teil die Organisationsform des selbständigen Kommunalunternehmens vorgestellt. Die Leistungsfähigkeit dieser neuen öffentlich-rechtlichen Organisationsform wird sodann im Vierten Teil auf der Grundlage eines ausführlichen Rechtsformenvergleichs dargestellt und im Fünften Teil anhand einer rechtstatsächlichen Analyse der bayerischen Krankenhaus-Kommunalunternehmen konkretisiert. Von den rechtspolitischen Vorschlägen ist die Forderung nach einer Einführung einer direktiven Mitbestimmung im Kommunalunternehmen hervorzuheben.