Im Vorfeld der russischen Präsidentschaftswahl im März 2018 gelang dem russischen Oppositionspolitiker Aleksej Nawalny ein Überraschungserfolg: Gegen alle Widerstände führte er einen beeindruckend professionellen Wahlkampf und mobilisierte eine beachtliche und für die Regierung nicht zu ignorierende Anhängerschaft. Der Aufsatz fragt nach den Bedingungen von Nawalnys Erfolg, der sich als ein Lehrstück für die Formen und Mechanismen politischer Inklusion in einem modernen autokratischen Regime lesen lässt. Mittels des systemtheoretischen Inklusionsbegriffs (Luhmann, Stichweh) und der Gegner-Feind-Unterscheidung Mouffes wird der politische Werdegang Nawalnys im Kontext des Putin-Regimes, das auf den Kernprinzipien der Idee nationaler Souveränität und passiver Vollinklusion fußt, rekonstruiert. Innerhalb dieser politischen Ordnung, die auf Gegnervermeidung ausgerichtet ist, konnte Nawalny sich als Gegner Putins positionieren, weil er sich mit seiner Kampagne inhaltlich an Putins Politik anschmiegte, dabei ideologische Kollisionen vermied und so die Möglichkeiten der politischen Führung zur Gegenwehr einschränkte. Im dadurch entstehenden Spielraum attackiert Nawalnys Kampagne die Prinzipien der Putin-Herrschaft auf operativer Ebene, indem sie Putins Sonderstellung durch Aufklärung unterläuft und Nawalny als aktivistische Alternative zu Putins passiver Form der Publikumsinklusion positioniert.
This site is protected by reCAPTCHA and the Google Privacy Policy and Terms of Service apply.