93
Hier könnte eine höhere Umschichtungsfrequenz, beispielsweise durch monatliche oder wöchentliche Anpassung der Aktienquote, das Risiko erheblich vermindern. Dies lässt sich mit dem hier verwendeten Simulationsmodell nicht
durchführen, da die Schätzung auf Quartalsdaten basiert. Eine Simulation für
einen Anlagehorizont von fünf Jahren bei quartalsweiser Anpassung des
Portfolios zeigt, dass sich die risikobegrenzende Wirkung einer CPPI-
Anlagepolitik günstiger darstellt als bei einem Anlagehorizont von einem Jahr.
Die Obergrenze für die Aktienquote, die durch den Parameter b = 1 festgelegt
wird, ist bei einem Multiplikator von 10 nur in wenigen Fällen bindend. Eine
Erhöhung von b auf 1,2 oder 1,5 verändert das Ergebnis nur sehr geringfügig.
Bei höheren Werten für den Multiplikator greift die Beschränkung bezüglich b
sehr spürbar. Wenn beispielsweise ein Wert von 40 für den Multiplikator gewählt
wird, dann ergibt sich durch eine Erhöhung von b eine höhere Aktienquote und
eine Steigerung des durchschnittlichen Vermögens: Bei b = 1 beträgt die durchschnittliche Aktienquote 63,5%, bei b = 1,5 steigt dieser Wert auf 89,4%.
Die hier kurz dargestellten Ergebnisse der Simulationen von CPPI-Strategien
legen es nahe, diese Anlagepolitik nur dann zu verfolgen, wenn die Umschichthäufigkeit zwischen Aktien und Kasse relativ hoch gewählt wird, da sonst eine
häufige Unterschreitung des Mindestvermögens eintreten wird. Im Vergleich
zum Einsatz von Put-Optionen, sowohl At-the-money-Optionen als auch als
Wertsicherungsstrategie, dürfte die Umsetzung einer CPPI-Anlagepolitik durch
die notwendigen häufigen Umschichtungen vergleichsweise kostenintensiv sein.
3.5 Portfoliomanagement nachhaltiger Kapitalanlagen für Stiftungen
Dieser Abschnitt widmet sich verschiedenen Themen, die für das Portfoliomanagement nachhaltiger Kapitalanlagen von großer Bedeutung sind. CSR-
Ratings, der Ratingprozess und die beteiligten Akteure stehen im Mittelpunkt
von Abschnitt 3.5.1. Dabei wird gezeigt, welche Inhalte CSR-Ratings üblicherweise haben und an welche Adressaten sie sich richten. Von besonderer Bedeutung für die Einschätzung von CSR-Ratings ist der Vergleich der Vorgehensweisen der wichtigsten Ratinganbieter, bei dem sowohl die
Gemeinsamkeiten als auch die Unterschiede herausgearbeitet werden.
Anschließend werden Ansätze zur Umsetzung von CSR-Ratings im Asset-
Management dargestellt.
Abschnitt 3.5.2 konzentriert sich auf die Analyse der Renditeverteilungen von
SRI-Aktienindizes. Im Mittelpunkt stehen dabei die Analyse der Performance
und des Risikos sowie der Vergleich mit konventionellen Aktienindizes. Weitere
quantitative Untersuchungen befassen sich mit der sektoralen Struktur der Aktienindizes sowie der Sensitivität bezüglich internationaler makroökonomischer
Einflussgrößen wie Ölpreis und US-Zinsen. Anschließend werden mit dem in
Abschnitt 3.3.3 beschriebenen Simulationsmodell Vergleiche zwischen ausgewählten SRI-Indizes und dem als Benchmark dienenden MSCI-Welt-Index
94
vorgenommen, bei denen die gesamte Renditeverteilung berücksichtigt wird. Die
abschließende Analyse befasst sich mit der Anwendung von Put-Optionen zur
Absicherung von SRI-Aktienindizes und deren Wirksamkeit.
3.5.1 CSR-Ratinginstitutionen und deren Einfluss auf die SRI-basierte
Asset Allocation
SRI berücksichtigen als Anlageform neben den konventionellen Finanzparametern Rendite, Risiko und Liquidität67 zusätzlich auch ethische beziehungsweise nachhaltige Merkmale eines Anlageprodukts beziehungsweise des dem
Anlageprodukt zugrunde liegenden Finanzierungsobjekts. Statt von einem magischen Dreieck kann folglich von einem magischen Viereck der Kapitalanlage
gesprochen werden (vgl. Abbildung 9).
Abbildung 9: Das magische Viereck des SRI
Risiko
Liquidität
Rendite
Nachhaltigkeit
Magisches Viereck
der Kapitalanlage im
SRI
Quelle: eigene Darstellung.
SRI-Investmentprodukte beziehungsweise SRI-Finanzprodukte68 weisen die
Besonderheit auf, eingesammeltes Kapital ausschließlich in Unternehmen zu investieren, die nach bestimmten in der Anlagepolitik zugesagten sozialen, ökologischen und/oder ethischen Kriterien ausgewählt wurden. Der SRI-Markt, auf
67 Aus theoretischer, neoklassischer Sicht stellt Liquidität kein Anlageentscheidungskriterium dar, da
Liquidität beliebig über den vollkommenen Kapitalmarkt beschafft werden kann.
68 Neben Investmentprodukten können auch andere Finanzprodukte (Sparbücher etc.) als SRI-
Finanzprodukte angesehen werden, die spezifischen sozialen, ökologischen und/oder ethischen Prinzipien unterliegen, vgl. auch Schäfer und Gülle (2001). Nachfolgend werden SRI-Investmentprodukte
und hier speziell SRI-Fonds betrachtet, da ihnen die höchste Marktbedeutung im Bereich nachhaltiger
Kapitalanlagen zukommt, vgl. imug (2002).
95
dem SRI-Anlageprodukte angeboten und nachgefragt werden, ist als Teilmarkt
des gesamten Kapitalanlagemarkts zu verstehen,69 der sich durch die spezifischen Bedürfnisse der Anleger auszeichnet.
3.5.1.1 SRI-Anlageprozess und beteiligte Akteure
Diese spezifischen sozialen, ökologischen und/oder ethischen Bedürfnisse der
SRI-Anleger sowie die Reaktionen der Kapitalnachfrager hierauf, lassen sich
allgemein in einem Prozess abbilden, der als SRI-Kapitalanlageprozess bezeichnet und in Abbildung 10 grafisch dargestellt wird. Hierbei sind sowohl die
beteiligten Akteure als auch deren spezifischen Funktionen innerhalb dieses
Prozesses abgebildet.
Den Ausgangspunkt in Abbildung 10 bilden die privaten und/oder institutionellen SRI-Anleger, die als „(Kapital-)Überschusseinheiten“ Kapital gemäß ihren
individuellen Präferenzen und Prinzipien anlegen. Zweck dieser prinzipiengeleiteten Kapitalanlageentscheidungen ist die Befriedigung der Kapitalbedarfe der
„Defiziteinheiten“ beziehungsweise Kapitalnachfrager. Diese sind die nach spezifischen sozialen und/oder ökologischen Gesichtspunkten selektierten Unternehmen, die mit dem zur Verfügung gestellten Kapital (Real-)Investitionen
durchführen. Aufgrund von Transaktionskosten und Informationsasymmetrie-
Problemen werden die SRI-Finanzinvestoren beziehungsweise Financiers ihr
Kapital den finalen Kapitalnehmern in der Regel nicht direkt, sondern indirekt
über Finanzintermediäre zukommen lassen.70 Hierzu bedienen sie sich üblicherweise spezifischer SRI-Anlageprodukte, insbesondere Investmentfonds, die von
Finanzintermediären entwickelt, vertrieben und gemanagt werden. Institutionelle
Investoren haben darüber hinaus die Möglichkeit, ein professionelles Asset-
Management zu beauftragen, das in ihrem Sinne kundenspezifische Kapitalanlagen tätigt.71 Finanzintermediäre erfüllen Transformationsleistungen hinsichtlich der Losgrößen, Fristen und Risiken von Finanztransaktionen: Ohne diese
Transformationsleistungen können die divergierenden Präferenzen der originären
Kapitalgeber und finalen Kapitalnehmer nicht ausgeglichen und damit das Angebot an Kapital und die Nachfrage nach Kapital nicht zusammengeführt
werden.72 Darüber hinaus erfüllen Finanzintermediäre eine wichtige
Informationsfunktion, indem sie Informationen über Finanztitel beziehungsweise
über die sie emittierenden Marktakteure sammeln, analysieren, bewerten und
69 Vgl. Schoenheit (2005: 111) in Verbindung mit Kaas (1997: 458).
70 Vgl. hierzu zum Beispiel Benston und Smith (1976) oder Diamond (1984). Einen instruktiven Überblick über die Theorie der Finanzintermediation liefern unter anderem Hartmann-Wendels, Pfingsten
und Weber (2004:131 ff).
71 Große institutionelle Investoren, wie zum Beispiel Pensionsfonds, große Stiftungen etc. verfügen
oftmals über ein eigenes organisationsinternes Asset-Management, so dass eine Delegation faktisch
nicht erfolgt.
72 Vgl. Bitz (1989: 433 ff).
96
verbreiten.73 Diese Informationen, die sich im hier untersuchten Fall einerseits
auf konventionelle Finanzdaten (z.B. Cashflow, Eigenkapitalquote etc.) beziehen, andererseits aber auch spezifische Nachhaltigkeitsbezüge aufweisen,
werden sowohl zur Produktion von nachhaltigen Anlagefazilitäten als auch für
SRI-basiertes kundenindividuelles Asset-Management und somit final von den
Kapitalgebern benötigt. Die Bereitstellung derartiger Informationen, also die Beurteilung der sozialen, ökologischen und/oder ethischen Qualitäten von Unternehmen (auch SRI-Research genannt), kann hierbei intern vom Produktanbieter
beziehungsweise vom Asset-Management selbst als auch extern von eigenständigen, unabhängigen, sogenannten CSR-Ratinginstitutionen74 erbracht
werden. Aus Sicht der Finanzintermediäre sind im letztgenannten Fall die
Ratinginstitutionen als externe Finanzdienstleister zu verstehen, an die Researchaufträge vergeben, beziehungsweise von denen Researchergebnisse eingekauft
werden können.
Abbildung 10: Der Wertschöpfungsprozess im SRI-Markt
Quelle: in Anlehnung an Schoenheit (2005: 112).
Bei nachhaltigen Investments bildet eine zusätzliche Informationskomponente,
d.h. die Information zur Nachhaltigkeitsperformance von Unternehmen (kurz
Nachhaltigkeitsinformation), die Grundlage, auf der SRI-Anleger ihre Kapital-
73 Vgl. Bernet (2003: 8 ff).
74 Nähere Informationen zum Begriff und Wesen derartiger Institutionen liefert der nachfolgende Abschnitt.
97
anlageentscheidungen treffen. Diese zusätzlich berücksichtigte Informationskomponente ist der entscheidende Unterschied zwischen konventioneller und
nachhaltiger Kapitalanlage und konstitutiv für letztgenannte. Den Bereitstellern
der Nachhaltigkeitsinformation, den Nachhaltigkeitsrating-Institutionen, kommt
eine zentrale Rolle im SRI-Kapitalanlageprozess zu, indem sie die Kapitaldispositionen (Asset Allocation) der Asset- beziehungsweise Fondsmanager entscheidend beeinflussen. Dieser Erkenntnis folgend werden im weiteren Verlauf
dieses Abschnitts die in Abbildung 10 fett markierten CSR-Ratinginstitutionen
und deren Informationsproduktionsdienstleistung fokussiert.
3.5.1.2 CSR-Ratinginstitutionen als zentrale Akteure im SRI-
Kapitalanlageprozess
Zum SRI-basierten Asset-Management (unabhängig davon, ob durch die Produktanbieter oder durch die Kapitalgeber selbst praktiziert) gehören zentral das
Bewerten und anschließende Selektieren von Unternehmen nach ökologischen,
sozialen und/oder ethischen Kriterien. Hierbei haben sich Strukturen eines eigenständigen, internationalen Markts für Informationsdienstleitungen zur Nachhaltigkeit von Unternehmen, sogenannten Nachhaltigkeitsratings75 (auch CSR76
der Ethik-Ratings genannt)77 herausgebildet.78 Da für den einzelnen (institutionellen oder privaten) Anleger die Einschätzung der Nachhaltigkeitsleistung der
Unternehmen aufgrund der Komplexität der Dimensionen zunehmend
schwieriger wird, übernehmen spezialisierte Ratinginstitutionen diese signifikante Marktfunktion.79 Sie greifen bedeutsam in den an Nachhaltigkeit ausgerichteten Asset-Management-Prozess ein, indem sie quasi eine Pre-Selektion
von Unternehmen vornehmen, auf deren Basis die finalen SRI-Anleger beziehungsweise die von ihnen beauftragten Asset-Manager anschließend ihre gewünschten Finanztitel auswählen. Zum Prozess der Informationsproduktion
stellen sich daher folgende bedeutsame Fragen:
75 Schäfer (2004a: 4).
76 Schäfer (2005a: 252); vgl. zum Konzept der CSR den nachfolgenden Abschnitt.
77 Vgl. Schäfer und Lindenmayer (2004: 17 ff). Während bei ethischen oder ethisch-ökologischen Unternehmensratings primäre Wertvorstellungen der Adressaten die Kriterienauswahl bestimmen, stützt
die überwiegende Mehrheit derzeit existierender und auf Konzepten der Nachhaltigkeit basierenden
CSR-Ratings ihre Kriterienauswahl explizit auf ein primär ökonomisches Verständnis; vgl. Schäfer,
Zenker, Beer und Fernandes (2006: 2) in Verbindung mit Homolka und Nguyen-Khac (1996: 677).
Nachfolgend werden die Begriffe Nachhaltigkeitsrating und CSR-Rating verwendet.
78 Derartige Ratings werden primär zum Zwecke von Kapitalanlagedispositionen, d.h. zur Asset Allocation, eingesetzt; vgl. Schäfer (2005a: 251). Neben kapitalmarktorientierten Nachhaltigkeitsratings
existieren noch einige wenige, die sich an Konsumenten richten; vgl. Schäfer et al. (2006b: 10). Kapitalmarktteilnehmer dominieren jedoch eindeutig als wichtigste Zielgruppe und stehen auch im Rahmen dieses Beitrags im Fokus; vgl. Schäfer (2005b: 53).
79 Im Wesentlichen operieren von drei Gruppen Institutionen: eigenständige Ratingagenturen, Inhouse-
Research-Teams insbesondere von Kreditinstituten und Betreiber von Wertpapierindizes; vgl. Schäfer
(2003a: 34). Zur allgemeinen Bezeichnung dieser drei Gruppen wird der Begriff „Ratinginstitution“
verwendet.
98
– Was genau wird von den CSR-Ratinginstitutionen bewertet?
– Wie, d.h. mit welchen Methoden, wird die Bewertung durchgeführt?
Die Antworten darauf lassen Schlussfolgerungen auf die ebenfalls zentrale Frage zu, ob Bewertungsunterschiede zwischen einzelnen Ratinginstitutionen existieren und wenn ja, wie ausgeprägt diese sind. Da die Ratingurteile implizit oder
explizit das Universum seitens der von Asset-Manager selektierbaren Titel determinieren, gehen von den Bewertungsverfahren der Institutionen bedeutsame
Effekte auf die Dispositionsmöglichkeiten der Asset Allocation aus. Das CSR-
Rating wird im nachfolgenden Abschnitt detailliert beschrieben.
3.5.1.3 Das CSR-Rating – eine Analyse
3.5.1.3.1 Grundsätzliche Aspekte
Wörtlich übersetzt bedeutet der angelsächsische Begriff Rating Bewertung, Beurteilung oder Note. Ein Rating kann allgemein als ein Verfahren zur Einschätzung oder Beurteilung von Personen, Gegenständen oder Situationen
mithilfe von Skalen definiert werden.80 Die zu bewertenden Objekte werden
„hinsichtlich einer bestimmten Zielsetzung in eine ordinale Rangordnung“81 gebracht. Folglich verkörpert ein Rating inhaltlich eine methodische Dimension
(Prozess der Erfassung und Bewertung) sowie eine Ergebnisdimension (Ausdruck des Beurteilungsergebnisses in einem aggregierten Ratingurteil, auch
Ratingnote genannt).82
Das Nachhaltigkeitsrating ist zu verstehen als Methode zur Erfassung der Nachhaltigkeit von Unternehmen.83 Der Untersuchungsgegenstand wird durch die
Nachhaltigkeit von Unternehmen (Corporate Sustainability) verkörpert. Grundlage des Nachhaltigkeitsbegriffs bildet das anthropogene Entwicklungskonzept
des „Sustainable Development“, wie es 1987 von der „Brundtland-Kommission“
(Brundtland Commission for Environment and Development) erarbeitet wurde.
Kennzeichnend für die Definition von Nachhaltigkeit ist die gleichzeitige Berücksichtigung zweier Gerechtigkeitsdimensionen: die intragenerationelle Gerechtigkeit, insbesondere zwischen erster und dritter Welt, und die intergenerationelle Gerechtigkeit, die sich auf die heutige und die zukünftigen Generationen
bezieht.84 Eng verwandt ist das Konzept der Corporate Social Responsibility
oder kurz CSR. „Corporate Social Responsibility is the continuing commitment
by business to behave ethically and contribute to economic development while
80 Eine umfassende auf Finanzkontrakte bezogene Definition liefert Everling. Hiernach ist ein „Rating
jedes durch ein Symbol beziehungsweise ein Zeichen oder eine semantische Verkettung von Zeichen
(Zeichenfolge) ausgedrückte Urteil einer Beurteilungsinstanz über ein bestimmtes Merkmal eines Finanzierungstitels respektive Wirtschaftssubjektes“, Everling (1994: 1600).
81 Serfling, Badack und Jeiter (1996: 632).
82 Vgl. Schäfer und Lindenmayer (2007: 331).
83 Vgl. Schäfer (2003a: 19).
84 Vgl. Schmidheiny und Zorraquin (1998).
99
improving the quality of life of the workforce and their families as well as of the
local community and society at large.“85 Im Rahmen der CSR steht nicht der Beitrag einzelner Stakeholder zum finanziellen Erfolg des Unternehmens im Zentrum (Position der Corporate Governance), sondern das Handlungspotenzial, mit
dem Stakeholder ein Unternehmen hinsichtlich des moralischen Verhaltens sanktionieren können. Im politischen Raum wird dem Konzept der CSR durch wichtige Initiativen internationaler Organisationen wie dem UN Global Compact
(2000), dem CSR-Grünbuch der EU-Kommission (2001) und den OECD-
Leitlinien für multinationale Unternehmen (2004) Nachdruck verliehen. Da sich
mittlerweile in praxi beide Paradigmen kaum mehr unterscheiden,86 werden die
Begriffe „CSR“ und „Nachhaltigkeit“ im Folgenden synonym verwendet.
Abbildung 11: Grundsätzliche Beziehungen beim CSR-Rating
Quelle: Schäfer (2006: 145).
In der Zwecksetzung weist das CSR-Rating enge Bezüge zum Credit-Rating
auf, das zur Evaluierung der Finanzbonität entwickelt wurde. Das klassische
Credit-Rating stellt in Abgrenzung zum Nachhaltigkeitsrating eine Bewertung
der wirtschaftlichen Fähigkeit, der rechtlichen Bindung und Willigkeit eines
Kreditnehmers dar, seinen aus einem potenziellen Kreditvertrag resultierenden
vertraglichen Zahlungsverpflichtungen in Zukunft vollständig und rechtzeitig
nachzukommen.87 Zweck des Credit-Ratings ist die Bestimmung der Wahrscheinlichkeit, dass der Kapitalnehmer seine finanziellen Verpflichtungen aus
85 Holme und Watts (2000: 8).
86 Vgl. Schäfer und Lindenmayer (2007: 331).
87 Vgl. Everling und Bargende (2005: 262) sowie Gleißner und Füser (2003: 11).
100
dem Kreditvertrag erfüllt.88 In Analogie hierzu soll im Rahmen von Nachhaltigkeitsratings ermittelt werden, in welchem Umfang ein Unternehmen den von
Stakeholdern beziehungsweise der Gesellschaft artikulierten finanziellen, ökologischen und sozialen Forderungen nachkommt. Der Gegenstand der Analyse
des Nachhaltigkeitsratings kann in diesem Verständnis mit der „Nachhaltigkeitsbonität“ eines Unternehmens bezeichnet werden. Den „Kredit“, den es in diesem
Kontext von Stakeholdern aufgenommen hat, kann vertragstheoretisch in der
„License to Operate“ und der „License to Co-operate“ gesehen werden. Das Unternehmen erhält die Legitimierung für seine Tätigkeit von der Gesellschaft, die
sich ihrerseits in einem stetigen Wertewandel befindet. Die Fähigkeit des Unternehmens, sich auf diese Veränderungen rechtzeitig einzustellen und einen ökonomischen Nutzen hieraus zu ziehen, stellt eine zentrale Voraussetzung für die
Überlebensfähigkeit von Unternehmen dar.89
Primäre Adressaten des Nachhaltigkeitsratings sind wie beim Credit-Rating
auch Kapitalmarktteilnehmer, die im Rekurs auf die Nachhaltigkeitsbonität von
Unternehmen Kapitalanlagedispositionen vornehmen. Die kontraktmäßigen Beziehungen zwischen den Beteiligten in einem kapitalmarktorientierten CSR-
Rating lassen sich in Analogie zum Credit-Rating grundsätzlich wie in Abbildung 11 darstellen.
Es ist erkennbar, dass neben der direkten Beziehung zwischen Ratinginstitution und beurteiltem Emittenten die Ratinginstitution indirekt die Beziehung zwischen Anleger und Emittenten beeinflusst. Die Anbieter von Nachhaltigkeitsratings stellen wie die Anbieter von klassischen Credit-Ratings ein
ökonomisches Bindeglied zwischen Finanzinvestoren und Unternehmen dar, indem sie das Informationsgefälle zwischen diesen beiden Akteursgruppen reduzieren.90 Ihre ökonomische Aufgabe ist die Intermediation auf informationsineffizienten Märkten. Dabei kommunizieren sie die Informationswünsche der
Kapitalgeber hinsichtlich Nachhaltigkeit an Unternehmen. Zudem teilen Unternehmen interessierten Anlegerkreisen über die Ratinginstitutionen ihre Ziele,
Maßnahmen und den Stand ihrer Nachhaltigkeitsaktivitäten mit.91
Im Gegensatz zum Credit-Rating wird das Nachhaltigkeitsrating derzeit fast
ausschließlich als sogenanntes „Unsolicited Rating“ praktiziert, d.h., in der Regel
liegt keine explizite Auftragserteilung seitens des zu beurteilenden Unternehmens für ein Nachhaltigkeitsrating vor. Die Ratings werden meist in geschlossene Nutzer-Netzwerke vor allem für Kapitalanleger (z.B. Informationsdienste wie Bloomberg) durch die Ratinginstitutionen eingespeist oder direkt von
88 Vgl. Schüler (2002: 14).
89 Vgl. Garz et al. (2002b: 5).
90 Es werden hierzu sowohl ex ante als auch ex post vorhandene Unsicherheiten der SRI-Anleger hinsichtlich der Nachhaltigkeitsqualitäten beziehungsweise -performance der Unternehmen mittels
Screening- oder auch Monitoringansätzen elimimiert oder reduziert.
91 Vgl. Schäfer (2005b). Schoenheit (2005: 130 ff) bezeichnet diese Tätigkeit der Ratinginstitutionen als
„Gatekeeper-Funktion“.
101
interessierten Kreisen bei den Ratinginstitutionen gegen Entgelt abgerufen. Insbesondere Kreditinstitute, Fondsgesellschaften, Pensionsfonds und andere
institutionelle Anleger geben auch direkt Nachhaltigkeitsratings in Auftrag,
damit eine Grundlage zur Auswahl nachhaltig wirtschaftender Unternehmen für
die Portfolio-Selection gewonnen wird. Aufgrund schwer zu überwachender
Qualitätseigenschaften des Produkts „Ratingurteil“ spielt die Verlässlichkeit beziehungsweise Glaubwürdigkeit der Ratinginstitution eine entscheidende Rolle
bei der Vermarktung der Ratingleistungen.92 Reputation und Signalling verkörpern hierbei geeignete Kooperationsdesigns zur Lösung dieses Informations-
Asymmetrieproblems.
3.5.1.3.2 Strukturelle und technologische Gemeinsamkeiten von CSR-
Ratings
Auf der Basis bislang vorliegender Studien lassen sich Konturen eines allgemeinen Strukturmodells des Nachhaltigkeitsratings erkennen.93 Abbildung 12
stellt dieses Modell in grafischer Form dar, wobei eine Verwendung des Nachhaltigkeitsratings durch die im Rahmen dieser Arbeit im Fokus stehenden Kapitalmarktakteure unterstellt wurde.
Mittels Fragebögen, Interviews, Datenbanken, Analysesoftware etc. erheben
Ratinginstitutionen Nachhaltigkeitsdaten einzelner Unternehmen und Branchen,94
um diese anschließend zu einem Gesamturteil (die sogenannte Ratingnote) zu
komprimieren. Voraussetzung ist zunächst die Spezifikation, Qualifizierung und
Quantifizierung der relevanten Kriterien für das individuelle Nachhaltigkeitsrating. Um Subjektivitätsprobleme95 zu vermeiden, greift hierbei die Mehrheit
der Ratinginstitutionen mittelbar oder unmittelbar auf Vorarbeiten von Nichtregierungsorganisationen (NGO) zurück.96 Diese äußern sich unter anderem in
von NGOs entwickelten, allgemein anerkannten Konventionen (z.B. „SA 8000“
von „Social Accountability International“ oder die „Human Rights Principles for
Companies“ von „Amnesty International“), die als Richtschnur für die Kriterienformulierung der Rating-Institutionen dienen. Auf Basis dieser Bewertungskriterien wenden die Ratinginstitutionen individuelle „Informationsproduktionstechnologien“ an, um zu Urteilen hinsichtlich der Nachhaltigkeit
einzelner Unternehmen und/oder Branchen zu gelangen. Das Gesamtrating setzt
92 Die Verlässlichkeit beziehungsweise Glaubwürdigkeit der Ratinginstitution spielt auch im Rahmen
von Solicited-Credit-Ratings eine entscheidende Rolle. Nur wenn die Ratinginstitution diesem Attribut genügt, wird ihr Urteil von den Kapitalgebern als glaubwürdiges Signal hinsichtlich der Finanzbonität des Auftraggebers angenommen.
93 Vgl. hierzu zum Beispiel Sjöström (2004: 38) oder Schäfer (2003a: 152 und 153).
94 Neben Verfahren des Nachhaltigkeitsratings zur Beurteilung von Unternehmen oder der Beurteilung
durch diese emittierten Aktien und Anleihen existieren noch vergleichbare Ratings zur Analyse öffentlicher Stellen oder Staaten. Sie spielen in praxi jedoch eine untergeordnete Rolle; vgl. Schäfer
(2005a: 253).
95 Vgl. hierzu insbesondere Koellner et al. (2005: 65 ff).
96 Vgl. Schäfer (2006a: 667).
102
sich hierbei in der Regel aus einem Umwelt- und einem Sozialrating zusammen,
kann auch noch zusätzlich durch eine separate Finanzanalyse ergänzt werden. Im
letztgenannten Fall besteht die Unterscheidungsmöglichkeit, ob der Finanzfilter
dem Umwelt- und Sozialfilter vor-, parallel- oder nachgelagert ist.97 Die parallele
Durchführung von Finanz- und CSR-Analyse, die insbesondere bei Kreditinstituten mit eigenem SRI-Research Anwendung findet, wird auch als
integrativer Ansatz, die zeitlich vor- oder nachgelagerte Durchführung der
Finanzanalyse wird auch als additiver Ansatz bezeichnet.98
Abbildung 12: Strukturmodell des Nachhaltigkeitsratings
Quelle: Schäfer (2005: 5).
Das endgültige Ratingurteil beziehungsweise die Ratingnote wird in der Mehrheit der Ratinginstitutionen durch einen sogenannten „Expertenbeirat“ beziehungsweise ein „Komitee“ gefällt.99 Abhängig von der Informationsproduktionsdienstleistung der Ratinginstitution resultiert als explizites, zumindest
implizites Ergebnis dieses Prozessschritts ein Universum mit im Sinne der
Ratinginstitution nachhaltigen Unternehmen. Explizit ist das Ergebnis dann,
wenn das Anlageuniversum von der Ratinginstitution selbst definiert wird, wie
dies für Indexbetreiber der Fall ist. Ein Anlageuniversum wird von den Ratinginstitutionen implizit vorgegeben, wenn deren Informationen (z.B. Ratingnote,
97 Vgl. Schäfer und Lindenmayer (2004: 97). In Abbildung 8 ist der Fall einer parallelgelagerten Finanz- und sozialökologischen Analyse abgebildet.
98 Vgl. Schoenheit (2005: 87).
99 Vgl. Schäfer und Lindenmayer (2004: 118 und 119).
103
Abbildung 13: Wertschöpfungsstufen des Informationsproduktionsprozesses
Quelle: in Anlehnung an Vivian, Glover, Vahalato, Ridley und Morgan (2004: 33).
Ranking etc.) als Grundlage für die Erstellung des Universums dienen. Abbildung 13 fasst die verschiedenen Wertschöpfungsstufen dieses Informationsproduktionsprozesses zusammen und liefert ergänzend einige institutionelle Beispiele.
Neben diesen strukturellen Gemeinsamkeiten existieren auch Übereinstimmungen der CSR-Ratings, was die technische Umsetzung betrifft.100 So
liegen dem überwiegenden Teil der Ratingsysteme Stakeholder-Modelle zugrunde, die geeignet sind, die sozialen Beziehungen und ökologischen Einflüsse
von Unternehmen auf ihren verschiedenen Wertschöpfungsstufen zu analysieren.
Eine weitere zentrale Gemeinsamkeit besteht in der durch die meisten Konzepte
vorgenommene Unterscheidung der zu untersuchenden Unternehmen in Leaderund Pioneer- beziehungsweise Innovator-Unternehmen (vgl. Abbildung 14):
? Als Nachhaltigkeits-Leader werden Unternehmen mit hoher Marktkapitalisierung, umfangreicher Produktpalette und globaler Ausrichtung
bezeichnet. Eine deutliche Mehrheit der CSR-Ratinginstitutionen konzentriert ihre Ratings auf derartige Großunternehmen, die danach ausgewählt
werden, ob sie in einem der führenden Aktienindizes (zum Beispiel Dow
Jones STOXX 600 oder FTSE 100) vertreten sind.
? Innovator- beziehungsweise Pioneer-Unternehmen sind demgegenüber
junge, wachstumsstarke Unternehmen mit herausragendem ökologischem
und/oder sozialem Innovationspotenzial. Sie erfahren unter den Ratinginstitutionen eine deutlich geringere Beachtung. Dies basiert einerseits auf
der überragenden Bedeutung der zentralen Adressatengruppe „institu-
100 Zu den nachfolgenden Ausführungen vgl. die empirische Erhebung von Schäfer et al. (2006: 24 ff)
sowie deren Vorgängerstudie Schäfer et al. (2004: 116 ff).
EIRIS
OEKOM RESEARCH
FTSE4GOOD Index
SAM (DJSI)
DATA INFORMATION RATING RANKING INDEX
104
tionelle Anleger“ und deren Präferenzen zugunsten von Leader-
Unternehmen. Andererseits sind kleinere Unternehmen aufgrund des beschränkten Umfangs ihrer Geschäftstätigkeit nur bedingt den sozialen
und/oder ökologischen Risiken ausgesetzt, mit denen Großunternehmen
konfrontiert werden.
Abbildung 14: Gruppenmerkmale von Leader- und Pioneer-Unternehmen
Quelle: Schäfer et al. (2004: 17).
Ferner konnten in der Erhebung von Schäfer et al. (2004) weitgehende technische Gemeinsamkeiten hinsichtlich der analytischen Vorgehensweisen in den
CSR-Ratings nachgewiesen werden. Dies sind:
– im „Produktionsbereich eine deutliche Konzentration auf den gesamten Prozess der Wertschöpfungskette;
– im Produktsektor die Orientierung am Lebenszykluskonzept;
– eine deutliche Bezugnahme auf Stakeholder-Wirkungen, die vom Unternehmensverhalten ausgehen;
– die hohe Bedeutung von Unternehmensleitbild, längerfristiger zukunftsorientierter Unternehmensstrategie, der Beitrag zur Unternehmenswertsteigerung und Grad der unternehmensinternen Transparenz über soziale und
105
ökologische Auswirkungen des Unternehmensverhaltens sowie seiner
(internen) Stakeholder;
– die zentrale Rolle nicht nur ökonomischer, sondern auch sozialer (teilweise
auch kultureller) und ökologischer Makro- sowie Mikrotrends im gesamten
Handlungsumfeld eines Unternehmens;
– die integrierte, systemische Betrachtung von sozialen, ökologischen und ökonomischen Wirkungen des Unternehmensverhaltens;
– die zunehmende Bewertung von Nachhaltigkeit/CSR entlang des Managementprozesses im Unternehmen: von der Strategieentwicklung, der Implementierung, der praktischen Steuerung bis zu den tatsächlich erreichten Ergebnissen;
– die der Erstanalyse (Screening) folgende laufende Analyse (Monitoring) von
Unternehmensnachhaltigkeit, bei der oft organisierte Stakeholder-Gruppen
wie NGOs beteiligt sind (Einbringung von deren speziellen Technologien zur
Informationsgewinnung, -verarbeitung und -verbreitung).“101
Wenngleich aus struktureller und auch aus technischer Sicht wiederkehrende
Elemente identifiziert werden konnten, verbleibt insgesamt derzeit bei den CSR-
Ratingkonzepten eine hohe Individualität, die zu interinstitutionellen Unterschieden der entsprechenden Anlageuniversen führen kann. Ausschlaggebend
hierfür sind insbesondere zwei Gründe, die einerseits inhaltlicher, andererseits
methodischer Natur sind.
Für die bestehenden Konzepte – aufgrund individueller Motive der Anbieter
und deren unter Umständen sehr unterschiedlichen Vorstellungen – besteht in
Hinsicht auf das Nachhaltigkeits-Paradigma102 noch immer eine hohe Spezifität
sowohl verwendeter Kriterien als auch der Bewertungsmethoden. Auf beide Heterogenitätsquellen wird nachfolgend näher eingegangen, wobei der Fokus auf
die Analyse der Bewertungsmethoden und ihre Wirkungen auf die Anlageuniversen gelegt wird.
3.5.1.3.3 Heterogenitätsquellen innerhalb des CSR-Ratings
3.5.1.3.3.1 Beurteilungskriterien des CSR-Ratings
Kennzeichnend für das Nachhaltigkeitsrating ist die Komplexität des Ratingprozesses und der Ratingmethoden. Ein Nachhaltigkeitsrating stellt vor allem auf
die Dreidimensionalität des Nachhaltigkeitkonzepts, d.h. sozial, ökologisch und
ökonomisch, ab. Hierauf basieren die Erhebungs- und Bewertungsmethoden
sowie die eingesetzten Beurteilungskriterien. Die Spezifikation, Qualifizierung
und Quantifizierung von für das individuelle Nachhaltigkeitsrating relevanten
Kriterien bildet den Kern eines jeden Ratingmodells ab. Sie verkörpert einen im
Rahmen der Urteilsfindung zentralen Schritt, da mit Art und Anzahl der Er-
101 Schäfer et al. (2004: 116).
102 Vgl. Sjöström (2004: 15).
106
hebungskriterien und deren Indikatoren103 das Ratingurteil entscheidend beeinflusst wird. Entsprechend der Nachhaltigkeitstriade werden die Kriterien des
Nachhaltigkeitsratings holistisch bestimmt und in die Kategorien Finanz-, Umwelt- und Sozialkriterien eingeteilt.104 Methodisch kann zwischen Positiv- und
Negativkriterien unterschieden werden.105 Grundsätzlich bilden zur Messung der
Nachhaltigkeitsperformance von Unternehmen „harte“ quantifizierbare Kriterien
eher die Ausnahme. Sie stehen einer erheblich größeren Anzahl an „weichen“
qualitativen und somit nicht quantifizierbaren Kriterien gegenüber, so dass dies
Raum für die Subjektivität der Kriterienbeurteiler (der Ratinginstitutionen) er-
öffnet.
Auch auf inhaltlicher Seite existieren kriterienspezifische Differenzen zwischen
einzelnen Ratinginstitutionen. Für den Teilbereich „Soziales“ wurden im Rahmen einer explorativen empirischen Erhebung für alle zum Zeitpunkt der Erhebung im deutschsprachigen Raum operierenden Nachhaltigkeitsratinginstitutionen die Kriteriensysteme von Schäfer und Lindenmayer (2004)
detailliert analysiert.106 Für diesen spezifischen Kriterienbereich kommen sie zu
dem Ergebnis, dass vereinzelt interinstitutionelle Homogenitäten hinsichtlich der
Auswahl und Anwendung von Beurteilungskriterien und deren Interpretation in
Form von Indikatoren vorhanden sind.107 Im Bereich der sozialen Negativkriterien werden diese durch die klassischen „Sin-Stock-Kriterien“ verkörpert:108
– Rüstung
– Kernenergie
– grüne Gentechnik
– Tabak
– Pornografie und
– Alkohol.
Aufseiten der Positivkriterien sind unter Berücksichtigung der die spezifischen
Kriterien verkörpernden Indikatoren wiederkehrende Elemente nur bedingt beobachtbar. Mit Abstrichen trifft dies auf folgende Kriterien zu, die zum Zwecke
einer besseren Übersicht einzelnen Kriterienbereichen zugeordnet wurden:109
103 Indikatoren bezeichnen hierbei die Subkriterien, durch die die jeweiligen Einzelkriterien ihrerseits
repräsentiert werden.
104 Vgl. Symposium Sustainability Zürich (2000).
105 Detaillierte Ausführungen hierzu finden sich im nächsten Abschnitt.
106 Vgl. Schäfer und Lindenmayer (2004: 38 ff).
107 Vgl. Schäfer und Lindenmayer (2004: 96).
108 Dieses Ergebnis steht im Einklang mit empirischen Untersuchungen von Schäfer et al. (2002) sowie
von Schäfer, Gülle und Schwarzer (2001).
109 Vgl. Schäfer und Lindenmayer (2004: 81 und 93).
107
Bedingungen am Arbeitsplatz:
– Chancengleichheit
– Gesundheit
– Arbeitszeiten
– Aus- und Weiterbildung
Prinzipien und Grundsätze:
– Existenz von Politik/Richtlinien zur Geschäftsethik
– Existenz von intern definierten Verhaltenskodizes/Sozialerklärungen
Berichterstattung:
– Existenz eines Sozialberichts
– Existenz anderer Formen der Sozialperformance-Publikation
Managementsysteme:
– Existenz eines Sozialmanagement-Systems (AA 1000, SA 8000 etc.)
Corporate Governance/Investoren:
– Board-Struktur/Unabhängigkeit der Board-Mitglieder
Kunden:
– Angemessene Bedürfnisbefriedigung/Kundenzufriedenheit
Zulieferer:
– Einhaltung von Sozialchartas, Verhaltenskodizes etc. vonseiten der Lieferanten
– Einhaltung der Menschenrechte beim Lieferanten
Wettbewerber:
– Faire Wettbewerbspraktiken
Gesellschaft/Öffentlichkeit:
– Bürgerschafts- und Sozialengagement
– Transparenz des Unternehmens gegenüber der Gesellschaft
Entwicklungsländer/Wachstumsmärkte:
? Existenz von Politik/Richtlinien zu Aktivitäten in Entwicklungsländern/
Wachstumsmärkten
Insgesamt verbleiben jedoch erhebliche Heterogenitäten aufseiten der Kriteriensysteme der Ratinginstitutionen, die sich einerseits auf die Ausstattung der
Systeme mit einzelnen, zu überprüfenden Kriterien und andererseits auch auf
deren indikatorbasierte Ausgestaltung beziehen. Hierdurch wird die Vergleichbarkeit institutionsspezifischer Konzepte wesentlich unterminiert. Ungleiche Beurteilungen der Nachhaltigkeitsperformance eines beliebigen Unternehmens
durch verschiedene Ratinginstitutionen sind damit nicht (länger) zufällig.110 So
wurde beispielsweise 2001 die Nachhaltigkeitsperformance der Royal
Dutch/Shell Gruppe von den beiden Ratinginstitutionen Ethibel und Dow Jones
110 Vgl. hierzu auch Sjöström (2004: 15 ff sowie 30 ff). Dieses theoretisch abgeleitete Ergebnis wird in
einer kürzlich erschienenen empirischen Untersuchung bestätigt; vgl. Vivian, Glover, Vahalato,
Ridley und Morgan (2004: 61 ff). Hierbei wurden die Ratingurteile, die von diversen Ratinginstitutionen für spezifische Unternehmen angefertigt wurden, normalisiert und abschließend
einander gegenübergestellt.
108
Sustainability Indexes unterschiedlich beurteilt – ihre Leistungen im Bereich
„Stakeholder Engagement“ sogar konträr.111
3.5.1.3.3.2 Bewertungsmethoden des CSR-Ratings
Die Bewertungsmethoden, die einem CSR-Rating zugrunde liegen, stellen die
Regeln und Verfahren dar, nach denen die Unternehmen auf Erfüllung der zuvor
definierten Beurteilungskriterien geprüft werden, d.h., mit denen nachhaltige von
nicht-nachhaltigen Unternehmen unterschieden werden. Neben den Kriterien haben somit die Bewertungsmethoden entscheidenden Einfluss auf das Ergebnis des
Ratings, das Ratingurteil, und somit final auch auf das Anlageuniversum. Grundsätzlich kann zwischen Negativ- und Positiv-Screening-Ansätzen unterschieden
werden.112 Screening heißt dabei „the practise of including or excluding companies from portfolios based on social and/or environmental criteria“.113
Negativ-Screening
Beim Negativ-Screening werden vornehmlich Unternehmen, aber auch Branchen oder ganze Länder von den Ratinginstitutionen dahingehend überprüft, ob
sie bestimmte von den Anlegern oder der Institution a priori definierte Beurteilungskriterien, die sich negativ auf die Nachhaltigkeitsperformance eines
Unternehmen auswirken, erfüllen. In der strengen Form des Negativ-Screenings
werden die Kriterien als Ausschlusskriterien definiert, so dass Unternehmen beziehungsweise Emittenten (oder Branchen), die diese Kriterien erfüllen, von
vornherein aus dem Anlageuniversum der nachhaltigen Finanzinvestoren ausgeschlossen werden. Werden demgegenüber die CSR-Kriterien vonseiten der
Ratinginstitution oder des Anlegers als Negativkriterien definiert, so führt das
Engagement eines Unternehmens in den spezifizierten Kriterienbereichen nicht
automatisch zum Ausschluss des Unternehmens.114 Das Gesamtrating des betreffenden Emittenten wird durch die Aktivität negativ beeinflusst, d.h., die
Ratingnote verschlechtert sich insgesamt. Der Anleger selbst kann daraufhin
präferenzkonform entscheiden, ob das Unternehmen ausgeschlossen wird oder
nicht. Klassische Beispiele für derartige Ausschluss- beziehungsweise Negativkriterien sind die bereits erwähnten „Sin-Stock-Kriterien“ Alkohol, Glücksspiel
etc.
Positiv-Screening
Beim Positiv-Screening werden seitens der Ratinginstitutionen Kriterien überprüft, die positive Rückschlüsse auf die Nachhaltigkeitsperformance eines Unternehmens zulassen. Wie beim Negativ-Screening kann auch beim Positiv-
111 Vgl. Dexia Asset Management (2002: 9 ff).
112 Vgl. zum Beispiel Mackenzie (1998: 81).
113 Vgl. Schueth (2003: 190).
114 Vgl. Schäfer und Lindenmayer (2004: 52 ff).
109
Screening zwischen zwei verschiedenen Formen unterschieden werden. Einerseits können sich Unternehmen durch besondere ökologische und/oder soziale
Innovationsstärke für eine gezielte finanzielle Förderung qualifizieren. Beabsichtigt wird hiermit eine bewusste Unterstützung von innovativen und zugleich anlegerseitig gewünschten Formen des Wertschöpfungsprozesses und/oder des
Outputs von Unternehmen.115 Unternehmen, die in diese Kategorie fallen, werden in der Regel als Pioniere oder Innovatoren bezeichnet.116 In praxi basieren
auf solchen Informationen insbesondere Themenfonds, d.h. Investmentstile von
Kapitalanlagegesellschaften zu Themen wie erneuerbare Energien oder Umwelttechnologie. Beispiele hierfür sind unter anderem Eco Protect, SecuraRent, Sun-
Life Ecological Fund.117
Als alternative Anwendung von Positivkriterien existiert der sogenannte Bestin-Class-Ansatz,118 der von den Ratinginstitutionen favorisiert wird.119 Nach
diesem werden alle Unternehmen einer bestimmten Klasse (in der Regel Branche120) nach ökologischen, sozialen und/oder ethischen Kriterien beurteilt und
anschließend hinsichtlich der Bewertungsergebnisse in eine Rangfolge gebracht.
Die jeweils Besten einer Branche, als Leader bezeichnet, werden mittels einer
eingebauten „Hürde“ ermittelt, die von den Unternehmen übersprungen werden
muss, um ins Anlageuniversum zu gelangen (beispielsweise die besten 5% der
Unternehmen einer Branche).121 Das Ergebnis des Bewertungsprozesses nach
dem Best-in-Class-Ansatz ist folglich keine absolute, sondern eine relative Einordnung von Unternehmen, etwa im Branchen- oder Länderkontext (vgl. Abbildung 15).122
In der Regel findet seitens der Ratinginstitutionen ein Methodenmix aus Positivund Negativ-Screening Anwendung.123 Der Best-in-Class-Ansatz wird mit einem
Negativ-Screening kombiniert: Unternehmen werden in der Regel zunächst auf
kontroverse Aktivitäten hin überprüft und gegebenenfalls ausgeschlossen; die
Branchenleader werden anschließend aus der verbleibenden Gruppe der Unternehmen identifiziert.
Sowohl aufseiten des Negativ- als auch des Positiv-Screenings existiert nicht
der einheitliche Standardansatz, der institutionsübergreifend von den Ratinginstitutionen verfolgt wird. Vielmehr unterscheiden sich die jeweiligen Ansätze
in ihrer Ausgestaltung, wie zum Beispiel der Gewichtung oder der Erfüllung der
Kriterien zum Teil erheblich. Bei den Negativkriterien, insbesondere jedoch aufseiten der Positivkriterien, können bereits geringfügige Unterschiede in den An-
115 Vgl. Schäfer (2003a: 33).
116 Vgl. Abbildung 15.
117 Eine Übersicht hierzu liefert Armbruster (2000: 86).
118 Vgl. z.B. Mansley (2000: 94 ff).
119 Vgl. Schäfer und Lindenmayer (2004: 97).
120 Eine alternative Klasse stellen beispielsweise Länder dar.
121 Vgl. Abbildung 15.
122 Vgl. Schäfer und Lindenmayer (2004: 14 ff).
123 Vgl. Schäfer und Lindenmayer (2004: 101 ff).
110
sätzen dafür verantwortlich sein, ob ein Unternehmen in ein Anlageuniversum
aufgenommen wird oder nicht.124 „Unterschiedliche Konzepte (DJSI vs.
FTSE4Good) können damit auch zu unterschiedlichen Ergebnissen führen.“125
Das Ergebnis des Ratingprozesses, das Anlageuniversum, hängt bezüglich der
Bewertungsmethoden einerseits davon ab, welcher Ansatz beziehungsweise welche Ansatzkombination von der jeweiligen Ratinginstitution verfolgt wird und
andererseits, wie dieser Ansatz beziehungsweise diese Ansatzkombination seitens der Institution ausgestaltet wird.
Abbildung 15: Nachhaltigkeitsrating: absolute und relative Einordnung
niedrig
N
ac
hh
al
tig
ke
it
de
s U
nt
er
ne
hm
en
s
hochhoch
niedrig
niedrig
hoch
Unternehmen A der Branche a
Unternehmen B der Branche a
andere Unternehmen der Branchen
b, c, d und e
Absolute Einordnung Relative Einordnung
Quelle: in Anlehnung an Plinke (2002: 13).
124 Vgl. Schoenheit (2005: 89).
125 Garz, Volk und Schneider (2003: 4).
111
Abbildung 16: Zusammenfassende Gegenüberstellung der Cluster des CSR-
Ratings
Quelle: Schäfer, Zenker, Beer und Fernandes (2006: 174).
Zusammenfassend lassen sich, bei gleichzeitiger Berücksichtigung der zuvor
identifizierten Gemeinsamkeiten und Heterogenitäten einzelner Bewertungsverfahren, spezifische Cluster ökonomisch orientierter Ratingansätze identifizieren. Diese werden nachfolgend vorgestellt und kurz erläutert;126 zu beachten
sind dabei in praxi fließende (insbesondere) methodische Grenzen:
– Risikobewertungsansätze: Fokussiert wird hierbei die Analyse eines Unternehmens im Umgang mit seinen Umwelt- und Sozialrisiken. Die nachhaltige
Entwicklung eines Unternehmens wird gekennzeichnet durch die Vermeidung
von Risiken der Nichtnachhaltigkeit. In Bezug auf das Ratingmodell bedeutet
dies, dass die Gewichtung einzelner Bewertungskriterien – wie z.B. die Einhaltung von Arbeits- oder Umweltnormen – entsprechend dem möglichen
wirtschaftlichen Schaden erfolgt, der dem Unternehmen bei Nichtbeachtung
dieser Risiken droht. Eine explizite Betonung von Mega- und systemischen
Risiken ist oft kennzeichnend.127
– Ansätze der nachhaltigen Unternehmenswertsteigerung: Sie werden auch als
Modelle des Intangible Value oder der Ökoeffizienz bezeichnet. Derartige
126 Vgl. Schäfer et al. (2006: 173 ff).
127 Zur Definition systemischer Risiken vgl. OECD (2004).
112
Ratingsysteme fokussieren kapitalmarktorientierte Managementstrategien von
Unternehmen (Shareholder-Value-Paradigma) und deren Ausrichtung am
Postulat der Nachhaltigkeit. Frühzeitiges Erkennen und Umsetzen von ökonomischen, ökologischen und sozialen Mikro- und Makrotrends versetzt das
Management in die Lage, Wettbewerbsvorteile zu erlangen und Überrenditen
zu erzielen.
– Ansätze der „Industries of the Future“: Unternehmen mit überdurchschnittlichen Wachstumspotenzialen durch ökologische und ökonomische Chancen,
die sich aus innovativen Produkten oder Produktionsprozessen ergeben (sogenannte Innovatoren/Pioniere), stehen im Fokus derartiger Ansätze. Eine
explizite Integration von Auswirkungen der Unternehmensaktivitäten auf
Stakeholder findet hier meist nicht statt.
Systeme des Nachhaltigkeitsmanagements: Diese Ansätze unterscheiden sich insofern von den vorgenannten Clustern, als primär die Managementsicht und das
Best Practice von CSR-Themen des Managements im Vordergrund stehen.
Systeme des Nachhaltigkeitsmanagements haben Ähnlichkeit mit Systemen des
Qualitätsmanagements (z.B. EFQM), SIGMA und dem Accountability-Standard
AA1000. Prozesselemente wie Strategie und Planung, operative Umsetzung,
Bewertung und Berichterstattung erhalten hier einen zentralen Stellenwert.
3.5.1.4 CSR-Rating und SRI-basiertes Asset-Management
3.5.1.4.1 Aktive vs. passive SRI-Ansätze
Der nachhaltige Kapitalanleger verfolgt eine seinen spezifischen Interessen entsprechende Anlagepolitik, wonach sein verfügbares Kapital nur in Unternehmen
investiert wird, die bestimmten ökologischen, sozialen und/oder ethischen Anforderungen genügen. Er kann diese Politik, wie erwähnt, direkt, also selbstständig mittels eines eigenen Asset-Managements verfolgen oder er geht den indirekten Weg über einen Finanzintermediär, indem er sein Kapital einem SRI-
Investmentprodukt (z.B. SRI-Fonds) zuführt, das ihm genau diese Anlagepolitik
zusichert. In beiden Fällen gilt es, Unternehmen zu suchen, die sich hinsichtlich
der Anforderungen der jeweiligen Anlagepolitik als besonders geeignet erweisen
(vgl. Abbildung 10). Die individuelle Anlagepolitik hat stets unmittelbare Auswirkungen auf das jeweilige Anlageportfolio eines SRI-Investors beziehungsweise eines SRI-Anlageprodukts, indem es die Selektion der geeigneten Unternehmenstitel determiniert.
Das CSR-Rating, so wie es hier verstanden wird, dient im Rahmen dieses an
nachhaltigen Kriterien ausgerichteten Kapitalanlageprozesses als Informationsund zugleich als Entscheidungsinstrument, indem es genau diesen Selektionsprozess explizit, zumindest aber implizit ausführt.128 Folglich verkörpert das
128 Vgl. Abschnitt 3.5.1.3.1 in Verbindung mit Schoenheit (2005: 91).
113
CSR-Rating beziehungsweise die Wahl einer einen spezifischen Ratingprozess
verfolgenden Ratinginstitution einen zentralen Bestandteil der individuellen SRI-
Anlagepolitik eines Investors beziehungsweise eines Anlageprodukts. Dieser findet seinen Ausdruck in den sogenannten passiven SRI-Anlagestrategien.129 Hierbei werden die bereits zuvor beschriebenen Screening-Ansätze in ihren spezifischen Ausprägungen isoliert oder kombiniert angewendet, um nicht nachhaltige
Unternehmen aus dem Anlageuniversum aus- und nachhaltige Unternehmen in
das Anlageuniversum einzuschließen. In der Literatur wird entsprechend auch
von „Exclusion“- beziehungsweise „Inclusion“-Strategien gesprochen.130 Derartige SRI-Strategien werden überwiegend extern durch die Ratinginstitutionen
implementiert, d.h., sie werden von den finalen Anlegern an die Ratinginstitutionen delegiert. Dies ist immer dann der Fall, wenn Anleger oder Anlageprodukte ihre Anlageentscheidung an extern generiertes Research koppeln, wie
dies z.B. bei passiven (im Sinne der Asset-Allocation-Strategie und nicht im
Sinne der Nachhaltigkeitsstrategie!) Portfoliomanagement-Ansätzen (z.B.
Tracking-Strategien) der Fall ist.131 Gleichwohl können sie auch intern, d.h. anlegerseitig, durch spezifische „Inclusion-“ oder „Exclusionwünsche“ ergänzt
werden.132 Passive Strategien beschränken sich auf den Kauf von Unternehmensanteilen und damit auf die finanzielle Unterstützung von Unternehmen
mit guter Nachhaltigkeitsperformance und den Verkauf beziehungsweise Nichtkauf von Anteilen und auf die finanzielle Bestrafung von Unternehmen mit
schlechter Nachhaltigkeitsperformance.133 Die Unterstützung (Bestrafung) wird
für das Unternehmen durch tendenziell steigende (sinkende) Kapitalkosten, insbesondere Eigenkapitalkosten, wirtschaftlich wirksam (eine kritische Höhe von
Marktteilnehmern und Anlagedispositionen vorausgesetzt).134
Neben diesen passiven, monetär wirkenden Ansätzen können vom SRI-Anleger
auch aktive, Governance-orientierte Ansätze verfolgt werden, um seine monetären und nichtmonetären Ziele zu verwirklichen.135 Wird SRI aktiv betrieben, so
spricht man vom Engagement-Ansatz, bei dem der Investor seine Teilhaberrechte
ausübt, um auf die Unternehmenspolitik direkt einzuwirken.136 Gemäß der Regel
„one share, one vote“137 wächst die Anzahl der Stimmrechte und damit das be-
129 Zum Begriffspaar „aktive und passive Ansätze“ im Kontext von nachhaltigen Kapitalanlagen vgl.
z.B. Schäfer (2003a: 31).
130 Vgl. McLachlan und Gardner (2004: 13) in Verbindung mit Schepers und Prakash Sethi (2003:
18 ff).
131 Hier sind beispielsweise SRI-Indexfonds für Retailkunden oder SRI-Tracking-Portfolios für
institutionelle Kunden genannt. In beiden Fällen wird versucht, eine Benchmark, in der Regel einen
Index (z.B. Dow Jones Sustainability Index), abzubilden und dabei das Abweichungsrisiko
(Tracking-Error) zu minimieren.
132 Vgl. Schäfer und Lindenmayer (2004: 97).
133 Vgl. Garz et al. (2002b: 29).
134 Vgl. zum Beispiel Haigh und Hazelton (2004: 61) oder Kahlenborn und Interwies (2001: 45).
135 Vgl. zum Beispiel von Arx (2005: 1).
136 Vgl. EIRIS (1999: 6).
137. Vgl. zum Beispiel Harris und Raviv (1988).
114
deutendste Mitspracherecht proportional mit der Höhe der Kapitalbeteiligung, so
dass die wirksame Implementierung von aktiven Ansätzen faktisch auf den Bereich institutioneller Investoren eingeschränkt wird.138
Abbildung 17: Best in Class Ansatz
Quelle: in Anlehnung Schäfer (2006: 149).
In seiner minimalsten Ausprägung übt ein Anleger beziehungsweise der von
ihm beauftragte Portfoliomanager Stimmrechte auf der Hauptversammlung der
entsprechenden Aktiengesellschaft aus, um die Geschäftspolitik dieser Aktiengesellschaft im Sinne seiner Vorstellungen unternehmensintern zu beeinflussen.
Der aktive konstruktive Dialog mit dem Management der Gesellschaft zum
Zwecke der Sensibilisierung der Geschäftsführung zu von den Anlegern vertretenen Werten, wie zum Beispiel Nachhaltigkeit, kann auf einer nächsten
Intensitätsstufe eingeordnet werden.139 Hierzu dienen kritische Fragen im
Rahmen des Auskunftsrechts, das Rederecht und insbesondere eingereichte
(Gegen-)Anträge zu entsprechenden Tagesordnungspunkten, über die auf der
Hauptversammlung gegebenenfalls abgestimmt wird. In seiner stärksten Ausprägung wird der Engagement-Ansatz als Shareholder Advocacy betrieben.
Hierbei steht der Aktionär in einem kontinuierlichen kritischen Dialog mit dem
138 Vgl. Garz et al. (2002b: 27).
139 Vgl. Schäfer (2003a: 32).
115
Management der Gesellschaft.140 Diese Form geht über die beiden zuvor genannten Ausprägungen des Engagements (Stimmrechtswahrnehmung und Aus-
übung von Rede- sowie Antragsrechte) hinaus, da nicht nur zu Hauptversammlungen, sondern ganzjährig der Dialog mit dem Management der
Unternehmen aufrechterhalten wird. Insbesondere in den USA wird Shareholder
Advocacy durch volumenstarke Aktionäre, wie zum Beispiel Pensionsfonds,
Stiftungen etc. praktiziert.141 In Abbildung 17 werden die einzelnen SRI-Ansätze
nochmals kompakt in grafischer Form dargestellt.
Abbildung 18: Kombination von SRI-Ansätzen
Quelle: eigene Darstellung.
Auch im Rahmen der prinzipiengeleiteten Anlagestrategien können Einzelstrategien seitens der SRI-Anleger beziehungsweise seitens der Manager von
SRI-Investmentprodukten (beliebig) miteinander kombiniert werden (vgl. Abbildung 18).142 Dies geschieht nicht nur, wie bereits erwähnt, innerhalb der
Gruppe der passiven Screening Ansätze (Strategie I), sondern auch zwischen
passiven und aktiven SRI-Ansätzen (Strategien II, III, IV). Man spricht in diesem
Zusammenhang von sogenannten „Twin Track-Strategien“. Hierbei wird zusätz-
140 Vgl. hierzu ausführlich Social Investment Forum: http://www.sriadvocacy.org/, Stand: 24.01.2006
sowie Sparkes (2002: 27 ff).
141 Vgl. Schäfer (2003a: 32). Klassisches Beispiel für einen solchen Anleger ist der „California Public
Employees’ Retirement System“, kurz CalPERS genannt, der den größten öffentlichen Pensionsfonds der USA repräsentiert.
142 Vgl. hierzu auch Deloitte, CSR Europe und Euronext (2003: 12), die einen Überblick über SRI-
Anlagestrategien beziehungsweise Kombinationen von SRI-Anlagestrategien europäischer Fondsmanager liefern.
116
lich zur aktiven Ausübung von Aktionärsrechten Unternehmensverhalten durch
Kauf und Verkauf von Aktien im Sinne eines aktiven nachhaltigkeitsorientierten
Portfoliomanagements sanktioniert.
Abbildung 19: Entwicklung und Zusammensetzung des SRI-Marktes in den USA
Quelle: in Anlehnung an Social Investment Forum (2006: 2).
Insbesondere in den Vereinigten Staaten erfreut sich dieser Ansatz besonderer
Beliebtheit und wird von den dortigen Anlegergruppen, insbesondere von
institutionellen Anlegern ausgeprägt und konfliktreich durchgeführt („Hard
Engagement Approach“143). In Europa werden „Twin Track-Strategien“ bislang
fast ausschließlich in Großbritannien verfolgt, wobei dort im Gegensatz zu den
USA ein gemäßigter Ansatz (Soft-Ansatz) dominiert: Engagement wird hierbei
eher mittels Lobbyismus und konstruktiven Dialogen betrieben, als mit „Strafaktionen“.144 Abbildung 19 liefert einen Überblick über die Anteile der Einzelstrategien bzw. deren Kombinationen am Gesamtvolumen des USamerikanischen SRI-Marktes und deren Entwicklung im Zeitablauf.145
3.5.1.4.2 Einfluss des CSR-Rating auf das Asset-Management
Es wurde bereits darauf verwiesen, dass das CSR-Rating beziehungsweise die
Wahl der Ratinginstitution und ihres spezifischen Ratingprozesses einen zentra-
143 Vgl. Schäfer 2006b, S.152.
144 Vgl. Schäfer, 2006b, S.152 in Verbindung mit Sparkes, 2002.
145 Vergleichbare Daten waren für den europäischen Raum nicht verfügbar.
0
500
1.000
1.500
2.000
2.500
3.000
3.500
Screening Engagement Screening und
Engagement
Total
1999 2001 2003 2005
117
len Bestandteil der SRI-Anlagepolitik darstellt. Ferner wurde herausgestellt, dass
die von einem Anleger oder einem Investmentprodukt verfolgte Anlagepolitik
grundsätzlich unmittelbare Auswirkungen auf die Titelselektion für das jeweilige
Anlageportfolio hat. Folglich ergeben sich aus dem implementierten CSR-Rating
beziehungsweise aus der Wahl der CSR-Ratinginstitution spezifische Konsequenzen für das Asset-Management. Das Ausmaß der Konsequenzen beziehungsweise das Ausmaß der Beeinflussung der Dispositionsmöglichkeiten des
Asset-Managements hängt entscheidend von den jeweiligen Ratingkonzepten
und damit auch von den zugrunde liegenden Methoden, d.h. von den unterschiedlichen Screening-Alternativen ab – die nachfolgenden Ausführungen konzentrieren sich exklusiv auf die passiven SR-Ansätze. Hierbei sind Einflüsse der CSR-
Ratingkonzepte auf die Portfoliogestaltung des Asset-Managements hinsichtlich
Performance und Struktur feststellbar.
3.5.1.4.2.1 Performance Effekte
Grundsätzlich führen Nachhaltigkeitsfilter, egal ob als positive oder negative
Filter definiert, zu einer Reduzierung des Titeluniversums, d.h., die Anlagemöglichkeiten des Asset-Managements werden eingeengt (vgl. Abbildung 20).
Zur Analyse der sich hieraus ergebenden finanziellen Effekte wird zunächst auf
eine Referenzsituation zurückgegriffen, in der das Asset-Management ein unbeschnittenes Anlageuniversum, im Folgenden auch Referenzuniversum genannt
(vgl. Abbildung 20, zur Portfoliokonstruktion nutzen kann. Im Hinblick auf performancebezogene Fragestellungen sind hieraus und im Rekurs auf die Portfolio-
Selection-Theorie146 folgende Erkenntnisse ableitbar: Das Renditerisiko eines
Portfolios, im Folgenden als Portfoliovarianz ( )PVar r bezeichnet, das aus zwei
Aktien besteht, ist in der Regel geringer als der gewichtete Durchschnitt der
Renditerisiken der Einzelaktien.147 Grund hierfür ist, dass neben den Varianzen,
den Einzelrisiken der jeweiligen Aktien, auch die Kovarianzen, d.h. der Risikoverbund zwischen den Einzelaktien, in das Renditerisiko des 2-Aktien-Portfolios
eingehen. Unternehmensspezifische oder unsystematische Risiken lassen sich
entsprechend reduzieren beziehungsweise eliminieren. In diesem Zusammenhang
wird vom Diversifikationseffekt gesprochen, der eintritt, sofern die Renditen der
betrachteten Aktien nicht vollständig positiv miteinander korreliert sind.
146 Vgl. hierzu zum Beispiel Schäfer (2005c: 277 ff).
147 Nur für den Fall, dass beide Aktien vollständig positiv miteinander korreliert sind, entsprechen sich
Portfoliorisiko und Durchschnittsrisiko.
118
Abbildung 20: Einengung des Anlageuniversums durch SRI-Anlagestrategien
Quelle: eigene Darstellung, in Anlehnung an Armbruster (2000: 253).
Bei der Ausweitung des Portfolios auf m Aktien, zeigt dies, dass mit zunehmender Anzahl der Aktien, d.h. mit zunehmendem m, der Anteil des unsystematischen Risikos am Gesamtrisiko des Portfolios stetig abnimmt.148 Für
den Extremfall, dass m gegen unendlich strebt, wird das unsystematische Risiko
vollständig eliminiert. Die Betrachtung der folgenden Ausgangssituation149 zeigt
unter der Annahme, dass die Renditen der m Aktien nicht perfekt positiv miteinander korreliert sind, Folgendes:
– Die Varianzen der Renditen aller einem Portfolio angehörenden m Aktien
seien identisch: Vari2 =? .
– Ebenfalls seien alle Kovarianzen der Aktienrenditen identisch:
cov)r,rcov( ji = .
– Darüber hinaus soll gelten: covVar > .
Alle m Aktien gehen mit derselben Gewichtung in das Portfolio ein. Bei m Aktien resultiert hieraus ein Gewicht jeder Aktie von 1/m, d.h., der Anteil einer einzelnen Aktie ist m/1xi = .
Unter diesen Bedingungen resultiert folgende Definition der Portfoliovarianz150
cov
²m
1)*1m(mVar
²m
1*m)r(Var P ???????+??????= (1)
148 Auch dieser Zusammenhang gilt nur für den Fall nicht perfekt positiv korrelierter Renditen der m
Aktien.
149 Vgl. Ross, Westerfield und Jaffe (2002: 260 ff).
150 Vgl. zum Beispiel Elton, Gruber, Brown und Goetzmann (2003: 79).
119
Nach Umstellung resultiert:
cov
m
11Var
m
1)r(Var P ?????? ?+??????= (2)
Die Portfoliovarianz ergibt sich folglich aus zwei Summanden, die sich einerseits auf die Einzelvarianzen und andererseits auf die Kovarianzen stützen. Wird
die Anzahl der ins Portfolio aufgenommenen Aktien stetig erhöht, so resultiert
für die Portfoliovarianz für den Grenzfall einer unendlichen Anzahl von Aktien
( ??m ).
covcov
m
11Var
m
1)r(Var lim
m
P =?????? ?????? ?+??????= ?? (3)
Bei vollständig diversifizierten Portfolios haben die Einzelrisiken der Aktien
folglich keinen Einfluss auf das Gesamtrisiko des Portfolios, d.h., allein der Risikoverbund zwischen den Aktien determiniert das Portfoliorisiko.151 Dies bedeutet im Umkehrschluss, dass mit zunehmender Anzahl der Aktien stetig bessere (erwartete) Rendite-Risiko-Kombinationen im (µ ?? )-Raum erreicht werden
können. Effiziente Kombinationen werden dann erreicht, wenn alle zur Verfügung stehenden risikotragenden Titel (= Referenzuniversum) in das Portfolio
aufgenommen werden. Dieses vollständig diversifizierte Portfolio gibt je nach
anteilsmäßiger Zusammensetzung, d.h. Portfoliostruktur, die „Kurve guter Handlungsmöglichkeiten“152 an, auch „Efficient Frontier“153 genannt.
Wird jedoch das Anlageuniversum eines SRI-Investors durch die Implementierung von Screening-Ansätzen verkleinert, d.h., wird m künstlich reduziert, so ist
dieser nicht mehr in der Lage, das alle Aktien umfassende und vollständig diversifizierte Portfolio zu halten. Die Diversifikationspotenziale des Investors
werden hierdurch beschnitten, dadurch wird eine vollständige Eliminierung des
unsystematischen Risikos verhindert. Dies bedeutet, dass in der Gleichung (3) m
nicht länger gegen unendlich strebt und die Einzelrisiken folglich nicht mehr
vollständig eliminiert werden, so dass sich das Portfoliorisiko aus den Kovarianzen zuzüglich der verbleibenden Einzelvarianzen ergibt.154 Der „Trade-off
151 Dieser Erkenntnis entsprechend geht im CAPM, dessen methodische Grundlage die Portfolio-
Selection-Theorie darstellt, lediglich das systematische Risiko, also der Risikoanteil des zu bewertenden Wertpapiers am Risiko des gesamten Marktes, ausgedrückt als Marktportfolio, in die Bepreisung eines riskanten Wertpapiers ein. Unsystematische Risiken werden vom Kapitalmarkt nicht
vergütet, gehen also nicht in die Risikoprämie ein, da sie vom Anleger „wegdiversifiziert“ werden
können; vgl. z.B. Schäfer (2005c: 311 ff).
152 Schneider (1992: 476). Synonym zur „Kurve guter Handlungsmöglichkeiten“ wird der Terminus
„Effizienzkurve“ beziehungsweise „Effizienzlinie“ verwendet; vgl. z.B. Schäfer (2005c: 305).
153 Sharpe (1970: 33) oder Elton et al. (2003: 79).
154 Vgl. hierzu grundsätzlich Merton (1987). Diese Reaktion gilt für sämtliche Einschränkungen des
Anlageuniversums (z.B. regionale Beschränkungen oder Investmentstile) und kann nicht als
spezielles Argument gegen nachhaltige Investments verwendet werden.
120
zwischen erwarteter Rendite und Risiko verschlechtert sich damit.“155 In der
wissenschaftlichen Literatur wird dieser Effekt auch als „Moskowitz-Effekt“ bezeichnet.156 Grafisch gesprochen, wird die Kurve guter Handlungsmöglichkeiten
nach unten verschoben (vgl. Abbildung 21).157 Diese Verschiebung wird auch
mit dem sogenannten Umhüllungseffekt beschrieben, wonach die Effizienzkurve
eines Portfolios mit m Aktien stets die Effizienzkurve eines Portfolios mit m-1
Aktien umhüllt und somit die zusätzliche Berücksichtigung eines Assets die (erwartete) Rendite-Risiko-Konstellation niemals verschlechtern kann.158
Abbildung 21: Die Verschlechterung des Rendite/Risiko Trade-offs durch CSR-
Screenings
Effizienzlinie
nach M arko witz
Mo difizierte
Effizienzlin ie nach
Mo skowitz
µ
?
Quelle: eigene Darstellung.
Werden zusätzlich zu risikotragenden auch risikofreie Asset-Klassen bei der
Kapitalanlageentscheidung berücksichtigt und wird das normative Portfolio-
Selection-Modell in das auf Marktgleichgewichten beruhende CAPM überführt,
so lassen sich die Konsequenzen für ein SRI-fokussiertes Portfoliomanagement
eindeutig ableiten: Durch die Implementierung von SRI-Anlagestrategien werden
systematisch geringere risikoadjustierte Renditen erwirtschaftet, d.h., es findet
stets eine Generierung von suboptimalen Portfolios statt!
Dieser Aspekt wird anhand der beiden investorenspezifischen Kapitalmarktlinien (KMLSRI = Kapitalmarktlinie des SRI-Investors; KMLK = Kapitalmarkt-
155 Garz et al. (2003: 4).
156 Vgl. Moskowitz (1972).
157 Diese theoretisch abgeleitete Reaktion resultiert in ihrer Eindeutigkeit nur dann, wenn die der
Theorie zugrunde liegenden Annahmen vollständig zutreffen. Insbesondere müssen die Kapitalmärkte informationseffizient sein, damit es tatsächlich zu einer Verschlechterung des Trade-offs
zwischen erwarteter Rendite und Risiko kommt. Zur Informationseffizienz von Kapitalmärkten vgl.
insbesondere Fama (1970 und 1991).
158 Vgl. Schäfer (2005c: 301).
121
linie des konventionellen Investors) in Abbildung 22 dargestellt, wobei rf den
Zinssatz einer risikolosen Anlagefazilität (in der Regel Bundesanleihen) verkörpert. Grundsätzlich stellt die Kapitalmarktlinie den geometrischen Ort
effizienter (Misch-)Portfolios beziehungsweise (µ ?? )-Kombinationen dar,159
die sich einerseits aus der risikofreien Anlage und andererseits aus dem riskanten
Marktportfolio zusammensetzt. Aus Abbildung 22 ist ersichtlich, dass die
KMLSRI stets unterhalb der KMLK verläuft. Der Theorie zufolge sind SRI-
Portfolios – die finanzielle Performance betreffend – konventionell konstruierten
Portfolios stets unterlegen. Einzige Möglichkeit eines SRI-Investors, ein
optimales, d.h. ein auf der KMLK liegendes Portfolio zu erreichen, wäre, sein
gesamtes verfügbares Kapital in die risikofreie Anlagemöglichkeit zu investieren,
bei der beide Kapitalmarktlinien aufeinander liegen. Hierdurch könnte allerdings
kein CSR-konformes Anlageverhalten erreicht werden.
Abbildung 22: Kapitalmarktlinie eines SRI-Investors vs. Kapitalmarktlinie
eines konventionellen Investors
Quelle: eigene Darstellung.
Die Stärke der Verschiebung der Effizienzlinie und daraus folgend sowohl der
Kapitalmarktlinie als auch die Stärke der Effizienzeinbußen hängt im Sinne des
Umhüllungseffekts vom Ausmaß der Verkleinerung des Anlageuniversums ab.
Die Verkleinerung des Anlageuniversums wird ihrerseits von den speziellen
Formen der Screening-Strategien bestimmt.
159 Vgl. z.B. Schäfer (2005c: 315).
122
Die stärksten Effekte sind hierbei einerseits von Negativ- andererseits von Pionier-Screening Ansätzen zu erwarten. Bei letztgenannten werden, wie bereits in
Abschnitt 3.5.1.3.3.2 dargestellt, bestimmte Unternehmen oder Branchen durch
thematisch schwerpunktmäßig zusammengestellte Portfolios gezielt unterstützt
(z.B. Abfallverwertung/-beseitigung, Wassertechnolgien etc.). Unternehmen und
auch ganze Branchen, die diesen Themen nicht zuordenbar sind, fallen somit per
definitionem durch das Auswahlraster einer derartigen Anlagepolitik – entsprechend weitreichend werden die Beschneidungen des Titeluniversums sein.
So werden Titel von Handelsunternehmen nicht im Anlageuniversum eines „Erneuerbare Energien Fonds“ vertreten sein.
Negativ-Screening-Ansätze, insbesondere in der Form strenger Ausschlusskriterien implementiert, können das Anlageuniversum ebenfalls signifikant und
unausgewogen einengen. Maßgebend sind die Anzahl der Kriterien sowie die
Anwendungsregeln der Ausschlusskriterien. Erfolgt beispielsweise nur der Ausschluss von Unternehmen, deren Umsätze zu 100% aus der Produktion von
Waffen resultieren, so wird die Einengung des Anlageuniversums geringer ausfallen, als wenn sämtliche Branchen der Sin-Stock-Kriterien dem Ausschluss
unterliegen. Ein Beispiel für einen Investor, dessen Titeluniversum mittels Ausschlusskriterien einer extremen Verkleinerung unterliegt, ist das „California Public Employees’ Retirement System“, kurz CalPERS genannt, das den größten
öffentlichen Pensionsfonds der USA repräsentiert. Aufgrund diverser Verstöße
gegen in der Anlagepolitik spezifizierte Kriterien (z.B. Menschenrechtsverletzungen) wurden seitens CalPERS Länder (unter anderem Malaysia und
Indonesien) vollständig aus den Anlageportfolios ausgeschlossen.160
Aus Sicht des Portfoliomanagements weist der Best-in-Class-Ansatz eine Reihe
von Vorzügen auf. Anders als bei den vorangegangenen Ansätzen wird beim Positiv-Screening in Form des Best-in-Class-Ansatzes nicht a priori eine Beschränkung möglicher zur Kapitalanlage geeigneter Assets vorgenommen.161
Vielmehr werden innerhalb einer Klasse (Branche) die jeweils „nachhaltigsten“
Unternehmen selektiert. Grundsätzlich können somit alle Branchen und auch alle
Unternehmen ins Anlageuniversum integriert werden, wodurch ein vollständig
diversifiziertes Portfolio immer noch möglich ist. Dies entspräche dem Best-in-
Class-Ansatz ohne bindende „Hürde“. Mit Einführung einer „Hürde“, die seitens
der Unternehmen zu überspringen ist, um ins Anlageuniversum zu gelangen,
wird das Anlageuniversum mit zunehmender Strenge der Hürdendefinition
immer mehr eingeengt. Beispiel: Wird von einem SRI-Fonds A ein Best-in-
Class-Ansatz verfolgt, nach dem sich die jeweils besten 5% der Unternehmen
einer Branche als Anlagetitel qualifizieren, so wird das Anlageuniversum dieses
SRI-Fonds A stärker eingeengt als das Anlageuniversum eines vergleichbaren
SRI-Fonds B, der sich nur dadurch vom Fonds A unterscheidet, dass er die Auf-
160 Vgl. Garz et al. (2002b: 28).
161 Vgl. Schäfer (2003a: 33).
123
nahmehürde weniger restriktiv definiert hat, indem er die besten 10% der Unternehmen einer Branche ins Anlageuniversum integriert. Entscheidend für das
Risiko-Diversifikationspotenzial ist der Grad der Anwendung des Best-in-Class-
Prinzips.162 Gleichwohl lässt sich im Rekurs auf Erfahrungen in der Praxis sagen, dass mittels des Best-in-Class-Ansatzes Benchmarks, verstanden als Approximation des Gesamtmarkts, am besten abzubilden sind. Abbildung 23 fasst
die Ergebnisse nochmals zusammen.
Abbildung 23: Auswirkungen von Screening-Ansätzen auf das Anlageuniversum
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Quelle: in Anlehnung an Schäfer (2006: 140).
3.5.1.4.2.2 Struktureffekte
Neben den im vorangegangenen Abschnitt analysierten Performance-Effekten
gehen von einzelnen CSR-Ratingkonzepten auch spezifische Struktur- beziehungsweise Kompositionseffekte auf das zugrunde liegende SRI-Portfolio
aus. Hiermit werden die Wirkungen spezifischer Screening-Ansätze auf die Gewichtungen von Einzeltiteln, Branchen, Ländern etc. innerhalb eines Portfolios
angesprochen. Daraus resultieren, abhängig von den jeweils verfolgten Ratingmethoden, mehr oder weniger starke Strukturabweichungen vom Referenzportfolio (Marktportfolio) – sogenannte Tilts – die ihrerseits ein Abweichungsrisiko gegenüber der Benchmark darstellen. In Abbildung 24 wird die
Branchenstruktur des Dow Jones STOXX Sustainability Index der des Dow
162 Garz et al. (2002b: 29).
124
Jones STOXX 600 gegenübergestellt, woraus branchenspezifische Über- beziehungsweise Untergewichtungen ersichtlich sind.
Insofern hängt die Zusammensetzung des vom SRI-Anleger gehaltenen Portfolios wesentlich von der verfolgten SRI-Anlagestrategie ab, die ihrerseits, die passiven Ansätze betreffend, von den CSR-Ratingkonzepten und auch von den zugrundeliegenden Methoden, d.h. von den unterschiedlichen Screening-
Alternativen bestimmt wird.
Abbildung 24: Branchengewichtung – DJ STOXX Sustainability vs.
DJ STOXX 600
Quelle: Garz et al. (2002b: 45).
Wiederum sind von Negativ-Screening- und Pionier-Screening-Ansätzen die
größten Auswirkungen zu erwarten. Pionier-Ansätze beschränken sich von Natur
aus auf spezifische Branchen (z B. Umwelttechnologie) und Unternehmenstypen
(wachstumsstarke KMU); Finanztitel dieser Unternehmen werden innerhalb eines an einen Pioneer-Ansatz gekoppelten Portfolios zwangsläufig übergewichtet,
alle anderen Finanztitel (mit einem Gewichtungsfaktor von null) zwangsläufig
extrem untergewichtet (Branchentilt). Analog kann für Negativ-Screening-
Ansätze argumentiert werden, die insbesondere in der Form strenger Ausschluss-
125
kriterien zu erheblichen Strukturabweichungen vom Marktportfolio führen können. So werden teilweise vollständige Branchen (Sin-Stock-Branchen) oder Länder aus einem negativ-gescreenten Portfolio ausgeschlossen, wodurch diese
Branchen oder Länder zwangsweise stark untergewichtet (mit einem Gewichtungsfaktor von null) repräsentiert sind (Branchen- und Ländertilt).163
Sowohl Negativ- als auch Pionier-Screening-Ansätze können zu starken
strukturellen Abweichungen vom Referenz- beziehungsweise Marktportfolio
führen, so dass eine Orientierung an herkömmlichen, den Gesamtmarkt
repräsentierenden Benchmarks unmöglich ist164 – spezielle Benchmarks sind
erforderlich.
Abbildung 25: Drehung der SRI-Kapitalmarktlinie durch Strukturveränderungen
des riskanten Portfolios
Quelle: eigene Darstellung.
Auch von Best-in-Class-Ansätzen gehen Branchen- und Ländertilts und damit
auch ein Abweichungsrisiko aus.165 Die Tilts sind in der Regel weniger schwerwiegend und das von ihnen ausgehende Abweichungsrisiko wird mithilfe von
Portfolio-Optimierungsverfahren in der Regel deutlich reduzierbar. Eine Orientierung an herkömmlichen Benchmarks ist weiterhin möglich (vgl. Abbildung
25). Grund hierfür ist, dass ein Portfolio die Marktstruktur auch unter Zugrunde-
163 Vgl. Goedeckemeyer (2006: 18).
164 Vgl. Garz et al. (2003: 28).
165 Vgl. Garz et al. (2003: 29).
126
legung des Best-in-Class-Ansatzes grundsätzlich abbilden kann, da keine Beschränkungen hinsichtlich einzelner Branchen, sondern nur hinsichtlich der die
Branche repräsentierenden Unternehmen vorgenommen werden. Gleiches gilt
auch für Länder oder andere Referenzklassen.
Strukturelle Unterschiede zwischen SRI-Portfolios und Marktportfolio implizieren auch Performance-Effekte, da alle effizienten Mischportfolios aus einer
Kombination von risikofreien Anlagemöglichkeiten und dem Marktportfolio bestehen (Tobin-Separation). Gewichtungsunterschiede innerhalb des alle riskanten
Assets umfassenden Portfolios führen zu einer Bewegung auf der Kurve effizienter Handlungsmöglichkeiten. Die Folge ist, dass die Kapitalmarktlinie die Effizienzkurve nicht länger tangiert, sondern schneidet, wodurch ebenfalls nur ungünstigere, tiefer liegende (erwartete) Rendite/Risiko-Konstellationen erreicht
werden können (vgl. Abbildung 25). Auch diese Reaktion wird als Moskowitz-
Effekt bezeichnet.166
3.5.1.5 Fazit
CSR-Ratings besitzen erheblichen Einfluss auf die Konstruktion eines an Prinzipien der Nachhaltigkeit ausgerichteten Portfolios und damit auch auf dessen
Performance, indem sie das dem Portfolio zugrunde liegende Anlageuniversum
bestimmen. Die modifizierten Anlageuniversen verkörpern nicht den Einfluss,
der Nachhaltigkeit an sich auf das Referenzuniversum besitzt, sondern den Einfluss einer ganz bestimmten, auf spezifischen Kriterien und Bewertungsmethoden beruhenden Prozedur, die für sich in Anspruch nimmt, Nachhaltigkeit
korrekt wiederzugeben. Folglich dürften sich auch die Anlageuniversen der
jeweiligen SRI-Portfoliomanager beziehungsweise SRI-Investmentprodukte, die
ihrerseits auf Basis des Research spezifischer Ratinginstitutionen konstruiert
wurden, mehr oder weniger stark voneinander unterscheiden.
Die Asset Allocation von SRI-Portfolios ist bestimmt durch:
1. die Art und Weise des Nachhaltigkeitsratings und damit die Festlegung des
für den Portfoliomanager relevanten Anlageuniversums, und
2. dem jeweiligen taktischen Portfoliomanagement in Bezug auf die üblichen
Erfolgsfaktoren wie Timing und Selektivität.
Die mit einem SRI-Portfolio erzielbare Performance wird unter diesen Umständen vom Zusammenspiel der oben genannten Punkte 1. und 2. abhängig. So
lässt eine sehr hohe Eingrenzung des gesamten Anlageuniversums durch engmaschige Nachhaltigkeitsfilter ein stark verkleinertes Anlageuniversum erwarten.
Die Wahrscheinlichkeit, dass sich hier bestimmte Verzerrungseffekte wie Grö-
ßen- und Branchenabhängigkeiten für die Performance ergeben, dürfte daher
166 Vgl. Moskowitz (1972).
127
höher einzuschätzen sein, als es im Fall eines sehr breit gefassten SRI-
Anlageuniversums ist. Die Klärung dieser Zusammenhänge erfolgt unter anderem in den nachfolgenden Ausführungen und Analysen.
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3.5.2 Analyse der Renditeverteilungen von SRI-Indizes und Fonds
In diesem Abschnitt stehen die Analyse der Performance und der Renditeverteilungen von SRI-Aktienindizes im Mittelpunkt. Dabei werden neben einem
ausführlichen Literaturüberblick verschiedene Analysen durchgeführt, die einen
umfassenden Vergleich mit konventionellen Aktienindizes ermöglichen. In Abschnitt 3.5.2.1 wird untersucht, ob die Performance von SRI-Aktienindizes besser
oder schlechter ist als diejenige von konventionellen Aktienindizes. Dabei
werden auch spezielle Konstruktionen von Long-/Short-Portfoliokonstruktionen
betrachtet, für die in der Literatur eine überdurchschnittliche Performance berichtet wird. Abschnitt 3.5.2.2 schließt daran an und vergleicht ausgewählte SRI-
Indizes über die Sensitivität bezüglich makroökonomischer Faktoren wie Ölpreis
und US-Zinsen sowie die sektorale Struktur der jeweiligen Indizes. In Abschnitt
3.5.2.3 werden die Ergebnisse von Simulationen mit dem in Abschnitt 3.3.3
dargestellten ökonometrischen Modell beschrieben, bei denen nicht nur die Performance, sondern die gesamten Renditeverteilungen von ausgewählten SRI-
Aktienindizes untersucht werden. Abschließend wird analysiert, wie Put-
Optionsstrategien zur Risikoreduktion bei SRI-Indizes wirken.
3.5.2.1 Performancevergleich: SRI vs. konventionelle Anlagen
Der Vergleich der Performance von SRI-Fonds mit konventionellen Fonds und
Indizes begann schon Anfang der 1970er Jahre mit einer empirischen Studie von
Moskowitz (1972). Seitdem wurden insbesondere in den 1990er Jahren sowie
verstärkt seit etwa 2000 eine Reihe neuer Analysen durchgeführt und veröffentlicht, die mit unterschiedlichen ökonometrischen Verfahren und methodischen
Konzepten die Performanceunterschiede quantitativ erfassen.
Das Interesse aus finanzwirtschaftlicher Sicht ist begründet in der portfoliotheoretischen Überlegung, dass Einschränkungen des Anlageuniversums die Performance in der Regel verschlechtern sollten. Eine entsprechende Darstellung
findet sich auch in Abschnitt 3.5.1.4. Die Begründung dafür ist, dass jeder auf
konventionelle Anlagen ausgerichtete Portfoliomanager auch in der Lage sein
sollte, Anlagen entsprechend den SRI-Ratings durchzuführen, während ein SRI-
Portfoliomanager in seinen Anlagemöglichkeiten eingeschränkt ist.
In einer Studie auf Basis von simulierten optimalen Portfolios kommen Geczy,
Stambaugh und Lewin (2004) zu dem Ergebnis, dass Anleger in nachhaltigen
Kapitalanlagen einen gewissen Preis für die spezielle Aktienauswahl der Portfolios zu zahlen haben. Der Preis in Form einer geringen risikoadjustierten Rendite
hängt stark von den verwendeten Modellannahmen und dem unterstellten Investorverhalten ab. Im günstigsten Fall beträgt die Renditereduktion nur wenige
Basispunkte pro Jahr.
Der größte Teil der empirischen Studien, die auf statistischen und ökonometrischen Schätzungen beruhen, kommt zu dem Ergebnis, dass es keinen nach-
Chapter Preview
References
Zusammenfassung
In den letzten Jahren ist der Markt für nachhaltige Kapitalanlagen auch in Europa signifikant gewachsen. Besonders für Stiftungen können Kapitalanlagen, die nach ethischen, sozialen und ökologischen Kriterien ausgewählt werden interessant sein, weil dadurch der Stiftungszweck auch im Rahmen der Vermögensanlage berücksichtigt werden kann. Im April 2008 wurde zur Analyse dieses Themas eine Konferenz unter dem Titel „Nachhaltige Kapitalanlagen für Stiftungen: Aktuelle Entwicklungen“ in Osnabrück bei der Deutschen Bundesstiftung Umwelt (DBU) durchgeführt. Ziel der Konferenz war es, einen umfassenden Überblick über die aktuellen Entwicklungen auf dem Markt für nachhaltige Kapitalanlagen zu geben und eine Bewertung, speziell aus der Perspektive von Stiftungen, durchzuführen.
Der vorliegende Konferenzband enthält als zentrales Kapitel die Studie „Nachhaltige Vermögensanlagen für Stiftungen“, die das ZEW zusammen mit der Universität Stuttgart durchgeführt hat. Die weiteren Beiträge befassen sich unter anderem mit dem noch relativ jungen Markt der Microfinance-Anlageprodukte, die als Teilgebiet der nachhaltigen Kapitalanlagen in Zukunft für Stiftungen eine ansteigende Bedeutung erlangen könnten.