71
Tabelle 10: Vermögensverteilung einer reinen Geldmarktanlage, Anlagedauer
1 Jahr und 5 Jahre
Statistische Basiskennzahlen
Mittel Median Std. Min. Max. Schiefe Kurt.
Nominal:
1 Jahr 101,127 101,127 - 101,127 101,127 - -
Real:
1 Jahr 98,779 98,760 1,131 93,671 103,156 0,093 0,082
Nominal:
5 Jahre 106,069 105,664 1,972 102,662 122,801 1,521 4,029
Real:
5 Jahre 92,364 92,087 6,338 74,618 120,126 0,312 0,092
Aus Tabelle 10 ist ersichtlich, dass das Vermögen bei einem Prognosehorizont
von fünf Jahren zwischen den Minimal- beziehungsweise Maximalwerten von
102,70 und 122,80 liegt. Im Durchschnitt erreicht das Vermögen nach fünf Jahren eine Steigerung um insgesamt 6,07%.
Ganz anders sieht die Beurteilung jedoch für den Realwert des Vermögens aus.
Analog zu Carstensen (1996a, 2003) ergibt sich, dass es der Stiftung mit einer
reinen Geldmarktstrategie kaum gelingen dürfte, den Realwert des Vermögens zu
erhalten. Wie Risk1 zeigt, wird bei einer Anlagedauer von einem Jahr der reale
Anfangswert in 86,10% aller Fälle unterschritten, bei einem Anlagehorizont von
fünf Jahren steigt dieser Prozentsatz sogar auf 88,30% an. Entsprechend liegt der
Durchschnittswert des realen Vermögens auch unterhalb von 100. Die Performancemaße Nr. 1 und 2 weisen sehr geringe positive Werte auf; Performancemaß Nr. 3 ist negativ, da der Mittelwert unterhalb des Zielwertes von 100 liegt
und die Sharpe-Ratio (Nr. 4) ist definitionsgemäß gleich null, da der mittlere Ertrag exakt dem 1-Jahreszins entspricht.
Obwohl eine Geldmarktanlage aus Sicht der nominalen Werterhaltung des Stiftungsvermögens das Ziel perfekt erreicht, stellt sie in Bezug auf die reale Werterhaltung eine hoch riskante Anlagestrategie dar.
3.4.3 Kombination von Aktien und Anleihen
In diesem Abschnitt werden statische Anlagestrategien untersucht, die aus einer
Kombination von Anleihen und Aktien bestehen. Dies dient einerseits zur Bewertung klassischer Portfoliostrukturen von Stiftungen, andererseits stellen diese
Analysen die Benchmark für die Bewertung von Absicherungsstrategien (Put-
Optionen, CPPI) dar, die in Abschnitt 3.4.4 näher untersucht werden.
Zunächst werden Portfolios, die aus deutschen Staatsanleihen (ab 1999: Staatsanleihen Eurogebiet) und dem MSCI-Aktienindex Deutschland betrachtet. Anschließend wird in Abschnitt 3.4.3.2 die Verteilung der Ausschüttungen aus den
laufenden Erträgen bei der Anlage in Anleihen und deutsche Aktien analysiert.
Dabei soll ergänzend zu den Analysen der Vermögensverteilungen gezeigt werden, in welchem Maße verschiedene Portfoliostrukturen die Leistungsfähigkeit
72
von Stiftungen in Bezug auf die Höhe der Ausschüttungen beeinflussen. Abschnitt 3.4.3.3 untersucht, in welchem Ausmaß eine auf weltweite Aktien ausgerichtete Anlagestrategie die für deutsche Aktien erreichbare Rendite-Risiko-
Relation verbessern kann.
3.4.3.1 Aktien Deutschland
Tabelle 11 gibt die Risiko- und Performancekennzahlen für verschiedene Kombinationen von Anleihen und deutschen Aktien an. Die Portfoliokombinationen
werden in 10%-Schritten variiert, beginnend bei 100% Anleihen / 0% Aktien bis
zu 0% Anleihen / 100% Aktien. Die den Kennzahlen zugrunde liegende Benchmark ist die Erhaltung des nominalen Vermögens bei einer Anlagedauer von einem Jahr.
Risk1 zeigt, dass in 24% bis 30% der Fälle eine nominale Vermögenserhaltung
nicht gelingt. Daher sind Portfolios aus Anleihen und Aktien auch deutlich riskanter als eine reine Geldmarktanlage. Die Wertentwicklung des Vermögens
(Tabelle 12) ist wesentlich höher als bei Beschränkung auf den Geldmarkt.
Alle drei auf Downside-Risk-Maßen aufbauenden Performancemaße (Perf1 bis
Perf3) kommen zu dem gleichen Ergebnis, dass eine Kombination von
10% Aktien mit 90 % Anleihen zum höchsten Wert der risikoadjustierten Performance führt. Bei dieser Kombination ist die Wahrscheinlichkeit einer Unterschreitung des Anfangsvermögens (Risk1) mit 24% am geringsten. Ein Investor,
der anhand der Sharpe-Ratio entscheiden würde, hätte eine mit 20% etwas höhere Aktienquote.
Tabelle 12 bildet die nominale Vermögensverteilung der Portfoliokombinationen ab. Bei einer Aktienquote von 10% wächst das Vermögen im
Mittel um 3,04% pro Jahr im Vergleich zu 1,127% im Falle einer Geldmarktanlage. Die relativ geringen Werte für die Schiefe und die Kurtosis zeigen, dass
die Vermögensverteilung sehr ähnlich einer Normalverteilung ist.
Die Analyse des Risikos der realen Vermögensentwicklung (Tabelle 13) ergibt
eine ganz andere Einschätzung im Vergleich zur Geldmarktanlage. Die Wahrscheinlichkeit einer Unterschreitung des realen Anfangsvermögens (Risk1) wird
durch die Anlage in Anleihen und Aktien signifikant vermindert, da beide Anlagearten eine höhere durchschnittliche Wertentwicklung aufweisen als der Geldmarktzins.
73
Tabelle 11: Risiko und Performance der statischen Anlagestrategie für deutsche Aktien, Anlagedauer 1 Jahr, Benchmark = nominale Werterhaltung
Risikokennzahlen Performancekennzahlen
Aktiengewichtung
Risk1 Risk2 Risk3 Perf1 Perf2 Perf3 Perf4
0% 0.297 0.751 1.781 3.939 1.661 1.239 0.264
10% 0.240 0.597 1.568 6.094 2.320 1.939 0.443
20% 0.243 0.784 2.076 5.946 2.247 1.869 0.492
30% 0.255 1.160 3.011 5.071 1.954 1.569 0.485
40% 0.269 1.630 4.119 4.418 1.748 1.352 0.468
50% 0.280 2.150 5.304 3.987 1.616 1.211 0.452
60% 0.287 2.702 6.528 3.694 1.529 1.115 0.438
70% 0.293 3.274 7.775 3.486 1.468 1.047 0.427
80% 0.300 3.865 9.038 3.329 1.424 0.996 0.418
90% 0.303 4.472 10.313 3.208 1.391 0.957 0.409
100% 0.309 5.092 11.600 3.110 1.365 0.926 0.402
Anmerkung: Anleihegewichtung = 100% Aktiengewichtung
Tabelle 12: Nominale Vermögensverteilung der statischen Anlagestrategie für
deutsche Aktien, Anlagedauer 1 Jahr
Statistische Basiskennzahlen
Aktiengewichtung
Mittel Median Std. Min. Max. Schiefe Kurt.
0% 102,21 102,18 4,09 86,68 120,03 0,07 0,15
10% 103,04 102,96 4,32 87,18 120,42 0,11 0,12
20% 103,88 103,80 5,59 82,36 127,34 0,07 0,10
30% 104,72 104,70 7,41 75,60 135,91 -0,00 0,21
40% 105,57 105,71 9,49 68,69 144,88 -0,04 0,29
50% 106,42 106,70 11,71 62,22 154,26 -0,05 0,32
60% 107,28 107,70 14,03 56,18 164,05 -0,05 0,34
70% 108,14 108,62 16,42 50,54 174,27 -0,03 0,34
80% 109,00 109,57 18,86 44,74 185,10 0,00 0,34
90% 109,87 110,38 21,37 39,28 198,37 0,03 0,34
100% 110,75 111,25 23,92 34,25 212,30 0,06 0,35
Anmerkung: Anleihegewichtung = 100% Aktiengewichtung.
Die besten Portfoliostrukturen – entsprechend den Performancekennzahlen –
weisen einige interessante Besonderheiten auf. Im Vergleich zu den optimalen
nominalen Kombinationen fällt auf, dass es mit Blick auf die reale Wertentwicklung besser ist, eine hohe Aktienquote festzulegen. Bei Verwendung der
beiden Performancekennzahlen mit LPM2 im Nenner (Perf2 und Perf3) ist es
optimal, ausschließlich in Aktien zu investieren. Bei Perf1 werden die Unterschreitungen des realen Anfangsvermögens weniger stark gewichtet, so dass sich
im Optimum eine etwas geringere Aktienquote von 80% oder 90% ergibt. Eine
höhere Risikoaversion führt somit zu einem höheren (!) Aktienanteil im
Portfolio, da nur dadurch der Kaufkraftverlust ausgeglichen werden kann. Allein
74
durch Anleihen oder Geldmarktinvestment ist das nicht möglich. Die Wahrscheinlichkeit einer Unterschreitung des realen Anfangsvermögens ist mit etwa
34,60% noch recht hoch, liegt aber fast 50 Prozentpunkte niedriger als bei Anlagen zum Geldmarktzins.
Tabelle 13: Risiko und Performance der statischen Anlagestrategie für deutsche Aktien, Anlagedauer 1 Jahr, Benchmark = reale
Werterhaltung
Risikokennzahlen Performancekennzahlen
Aktiengewichtung
Risk1 Risk2 Risk3 Perf1 Perf2 Perf3 Perf4
0% 0,522 1,921 3,300 0,924 0,538 -0,044 0,231
10% 0,460 1,593 2,947 1,420 0,767 0,227 0,392
20% 0,412 1,664 3,290 1,893 0,957 0,452 0,457
30% 0,385 1,970 4,091 2,172 1,046 0,564 0,466
40% 0,368 2,397 5,112 2,308 1,082 0,613 0,457
50% 0,358 2,885 6,238 2,375 1,098 0,636 0,445
60% 0,352 3,412 7,418 2,407 1,107 0,647 0,434
70% 0,346 3,966 8,629 2,422 1,113 0,654 0,424
80% 0,346 4,543 9,861 2,427 1,118 0,657 0,415
90% 0,346 5,136 11,108 2,427 1,122 0,660 0,408
100% 0,347 5,744 12,368 2,424 1,126 0,661 0,401
Anmerkung: Anleihegewichtung = 100% Aktiengewichtung.
Tabelle 14: Reale Vermögensverteilung der statischen Anlagestrategie für
deutsche Aktien, Anlagedauer 1 Jahr
Statistische Basiskennzahlen
Aktiengewichtung
Mittel Median Std. Min. Max. Schiefe Kurt.
0% 99,85 99,74 4,65 82,82 120,99 0,17 0,16
10% 100,67 100,52 4,82 83,29 121,69 0,20 0,16
20% 101,49 101,28 5,92 79,78 127,94 0,16 0,13
30% 102,31 102,15 7,58 73,88 136,55 0,08 0,20
40% 103,14 103,08 9,53 67,13 145,56 0,02 0,27
50% 103,97 104,09 11,65 60,80 154,97 -0,00 0,31
60% 104,80 105,00 13,88 54,90 164,81 -0,00 0,33
70% 105,64 105,94 16,18 49,29 175,08 0,01 0,34
80% 106,48 106,80 18,55 43,54 185,79 0,03 0,35
90% 107,33 107,72 20,98 38,23 196,95 0,06 0,35
100% 108,18 108,54 23,46 33,34 208,58 0,08 0,35
Anmerkung: Anleihegewichtung = 100% Aktiengewichtung.
75
Tabelle 15: Risiko und Performance der statischen Anlagestrategie für deutsche Aktien, Anlagedauer 5 Jahre, Benchmark = nominale Werterhaltung
Risikokennzahlen Performancekennzahlen
Aktiengewichtung
Risk1 Risk2 Risk3 Perf1 Perf2 Perf3 Perf4
0% 0,140 0,560 1,972 17,579 4,987 4,703 0,370
10% 0,077 0,300 1,411 47,804 10,165 9,952 0,786
20% 0,082 0,446 2,053 43,616 9,470 9,253 0,904
30% 0,104 0,799 3,250 31,237 7,678 7,432 0,903
40% 0,125 1,288 4,701 23,913 6,552 6,278 0,877
50% 0,143 1,867 6,288 19,798 5,877 5,580 0,845
60% 0,160 2,521 7,950 17,218 5,460 5,143 0,814
70% 0,177 3,237 9,663 15,493 5,190 4,855 0,784
80% 0,194 4,021 11,415 14,225 5,011 4,658 0,755
90% 0,208 4,870 13,205 13,256 4,889 4,520 0,728
100% 0,221 5,778 15,029 12,502 4,807 4,422 0,701
Anmerkung: Anleihegewichtung = 100% Aktiengewichtung.
Tabelle 16: Nominale Vermögensverteilung der statischen Anlagestrategie für
deutsche Aktien, Anlagedauer 5 Jahre
Statistische Basiskennzahlen
Aktiengewichtung
Mittel Median Std. Min. Max. Schiefe Kurt.
0% 109,28 109,01 8,67 78,87 148,20 0,17 0,02
10% 114,04 113,67 10,14 78,96 164,26 0,23 0,10
20% 119,00 118,31 14,31 73,69 188,30 0,31 0,21
30% 124,15 123,04 20,02 65,10 223,84 0,40 0,37
40% 129,51 127,80 26,74 54,67 269,64 0,51 0,60
50% 135,09 132,03 34,34 45,49 329,13 0,63 0,90
60% 140,88 136,11 42,78 37,48 400,53 0,77 1,29
70% 146,91 140,11 52,10 30,56 485,98 0,92 1,79
80% 153,18 143,87 62,37 24,63 587,97 1,08 2,41
90% 159,69 147,36 73,68 19,60 709,40 1,25 3,19
100% 166,46 150,35 86,14 15,38 857,64 1,43 4,14
Anmerkung: Anleihegewichtung = 100% Aktiengewichtung.
Gerade bei der Analyse der realen Portfolioentwicklung erweist sich die Verwendung der Downside-Risk-Maße sowie der darauf aufbauenden Performancemaße als besonders nützlich, da bei der Sharpe-Ratio kein spezieller Zielwert
angegeben werden kann.63 Dadurch kommt der wesentliche Unterschied zwischen nominaler und realer Analyse, der vor allem im unterschiedlichen Zielwert
liegt, nicht zum Tragen. Entsprechend weicht die optimale reale Portfoliostruktur
bei Verwendung der Sharpe-Ratio nur unwesentlich von derjenigen bei nominaler Betrachtung ab: Während die Sharpe-Ratio für das nominale Portfolio den
höchsten Wert für eine Aktienquote von 20% erreicht, liegt das Maximum für
63 Die Sharpe-Ratio könnte näherungsweise angewandt werden, da die Verteilung des realen Vermögens ähnlich einer Normalverteilung ist.
76
das inflationsbereinigte Portfolio bei 30%. Die Sharpe-Ratio führt somit zu einer
völlig anderen Schlussfolgerung und würde eine viel zu geringe Aktienquote
empfehlen.
Tabelle 17: Risiko und Performance der statischen Anlagestrategie für deutsche Aktien, Anlagedauer 5 Jahre, Benchmark = reale Werterhaltung
Risikokennzahlen Performancekennzahlen
Aktiengewichtung
Risk1 Risk2 Risk3 Perf1 Perf2 Perf3 Perf4
0% 0,651 8,089 12,001 0,462 0,311 -0,363 0,236
10% 0,541 5,954 9,897 0,961 0,578 -0,024 0,504
20% 0,436 4,860 9,029 1,833 0,987 0,449 0,679
30% 0,372 4,512 9,134 2,885 1,425 0,931 0,762
40% 0,333 4,611 9,873 3,848 1,797 1,330 0,789
50% 0,314 4,973 10,979 4,608 2,087 1,634 0,790
60% 0,305 5,488 12,300 5,180 2,311 1,865 0,777
70% 0,303 6,123 13,758 5,595 2,490 2,045 0,759
80% 0,303 6,846 15,310 5,898 2,637 2,190 0,737
90% 0,305 7,646 16,931 6,119 2,763 2,311 0,714
100% 0,309 8,521 18,609 6,276 2,874 2,416 0,691
Anmerkung: Anleihegewichtung = 100% Aktiengewichtung.
Bei einer hohen Aktienquote von 80% bis 100% erhöht sich der nominale Portfoliowert um durchschnittlich 9% bis 10% (siehe Tabelle 12). Der reale jährliche
Wertzuwachs liegt noch bei 6,60% bis circa 8,20%. Dagegen führt eine Geldmarktanlage zu einem jährlichen Rückgang des realen Vermögens um etwa
1,20% (Tabelle 10). Auch eine 100-prozentige Anlage in Staatsanleihen kann
den Realwert im Durchschnitt nur konstant halten: Die Wahrscheinlichkeit für
eine Unterschreitung liegt bei 52,20%, diejenige für eine Überschreitung des realen Anfangswertes entsprechend bei 47,80%.
Ein weiterer interessanter Aspekt kommt durch die Ausweitung der Anlagedauer hinzu. Hierzu werden die gleichen statischen Anlagemöglichkeiten und das
Ausschüttungsverhalten wie für den Anlagehorizont von einem Jahr betrachtet.
Aus Tabelle 15 ist ersichtlich, dass das Risiko der Unterschreitung des nominalen Anfangsvermögens bei wachsender Anlagedauer stark sinkt. Die optimale
Portfoliostruktur liegt unverändert bei einer niedrigen Aktienquote von 10%. Wie
Risk1 anzeigt, ist bei dieser Anlagestruktur die Wahrscheinlichkeit eines Verlustes in Bezug auf das Anlagevermögen nur noch 7,70%. Die Anlagestruktur
nähert sich somit einer risikolosen Anlage, allerdings bei deutlich höheren durchschnittlichen Erträgen. Die Performancemaße steigen entsprechend stark an.
Für die reale Portfoliostruktur ergeben nun alle drei Maße – Perf1, Perf2 und
Perf3 – eine optimale Aktienquote von 100%. Auch hier sinkt die Wahrscheinlichkeit einer Unterschreitung des realen Anfangsvermögens, sie bleibt mit circa
31% jedoch recht hoch. Die Performancemaße sind auch bei realer Betrachtung
wesentlich höher als bei einem Anlagehorizont von einem Jahr.
77
Insgesamt zeigt die Analyse der statischen Anlagestrategien, dass die optimale
Portfoliostruktur vor allem von der Zielsetzung nominaler oder realer Vermögenserhaltung abhängt. Die Aktienquote unter dem Aspekt der nominalen
Vermögenserhaltung sollte bei 10% und bei „realer Vermögenserhaltung“ bei
nahezu 100% liegen. Entsprechend besteht die wichtigste Aufgabe der Stiftung
darin, die für ihr Vermögensmanagement passende Zielsetzung zu definieren.
3.4.3.2 Analyse der Ausschüttungen
Kapitalstiftungen erfüllen ihre satzungsmäßigen Aufgaben durch die entsprechende Ausschüttung eines Teils der laufenden Erträge. Den Simulationen
lag die Annahme zugrunde, dass zwei Drittel der laufenden Erträge ausgeschüttet
werden. Das restliche Drittel wird in eine freie Rücklage gemäß §58 Nr. 7a AO
eingestellt und dient der Erhöhung des Vermögens beispielsweise mit dem
Zweck, einen inflationsbedingten Wertverlust zumindest teilweise auszugleichen.
Dies entspricht der üblichen Vorgehensweise deutscher Kapitalstiftungen. Im
Folgenden wird dargestellt, wie sich die statistischen Anlagestrategien auf die
Höhe der Ausschüttungen auswirken.
Tabelle 18: Ausschüttungen bei Geldmarktanlage (zwei Drittel der laufenden
Erträge)
Statistische Basiskennzahlen
Mittel Median Std. Min. Max. Schiefe Kurt.
Anlagehorizont 1 Jahr
Nominal 2,253 2,253 0 2,253 2,253 - -
Real -0.121 -0,139 1,144 -5,286 4,306 0,093 0,082
Anlagehorizont 5 Jahre
Nominal 2,592 2,210 1,558 0,360 15,885 2,010 6,759
Real -0,506 -0,549 1,989 -7,486 9,429 0,138 0,087
Wie aus Tabelle 18 ersichtlich ist, beträgt die mittlere Ausschüttung bei einem
Anlagehorizont von einem Jahr 2,253%. Da der 1-Jahreszins im Voraus bekannt
ist, ist die Standardabweichung gleich null. Bei einer Anlagedauer von fünf Jahren zeigt sich, dass die Stiftung mit einer durchaus hohen Schwankungsbreite der
Ausschüttungen rechnen muss: Während die durchschnittliche Ausschüttungshöhe aufgrund eines im Zeitverlauf gestiegenen nominalen Vermögens ebenfalls
leicht ansteigt, können auch sehr geringe Werte nahe null auftreten. In den Simulationen wurde ein Minimalwert von 0,36% erzielt. Die Ausschüttungen können
auch deutlich über dem Mittelwert liegen, wie das Maximum von 15,90% zeigt.
Der Realwert der Ausschüttungen ist im Durchschnitt sowohl bei einer Anlagedauer von einem Jahr als auch einer von fünf Jahren negativ. Eine Stiftung, die
nur Geldmarktanlagen wählt, kann im Zeitverlauf immer weniger an realen Leistungen finanzieren.
In Tabelle 19 werden die Risiko- und Performancekennzahlen der Ausschüttungen von kombinierten Anleihe-Aktienportfolios relativ zu den Aus-
78
schüttungen bei reiner Geldmarktanlage ausgewiesen. Bei Kombinationen bis zu
30% Aktien sind die Ausschüttungen des Portfolios immer größer als bei einer
Anlage zum Geldmarktzins. Entsprechend sind die Risikokennziffern für diese
Portfolios gleich null. Ab einer Aktienquote von 60% ist die Ausschüttung
jedoch mit großer Wahrscheinlichkeit kleiner im Vergleich zu einer reinen
Geldmarktanlage: Bei einer Aktienquote von 60% beträgt die Wahrscheinlichkeit
87,60%, bei einer Quote von 100% steigt diese Wahrscheinlichkeit auf 99,10%
an.
Tabelle 19: Risiko und Performance der Ausschüttungen bei Anleihe-, Aktienport-folios, Anlagedauer 1 Jahr, Benchmark = Ausschüttungen
Geldmarktanlage
Risikokennzahlen Performancekennzahlen
Aktiengewichtung
Risk1 Risk2 Risk3 Perf1 Perf2 Perf3 Perf4
0% 0,000 0,000 0,000 - - - 8,851
10% 0,000 0,000 0,000 - - - 7,506
20% 0,000 0,000 0,000 - - - 5,723
30% 0,000 0,000 0,000 - - - 3,754
40% 0,015 0,000 0,004 408,926 39,829 656,172 1,888
50% 0,420 0,019 0,038 2,293 1,177 60,076 0,295
60% 0,876 0,106 0,127 0,103 0,086 17,017 -0,992
70% 0,963 0,220 0,238 0,022 0,020 8,568 -2,009
80% 0,978 0,338 0,355 0,009 0,008 5,408 -2,810
90% 0,984 0,457 0,473 0,004 0,004 3,798 -3,446
100% 0,991 0,576 0,593 0,002 0,002 2,830 -3,957
Anmerkung: Anleihegewichtung = 100% Aktiengewichtung.
Der Grund für die geringen Ausschüttungen bei höherem Aktienanteil liegt daran, dass die Dividendenrendite mit durchschnittlich 2,50% für deutsche Aktien
deutlich niedriger ist als der 1-Jahreszins und die Anleiherendite.64 Die höchste
durchschnittliche Ausschüttung weist mit 2,80% entsprechend ein 100%-
Anleiheportfolio auf, während bei einer Aktienquote von 100% die nominale
Ausschüttung auf durchschnittlich 1,68% sinkt. Der Realwert der Ausschüttungen beträgt im Falle eines reinen Anleiheportfolios 0,49%, ein realer
Rückgang tritt trotzdem in etwa 34% der Fälle auf.
In Bezug auf die gängige Ausschüttungspraxis, zwei Drittel der laufenden Erträge für die Erfüllung des Stiftungszweckes zu verwenden, liegt das Maximum
der Leistungsfähigkeit deutscher Stiftungen bei einem Portfolio, das zu 100% aus
Anleihen besteht. Bei Betrachtung einer Anlagedauer von fünf Jahren verändern
sich diese Ergebnisse nur unwesentlich. Allerdings besteht in dann mit 23,50%
ein höheres Risiko, dass die Ausschüttung der Geldmarktanlage nicht erreicht
wird.
64 Siehe Tabelle 7.
79
Dieses Resultat sollte nicht dazu verleiten, die Aktienquote tatsächlich auf null
zu setzen. Wie der vorangegangene Abschnitt gezeigt hat, ist eine hohe Aktienquote die einzige Möglichkeit, den Realwert des Stiftungsvermögens zu steigern.
Nur aufgrund der relativ niedrigen Dividendenrendite für Aktien wirkt sich dieses günstige Ergebnis kaum auf die Ausschüttungshöhe aus. Die ungünstige Beurteilung von Aktienanlagen in Bezug auf die durchschnittliche Ausschüttungshöhe liegt nicht an der geringen Nützlichkeit von Aktienanlagen für die
Vermögensanlage von Stiftungen, sondern vielmehr an der gewählten Regel, nur
zwei Drittel der laufenden Erträge auszuschütten. Eine Ausschüttungsregel, bei
der auch die enormen nominalen und realen Vermögenszuwächse zumindest
teilweise berücksichtigt werden, müsste für ein Aktienportfolio zu einer wesentlich höheren Ausschüttung führen als bei einer reinen Anlage in Anleihen. Solche Ausschüttungen aus dem Vermögensbestand sollten, rein rechtlich gesehen,
immer dann möglich sein, wenn das Vermögen real über dem Anfangswert liegt.
Auf diese Weise müsste sich die Ausschüttungshöhe deutlich über diejenige bei
einer ausschließlichen Konzentration auf die laufenden Erträge erhöhen lassen.
Da reine Vermögensanlagen im Geldmarkt oder in Anleihen nicht oder nur ansatzweise in der Lage sind, den Realwert des Vermögens zu erhöhen, ist eine entsprechende Vorgehensweise bei diesen Anlagestrukturen nicht möglich. Hierzu
bedarf es einer hinreichend hohen Aktienquote.
3.4.3.3 Aktien Welt
Die Analysen dieses Abschnitts sollen zeigen, in welchem Ausmaß eine weltweite Streuung der Aktienanlagen anstelle einer nur auf Deutschland konzentrierten Anlagepolitik die Rendite-Risiko-Relation verbessern kann.
Aus Tabelle 20 wird ersichtlich, dass alle drei Performancekennzahlen – Perf1
bis Perf3 – ab einer Aktienquote von 10% höhere Werte aufweisen als bei einer
Anlage in deutschen Aktien (vgl. Tabelle 9). Die Ursache dafür ist eine deutliche
Verminderung des Downside-Risikos, das sich in den zwei Risikokennzahlen
Risk2 und Risk3 ausdrückt.65 Die Häufigkeit einer Unterschreitung des Anfangsvermögens ist etwas höher: Bei einer Aktienquote von 100% liegt diese Häufigkeit im Falle deutscher Aktien bei 30,90%, bei Aktien Welt 31,60%. Die bei einer Unterschreitung eintretende durchschnittliche Verlusthöhe (Risk2) sowie die
quadrierten Abweichungen vom Zielwert (Risk3) sind signifikant geringer und
dies wirkt sich in höheren Performancekennzahlen aus. Auch die Sharpe-Ratio
weist für Aktien Welt im Vergleich zu Deutschland ab einer Aktienquote von
20% höhere Werte auf.
65 Die reine Wertentwicklung des Vermögens ist bei Anlage in Aktien Welt geringer als bei deutschen
Aktien (109,59 bei 100 % Aktienquote im Vergleich zu 110,75), die Risikoreduktion überkompensiert die geringere Wertentwicklung, so dass als Ergebnis die Performancekennzahlen ansteigen.
80
Für die Zielsetzung „nominale Werterhaltung“ ist bei Verwendung von Perf1
bis Perf3 eine Aktienquote Welt von 20% optimal, die Sharpe Ratio hat ihr Maximum bei einer Aktienquote von 30%. Beide Werte sind um 10 Prozentpunkte
höher als bei einer Investition in deutschen Aktien, auch hierbei schlägt sich das
geringere Risiko einer weltweiten Aktienanlage nieder.
Tabelle 20: Risiko und Performance der statischen Anlagestrategie für Aktien
Welt, Anlagedauer 1 Jahr, Benchmark = nominale Werterhaltung
Risikokennzahlen Performancekennzahlen
Aktiengewichtung
Risk1 Risk2 Risk3 Perf1 Perf2 Perf3 Perf4
0% 0,297 0,751 1,781 3,939 1,661 1,239 0,264
10% 0,235 0,556 1,489 6,267 2,338 1,965 0,437
20% 0,226 0,639 1,750 6,714 2,451 2,086 0,508
30% 0,242 0,896 2,389 5,889 2,207 1,833 0,513
40% 0,257 1,248 3,211 5,095 1,980 1,591 0,499
50% 0,268 1,651 4,119 4,540 1,820 1,419 0,482
60% 0,281 2,087 5,069 4,156 1,711 1,299 0,467
70% 0,291 2,545 6,045 3,881 1,634 1,213 0,454
80% 0,302 3,020 7,037 3,675 1,577 1,148 0,443
90% 0,309 3,509 8,039 3,517 1,535 1,099 0,434
100% 0,316 4,011 9,049 3,391 1,503 1,060 0,426
Anmerkung: Anleihegewichtung = 100% Aktiengewichtung.
Zur Verfolgung der Zielsetzung einer realen Werterhaltung sollte die Stiftung
auch bei Aktien Welt eine sehr hohe Aktienquote von 100% (Perf2 und Perf3)
oder 90% (Perf1) wählen. Genauso wie bei Betrachtung der nominalen Vermögenserhaltung sind die Risikokennzahlen Risk2 und Risk3 deutlich geringer
als bei Aktien Deutschland.
Tabelle 21: Risiko und Performance der statischen Anlagestrategie für Aktien
Welt, Anlagedauer 1 Jahr, Benchmark = reale Werterhaltung
Risikokennzahlen Performancekennzahlen
Aktiengewichtung
Risk1 Risk2 Risk3 Perf1 Perf2 Perf3 Perf4
0% 0,522 1,921 3,300 0,924 0,538 -0,044 0,231
10% 0,465 1,558 2,860 1,356 0,739 0,194 0,384
20% 0,417 1,519 2,964 1,830 0,938 0,425 0,466
30% 0,389 1,703 3,481 2,156 1,055 0,566 0,488
40% 0,374 2,012 4,225 2,333 1,111 0,635 0,485
50% 0,366 2,387 5,081 2,423 1,138 0,669 0,474
60% 0,362 2,806 5,996 2,468 1,155 0,687 0,462
70% 0,361 3,254 6,944 2,488 1,166 0,697 0,451
80% 0,361 3,723 7,912 2,496 1,175 0,704 0,441
90% 0,362 4,205 8,893 2,499 1,182 0,709 0,433
100% 0,363 4,700 9,884 2,498 1,188 0,712 0,425
Anmerkung: Anleihegewichtung = 100% Aktiengewichtung.
Insgesamt sind die Schlussfolgerungen für Aktien Welt die gleichen wie für eine Anlagepolitik, die sich auf deutsche Aktien konzentriert. Der einzige, aber für
81
die praktische Vermögenspolitik durchaus sehr wichtige Unterschied besteht darin, dass das Verlustpotenzial bei einer weltweiten Aktienanlage etwas geringer
ist. Dadurch können die Ziele der nominalen und realen Vermögenserhaltung
durch die bessere Risikodiversifikation leichter erreicht werden als bei Beschränkung auf deutsche Aktien.
3.4.4 Dynamische Absicherungsstrategien
Wie in Abschnitt 3.3.2.1 beschrieben, sind dynamische Absicherungsstrategien
sowohl aus theoretischer Sicht als auch im Hinblick auf die rechtlichen Rahmenbedingungen geeignete Verfahren, um die Rendite-Risiko-Relation im Sinne der
Zielsetzung von Stiftungen zu verbessern. In den folgenden Abschnitten werden
die Ergebnisse für die Rendite-Risiko-Relation und die Vermögensentwicklung
bei Anwendung einer dynamischen Strategie mit Put-Optionen sowie der CPPI
verglichen. Beide Absicherungsstrategien sollten dazu führen, dass das Risiko
der Aktienanlagen deutliche reduziert wird, ohne das Aufwärtspotenzial zu sehr
einzuschränken. Der Anlagehorizont ist dabei immer ein Jahr, das heißt, die Absicherung soll die Einhaltung eines Mindestwertes des Vermögens auf Sicht von
einem Jahr gewährleisten.
3.4.4.1 Verwendung von Put-Optionen
Bei den Simulationen einer dynamischen Absicherungsstrategie mit europäischen Put-Optionen wird eine sehr einfache Vorgehensweise verwendet, die mithilfe von börsengehandelten Put-Optionen praktisch umgesetzt werden kann.
Dabei sichert die Stiftung zu Beginn eines Jahres das gesamte Aktienvermögen,
das aus deutschen Aktien besteht, zum herrschenden Aktienkurs durch Put-
Optionen ab. Diese At-the-money-Put-Optionen haben eine Laufzeit von genau
einem Jahr und sichern damit den nominalen Vermögenswert am Ende des Jahres
ab. Zu Beginn des nächsten Jahres wird entsprechend das dann vorhandene Vermögen ebenfalls wieder mit At-the-money-Put-Optionen abgesichert und so weiter bis eine Anlagedauer von fünf Jahren erreicht ist.
Zur Bewertung der Put-Optionen wird die Black-Scholes-Formel verwendet.
Als Inputs werden der aktuelle Wert des Aktienindex, der Ausübungskurs, der
risikolose Zins (= 1-Jahreszins) sowie die Volatilität benötigt. Da nur At-themoney-Optionen verwendet werden, entspricht der Ausübungskurs immer dem
aktuellen Aktienindexstand. Sowohl der risikolose Zins als auch die Volatilität
werden mit dem Simulationsmodell über die nächsten fünf Jahre prognostiziert.
Damit sind alle Parameter, die für die Anwendung der Black-Scholes-Formel
benötigt werden, festgelegt.
Bei einer Anlagedauer von einem Jahr beträgt der Preis der Put-Option 4,20%
des Vermögens. Dieser Wert ist deterministisch, da alle Inputvariablen bei Kauf
der Option feststehen. Bei einer Anlagedauer von fünf Jahren nimmt der Preis
der Put-Option einen durchschnittlichen Wert von 5,90% an. Da sowohl der 1-
Chapter Preview
References
Zusammenfassung
In den letzten Jahren ist der Markt für nachhaltige Kapitalanlagen auch in Europa signifikant gewachsen. Besonders für Stiftungen können Kapitalanlagen, die nach ethischen, sozialen und ökologischen Kriterien ausgewählt werden interessant sein, weil dadurch der Stiftungszweck auch im Rahmen der Vermögensanlage berücksichtigt werden kann. Im April 2008 wurde zur Analyse dieses Themas eine Konferenz unter dem Titel „Nachhaltige Kapitalanlagen für Stiftungen: Aktuelle Entwicklungen“ in Osnabrück bei der Deutschen Bundesstiftung Umwelt (DBU) durchgeführt. Ziel der Konferenz war es, einen umfassenden Überblick über die aktuellen Entwicklungen auf dem Markt für nachhaltige Kapitalanlagen zu geben und eine Bewertung, speziell aus der Perspektive von Stiftungen, durchzuführen.
Der vorliegende Konferenzband enthält als zentrales Kapitel die Studie „Nachhaltige Vermögensanlagen für Stiftungen“, die das ZEW zusammen mit der Universität Stuttgart durchgeführt hat. Die weiteren Beiträge befassen sich unter anderem mit dem noch relativ jungen Markt der Microfinance-Anlageprodukte, die als Teilgebiet der nachhaltigen Kapitalanlagen in Zukunft für Stiftungen eine ansteigende Bedeutung erlangen könnten.