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3.2 Die Anlagerestriktionen gemeinnütziger Stiftungen
Der Kernbestandteil einer Stiftung ist ökonomisch gesehen ihr Vermögensbestand, dessen Erträge im Sinne der Stiftungssatzung zu verwenden sind. So
stellen Seifart und von Campenhausen (1999: 231) fest: „Das Vermögen der
Stiftung ist die materielle Grundlage ihrer Geschäftstätigkeit.“ Die Aufgabe der
Vermögensverwaltung stellt eine zentrale Managementfunktion innerhalb der
Stiftung dar, die entscheidend ist für die Erreichung der in der Satzung
formulierten Stiftungsziele. Die Vermögensverwaltung von Stiftungen unterliegt
verschiedenen gesetzlichen Anlagerestriktionen, die sich auf die Zusammensetzung des Vermögens und die Verwendung der Erträge auswirken. Für gemeinnützige Stiftungen sind die Bestimmungen der Ausgabenordnung (AO) von
großer Bedeutung, da deren Einhaltung über den Status der Gemeinnützigkeit
entscheidet.
Das Ziel dieses Abschnitts ist es, die Anlagerestriktionen der Vermögensverwaltung von gemeinnützigen Stiftungen zu untersuchen.3 Insbesondere sollen die
Rendite-Risiko-Relationen verschiedener Vermögensstrukturen und Anlagestrategien analysiert und bewertet werden. Die Entwicklung und Anwendung
eines dafür geeigneten statistischen Instrumentariums ist ebenfalls ein wichtiger
Teil dieses Abschnitts. Diese Untersuchungen und methodischen Vorarbeiten
bilden die Grundlage für die Bewertung der „Nachhaltigen Kapitalanlagen“ für
die Vermögensanlage von Stiftungen, die in den nachfolgenden Abschnitten
durchgeführt wird.
3.2.1 Die rechtlichen Rahmenbedingungen der Vermögensanlage von
Stiftungen
3.2.1.1 Die stiftungsrechtlichen Bestimmungen zur Vermögensanlage
Eine Stiftung ist eine juristische Person, deren allgemeine Rechtsgrundlagen in
§§ 80-88 BGB geregelt sind. Vorgaben für die Vermögensverwaltung ergeben
sich hieraus jedoch nicht. § 80 BGB verweist auf die Zuständigkeit der Bundesländer bei der Genehmigung einer Stiftung. In den Stiftungsgesetzen der Bundesländer sind auch weitergehende Regelungen für die Vermögensanlage zu finden.
So legt beispielsweise das Bayerische Stiftungsgesetz in der Fassung vom 7.
März 1996 explizit die grundlegenden Prinzipien der Vermögensanlage fest.
In Bezug auf das Vermögen der Stiftung gilt der Grundsatz:
Das Stiftungsvermögen ist in seinem Bestand ungeschmälert zu erhalten
(Art. 10 [1]).
3 Dieser Abschnitt beabsichtigt keine umfassende Beschreibung der rechtlichen und betriebswirtschaftlichen Grundlagen von Stiftungen, sondern konzentriert sich auf die für die Vermögensverwaltung
und speziell die Beurteilung „nachhaltiger Kapitalanlagen“ relevanten Bereiche.
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Diese Regelung ist konstitutiv für das Vermögensmanagement von Stiftungenund findet sich in allen Landesstiftungsgesetzen wieder.4 In der Literatur ist
durchaus umstritten, was genau unter Bestandserhaltung zu verstehen ist. Während Carstensen (1994, 1996, 2003, 2005) von einer realen Werterhaltung ausgeht, finden sich auch Interpretationen (zum Beispiel Hüttemann, 1998; Reuter,
2005; Seifart & von Campenhausen, 1999: 254), die prinzipiell einen Ausgleich
inflationsbedingter Wertminderung für wichtig halten, aber keine strikte Kaufkrafterhaltung des Vermögens fordern. Die Stiftungsaufsicht scheint sich dagegen vorwiegend an einer nominalen Erhaltung des Vermögenswertes zu
orientieren.5 In Hüttemann und Schön (2007: 21ff) wird darauf hingewiesen,
dass es keine allgemeingültige, gesetzliche Pflicht zur Kaufkrafterhaltung gibt
und dass es letztlich Entscheidung des Stiftungsvorstandes ist, inwieweit er einen
Ausgleich für einen Kaufkraftverlust des Vermögens anstrebt.
Hinter der Diskussion um reale oder nominale Werterhaltung verbirgt sich ein
potenzieller Konflikt zwischen zeitnaher Verwendung der Erträge und der Erhaltung des Vermögens, da bei der Durchführung einer realen Werterhaltung
unter Umständen ein größerer Teil der Erträge als Ausgleich inflationsbedingter
Vermögensminderungen thesauriert werden müsste. Im Rahmen der Analysen
dieser Studie werden die ökonomischen Konsequenzen von beiden Definitionen
der Werterhaltung entsprechend berücksichtigt.
Als generelle Regel für die Durchführung der Vermögensanlage gilt:
Stiftungsgelder sind nach den Grundsätzen einer sicheren und wirtschaftlichen Vermögensverwaltung anzulegen (Art. 13).
Bei der Vermögensanlage sollen Stiftungen ertragbringende Kapitalanlagen
wählen, aber finanzielle Risiken weitgehend vermeiden. Generell wird in der Literatur die Forderung nach einer „sicheren“ Vermögensanlage als Hinweis auf
eine ausreichende Diversifikation verstanden, Bestimmungen zu einzelnen Anlageformen liegen nicht vor. Nach Seifart und von Campenhausen (1999: 240)
wird eine sogenannte Anlagepolitik der ruhigen Hand empfohlen, also die stetige
Verfolgung einer langfristig ausgerichteten Anlagestrategie. Hüttemann und
Schön (2007) bestätigen den großen Spielraum des Stiftungsvorstandes bei der
Kapitalanlage. Sie zeigen, dass es über die sehr allgemeinen Vorschriften, wie
insbesondere hinsichtlich einer möglichst breiten Diversifikation und damit der
Vermeidung größerer Einzelrisiken, keine konkreten Anlagerichtlinien für Stiftungen gibt.
Des Weiteren wird im Bayerischen Stiftungsgesetz geregelt:
Der Ertrag des Stiftungsvermögens ist nur entsprechend dem Stiftungszweck zu verwenden (Art. 12).
4 Vgl. Seifart und von Campenhausen (1999: 239).
5 Vgl. Richter (2004: 12) und Schindler (2003: 300). Das neue Hamburgische Stiftungsgesetz vom
14. Dezember 2005 ist auf eine reale Werterhaltung ausgerichtet. Darauf weisen die „Hinweise zur
Errichtung einer Stiftung“ und die Mustersatzung der Hamburger Justizbehörde hin.
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Wenn das Stiftungsvermögen so erheblich gemindert ist, dass der Stiftungszweck nicht mehr nachhaltig erfüllt werden kann, kann die Stiftungsaufsicht
anordnen, dass der Ertrag ganz oder teilweise so lange anzusammeln ist, bis
die Stiftung wieder leistungsfähig geworden ist (Art. 26).
Auch diese gesetzlichen Bestimmungen finden sich in ähnlicher Form in den
meisten Landesstiftungsgesetzen wieder. Eine kurze Übersicht zu den Unterschieden in den Formen der Bestandserhaltung findet sich in Schindler (2003:
300).
Zum Verständnis dieser Regelungen ist es notwendig, zwischen dem Stiftungsvermögen (auch „Grundstock“ genannt) und den Erträgen aus diesem Vermögen
zu unterscheiden.6 Für Stiftungen gilt ein sogenanntes Admassierungsverbot, das
in dem angeführten Art. 12 des Bayerischen Stiftungsgesetzes beispielhaft ausgearbeitet ist. Danach dürfen die Erträge aus dem Vermögen grundsätzlich nicht
zur Steigerung des Vermögens selbst verwendet werden, sondern nur für die Erfüllung des Stiftungszwecks. Ein Ausnahmefall ist laut Bayerischem Stiftungsgesetz nur dann gegeben, wenn der Wert des Vermögens erheblich gemindert ist
(Art. 26). In den Stiftungsgesetzen anderer Bundesländer ist dies jedoch teilweise
anders geregelt. Nach dem Hamburgischen Stiftungsgesetz (vom 14.12.2005)
können Rücklagen gebildet werden, soweit sie der nachhaltigen Verwirklichung
des Stiftungszweckes dienen. Es ist allerdings umstritten, ob die Stiftung in jedem Fall einen Vermögensverlust durch Ertragsthesaurierung ausgleichen darf,
da dann die Erträge zeitweise überhaupt nicht mehr oder nur in vermindertem
Maße für den eigentlichen Stiftungszweck zur Verfügung stehen würden.7
Artikel 10 (2) erlaubt prinzipiell Umschichtungen des Vermögens:8
Veräußerte Anlageobjekte sind durch andere adäquate Anlageobjekte zu ersetzen, wobei veräußerte Grundstücke wieder durch Grundstücke zu ersetzen sind.
Dadurch ist das Vermögensmanagement in der Lage, auf veränderte Rahmenbedingungen der Kapitalmärkte und speziell der Rendite- und Risikoerwartungen
von Anlageobjekten durch Änderung der Vermögensstruktur zu reagieren. Wenn
durch diese Umschichtungen Gewinne entstehen, dann sind diese Gewinne in der
Regel vollständig als Vermögenssteigerung anzusehen und müssen nicht ausgeschüttet werden.9 Damit die Stiftung ihren Stiftungszweck erfüllen kann, muss
6 Die juristische Definition von Erträgen findet sich in §§ 99, 100 BGB. Erträge sind danach die Früchte und Nutzungen einer Sache oder eines Rechts. Beispiele dafür sind Zinsen, Dividenden und Mieteinnahmen.
7 Vgl. zum Beispiel Hüttemann (1998: 82) sowie Seifart und von Campenhausen (1999: 254), die zu
dem Ergebnis kommen, dass eine zwangsweise Ausschüttungssperre im Falle von Vermögensverlusten abzulehnen ist. Sie bevorzugen hingegen eine fallweise Abwägungslösung.
8 In der Satzung kann der Stifter davon abweichende Regelungen treffen und festlegen, dass einzelne
Gegenstände des Vermögens, wie zum Beispiel eine bestimmte Immobilie, nicht veräußert werden
dürfen, vgl. Carstensen (2005: 93f).
9 Vgl. Hüttemann (1998: 78f) sowie Seifart und von Campenhausen (1999: 249). Hüttemann sieht
(1998: 79, Fn. 73) dann eine andere Situation als gegeben an, wenn der Stifter in der Satzung fest-
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sie somit ausreichende Vermögenserträge (zum Beispiel Dividenden, Zinsen,
Mieten) erwirtschaften. Das Vermögen der Stiftung darf nicht ausschließlich aus
Anlageobjekten bestehen, die keine laufenden Erträge abwerfen, wie dies zum
Beispiel bei unbebauten Grundstücken, Gold, Nullkuponanleihen oder Aktien,
die keine Dividenden ausschütten, der Fall ist.10
Kurz zusammengefasst bedeuten diese gesetzlichen Vorgaben, dass eine Stiftung ihr Vermögen im Zeitverlauf möglichst real, zumindest aber nominal steigern sollte, wobei als Untergrenze der Anfangsbestand des Vermögens anzusehen ist.
Ein Ausgleich für Vermögensverluste, zu denen auch inflationsbedingte Verminderungen des Vermögens gehören können, kann gegebenenfalls durch Thesaurierung der Erträge vorgenommen werden. Die Erträge aus dem Vermögen
sind zeitnah im Sinne des Stiftungszwecks zu verwenden, nicht jedoch das Vermögen selbst.11
Allerdings finden sich nur hinsichtlich der Vermeidung von Vermögensverlusten gesetzliche Regelungen. Es bleibt hingegen unklar, bis zu welchem Umfang Gewinne aus Vermögensumschichtungen immer dem Vermögen hinzuzurechnen sind. So könnte beispielsweise eine erfolgreiche Vermögensverwaltung
zu einer dauerhaften Zunahme des Vermögens führen und zwar auch über das
Gebot der (realen oder nominalen) Bestandserhaltung hinaus. In diesem Fall
könnte die Stiftung die für die Bestandserhaltung nicht benötigten Gewinne auch
zeitnah ausschütten oder als Puffer für mögliche zukünftige Vermögensverluste
thesaurieren.
Außerdem ist das Vermögensmanagement einer Stiftung gehalten, eine langfristig ausgerichtete Strategie zu verfolgen und die Risiken durch Diversifikation
zu begrenzen.
3.2.1.2 Die steuerrechtlichen Bestimmungen zur Vermögensanlage
Gemeinnützige Stiftungen sind in der laufenden Besteuerung von der Körperschaftsteuer und der Gewerbesteuer befreit.12 Die Aufrechterhaltung der Gemeinnützigkeit ist für gemeinnützige Stiftungen eine wesentliche Nebenbedingung des Stiftungsmanagements, die durch die Einhaltung der
entsprechenden Regelungen der Abgabenordnung (AO) erreicht werden kann.
schreibt, dass das Wertpapiervermögen „entsprechend einer gewerblichen Tätigkeit laufend umgeschichtet werden soll“. In diesem Fall werden nach Hüttemann auch Gewinne aus Umschichtungen
dem zeitnah zu verwendenden Ertrag zugerechnet.
10 Vgl. Carstensen (2005: 92).
11 „Die Inanspruchnahme des Grundstockvermögens ist in den meisten Stiftungsgesetzen ausdrücklich
untersagt“, Seifart und von Campenhausen (1999: 244).
12 Hinzu kommen weitere Steuervergünstigungen zum Beispiel hinsichtlich der Erbschafts- und Schenkungssteuer bei der Gründung der Stiftung sowie die Anwendung des halben Umsatzsteuersatzes bei
der laufenden Besteuerung. Eine umfassende Darstellung des Stiftungssteuerrechts für gemeinnützige
Stiftungen findet sich zum Beispiel in Seifart und von Campenhausen (1999: §43), Strachwitz und
Mercker (2005: Kapitel 5) sowie eine Kurzfassung in Richter (2003).
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Falls das Steuerrecht im Widerspruch zum Stiftungsrechts steht, so sollte die
Stiftung zur Erhaltung der Gemeinnützigkeit die steuerrechtlichen Bestimmungen auf jeden Fall einhalten.13
Die relevanten Bereiche der AO sind die §§ 51-68. Von besonderer Bedeutung
für die Vermögensverwaltung von Stiftungen ist auch der 2002 überarbeitete
Anwendungserlass zur AO (AEAO).
Für das Verständnis der steuerrechtlichen Bestimmungen wird zwischen dem
ideellen Bereich und der Vermögensverwaltung unterschieden.14 Der ideelle Bereich umfasst diejenigen Einnahmen, die dem eigentlichen Stiftungszweck unmittelbar zugute kommen sollen wie zum Beispiel Spenden, Schenkungen und
Erbschaften. Dieser Bereich ist generell steuerbefreit.
Ebenfalls steuerbefreit ist in der Regel die Vermögensverwaltung, solange sie
von der Finanzverwaltung nicht als wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb eingeordnet
wird.15 Als recht allgemeines Kriterium für eine steuerbefreite Vermögensverwaltung gilt, dass die Umschichtung von Vermögenswerten und die Verwertung
der Vermögenssubstanz nicht in den Vordergrund treten. Es gefährdet nach Carstensen (2005) und Hartmann (2005), die sich insbesondere auf die neueste Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) stützen, auch ein häufiger An- und Verkauf von Wertpapieren oder die Fremdfinanzierung des Wertpapiergeschäfts in
der Regel nicht die Steuerbefreiung. Somit wird die Vermögensverwaltung von
Stiftungen durch das Steuerrecht nicht daran gehindert, ein professionell ausgerichtetes Vermögensmanagement durchzuführen.
Einschränkungen in der Vermögensverwaltung ergeben sich hinsichtlich dynamischer Anpassungen des Portfolios. So darf eine Stiftung nur in eingeschränktem Maße Rücklagen bilden, ohne die Steuerbefreiung zu verlieren.
Besonders relevant ist hier die freie Rücklage nach § 58 Nr. 7a AO. In diese
Rücklage darf pro Jahr maximal ein Drittel des Überschusses aus Einnahmen
abzüglich Kosten aus der Vermögensverwaltung eingestellt werden. Dies betrifft
alle Zuflüsse von Dividenden, Zinsen, Mieten und anderen Erträgen, die aus
Kapitalanlagen resultieren. Die anderen zwei Drittel der Differenz aus Einnahmen und Kosten der Vermögensanlage müssen zeitnah für den Stiftungszweck ausgegeben werden.
Die freie Rücklage dient dazu, ganz allgemein die Leistungsfähigkeit der Stiftung zu erhalten und z.B. eingetretene Verluste aus der Kapitalanlage auszugleichen. Sie kann auch für den Ausgleich inflationsbedingter Wertminderung
dienen. Diese Rücklage muss nicht aufgelöst werden und darf dauerhaft dem
13 Vgl. Augsten und Schmidt (2003: 8) und Hüttemann (1998: 91).
14 Vgl. Ernst & Young (2003) und Neuhoff (2005: 457 ff). Der Bundesfinanzhof unterscheidet danach
in seiner Rechtsprechung die folgenden vier Bereiche: (1) ideeller Bereich, (2) Vermögensverwaltung, (3) Zweckbetrieb und (4) wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb. Im Rahmen dieser Studie sind
die beiden zuletzt aufgeführten Bereiche nicht von Bedeutung und werden daher nicht weiter thematisiert.
15 Vgl. Hartmann (2005b).
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Vermögen hinzugefügt werden (vgl. Thiel, 1998: 7). Demselben Zweck – Ausgleich für eingetretene Verluste und Inflationsausgleich – dient auch die Realisierung von Gewinnen aus der Vermögensverwaltung, da solche Gewinne steuerrechtlich nicht ausgeschüttet werden müssen und dem Vermögen hinzugefügt
werden können.16
Der neue Anwendungserlass zur AO vom 10. September 2002 führt allerdings
zu einer weiteren Einschränkung des intertemporalen Verlustausgleichs im Bereich der Vermögensverwaltung.17 Dabei wird eine Vorschrift, die vorher nur für
den wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb galt, auch auf die Vermögensverwaltung
ausgedehnt. Unschädlich für die Gemeinnützigkeit sind zum einen so genannte
Anlaufverluste, also Verluste die relativ kurz nach dem Kauf der Vermögensanlage entstehen und innerhalb von drei Jahren wieder ausgeglichen sind. Zum
anderen dürfen Mittel, die dem ideellen Bereich zustehen, nur in dem Umfang
zum Ausgleich eines Vermögensverlustes verwendet werden, wie in den vorangegangenen sechs Jahren Erträge an den ideellen Bereich gegeben wurden. Auch
der Ausgleich eines Verlustes mit Mitteln des ideellen Bereichs innerhalb eines
Jahres ist nicht steuerschädlich. Außerdem ist es der Stiftung möglich, ein Darlehen aufzunehmen, das den Vermögensverlust ausgleicht, sofern der Zins- und
Tilgungsdienst aus der Vermögensverwaltung geleistet wird.18
Die Bedingungen, unter denen ein Verlustausgleich die Gemeinnützigkeit nicht
gefährdet, können im Widerspruch zu den stiftungsrechtlichen Vorschriften in
Bezug auf die Erhaltung des Stiftungsvermögens stehen. Wenn ein erheblicher
Vermögensverlust eingetreten ist, fordert zum Beispiel das Bayerische Stiftungsgesetz (Art. 26) den Ausgleich des Verlustes durch die Verwendung laufender
oder zukünftiger Erträge, während das Steuerrecht nur eine eingeschränkte Thesaurierung zulässt.19 Die steuerrechtlichen Vorschriften stellen in solchen Fällen
zusätzliche Einschränkungen für die intertemporale Optimierung des Vermögensmanagements dar.
3.2.2 Rechtliche und betriebswirtschaftliche Einordnung von
nachhaltigen Kapitalanlagen
Die Anlage des Vermögens in nachhaltigen Kapitalanlagen kann für Stiftungen
interessant sein, weil dadurch Synergieeffekte zwischen der Vermögensanlage
und dem Stiftungszweck entstehen und Konflikte zwischen der Mittelerwirtschaftung und der Mittelvergabepolitik vermieden werden können.
16 Vgl. AEAO Tz. 28 zu § 55 Abs. 1 Nr. 5 AO. Realisierte Gewinne aus Vermögensumschichtungen
werden in einer Umschichtungsrücklage verbucht, vgl. Doppstadt (2005: 572).
17 Vgl. Augsten und Schmidt (2003), Hüttemann (2002) und Müller (2004), die Bezug nehmen auf
AEAO Tz. 4 bis 9 zu § 55 Abs. 1 Nr. 1 AO.
18 Weitere Details des Anwendungserlasses zur AO und dessen Interpretation finden sich in Augsten
und Schmidt (2003), Hüttemann (2002) und Müller (2004).
19 Siehe hierzu auch Hüttemann und Schön (2007: 69).
Chapter Preview
References
Zusammenfassung
In den letzten Jahren ist der Markt für nachhaltige Kapitalanlagen auch in Europa signifikant gewachsen. Besonders für Stiftungen können Kapitalanlagen, die nach ethischen, sozialen und ökologischen Kriterien ausgewählt werden interessant sein, weil dadurch der Stiftungszweck auch im Rahmen der Vermögensanlage berücksichtigt werden kann. Im April 2008 wurde zur Analyse dieses Themas eine Konferenz unter dem Titel „Nachhaltige Kapitalanlagen für Stiftungen: Aktuelle Entwicklungen“ in Osnabrück bei der Deutschen Bundesstiftung Umwelt (DBU) durchgeführt. Ziel der Konferenz war es, einen umfassenden Überblick über die aktuellen Entwicklungen auf dem Markt für nachhaltige Kapitalanlagen zu geben und eine Bewertung, speziell aus der Perspektive von Stiftungen, durchzuführen.
Der vorliegende Konferenzband enthält als zentrales Kapitel die Studie „Nachhaltige Vermögensanlagen für Stiftungen“, die das ZEW zusammen mit der Universität Stuttgart durchgeführt hat. Die weiteren Beiträge befassen sich unter anderem mit dem noch relativ jungen Markt der Microfinance-Anlageprodukte, die als Teilgebiet der nachhaltigen Kapitalanlagen in Zukunft für Stiftungen eine ansteigende Bedeutung erlangen könnten.