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5. Zwischenergebnis zu den gesetzlichen Instrumenten der personalisierten
Leitung
Obwohl das geltende Recht für den Vorstand das Kollegialprinzip vorsieht, lässt
es eine gewisse Personalisierung zu. So sind bei näherer Betrachtung bereits vier
Personalisierungsmöglichkeiten im Gesetz angelegt. Dies sind die Schaffung eines Ein-Mann-Vorstands sowie die Bestellung eines Vorstandsvorsitzenden bzw.
eines Vorstandssprechers im mehrköpfigen Vorstand. Beide können, wie oben
dargestellt, über bestimmte Sonderbefugnisse verfügen, die ihnen in der Satzung
und vor allem der Geschäftsordnung eingeräumt werden. Die absolute Grenze
dieser Sonderstellung bildet das Verbot eines Alleinentscheidungsrechts gem.
§ 77 Abs. 1 S. 2, 2. HS AktG. Weiterhin bietet die KGaA geeignete Gestaltungsmöglichkeiten.
B. Faktische Macht des Vorstandsvorsitzenden/-sprechers und bestehende
Grenzen
Von den aufgezeigten vier gesetzlich vorgesehenen Personalisierungsmöglichkeiten sind in der Praxis hauptsächlich der Vorstandsvorsitzende bzw. der Vorstandssprecher bedeutsam. Sie verfügen teilweise über eine enorme Machtstellung, die aber nur teilweise aus den formellen Rechten resultiert, die ihnen in der
Satzung oder Vorstandsgeschäftsordnung eingeräumt werden.221 Entscheidender
ist vielmehr ihre faktische Machtstellung, die zu einem Quasi-Weisungsrecht
führt und sie in die Nähe eines CEO rückt.222 Manche Autoren sehen in dieser
faktischen Dominanz einen Automatismus und setzen bereits die Existenz eines
Vorstandsvorsitzenden bzw. Vorstandssprechers mit dem Vorhandensein
direktorialer Strukturen gleich.223 Demgegenüber wird die Auffassung vertreten,
dass Vorstandsvorsitzende dieses Zuschnitts eher die Ausnahme bilden.224
Die Wurzeln dieser faktischen Vormachtstellung des Vorstandsvorsitzenden
lassen sich nur schwer erfassen. Ein Ansatzpunkt sind die bereits herausgearbeiteten besonderen Aufgaben und Rechte, die in der Geschäftsordnung kodifiziert
werden.225 Im Folgenden wird dargestellt, wie durch diese formellen Rechte eine
informelle Einflussnahme ermöglicht wird und wo dabei die Grenzen des Zuläs-
221 Vogel, Aktienrecht und Aktienwirklichkeit, S. 104.
222 Rieger, FS Peltzer, S. 339 (347); Schwark, in: Hommelhoff u. a. (Hrsg.), Corporate Governance, S. 75 (95); Semler, FS Lutter, S. 721 (728); Bernhardt/Witt, ZfB 1999, 825 (825);
Bleicher, ZO 1981, 66 (73); Kübler, BB 2002, Heft 12, Die Erste Seite.
223 Oesterle, ZfO 2003, 199 (203).
224 Vgl. die Diskussion nach dem Vortrag von Frühauf beim 12. Symposium der ZGR »Verantwortung und Kontrolle der Geschäftsleiter« in Königsstein 1998, zusammengefasst von
Van Aerssen, ZGR 1998, 419 (419).
225 Vgl. auch die Erklärungsversuche von Semler, FS Lutter, S. 721 (728 ff.) sowie Oesterle,
ZfO 2003, 199 (201).
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sigen liegen. Danach sind die formell niedergelegten neuen Führungsstrukturen
bei einigen Großunternehmen daraufhin zu untersuchen, ob sie sich an diese
Grenzen halten. Abschließend wird der Frage nachgegangen, ob das Kollegialprinzip beibehalten werden soll oder eine Gesetzesreform notwendig ist.
Da die faktische Dominanz bei Vorstandsvorsitzenden und Vorstandssprechern
gleichermaßen zu beobachten ist,226 werden beide Rechtsfiguren gemeinsam
behandelt, wobei aus Praktikabilitätsgründen meist nur der Vorstandsvorsitzende
genannt wird. Kommt es auf Besonderheiten des Vorstandssprechers an, so wird
dies gesondert hervorgehoben.
I. Koordination der einzelnen Ressorts
1. Auswirkung der Geschäftsverteilung
Die Hauptaufgabe des Vorsitzenden ist die Koordination der Vorstandsarbeit, die
vor allem infolge der Geschäftsverteilung notwendig ist. Die Geschäftsverteilung
scheint dem Einzelnen auf den ersten Blick keine herausragende Rolle einzuräumen, sondern nur aus der kollegialen eine weithin parallele Vorstandsarbeit zu
machen. Daher wird sie auch als horizontale Vorstandsorganisation bezeichnet.227
Dementsprechend misst man ihre Zulässigkeit vornehmlich am Grundsatz der
Gesamtverantwortung bzw. dem darin enthaltenden Grundsatz der Gesamtleitung.228 Auch der Gleichberechtigungsgrundsatz enthält aber eine Grenze für die
Geschäftsverteilung, da danach kein Vorstandsmitglied pauschal von der Geschäftsführung ausgeschlossen werden darf.229
Der Vorstandsvorsitzende hat wie die anderen Vorstandsmitglieder im Rahmen
der Geschäftsverteilung üblicherweise ein eigenes Ressort inne, typischerweise
die Unternehmensplanung und das Controlling, teilweise ergänzt um die Öffentlichkeitsarbeit oder die Personalpolitik für Führungskräfte.230 Dabei handelt es
sich um sehr einflussreiche Ressorts, die im Gegensatz zu anderen Fachressorts
auf die Leitung des Gesamtunternehmens gerichtet sind. Die Koordinationsaufgabe und damit verbunden die Gefahr einer Anmaßung der Leitungsmacht
sind bei der divisionalen Organisationsstruktur größer als bei einer funktionalen
oder regionalen Gliederung.231 Daher ist die Stärkung des Vorstandsvorsitzenden
auch eine Folge der Divisionalisierung.232
226 Ringleb, DCGK-Kommentar, Fn. 490.
227 Martens, FS Fleck, S. 191 (205).
228 Siehe oben 2. Teil A.I.3.
229 Siehe oben 2. Teil A.I.2.a).
230 Gerum, Das deutsche Corporate Governance-System, S. 127; Krieger, Personalentscheidungen des Aufsichtsrats, S. 247; Bezzenberger, ZGR 1996, 661 (664).
231 Fleischer, ZIP 2003, 1 (7).
232 V. Hein, ZHR 2002, 464 (481).
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Darüber hinaus verfügt der Vorstandsvorsitzenden aufgrund seiner Koordinationsaufgabe über einen Informationsvorsprung, durch den er informell auf Entscheidungen in anderen Ressorts Einfluss nehmen kann.233 Mit der Geschäftsverteilung geht regelmäßig ein vorstandsinternernes Berichtssystem einher. So
berichten die einzelnen Vorstandsmitglieder außerhalb der Vorstandssitzungen
regelmäßig an den Vorstandsvorsitzenden über ihr Ressort.234 Sie werden außerdem oftmals in der Geschäftsordnung ausdrücklich zu einer Information des Vorstandsvorsitzenden vor der Vornahme bestimmter Geschäfte, die an sich nicht
dem Gesamtvorstand unterfallen, verpflichtet.235 Auf diese Weise kann der Vorstandsvorsitzende auf eine bestimmte Angelegenheit aufmerksam werden, weitere Informationen einholen und gegebenenfalls einen Beschluss des Gesamtvorstands herbeiführen. Weiterhin regelt der Vorsitzende die Zusammenarbeit der
Mitglieder bei Überschneidungen von Geschäftsbereichen.236 Die Geschäftsverteilung selbst beruht noch häufiger als andere Beschlüsse auf einem Vorschlag des
Vorsitzenden.237
Die Dominanz des Vorstandsvorsitzenden wird durch die Ausschussbildung in
größeren Vorständen verstärkt, weil dadurch eine zusätzliche Koordination der
einzelnen Ausschüsse notwendig wird.238 Die Rolle des Vorsitzenden wird weiterhin dadurch aufgewertet, dass er oft in den Ausschüssen überrepräsentiert ist239
und die maßgeblichen Beschlussvorschläge für die Besetzung der Ausschüsse
macht.240 Der Vorstandsvorsitzende hat also im Gegensatz zu den anderen Mitgliedern auf alle Ausschussentscheidungen einen Einfluss. Obwohl ein Ausschuss niemals eine Entscheidung des Gesamtvorstands vorwegnehmen kann,241
zeichnet er sie doch schon erheblich vor.
Diese Dominanz des Vorsitzenden aufgrund seiner Koordination der Vorstandsarbeit wurde stellenweise mit dem Begriff »vertikale Vorstandsorganisation« bezeichnet.242 In der frühen aktienrechtlichen Literatur wurde eine vertikale
Aufteilung der Vorstandsaufgaben im Gegensatz zu einer horizontalen Organisation wegen des Kollegialprinzips für völlig unzulässig gehalten, wenn sie zu einer
233 Krieger, Personalentscheidungen des Aufsichtsrats, S. 246; Schmidt, Gesellschaftsrecht,
§ 28 II, S. 813; Bezzenberger, ZGR 1996, 661 (663).
234 Bezzenberger, ZGR 1996, 661 (664). Vgl. auch die Mustergeschäftsordnung für den Vorstand in Happ, Aktienrecht, 8.06.
235 Happ, Aktienrecht, 8.05, Anm. 8.
236 Wiesner, Münchner HdB AG, § 24 Rn. 3; Bezzenberger, ZGR 1996, 661 (662 ff.); Erle,
AG 1987, 7 (11).
237 Bezzenberger, ZGR 1996, 661 (664). Heller, Unternehmensführung und Unternehmenskontrolle, S. 158.
238 Hoffmann-Becking, ZGR 1998, 497 (509); Schiessl, ZGR 1992, 64 (77).
239 Schiessl, ZGR 1992, 64 (77).
240 Bezzenberger, ZGR 1996, 661 (664).
241 Mertens, Kölner Komm., § 77 Rn. 12.
242 Mertens, Kölner Komm., 1. Aufl., § 77 Rn. 9 und 12; Martens, FS Fleck, S. 191 (205).
Mielke, Die Leitung der unverbundenen Aktiengesellschaft, S. 79 spricht von »vertikaler
Dezentralisation« im Gegensatz zur »horizontalen Dezentralisation« innerhalb des Vorstands, meint damit aber die Delegation an Angestellte unterhalb der Vorstandsebene.
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Deklassierung einzelner Vorstandsmitglieder mit minderen Befugnissen führt.243
Dem wurde aber zu Recht entgegengehalten, dass jede horizontale Vorstandsorganisation auch eine vertikale Organisation nach sich zieht, die die einzelnen Ressorts wieder zusammenführt.244 Infolgedessen existiert keine tatsächliche Differenzierung zwischen horizontaler und vertikaler Organisation und auch eine vertikale Organisation ist in gewissen Grenzen zulässig.245
2. Grenzen der vertikalen Vorstandsorganisation
Eine vertikale Vorstandsorganisation führt zu ähnlichen Konflikten mit dem
Kollegialprinzip wie die horizontale Vorstandsorganisation. Wie bereits dargestellt wurde, ist eine horizontale Organisation bzw. Geschäftsverteilung nur insoweit zulässig, wie sie dem Grundsatz der Gleichberechtigung und Gesamtverantwortung genügt.246 Diese Grenzen müssen auch für die vertikale Organisation gelten.247 Hier tritt jedoch der Grundsatz der Gleichberechtigung stärker in den Vordergrund, während die Spartenorganisation vor allem im Zusammenhang mit der
Gesamtverantwortung problematisiert wird.
a) Grundsatz der Gleichberechtigung
Aus § 77 Abs. 1 S. 2, 2. HS AktG folgt, dass der Vorstandsvorsitzende den anderen Vorstandsmitgliedern keine Weisungen erteilen kann248 und die Koordination
der einzelnen Ressorts und Projekte nur im Einvernehmen mit den jeweils betroffenen Vorstandsmitgliedern oder durch einen Beschluss des Gesamtvorstands
möglich ist.249 Das einzelne Mitglied kann und muss sich daher nach dem Gesetz
ganz klar einer faktischen Weisung entziehen, selbst wenn dies in der Praxis oftmals unterbleibt, um die eigene Wiederwahl nicht zu gefährden.
243 Hefermehl, Geßler/Hefermehl, AktG, § 77 Rn. 15; Mertens, Kölner Komm., 1. Aufl., § 77
Rn. 9 und 12, differenzierter jetzt aber Mertens, Kölner Komm., § 77 Rn. 15 ff. So auch
Schiessl, ZGR 1992, 64 (79).
244 Martens, FS Fleck, S. 191 (205 f.); Bezzenberger, ZGR 1996, 661 (665).
245 Bezzenberger, ZGR 1996, 661 (665).
246 Siehe oben 2. Teil A.I.3.a).
247 Schwark, ZHR 1978, 203 (214).
248 Bedenklich ist insofern die Formulierung in § 4 Nr. 2 GeschO Siemens AG: »Der Vorstandsvorsitzende legt im Einvernehmen mit dem Zentralvorstand die Unternehmenspolitik der Siemens Aktiengesellschaft sowie die Grundsätze der Geschäftspolitik des Hauses
fest. Diese sind für die Vorstandsmitglieder bei ihrer Geschäftsführung bindend.«
249 V. Hein, ZHR 2002, 464 (489); Bernhardt, in: Hommelhoff/Lutter/Schmidt/Schön/Ulmer,
Corporate Governance, 2002, S. 119 (165); Fleischer, ZIP 2003, 1 (8).
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b) Grundsatz der Gesamtverantwortung
Wegen des Grundsatzes der Gesamtleitung müssen auch hinsichtlich der vertikalen Organisation die Mindestzuständigkeiten des Gesamtvorstands gewahrt bleiben. Dies bedeutet im Einzelnen, dass bei Gesamtleitungsfragen der Vorsitzende
keinesfalls allein entscheiden kann, sondern verpflichtet ist, diese vor den Gesamtvorstand zu bringen.250 Diese Vorlagepflicht trifft auch das Vorstandsmitglied, in dessen Ressort die Angelegenheit fällt und das somit davon Kenntnis hat.
Dies gilt insbesondere, wenn der Vorsitzende eine Vorlage unterlässt.
Auch der Grundsatz der gegenseitigen Kontrolle gilt uneingeschränkt fort. Die
vertikale Organisation begünstigt vor allem die Kontrolle des Vorsitzenden
gegenüber den einzelnen Mitgliedern, während die Kontrolle des Vorstandsvorsitzenden durch die übrigen Mitglieder aufgrund des Informationsgefälles
erschwert wird. Hier erlangt vor allem das Interventionsrecht, durch das jedes
Vorstandsmitglied jede Angelegenheit vor den Gesamtvorstand bringen kann,
Bedeutung.
Die Ausübung des Interventionsrechts setzt voraus, dass das Vorstandsmitglied
überhaupt von der Angelegenheit Kenntnis hat. Es ist in der Praxis selten, dass
der Vorstandsvorsitzende allein mit einer Sache befasst ist. Vielmehr entstehen
die meisten Fragen in den von den übrigen Mitgliedern wahrgenommenen
Fachressorts, so dass zumindest ein weiteres Vorstandsmitglied von der Sache
Kenntnis erlangt. Dieses Mitglied ist primär gehalten, die übrigen Mitglieder zu
informieren und die betreffende Angelegenheit vor den Gesamtvorstand zu bringen. Dies betrifft nun nicht nur Gesamtleitungsaufgaben, für die eine Vorlagepflicht sowieso besteht, sondern jede Angelegenheit, bei der das Ressortmitglied
dem Handeln des Vorstandsvorsitzenden nicht zustimmt. Besonders schwierig ist
eine Kontrolle des Vorstandsvorsitzenden aber bei Entscheidungen, die Informationen aus mehreren Ressorts voraussetzen und somit die Aufmerksamkeit aller
betroffenen Vorstandsmitglieder verlangen.
c) Verminderung der Anzahl der Vorstandsmitglieder
Der Umfang der Koordinationsaufgabe des Vorstandsvorsitzenden ist nicht nur
von der Art der Geschäftsverteilung abhängig, sondern auch der Anzahl der
Vorstandsmitglieder. Mangels gesetzlicher Vorgaben haben sich in der Praxis
Mammutvorstände mit fünfzehn, zwanzig oder mehr Mitgliedern herausgebildet.251 Hier ist zwar eine weitgehende Arbeitsteilung möglich, gleichzeitig können aber die einzelnen Vorstandsmitglieder nur unzureichend die Vorgänge in anderen Ressorts beobachten. So begünstigen übergroße Vorstände die Dominanz
250 Spindler/Hefermehl, Münchner Komm., § 77 Rn. 16 f.
251 Hoffmann-Becking, ZGR 1998, 497 (515).
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des Vorstandsvorsitzenden.252 Diese Domianz könnte zukünftig durch eine Begrenzung der Zahl der Vorstandsmitglieder im Gesetz bzw. zunächst durch eine
entsprechende Empfehlung im Deutschen Corporate Governance Kodex gemindert werden.
II. Vorbereitung und Durchführung der Vorstandssitzungen
Wie oben dargelegt wurde, hat der Vorstandsvorsitzende anerkanntermaßen bestimmte verfahrensleitende Befugnisse im Hinblick auf die Leitung der Vorstandssitzungen, die meist auch formell in der Geschäftsordnung festgehalten
sind. Dadurch wird ebenfalls eine Einflussnahme auf die Beschlussfassung möglich, weil jede Verfahrensleitung ansatzweise eine Sachleitung enthält.253
1. Festlegung der Tagesordnung
Formelle Vorstandssitzungen werden ungefähr ein- bis zweimal monatlich angesetzt. Daneben finden meist wöchentliche Routinesitzungen statt.254 Mit der Ladung zur Vorstandssitzung wird den Vorstandsmitgliedern üblicherweise eine Tagesordnung zugeleitet, obwohl eine förmliche Bekanntgabe eines Gegenstandes
auf der Tagesordnung keine Wirksamkeitsvoraussetzung für einen Vorstandsbeschluss ist.255
In der Geschäftsordnung ist meist ausdrücklich bestimmt, dass gerade der
Vorstandsvorsitzende die Sitzungen einberuft und die Tagesordnung festlegt.256
Er kann also entscheiden, welche der Angelegenheiten, von denen er aufgrund der
dargestellten Koordinationsfunktion Kenntnis erlangt hat, überhaupt auf die
Tagesordnung gelangen. Dies ist in gewissem Maße beabsichtigt, weil nicht alle
Vorstandsmitglieder sämtliche Angelegenheiten aus anderen Ressorts beobachten können, sondern eine effektive Vorstandsarbeit eine Informationsfilterung
verlangt. Dies bedeutet aber auch, dass die übrigen Vorstandsmitglieder von
einem durch den Vorstandsvorsitzenden ausgelassenen Punkt keine Kenntnis
252 Mertens, Kölner Komm., § 76 Rn. 92; Hoffmann-Becking, ZGR 1998, 497 (515).
253 Bezzenberger, ZGR 1996, 661 (663). Heller, Unternehmensführung und Unternehmenskontrolle, S. 158.
254 Bleicher/Paul/Leberl, Unternehmensverfassung und Spitzenorganisation, S. 104.
255 OLG Schleswig, NJW 1960, 1862.
256 § 12 GeschO Siemens AG: »1. Der Vorstandsvorsitzende beruft die Sitzungen des Gesamtvorstands und des Zentralvorstands ein. ... 2. Sitzungen des Gesamtvorstands sind einzuberufen, wenn der Vorstandsvorsitzende es für erforderlich hält oder wenn es der Aufsichtsrat oder ein Vorstandsmitglied unter Angabe der zu behandelnden Gegenstände verlangt. ... 4. Der Vorstandsvorsitzende legt für die Sitzungen des Gesamtvorstands die
Tagesordnung fest, die mit der Einladung spätestens zwei Wochen vor der Sitzung
bekanntgegeben wird. ...«
Chapter Preview
References
Zusammenfassung
Die Studie analysiert die Personalisierungsmöglichkeiten für eine Aktiengesellschaft mit Sitz in Deutschland. Untersucht werden sowohl die klassische Aktiengesellschaft als auch die seit 2004 mögliche Europäische Aktiengesellschaft (SE).
Ausgangspunkt der Untersuchung ist eine Systematisierung des Kollegialprinzips sowie der bereits im Gesetz angelegten Personalisierungsmöglichkeiten, wie der Vorstandsvorsitzende und der Vorstandssprecher. Sodann wird erörtert, auf welchen Faktoren deren faktische Macht beruht und wo die gesetzlichen Grenzen liegen. Daraus leitet die Autorin ab, ob die bestehenden gesetzlichen Regeln noch angemessen sind.
Darüber hinaus werden die Personalisierungsmöglichkeiten bei einer Europäischen Aktiengesellschaft (mit Sitz in Deutschland) aufgezeigt, und zwar zunächst für eine SE mit dem sogenannten dualistischen Leitungssystem. Für die SE mit monistischem System untersucht die Autorin rechtsvergleichend, inwieweit die Regelungen des deutschen SE-Ausführungsgesetzes bestehenden Corporate Governance-Grundsätzen entsprechen. Außerdem schlägt sie Regelungen über die monistische SE zur Aufnahme im Deutschen Corporate Governance Kodex vor.