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2. Fazit
Die Einführung des Fahrverbotes als Zuchtmittel ist grundsätzlich als zulässig anzusehen. Gleichwohl ist die ebenfalls beabsichtigte Ausweitung seines Anwendungsbereiches auf Straftaten der allgemeinen Kriminalität als auch seiner Verbotsdauer
auf bis zu einem Jahr abzulehnen.
VI. Zwischenergebnis
Nach derzeitiger Rechtslage ist die Anordnung des Fahrverbotes im Jugendstrafrecht
unzulässig.
Seine Verhängung in Form einer Weisung i.S.d. § 10 Abs. 1 Satz 1 JGG scheitert an
der mangelnden Vereinbarkeit der „abschreckenden Denkzettelfunktion“ des Fahrverbotes mit der Zielrichtung der Weisung, die Erziehung des Jugendlichen zu fördern und zu sichern.
Der Anwendbarkeit als Nebenstrafe des allgemeinen Strafrechts gemäß § 44 Abs. 1
StGB steht die Anordnungsvoraussetzung „Verurteilung zu einer Geld- oder Freiheitsstrafe“ entgegen, da diese Hauptstrafen im Jugendstrafrecht unzulässig sind.
Die Anordnung des Fahrverbotes neben Erziehungsmaßregeln, Zuchtmitteln und Jugendstrafe – und damit losgelöst von den Hauptstrafen des allgemeinen Strafrechts –
über § 8 Abs. 3 JGG verstößt gegen das Analogieverbot gemäß Art. 103 Abs. 2 GG
und ist folglich ebenfalls unzulässig.
Vor diesem Hintergrund stellt die geplante Einführung des Fahrverbotes als Zuchtmittel einen tauglichen Lösungsansatz dar, allerdings sollte der Anwendungsbereich
auf Anlasstaten mit Verkehrsbezug beschränkt bleiben und die Verbotsdauer von bis
zu max. drei Monaten betragen.
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References
Zusammenfassung
Im Mittelpunkt der Untersuchung steht die rechtsdogmatisch relevante Frage, inwieweit die Kriminalrechtsfolge Fahrverbot (§ 44 StGB) gleichzeitig als Rechtsfolge einer typischen Jugendverfehlung (§ 44 StGB i.V.m. § 8 Abs. 3 JGG) und einer Verkehrsordnungswidrigkeit (§ 25 StVG) fungieren kann.
Unter diesem Blickwinkel werden zunächst das Wesen und die Funktion des Fahrverbotes als sog. „Denkzettel“ herausgearbeitet. Anschließend wird das Fahrverbot in das jeweilige Sanktionssystem eingeordnet und die Voraussetzungen für seine Anordnung und Vollstreckung kritisch hinterfragt. Im Ergebnis ist festzustellen, dass das Fahrverbot im Strafrecht noch nicht den Platz einnimmt, der ihm ursprünglich vom Gesetzgeber zugedacht war. Dazu bedarf es in erster Linie einer zurückhaltenden Entziehung der Fahrerlaubnis gemäß § 69 StGB. Im Jugendstrafrecht verstößt die Verhängung des Fahrverbotes nach derzeitiger Rechtslage gegen das Analogieverbot gemäß Art. 103 Abs. 2 GG. Neben der Verhängung einer Geldbuße für eine begangene Verkehrsordnungswidrigkeit vermag das Fahrverbot als sog. „Denkzettel“ nicht zu fungieren, es entfaltet für den Betroffenen vielmehr Strafwirkung.