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sacherprinzip, in der Form des Kostenzurechnungsprinzips weiterhin Genüge getan
und die öffentliche Hand finanziell nicht belastet würde.
II. Entsorgungsverfahren
Die Planung und Durchführung der Entsorgung obliegt in erster Linie den entsorgungspflichtigen Kernkraftwerkbetreibern. Der Staat ist jedoch in die hiermit
verbundenen Entscheidungsprozesse in vielfältiger Weise eingebunden. Er legt nicht
nur die Rahmenbedingungen fest, sondern trifft auch die endgültige Entscheidung
über die Standorte für die Zwischen- und Endlager und kontrolliert und beaufsichtigt
die einzelnen Entsorgungsschritte.
1. Entsorgungsnachweis
Die Kernkraftwerkbetreiber müssen bereits vor der Errichtung eines Kernkraftwerks
im Rahmen des Rahmenbewilligungsverfahrens gem. Art. 13 Abs. 1 lit. d KEG (früher Art. 3 Abs. 2 des Bundesbeschlusses zum Atomgesetz) den Nachweis erbringen,
dass die sichere Entsorgung von radioaktiven Abfälle in der Schweiz möglich ist.
Dieser Entsorgungsnachweis hat drei Komponenten, nämlich den Sicherheitsnachweis, den Standortnachweis und den Nachweis in bautechnischer Hinsicht (Machbarkeit).782 Der Sicherheitsnachweis muss zeigen, dass es grundsätzlich ein Wirtsgestein gibt, welches die geologischen und hydrogeologischen Eigenschaften besitzt,
um den dauernden Schutz von Mensch und Umwelt zu gewährleisten. Der Standortnachweis muss auf Grund von dokumentierten Untersuchungsergebnissen belegen,
dass mit hoher Wahrscheinlichkeit ein genügend großer Gesteinskörper mit den im
Sicherheitsnachweis festgehaltenen Eigenschaften in der Schweiz existiert, so dass
die Realisierung eines geologischen Tiefenlagers mit Aussicht auf Erfolg in Angriff
genommen werden könnte. Der Machbarkeitsnachweis muss letztendlich zeigen,
dass im gewählten Wirtsgestein ein geologisches Tiefenlager unter Einhaltung der
Sicherheitsvorschriften mit den derzeit vorhandenen technischen Mitteln gebaut, betrieben und langfristig sicher verschlossen werden kann.783 Verlangt wird demnach
nicht das Bestehen eines geologischen Tiefenlagers, sondern das Aufzeigen von Lösungswegen, die mit großer Wahrscheinlichkeit realisierbar sind, wobei noch bestehende Ungewissheiten, die grundsätzliche Machbarkeit nicht in Frage stellen dürfen.784
Die Notwendigkeit einer Rahmenbewilligung einschließlich eines Entsorgungsnachweises für die Errichtung einer kerntechnischen Anlage ist allerdings erst mit
782 Jagmetti, Energierecht, Rdnr. 5520.
783 BBl 2001, S. 2737.
784 Jagmetti, Energierecht, Rdnr. 5520.
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dem Bundesbeschluss zum Atomgesetz vom 6. Oktober 1978 eingeführt worden.785
Bis dahin reichte eine Bau- und Betriebsbewilligung für die Errichtung und die Inbetriebnahme eines Kernkraftwerks aus. Da beim Inkrafttreten des Bundesbeschlusses
die Baubewilligung für das Kernkraftwerk in Leibstadt bereits erteilt und die anderen älteren Kernkraftwerke in Betrieb waren, wurde bisher noch keines der derzeit
betriebenen Kernkraftwerke auf eine solche Rahmenbewilligung gestützt.786 Das
neue Kernenergiegesetz hat jedoch in Art. 106 Abs. 2 KEG den Eigentümern der
heute in Betrieb befindlichen Kernkraftwerke die Pflicht auferlegt, den Entsorgungsnachweis innerhalb von 10 Jahren nachzureichen, soweit nicht der Bundesrat
den Nachweis bereits als erfüllt beurteilt hat.
Für schwach- und mittelradioaktive Abfälle hat der Bundesrat am 3. Juni 1988
entschieden, dass mit dem von der NAGRA vorgelegten Projekt „Gewähr 1985“787
der Entsorgungsnachweis erbracht worden sei.788 Ein Entsorgungsnachweis für
hochradioaktive Abfälle wurde im Jahr 2002 von der NAGRA eingereicht.789 Nachdem die Hauptabteilung für die Sicherheit der Kernanlagen (HSK)790, die Kommission für die Sicherheit der Kernanlagen (KSA)791 und die Kommission für die nukleare Entsorgung (KNE)792 im September 2005 zu dem Gesamturteil kamen, dass
hierdurch nachgewiesen worden ist, dass auch die sichere Endlagerung von hochradioaktiven Abfällen in der Schweiz grundsätzlich möglich ist, genehmigte der Bundesrat am 28. Juni 2006 den vorgelegten Entsorgungsnachweis für hochradioaktive
Abfälle. Damit sind alle notwendigen Entsorgungsnachweise mittlerweile erbracht.
Eine Standortentscheidung für ein Endlager ist hiermit jedoch nicht verbunden gewesen.
785 Weber/Kratz, Elektrizitätswirtschaftsrecht, S. 137.
786 Jagmetti, Energierecht, Rdnr. 5520.
787 NGB 85-01/08.
788 Schweizerische Bundesrat, Beschluss Nukleare Entsorgung: Projekt Gewähr, Materielle Beurteilung, 3. Juni 1988. (KSA 23/79)
789 Der Entsorgungsnachweis BE/HAA/LMA für die sichere Endlagerung von hochradioaktiven
und langlebigen mittelradioaktiven Abfällen basierte auf dem Opalinuston am Beispiel des
Züricher Weinlandes. Siehe NAGRA, Projekt Opaliuston, „www.nagra.ch/ downloads/d_bro_opa.pdf“; Stand: besucht am 1.08.2007.
790 Die Hauptabteilung für die Sicherheit der Kernanlagen (HSK) ist eine technischwissenschaftlich ausgerichtete Institution. Die HSK beaufsichtigt und beurteilt in erster Linie
die nukleare Sicherheit und den Strahlenschutz der Schweizer Kernanlagen. Ferner übernimmt sie die wissenschaftliche Begleitung und Begutachtung der erdwissenschaftlichen Untersuchungen im Hinblick auf die nukleare Endlagerung der radioaktiven Abfälle.
791 Die Kommission für die Sicherheit der Kernanlagen (KSA) berät den Bundesrat und das Departement für Umwelt, Energie, Verkehr und Kommunikation in Fragen der nuklearen Sicherheit von Kernanlagen. Zu ihren Aufgaben gehört die Grundlagenbeschaffung und Forschung im Bereich der nuklearen Sicherheit.
792 Die Kommission Nukleare Entsorgung (KNE) berät das Bundesamt für Energie respektive
die HSK in wichtigen erdwissenschaftlichen Fragen der nuklearen Entsorgung.
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2. Entsorgungsprogramm
Auf den Erkenntnissen der beiden Entsorgungsnachweise basierend sind die Kernkraftwerkbetreiber gem. Art. 32 KEG verpflichtet, ein Entsorgungsprogramm mit
einem Finanzplan bis zur Außerbetriebnahme der Kernanlage zu erstellen. Ein solches Programm soll nach Art. 52 Abs. 2 KEV Angaben enthalten über die Herkunft,
Art und Menge der voraussichtlich anfallenden radioaktiven Abfälle, über die Dauer
und die benötigten Kapazitäten für die zentrale und dezentrale Zwischenlagerung
und über die benötigten geologischen Tiefenlager, einschließlich einem Realisierungsplan für deren Errichtung.793 Die NAGRA hat im Jahr 2003 von ihren Mitgliedern den Auftrag erhalten ein solches Entsorgungsprogramm auszuarbeiten. Dieses
Programm ist periodisch der Entwicklung anzupassen und unterliegt der Genehmigung durch den Bundesrat.
3. Entsorgungsschritte
Die derzeit anfallenden abgebrannten Brennelemente und radioaktiven Betriebsabfälle werden zunächst an den Standorten der jeweiligen Kernkraftwerke konditioniert und dann solange in den dezentralen Zwischenlagern an den Kraftwerksstandorten oder im zentralen Zwischenlager in Würenlingen gelagert bis ein
geologisches Tiefenlager fertig gestellt worden ist. Dabei unterliegen der Transport
und die Zwischenlagerung der Aufsicht des Bundesamtes für Energie (BFE). Dieses
muss die einzelnen Transporte genehmigen794 und die Errichtung und den Betrieb
der Zwischenlager kontrollieren795.
4. Verfahren zur Errichtung eines Endlagers
Für die Errichtung und den Betrieb eines geologischen Tiefenlagers zur Endlagerung
radioaktiver Abfälle gelten die im vierten Kapitel des Kernenergiegesetzes für alle
Kernanlagen geltenden Vorschriften, ergänzt durch einige in den Art. 35 bis 41 KEG
geregelten Sondervorschriften. Alle Kernanlagen unterliegen hiernach einem dreistufigen Bewilligungsverfahren, bestehend aus einer Rahmenbewilligung, einer
Baubewilligung und einer Betriebsbewilligung. Dem Bewilligungsverfahren ist nach
dem neuen Kernenergiegesetz ein Vorverfahren für die Errichtung eines geologischen Tiefenlagers vorgeschaltet, in dem anhand von erdwissenschaftlichen Untersuchungen ein geeigneter Endlagerstandort gesucht und ausgewählt werden soll.
793 Die genauen Angaben, die das Entsorgungsprogramm enthalten muss, sind in Art. 52 Abs. 1
KEV aufgeführt.
794 Der Transport von radioaktiven Abfällen bedarf gem. Art. 34 Abs. 1 i. V. m. 6-11 KEG einer
Bewilligung. Siehe hierzu Jagmetti, Energierecht, Rdnr. 5510.
795 Für die Kontrolle und Genehmigung von Zwischenlagern gelten die allgemeinen Vorschriften
für die Errichtung und den Betrieb von Kernanlagen in den Art. 12 bis 25 KEG.
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Dieses Such- und Auswahlverfahren lag nach dem alten Atomgesetz allein in der
Verantwortung der Kernkraftwerkbetreiber. Vorgaben für den Ablauf des Verfahrens gab es weder im Atomgesetz noch in den atomrechtlichen Verordnungen.
Da die Suche nach einem Endlagerstandort bisher am Widerstand der Bevölkerung gescheitert war796 und immer häufiger Kritik an dem intransparenten Verfahren
geübt wurde, entschied sich der schweizer Gesetzgeber in der neuen Kernenergieverordnung einige Anforderungen an einen Endlagerstandort gesetzlich festzulegen.797 Dem Bundesrat wurde zudem aufgetragen, in einem Sachplan die Ziele und
Vorgaben für die Suche nach einem geeigneten Endlager verbindlich zu regeln. Ein
Sachplan ist ein im Raumplanungsgesetz der Schweiz vorgesehenes Planungsinstrument des Bundes für gesamtschweizerisch bedeutende Infrastrukturanlagen.798
Der nach Art. 5 KEV vorgesehene Sachplan soll neben dem Such- und Auswahlverfahren für ein geologisches Tiefenlager auch die sicherheitstechnischen Kriterien
sowie weitere für die Auswahl von Standortgebieten und Standorten relevante Anforderungen festlegen.
Hierdurch soll erreicht werden, dass
‚ die Öffentlichkeit über die Ziele, Grundsätze und Vorgehensweisen im Bereich der nuklearen Entsorgung noch vor dem Beginn des Bewilligungsverfahrens informiert wird;
‚ die Regeln und Kriterien für die Standortwahl von Anfang an und für alle
Beteiligten klar definiert sind;
‚ für die Entsorgungspflichtigen bei der Suche von Standorten und der Realisierung von geologischen Tiefenlagern Planungs- und Projektsicherheit geschaffen wird;
‚ mit den betroffenen Kantonen und Regionen frühzeitig eine Zusammenarbeit
stattfindet;
‚ Interessens- und Zielkonflikte möglichst frühzeitig gelöst werden, damit das
Bewilligungsverfahren nach dem KEG von vorgängig lösbaren Konflikten
entlastet wird.
Der Sachplan wird vom Bundesamt für Energie799 in enger Zusammenarbeit mit
dem Amt für Raumentwicklung (ARE) und den betroffenen Kantonen ausgearbeitet
und muss vom Bundesrat genehmigt werden.
796 Zur Geschichte der bisherigen Endlagersuche siehe BBl 2001, S. 2743 ff.
797 So muss nach Art. 11 Abs. 1 KEV der Standort für ein geologisches Tiefenlager zur Gewährleitsung der Langzeitsicherheit mindestens folgende drei Eigenschaften aufweisen. Am
Standort muss ein geeignetes Wirtsgestein mit ausreichender Ausdehnung vorhanden sein.
Die hydrogeologischen Verhältnisse müssen günstig und der Standort muss dauerhaft geologisch stabile sein.
798 Bundesamt für Energie, Entwurf zum Sachplan Geologische Tiefenlager, S. 16, „www.newsservice.admin.ch/NSBSubscriber/message/attachments/6497.pdf“; Stand: 11.01.2007; besucht am 1.08.2007.
799 Dem Bundesamt für Energie (BFE) kommen verschiedene Funktionen im Bereich der nuklearen Entsorgung zu. Beim Vorverfahren und dem Bewilligungsverfahren kommt ihm die
zentrale Behördenrolle zu.
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Nach der Genehmigung des Sachplans obliegt die Umsetzung des Sachplans, also
die Durchführung des Such- und Auswahlverfahrens auch weiterhin den entsorgungspflichtigen Eigentümern der Kernkraftwerke.800 Sie müssen schrittweise Vorschläge für potentielle Standortgebiete und schließlich Standorte für geologische
Tiefenlager anhand der im Sachplan aufgestellten Kriterien auswählen, untersuchen
und dem BFE zur Prüfung vorlegen. Für die hierfür notwendigen erdwissenschaftlichen Untersuchungen benötigen die Entsorgungspflichtigen gem. Art. 35 KEG eine besondere Bewilligung des UVEK. Diese Bewilligung ist an die Stelle von den
vielfältigen Konzessionsbewilligungen der einzelnen Kantone getreten, die nach
dem alten Atomgesetz in Verbindung mit dem jeweiligen kantonalen Recht notwendig waren. Damit wurde das Bewilligungsverfahren in diesem Bereich durch das
neue Kernenergiegesetz zentralisiert und den Kantonen die Möglichkeit genommen,
durch die Verweigerung einer nach altem Recht notwendigen kantonalen Konzessionsbewilligung für erdwissenschaftliche Untersuchungen, ein Endlager in ihrem
Kanton zu verhindern.801
Der Antrag für die Bewilligung einer erdwissenschaftlichen Untersuchung ist für
jeden potentiellen Standort einzeln zu stellen. Die Bewilligung legt gem. Art. 36
KEG die ungefähre Lage und die Ausdehnung der Bohrungen und Untergrundarbeiten fest und wird zeitlich befristet. Nachdem die Entsorgungspflichtigen mehrere Standortregionen so untersucht haben, müssen sie dem Bundesrat mindestens
zwei geeignete Standorte vorlegen. Nachdem dieser die Eignung der Standorte
überprüft hat, obliegt es der Bundesversammlung im Rahmen des Rahmenbewilligungsverfahrens802 die endgültige Entscheidung über den Endlagerstandort zu treffen.
Diese Rahmenbewilligung ist ein politischer Entscheid und ein Akt der Rechtsanwendung zugleich.803 Politisch ist der Entscheid sowohl hinsichtlich des Entscheidungsprozesses, an dessen Ende die Bundesversammlung mit Mehrheit die endgültige Standortentscheidung treffen muss,804 als auch hinsichtlich der Bewilligungsvoraussetzungen, die teilweise energie- und standortpolitischer Natur sind und
einen erheblichen Ermessensspielraum eröffnen. Daneben wird auf diesem Wege
Recht angewandt, indem der Bundesrat das Vorliegen der Voraussetzungen für die
Rahmenbewilligung prüft und ohne Vorliegen der Voraussetzungen keine Rahmenbewilligung erteilt werden darf.805 Die Rahmenbewilligung legt neben dem Standort
des Endlagers auch die Lagerkapazität, die Abfallkategorien sowie die ungefähre
Gestaltung der unter- und oberirdischen Bauten fest. Wird die Rahmenbewilligung
800 Trotz der Übertragung der Planungs- und Errichtungsschritte auf die NAGRA bleiben die
Kernkraftwerkbetreiber für deren Arbeit verantwortlich.
801 Die Standortkantone erhalten dafür im Gegenzug ein besonderes Anhörungsrecht und ein
Beschwerderecht gem. Art. 49 Abs. 4 KEG. Siehe hierzu Jagmetti, Energierecht, Rdnr. 5540.
802 Artikel 12 ff. KEG.
803 Jagmetti, Energierecht, Rdnr. 5421.
804 Dabei unterliegt die Entscheidung der Bundesversammlung gem. Art. 48 Abs. 4 KEG dem
fakultativen Referendum.
805 Ein Rechtsanspruch auf eine Rahmenbewilligung besteht gem. Art. 12 Abs. 2 KEG ausdrücklich nicht.
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erteilt, bedarf es für die Errichtung des geologischen Tiefenlagers gem. Art. 15 ff.
KEG einer Baubewilligung, auf deren Erlass ein Anspruch besteht, wenn die in
Art. 16 KEG aufgestellten Voraussetzungen erfüllt wurden. Die Baubewilligung legt
den genauen Standort, die exakte Kapazität der Anlage, die wesentlichen Elemente
der technischen Verwirklichung, die Grundzüge des Notfallschutzes sowie die Erschließungsanlagen und Bauinstallationsplätze fest. Energie- und standortpolitische
Grundsatzfragen sind in diesem Verfahrensstadium nicht mehr zu entscheiden. Die
Entscheidung über die Baubewilligung trifft das UVEK. Ist das kerntechnische Tiefenlager errichtet, bedarf es für deren Betrieb zusätzlich einer Betriebsbewilligung
nach Art. 19 ff. KEG, ergänzt durch besondere Vorschriften für geologische Tiefenlager in Art. 37 KEG. Die Betriebsbewilligung stellt ein Dauerrechtsverhältnis dar,
das mit der Einhaltung verschiedener laufender Verhaltenspflichten einhergeht.
Hierzu gehören neben den nach Art. 20 KEG erforderlichen Sicherheits- und Notfallschutzmaßnahmen auch die Pflicht, die radioaktiven Abfälle bis zum endgültigen
Verschluss rückholbar zu lagern.
Nach Einlagerung aller radioaktiven Abfälle und einer längeren Beobachtungsphase obliegt es dem Bundesrat gem. Art. 39 Abs. 2 KEG die Entscheidung über
den endgültigen Verschluss des geologischen Tiefenlagers zu treffen. Nach dem
ordnungsgemäßem Verschluss des Endlagers muss der Bundesrat gem. Art. 39
Abs. 4 KEG feststellen, dass die Endlagerung abgeschlossen ist und das Lager damit
nicht mehr dem Kernenergiegesetz untersteht.
Damit ist der Bund in den Entscheidungsprozess für die Endlagerung in vielfältiger Weise eingebunden. Dies ändert jedoch nichts daran, dass die Kernkraftwerkbetreiber weiterhin allein die Verantwortung für die Planung und Durchführung der Entsorgung zu tragen haben.
III. Bisherige Entsorgungstätigkeiten in der Schweiz
Die Kernkraftwerkbetreiber haben bisher verschiedene Entsorgungstätigkeiten
wahrgenommen. Für die Lagerung der in den Kernkraftwerken jährlich anfallenden
radioaktiven Abfälle wurden an den einzelnen Kraftwerksstandorten dezentrale Zwischenlager und in Würenlingen ein zentrales Zwischenlager errichtet.806 In diesen
Zwischenlagern werden neben den radioaktiven Betriebsabfällen auch die abgebrannten Brennelemente bis zur Fertigstellung eines Endlagers eingelagert. Die Kapazitäten der dezentralen und zentralen Zwischenlager reichen nach den heutigen
Schätzungen für die Restlaufzeit der bestehenden Kernkraftwerke aus. Falls jedoch
neue Kernkraftwerke gebaut werden sollten, wäre ein Ausbau der Zwischenlager
unausweichlich.807
806 Darüber hinaus hat der Bund in Würenlingen ein Bundeszwischenlager (BZL) zur Lagerung
der radioaktiven Abfälle aus der Medizin, Industrie und Forschung errichtet.
807 Bundesamt für Energie, Entwurf zum Sachplan Geologische Tiefenlager, S. 16, „www.newsservice.admin.ch/NSBSubscriber/message/attachments/6497.pdf“; Stand: 11.01.2007; besucht am 1.08.2007.
Chapter Preview
References
Zusammenfassung
Die nukleare Entsorgung und die Stilllegung von Kernkraftwerken ist nicht nur eine technische, sondern auch eine finanzielle Herausforderung. Die hohen Kosten und der lange Zeitraum, über den sich die notwendigen Stilllegungs- und Entsorgungsmaßnahmen erstrecken, stellen besondere Anforderungen an die finanzielle Vorsorge.
Dieses Buch analysiert die gesetzlichen Vorschriften, nach denen in Deutschland und der Schweiz finanzielle Vorsorge für die Stilllegung und Entsorgung betrieben wird, da diese beiden Länder unterschiedliche Wege gewählt haben, die weltweit exemplarisch für die unterschiedliche Herangehensweise an dieses Problem sind. In Deutschland basiert die Finanzierungsvorsorge auf einer unternehmensinternen Lösung durch die Bildung von Rückstellungen bei den kernkraftwerkbetreibenden Unternehmen. Diese Art der Finanzierungsvorsorge führt zu erheblichen Wettbewerbsvorteilen zugunsten der Kernkraftwerkbetreiber. Inwieweit diese mit dem nationalen und dem europäischen Recht vereinbar sind, bildet ein Schwerpunkt dieses Buchs. Ein anderer Schwerpunkt ist der Vergleich mit dem unternehmensexternen Finanzierungssystem, das die Schweiz zur Finanzierungsvorsorge gewählt hat.