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D. Finanzierungsvorsorge für die Stilllegungs- und Entsorgungskosten
Die deutschen Kernkraftwerkbetreiber tragen somit sowohl hinsichtlich der Entsorgung ihrer radioaktiven Abfälle als auch für die Stilllegung und Beseitigung ihrer
kerntechnischen Anlagen die finanzielle Verantwortung. Ein großer Teil dieser Kosten wird aber erst in ferner Zukunft fällig werden, da die Stilllegung vieler Kernkraftwerke erst in einigen Jahren bzw. Jahrzehnten ansteht und der Abbau, aufgrund
eines vorherigen sicheren Einschlusses zudem noch dreißig oder mehr Jahre nach
hinten verschoben werden kann. Insbesondere die kostenintensiven Abbau- und Entsorgungsschritte werden daher erst in einigen Jahrzehnten vorgenommen werden
müssen.
Aufgrund dessen ist die Finanzierungsvorsorge im Bereich der Kernenergie ein
zentrales Thema. Die Kernkraftwerkbetreiber in Deutschland betreiben auf zwei
Wegen Vorsorge für die Finanzierung der Stilllegungs- und Entsorgungskosten.
Zum einen sind sie nach § 21b Abs. 2 AtG in Verbindung mit der Endlagervorausleistungsverordnung dazu verpflichtet, Vorausleistungen für die Investitionskosten
hinsichtlich der Planung und Errichtung eines Endlagers zu zahlen. Auf der anderen
Seite bilden sie in ihren Bilanzen Rückstellungen für die finanziellen Belastungen
infolge der Stilllegung und Entsorgung.
I. Endlagervorausleistungsverordnung
Für die Kosten der Planung und Errichtung eines Endlagers kann der Bund gem.
§ 21b Abs. 1 AtG von den Kernkraftwerkbetreibern Beiträge verlangen. Die Beitragspflicht entsteht aber erst, wenn das Endlager betriebsfertig ist.275 Nach dem
neuen Entsorgungskonzept der Bundesregierung ist damit nicht vor dem Jahr 2030
zu rechnen.276 Um die Kosten für die Planung, Erkundung und Errichtung möglichst
zeitnah zu refinanzieren, ermöglicht § 21b Abs. 2 AtG dem Bund schon vor der Entstehung der Beitragspflicht Vorausleistungen zu erheben, „wenn mit der Durchführung einer Maßnahme nach [§ 21b] Absatz 1 Satz 1 begonnen worden ist“. Die
Vorausleistungen werden dann auf die später zu entrichtenden Beiträge angerechnet.277
Die Einzelheiten bezüglich der Erhebung, Fälligkeit und Erstattung der Vorausleistungen sind auf der Grundlage des § 21b Abs. 3 S. 1 AtG durch die am 28. April
1982 erlassene Endlagervorausleistungsverordnung geregelt worden. Diese zunächst
nur interimistisch bis zum 31. Dezember 1986 erlassene Verordnung wurde mit der
ersten Verordnung zur Änderung der Endlagervorausleistungsverordnung vom 27.
275 Siehe hierzu oben im Dritten Kapitel C., I., 2.
276 Trittin, in: Koch/Roßnagel (Hrsg.), 12. Atomrechtssymposium, S. 15 (18).
277 F. Kirchhoff, in: Koch/Roßnagel (Hrsg.) 12. Atomrechtssymposium, S. 311 (317); Näser, in:
Lukes (Hrsg.), Rechtsfragen des Umgangs mit abgebrannten Brennelementen und radioaktiven Abfällen, S. 275 (278 f.).
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November 1986 auf unbestimmte Zeit verlängert.278 Bis heute ist sie dreimal, zuletzt
durch die Verordnung vom 6. Juli 2004279, novelliert worden.
Das Bundesamt für Strahlenschutz als zuständige Behörde kann nach § 3 EndlagerVlV Vorausleistungen für den notwendigen Aufwand erheben, der für die anlagenbezogene Forschung und Entwicklung, die Planung, den Erwerb von Grundstücken und Rechten, die Erkundung, die Errichtung und die Erneuerung von Anlagen des Bundes nach § 9a Abs. 3 AtG entstanden ist. Damit knüpft § 3 EndlagerVlV
exakt an den Wortlaut des § 21b Abs. 1 S. 1 AtG an und umfasst demnach alle tatsächlich entstandenen Investitionsaufwendungen für ein Endlager einschließlich der
bei der Standortsuche und Standortauswahl anfallenden Kosten, soweit diese gem.
§ 21b Abs. 1 AtG beitragsfähig sind.280 Diese zunächst aus Mitteln des Bundeshaushaltes vorfinanzierten Investitionsaufwendungen werden gem. § 4 Abs. 1, 3 EndlagerVlV jährlich ermittelt und im Folgejahr über Vorausleistungsbescheide den Vorausleistungspflichtigen in Rechnung gestellt.
Vorausleistungspflichtig ist nach § 2 Abs. 1 EndlagerVlV derjenige, dem eine
Genehmigung nach den §§ 6, 7 oder 9 AtG oder nach § 7 StrlSchV erteilt worden ist
und aufgrund der genehmigten Tätigkeit mit einem Anfall von radioaktiven Abfällen
zu rechnen ist. Anknüpfungspunkt für die Vorausleistungspflicht ist damit eine
Prognose über die Ablieferungspflicht im Sinne des § 9a Abs. 2 S. 1 AtG.281 Da die
Ablieferungspflicht in § 9a Abs. 2 S. 1 AtG den Besitz von radioaktiven Abfällen
voraussetzt, sind alle derzeitigen Besitzer von radioaktiven Abfällen vorausleistungspflichtig. Hierzu gehören neben den Kernkraftwerkbetreibern auch Brennelementefabriken und nukleare Großforschungszentren.
Die Verteilung des notwendigen Aufwandes unter den Vorausleistungspflichtigen
erfolgte bis zur letzten Novellierung der Endlagervorausleistungsverordnung projektübergreifend für die Standorte Gorleben und Schacht Konrad, nach einem Verteilungsschlüssel, der vorsah, dass die Kernkraftwerkbetreiber 93 Prozent des anfallenden Investitionsaufwandes zu tragen hätten. Hiergegen hatte ein Kernkraftwerkbetreiber Klage beim Verwaltungsgericht Braunschweig eingelegt. Dieses erklärte daraufhin in seinem Urteil aus dem Jahre 1994282 die Endlagervorausleistungsverordnung für nichtig, da sie nicht den Anforderungen der Ermächtigungsgrundlage entspreche und gegen den Grundsatz der Belastungsgleichheit verstoße.
Insbesondere die projektübergreifende Verteilung des Aufwandes unabhängig davon, wer in welchem Umfang wahrscheinlich die geplanten Endlager nutze und der
damalige Verteilungsschlüssel widerspräche der gesetzlichen Ermächtigungsgrundlage des § 21b Abs. 3 S. 4 AtG, nach der die Beiträge in einem angemessenen Ver-
278 Reich, Finanzierung der nuklearen Entsorgung, S. 80 ff.
279 Dritte Verordnung zur Änderung der Endlagervorausleistungsverordnung (BGBl. 2004, I, S.
1476).
280 Zu der Frage, welche Kosten beitragsfähig sind, siehe ausführlich oben Drittes Kapitel,
C. I. 3., c), cc).
281 Näser, in: Pelzer (Hrsg.), Rechtsfragen des Umgangs mit radioaktiven Abfällen, S. 275 (281).
282 VG Braunschweig, Urteil vom 18.08.1994, AZ 2 VG A 352/88, 12. a. U. Das Urteil ist in
einem Musterstreit zwischen den Isar-Amperwerken und dem BfS um die Rechtmäßigkeit
von Vorausleistungsbescheiden ergangen.
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hältnis zu den Vorteilen stehen müssen, die der Beitragspflichtige durch die Anlage
voraussichtlich erhalten werde. Darüber hinaus führe die Zusammenfassung des
Aufwands für die beiden Projekte „Gorleben“ und „Schacht Konrad“ zu einem Verstoß gegen den Grundsatz der Beitragsgerechtigkeit, da die potentiellen Nutzerkreise
der beiden Projekte unterschiedlich seien und dies bei der Verteilung der Kosten
nicht Berücksichtigung finde.283
Gegen diese Entscheidung hat der Bund Berufung vor dem Niedersächsischen
Oberverwaltungsgericht in Lüneburg eingelegt. Im Hinblick darauf, dass der Bund
nach der Entscheidung des VG Braunschweig erklärt hatte, die Endlagervorausleistungsverordnung unter Berücksichtigung der Kritikpunkte novellieren zu wollen,
wurde jedoch erstmal gegenüber dem OVG Lüneburg das Ruhen des Verfahrens erklärt.284
Mit Inkrafttreten der dritten Verordnung zur Änderung der Endlagervorausleistungsverordnung im Jahre 2004 hat der Gesetzgeber dann weitgehend auf die
Beanstandungen reagiert. Nach § 6 Abs. 1 EndlagerVlV wird jetzt der Aufwand für
die geplanten Anlagen jeweils getrennt ermittelt und verteilt. Auch der Verteilungsschlüssel ist geändert worden, so dass die Kernkraftwerkbetreiber 64,4 Prozent der
anfallenden Aufwendungen für ein Endlager für radioaktive Abfälle mit vernachlässigbarer Wärmeentwicklung und 96,5 Prozent der Aufwendungen für ein Endlager für wärmeentwickelnde radioaktive Abfälle zu tragen haben. Aufgrund der
Rückwirkung der novellierten Endlagervorausleistungsverordnung wurden auch die
bisher erhobenen Vorausleistungen vom Bemessungszeitraum 1977 bis einschließlich zum Bemessungszeitraum 2002 neu berechnet. Bei der rückwirkenden Neuverteilung ergaben sich Verschiebungen, die zu Erstattungen in zweistelliger Millionenhöhe für einzelne Kernkraftwerkbetreiber führten.285 Die Differenzierung zwischen den Aufwendungen für zwei verschiedene Endlager basiert allerdings noch
auf dem alten Entsorgungskonzept, nach dem es mit Gorleben und Schacht Konrad
zwei Endlager geben sollte. Falls der Gesetzgeber sich dazu entschließen sollte, die
Vorschläge des AkEnd umzusetzen und eine neue Suche nach einem Endlager für
alle radioaktiven Abfälle zu beginnen, müsste er erneut die Endlagervorausleistungsverordnung novellieren und den Verteilungsschlüssel an das neue Entsorgungskonzept anpassen.
Welchen Einfluss das neue Entsorgungskonzept darüber hinaus auf die Erhebung
von Vorausleistungen hat, ist umstritten. Insbesondere der lange Zeitraum bis zur
voraussichtlichen Fertigstellung eines Endlagers wirft die Frage auf, ob die Erhebung von Kosten so weit im Voraus noch gerechtfertigt werden kann.
Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts stellt eine Vorausleistung auf einen Beitrag ihrem Wesen nach einen Vorschuss auf den Ausgleich
283 VG Braunschweig, Urteil vom 18.08.1994, AZ 2 VG A 352/88, 12.
284 Siehe hierzu Bundesamt für Strahlenschutz, Jahresbericht 2005, S. 51, „www.bfs.de/
bfs/druck/jahresberichte/jb2005.pdf“; Stand: 1.10.2006; besucht am 1.08.2007. Über die Erledigung des Rechtsstreites aufgrund der novellierten Endlagervorausleistungsverordnung
wird derzeit verhandelt.
285 BR-Drucksache 279/04, S. 2 f.
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eines später durch die Fertigstellung einer Anlage entstandenen „vollen Sondervorteil“ dar. Für die vorzeitige Erhebung von Kosten reiche in diesem Stadium ein
„in seiner Wertigkeit noch geminderter Sondervorteil“ aus.286
Der mit der Fertigstellung des Endlagers entstehende Sondervorteil besteht wie
oben gezeigt287 darin, dass die Verursacher bzw. Besitzer radioaktiver Abfälle ihre
aus dem Verursacherprinzip bzw. der Zustandsverantwortlichkeit resultierende
Pflicht, radioaktive Abfälle ordnungsgemäß zu beseitigen, erfüllen können.288 Diese
Möglichkeit besteht nach dem neuen Entsorgungskonzept allerdings erst frühestens
im Jahr 2030.289 Aus der Länge des bis zum Entstehen des „vollen Sondervorteils“
vergehenden Zeitraums wird in der Literatur insbesondere von Ferdinand Kirchhof
gefolgert, dass zurzeit noch kein „geminderter Sondervorteil“ bestehe.290 Er verweist
dabei auf eine Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts zum Telekommunikationsrecht291 und auf die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zum Erschließungsbeitragsrecht292, wonach eine Vorausleistung nur zu legitimieren sei, wenn mit der endgültigen Fertigstellung der beitragsfähigen Einrichtung in absehbarer Zeit, nämlich in vier bis sechs Jahren zu rechnen sei.293 Die
Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zum Erschließungsbeitragsrecht
wurde mittlerweile vom Gesetzgeber in § 133 Abs. 3 S. 1 BauGB umgesetzt.
Auf eine entsprechende zeitliche Begrenzung hat der Gesetzgeber im Atomgesetz
jedoch verzichtet. Anders als im Erschließungsbeitragsrecht ist im Atomrecht der
die Vorausleistungspflicht rechtfertigende Vorteil nämlich darin zu sehen, dass erst
die Aussicht, dass ein Endlager entstehen wird, die Erteilung von Genehmigungen
für Tätigkeiten ermöglicht, die zur Entstehung von radioaktiven Abfällen führen.294
So sind die Kernkraftwerkbetreiber gem. § 9a Abs. 1a AtG verpflichtet jährlich einen Entsorgungsnachweis vorzulegen, der jedoch nur erbracht werden kann, wenn
die Errichtung eines Endlagers zumindest in Aussicht gestellt ist.295 Sollte dieser
Nachweis nicht erbracht werden können, droht ihnen der Entzug der Betriebsgenehmigung.296 Damit unterscheidet sich der Fall der Errichtung eines Endlagers
286 BVerwGE 97, 62 (67).
287 Siehe oben Drittes Kapitel, C., I., 2.
288 Vgl. Johlen, in: Koch/Roßnagel (Hrsg.), 12. Atomrechtssymposium, S. 329 (338).
289 Vgl. Trittin, in: Koch/Roßnagel (Hrsg.), 12. Atomrechtssymposium, S. 15 (18).
290 Vgl. Kirchhof, in: Koch/Roßnagel (Hrsg.), 12. Atomrechtssymposium, S. 311 (318).
291 BVerwGE 115, S. 125 (138).
292 Unter anderem BVerwGE 64 S. 186 (192 f.); BVerwG, NJW 1975, S. 2220; BVerwG, NVwZ
1985, S. 751.
293 BVerwG, NVwZ 1985, S. 751; Kirchhof, in: Koch/Roßnagel (Hrsg.), 12. Atomrechtssymposium, S. 311 (318).
294 Vgl. Johlen, in: Koch/Roßnagel (Hrsg.), 12. Atomrechtssymposium, S. 329 (339).
295 Vgl. Kloepfer, Umweltrecht, § 15, Rdnr. 81.
296 Siehe Haedrich, AtG, § 9a, Rdnr. 53. „Die Genehmigungsbehörde hat im Verfahren nach § 7
im Rahmen des ihr eingeräumten Ermessens die Entsorgungspflichten der Anlageninhaber zu
konkretisieren und zu prüfen, ob der Antragssteller seinen Handlungspflichten nachkommt
und ob die Erfüllung der zukünftigen aktuell werdenden Verpflichtungen auf unüberwindliche
Schwierigkeiten stoßen könnte“. Ebenso Büdenbender/Heintschel von Heinegg/Rosin, Energierecht I, Rdnr. 980.
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von dem Bau einer Straße oder der Verlegung eines Kanals, bei dem der Sondervorteil in der Tat erst mit der Fertigstellung der Anlage selbst entsteht. Ein in seiner
Wertigkeit geminderter Sondervorteil ergibt sich demnach bereits durch die Genehmigung der kerntechnischen Anlage.297
Auch der Verweis von Ferdinand Kirchhoff auf die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 19. Dezember 2001298 zum Telekommunikationsrecht, in der
das Gericht die Erhebung von Vorausleistungen für bis zu 30 Jahre in der Zukunft
liegende Amtshandlungen der Regulierungsbehörde für Post und Telekommunikation rechtswidrig erklärte, ist auf das Atomrecht nicht zu übertragen. Denn
die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts basierte unter anderem darauf,
dass die Länge des Zeitraums von 30 Jahren eine ausreichend sichere Kostenprognose nicht zulasse und deswegen eine Vorausleistung nicht zu legitimieren
sei.299 Die Höhe des als Vorausleistung geforderten Betrags im Rahmen der Endlagervorausleistungsverordnung orientieren sich aber anders als in dem vom Bundesverwaltungsgericht entschiedenen Fall, nicht an dem im Jahr 2030 entstehenden
Kosten, sondern an dem jährlichen Aufwand für die Planung und Errichtung eines
Endlagers, also an dem schon tatsächlich entstandenen Aufwand.300
Demnach sind, entgegen der teilweise in der Literatur vorgebrachten Einwände,
die beitragsfähigen Aufwendungen301 auch nach der Verabschiedung des neuen Entsorgungskonzeptes noch über Vorausleistungen zu refinanzieren. Damit können
auch alle notwendigen Maßnahmen im Rahmen der alternativen Standortsuche
durch Vorleistungen refinanziert werden.302
II. Privatrechtliche Finanzierungsvorsorge
Durch die Vorausleistungen werden nur die bereits angefallenen Kosten hinsichtlich
der Planung und Errichtung von Endlagern refinanziert. Ihr Umfang betrug bis zum
Jahr 2006 für den Schacht Konrad 890 Mio. Euro und für den Standort Gorleben
297 Johlen, in: Koch/Roßnagel (Hrsg.), 12. Atomrechtssymposium, S.329 (339 f.).
298 BVerwGE 115, S. 125 (138).
299 BVerwGE 115, 125 (138).
300 Siehe §§ 3 und 4 EndlagerVlV.
301 Welcher Aufwendungen beitragsfähig sind, siehe oben Drittes Kapitel, C., 3., c), cc).
302 In diesem Zusammenhang stellt sich die Frage, ob die bereits entrichteten Vorausleistungen
zurückzuerstatten sind, falls die geplante neue Endlagersuche einen besser geeigneten Endlagerstandort hervorbringen sollte. Grundsätzlich steht einer Erstattung der bereits von den
Kernkraftwerkbetreibern geleisteten Vorausleistungen § 21 Abs. 4 AtG entgegen, nach dem
die Erstattung von Vorausleistungen dann ausgeschlossen ist, „wenn eine Anlage des Bundes
nach § 9a Abs. 3 AtG endgültig nicht errichtet und betrieben wird“. Diese Norm beschränkt
den grundsätzlich anerkannten – und den Vorschriften über die ungerechtfertigte Bereicherung nachgebildeten – allgemeinen öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruch. Inwieweit diese Beschränkung verfassungsgemäß ist oder ob sie verfassungskonform ausgelegt werden
muss, ist in der Literatur noch weitgehend umstritten. Siehe hierzu Huck, RdE 2005, S. 39
(43); Büdenbender/Heintschel von Heinegg/Rosin, Rdnr. 1156.
Chapter Preview
References
Zusammenfassung
Die nukleare Entsorgung und die Stilllegung von Kernkraftwerken ist nicht nur eine technische, sondern auch eine finanzielle Herausforderung. Die hohen Kosten und der lange Zeitraum, über den sich die notwendigen Stilllegungs- und Entsorgungsmaßnahmen erstrecken, stellen besondere Anforderungen an die finanzielle Vorsorge.
Dieses Buch analysiert die gesetzlichen Vorschriften, nach denen in Deutschland und der Schweiz finanzielle Vorsorge für die Stilllegung und Entsorgung betrieben wird, da diese beiden Länder unterschiedliche Wege gewählt haben, die weltweit exemplarisch für die unterschiedliche Herangehensweise an dieses Problem sind. In Deutschland basiert die Finanzierungsvorsorge auf einer unternehmensinternen Lösung durch die Bildung von Rückstellungen bei den kernkraftwerkbetreibenden Unternehmen. Diese Art der Finanzierungsvorsorge führt zu erheblichen Wettbewerbsvorteilen zugunsten der Kernkraftwerkbetreiber. Inwieweit diese mit dem nationalen und dem europäischen Recht vereinbar sind, bildet ein Schwerpunkt dieses Buchs. Ein anderer Schwerpunkt ist der Vergleich mit dem unternehmensexternen Finanzierungssystem, das die Schweiz zur Finanzierungsvorsorge gewählt hat.