Schriften zur
Europäischen Integration und
Internationalen Wirtschaftsordnung
Veröffentlichungen des
Wilhelm Merton-Zentrums für Europäische Integration und
Internationale Wirtschaftsordnung
herausgegeben von
Professor Dr. Dr. Rainer Hofmann, Universität Frankfurt a. M.
Professor Dr. Stefan Kadelbach, Universität Frankfurt a. M.
Professor Dr. Rainer Klump, Universität Frankfurt a. M.
Band 15
Friedrich Rosenfeld
Die humanitäre Besatzung
Ein Dilemma des ius post bellum
Nomos
D 30
1. Auflage 2009
© Nomos Verlagsgesellschaft, Baden-Baden 2009. Printed in Germany. Alle Rechte,
auch die des Nachdrucks von Auszügen, der fotomechanischen Wiedergabe und der
Übersetzung, vorbehalten. Gedruckt auf alterungsbeständigem Papier.
Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation in
der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische
Daten sind im Internet über http://dnb.ddb.de abrufbar.
Zugl.: Frankfurt a.M., Univ., Diss., 2008
ISBN 978-3-8329-4231-1
5
Vorwort
Die vorliegende Arbeit wurde im Wintersemester 2008/2009 an der Johann
Wolfgang Goethe-Universität Frankfurt a.M. als Dissertation angenommen. Mein
besonderer Dank gebührt Herrn Prof. Dr. Dr. Rainer Hofmann, der nicht nur meine
Arbeit betreute, sondern mich in seiner Funktion als Co-Rapporteur der International
Law Association in die Ausarbeitung der ILA Declaration on Reparation for Victims
of Armed Conflict einbezog. Es hat mir große Freude bereitet, mit ihm zusammen zu
arbeiten.
Zweitgutachter war Herr Prof. Dr. Stefan Kadelbach. Ihm danke ich für die
besonders rasche Anfertigung seines Gutachtens.
Meinem guten Freund Rüdiger Scholz danke ich dafür, dass er die Arbeit
Korrektur gelesen hat und mir in letzter Minute seinen Computer zur Verfügung
gestellt hat. Ohne ihn wäre die Formatierung nie gelungen.
Besonderen Dank schulde ich schließlich den Sponsoren, die die Veröffentlichung dieser Arbeit ermöglicht haben. Dies sind das Auswärtige Amt und meine
Eltern.
Hamburg, Februar 2009 Friedrich Rosenfeld
7
Inhaltsverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis 15
Einleitung 21
A. Begriffsbestimmung 21
I. Die humanitäre Besatzung 21
II. Das ius post bellum 22
B. Das Dilemma der humanitären Besatzung 24
I. Sicht der Politikwissenschaft 25
II. Sicht der Philosophie 25
III. Sicht des Völkerrechts 26
C. Gang der Darstellung 26
1. Kapitel Völkerrechtliche Grenzen staatlicher Autonomie 27
A. Abstrakte Betrachtung 28
I. Das hergebrachte Verständnis von Souveränität 28
II. Gründe für einen Verständniswandel 29
1. Äußere Souveränität 29
2. Innere Souveränität 30
III. Das moderne Verständnis von Souveränität 30
1. Normativität 31
2. Faktizität 32
3. Würdigung 33
B. Konkrete Betrachtung 34
I. Politisches System 34
1. Menschenrechtliche Vorgaben 34
a. Unmittelbare Vorgaben 34
b. Mittelbare Vorgaben 36
2. Selbstbestimmungsrecht 37
a. Herleitung 37
b. Anerkennung des internen Selbstbestimmungsrechtes 38
c. Reichweite des internen Selbstbestimmungsrechtes 41
d. Herausbildung eines Rechtes auf Demokratie 42
3. Fazit 44
8
II. Justizsystem 45
1. Institutionell-organisatorische Gewährleistungselemente 45
2. Verfahrensrechtliche Gewährleistungselemente 47
3. Fazit 47
III. Verwaltung 48
1. Pflicht zur Ahndung begangenen Unrechts 48
a. Pflicht zur Ergreifung strafrechtlicher Sanktionen 49
b. Pflicht zur Ergreifung administrativer Sanktionen 50
aa. Begriff 50
bb. Herleitung 51
cc. Materielle Grenzen 53
dd. Verfahrensrechtliche Grenzen 54
2. Amnestien 56
IV. Wirtschaftsordnung 59
1. Begriff 59
2. Völkerrechtliche Vorgaben 59
a. Neuordnung der Weltwirtschaft nach dem Zweiten Weltkrieg 60
b. New international economic order 61
c. Zusammenbruch der sozialistischen Regime 62
V. Fazit 64
2. Kapitel Kompetenzen einzelner Staaten 66
A. Humanitäres Völkerrecht 67
I. Art. 43 Haager Landkriegsordnung 67
1. Positive Pflicht 67
a. Öffentliche Ordnung und öffentliches Leben 68
b. Wiederherstellen und Aufrechterhalten 69
c. Zwischenergebnis 69
2. Negative Pflicht 70
a. Beachtung der Landesgesetze 70
b. Ausnahme: zwingendes Hindernis 70
c. Problem: Eindämmung von Missbrauchsgefahren 72
3. Zwischenergebnis 73
4. Rechtliche Natur der Besatzung 73
a. Ablehnung einer Kompetenz 73
b. Anerkennung einer Kompetenz 74
c. Reichweite der Kompetenz 75
II. Art. 64 IV. Genfer Konvention 76
1. Kompetenz zur Suspension / Außerkraftsetzung von Strafgesetzen 77
9
2. Legislativbefugnis 77
a. Mittel 78
b. Zweck 79
c. Zweck – Mittel – Relation 79
3. Zwischenergebnis 80
III. Moderne Auslegung des humanitären Völkerrechts 81
1. Bedarf für eine moderne Auslegung 81
2. Einwände 82
a. Unantastbarkeit der Autonomie des besetzten Staates und
seiner Bürger 82
b. Missbrauch 82
c. Mangelnde Legitimität 83
aa. Begriff 83
bb. Legitimitätsdefizite 85
3. Dogmatische Ansätze 86
a. Besatzung als Treuhandverhältnis 86
b. Multilaterale Besatzungen 88
c. Grundsätze der debellatio 89
d. „Human rights exception“ 90
aa. Umfassende Durchsetzung menschenrechtlicher
Vorgaben 91
bb. Eingeschränkte Durchsetzung menschenrechtlicher
Vorgaben 91
cc. Berücksichtigung menschenrechtlicher Vorgaben
im Wege der Auslegung 93
dd. Fazit 94
B. Verhältnis Menschenrechte und humanitäres Völkerrecht 95
I. Kollision 96
1. Historische Unterschiede 96
2. Strukturelle Unterschiede 96
3. Inhaltliche Unterschiede 98
4. Institutionelle Unterschiede 98
II. Dogmatische Einordnung des Verhältnisses der beiden Regime 99
1. Alternativitätsverhältnis 99
2. Parallelverhältnis 99
a. Konvergenz 100
b. Komplementarität 100
c. Würdigung 101
III. Konkurrenzregeln 102
1. Harmonisierende Auslegung 102
2. Meistbegünstigungsgrundsatz 104
3. Lex specialis-Grundsatz 105
IV. Ergebnis 107
10
C. Menschenrechtliche Verpflichtungen einer Besatzungsmacht 107
I. Verpflichtungen nach der Rechtsordnung des besetzten Staates 108
1. Art. 43 HLKO 108
2. Funktionale Rechtsnachfolge 108
3. Zwischenergebnis 111
II. Verpflichtungen nach der eigenen Rechtsordnung 111
1. Negative Verpflichtungen 112
a. EMRK 112
aa. Auslegung 112
bb. Rechtsprechung 114
b. IPBürg 118
aa. Auslegung 118
bb. Rechtspraxis 119
c. Schlussfolgerungen 121
aa. Faktischer versus juristischer Jurisdiktionsbegriff 121
bb. Unteilbarkeit versus Variabilität 123
cc. Universalität versus Regionalität 123
2. Positive Verpflichtungen 123
a. Rechtspraxis 124
aa. EMRK 124
bb. IPBürg 127
cc. Exkurs: UN-Folterkonvention 128
dd. Fazit 129
b. Literatur 129
aa. Befürworter 129
bb. Differenzierende Position 130
cc. Ablehnende Position 131
c. Würdigung 132
aa. Kompetenz 133
bb. Leistungsfähigkeit 136
3. Zusammenspiel von Menschenrechen und
humanitärem Völkerrecht 140
a. Negative Pflichten 140
b. Positive Pflichten: kein Ermessen 141
c. Positive Pflichten: Ermessen 141
d. Zusammenfassung 142
4. Ergebnis 142
D. Fallstudie: Die Transformation des Irak 143
I. Struktur der Besatzungsmacht 143
II. Transformation des Irak 144
11
1. Politisches System 144
a. Situation vor der Besatzung 144
b. Transformation 145
c. Fazit 148
2. Transformation des Justizwesens 149
a. Justizsystem vor der Besatzung 149
b. Transformation 150
aa. Institutionell 150
bb. Normativ 152
3. Transformation der Verwaltung 152
a. Situation vor der Besatzung 152
b. Transformation 153
4. Wirtschaftliche Transformation 153
a. Situation im Zeitpunkt der Besatzung 153
b. Transformation 154
5. Fazit 155
III. Rechtliche Beurteilung 156
1. Konsens 156
2. Mandat des Sicherheitsrates 157
3. Humanitäres Völkerrecht 158
a. Politisches System 158
b. Justizwesen 160
c. Wirtschaftssystem 163
d. Verwaltung 164
aa. Humanitäres Völkerrecht 164
bb. Menschenrechte 165
cc. Bewertung 166
IV. Fazit 167
3. Kapitel Kompetenzen der Vereinten Nationen 168
A. Begriff 168
B. Dogmatische Verortung 169
C. Rechtliche Grundlage 170
I. Konsens 170
II. Mandat des Sicherheitsrats 171
1. Bedrohung des Friedens 172
2. Befugnisse 173
III. Reichweite der Befugnisse des Sicherheitsrates 174
1. Rechtliche Bindungen 175
12
a. Chartainterne Bindungen 175
b. Chartaexterne Bindungen 176
aa. Humanitäres Völkerrecht 177
bb. Menschenrechte 181
c. Fazit 182
2. Kollision 182
a. Souveränität 183
b. Selbstbestimmungsrecht 183
3. Kollisionsregeln 184
a. Normenhierarchie 184
b. Verzicht 184
c. Verwirkung 185
d. Abwägung / Verhältnismäßigkeit 186
aa. Geltung im Rahmen von Kapitel VII-Maßnahmen 186
bb. Anwendung 188
D. Fallstudie Kosovo 189
I. Struktur der Mission 189
1. Aufgabe 189
2. Kompetenzen 190
3. Organisation 190
II. Transformation des Kosovo 192
1. Politisches System 193
a. Situation vor Errichtung der UNMIK 193
b. Transformative Maßnahmen 193
aa. Demokratisierung 193
bb. Dezentralisierung 195
2. Verwaltung 195
3. Justizwesen 196
4. Wirtschaftssystem 198
a. Wirtschaftssystem im Zeitpunkt der Errichtung der UNMIK 198
b. Transformation 199
5. Zwischenergebnis 201
III. Rechtliche Beurteilung 201
1. Passivlegitimation der BRJ 201
2. Bedrohung des Friedens 202
3. Angemessener Ausgleich der kollidierenden rechtlichen
Interessen 203
a. Gewichtung der kollidierenden Interessen 203
aa. Autonomieanspruch der Republik Serbien 203
bb. Autonomieanspruch des kosovo-albanischen Volkes 205
cc. Autonomieanspruch der Vereinten Nationen 206
b. Abwägung 206
IV. Ausblick 207
13
Schlussteil 209
A. Grenzen staatlicher Autonomie 209
B. Kompetenzen 210
C. Pflichten 210
I. Inhalt 211
II. Rechtliche Grundlage 211
1. Menschenrechte und humanitäres Völkerrecht 211
2. Grundsätze über die Staatenverantwortlichkeit 212
3. Nachsorge als Teil einer künftigen Doktrin zur humanitären
Intervention 212
4. Garantenpflicht 213
5. Fazit 214
D. Verhältnis von ius ad bellum und ius post bellum 214
I. Verhältnis von ius ad bellum und ius in bello 215
II. Verhältnis von ius ad bellum und ius post bellum 217
E. Fazit 218
Literaturverzeichnis 221
Chapter Preview
References
Zusammenfassung
Für den Zeitraum nach der Beendigung bewaffneter Konflikte existieren bislang nur wenige völkerrechtliche Regeln. Zu den ungelösten Problemen des ius post bellum gehört die Frage, ob externe Akteure zum Wohle der Bevölkerung regimeändernde Maßnahmen in Post-Konflikt-Staaten ergreifen dürfen.
Im vorliegenden Band wird untersucht, inwieweit die Konstitutionalisierung des Völkerrechts zur Herausbildung von Vorgaben für die Organisation von Staaten geführt hat. Am Beispiel der jüngsten Transformationsprozesse im Irak und im Kosovo werden die Kompetenzen einzelner Staaten und der Vereinten Nationen zur zwangsweisen Implementierung dieser Vorgaben einer kritischen Analyse unterzogen.