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der Regelung des § 71 Abs. 1 AktG ergibt, existieren viele gute Gründe für den
Erwerb eigener Aktien. In diesen Fällen ist es gerade nicht Sache des Altgesellschafters, einen Dritten als Käufer für seine Anteile zu finden. Ist ein solcher
Grund jedoch nicht ersichtlich, erwirbt die Gesellschaft lediglich ein Wirtschaftsgut, dessen Wert sich für die Gesellschaft in seiner Realisierbarkeit am Markt
erschöpft. Dies ist mit erheblichen Risiken für die Gesellschaft verbunden. Im
Falle einer Teilwertabschreibung realisiert sich gerade dieses Risiko mit der
Folge einer Vermögensminderung auf Seiten der Gesellschaft. Unerheblich ist
hierbei, dass diese Vermögensminderung der Zahlung des Kaufpreises zeitlich
nachfolgt. Das Vorliegen einer verdeckten Gewinnausschüttung ist unabhängig
vom Zeitpunkt des tatsächlichen Vermögensabflusses bei der Gesellschaft oder
des Vermögenszuflusses beim Gesellschafter.652 Der Auffassung des BFH ist
daher mit der Maßgabe zuzustimmen, dass die gesellschaftliche Veranlassung des
Vermögensabflusses einer eingehenden sachlichen Prüfung bedarf.
Widersprüchlich ist in diesem Zusammenhang die Auffassung der Finanzverwaltung, die einerseits davon ausgeht, dass der Erwerb eigener Aktien gesellschaftlich veranlasst ist, gleichwohl jedoch den Aufwand aus einer Teilwertabschreibung ohne weitere Begründung als steuerlich berücksichtigungsfähig
erachtet.653
Daneben kommt eine verdeckte Gewinnausschüttung auch aus anderen, nicht
im Zusammenhang mit einer Teilwertabschreibung stehenden Gründen in
Betracht. So kann etwa die Zahlung eines überhöhten Kaufpreises eine verdeckte
Gewinnausschüttung darstellen.654 Andernfalls wird es jedoch regelmäßig an
einer effektiven Vermögensminderung fehlen, da sich die Gesellschaft durch den
Rückerwerb eigener Anteile einen realisierbaren Vermögenswert verschafft.655
VI. Ergebnis
Eine Aktiengesellschaft darf grundsätzlich keine eigene Aktien erwerben. Dies
gilt nicht, wenn eine der in § 71 Abs. 1 AktG enumerativ aufgeführten Ausnahmen vorliegt. Eigene Aktien sind gemäß §§ 265 Abs. 3 S. 2, 266 B. III. Nr. 2 HGB
im Umlaufvermögen auszuweisen. In gleicher Höhe ist gemäß § 272 Abs. 4 S. 2
652 Vgl. Urteil des BFH vom 29. April 1987, I R 176/83, BStBl. II 1987, S. 733, 734; Schwedhelm, in Streck, § 8, Tz. 76.
653 Schreiben des BMF vom 2. Dezember 1998, IV C 6 – S 2741 – 12/98, DB 1998, S. 2567,
2568 (Tz. 22 und 26).
654 Schreiben des BMF vom 2. Dezember 1998, IV C 6 – S 2741 – 12/98, DB 1998, S. 2567,
2568 (Tz. 17); Ritzer-Angerer, IStR 2005, S. 318, 321; Oser, StB 1999, S. 375, 378.
655 Vgl. Wassermeyer, DStR 1990, S. 158, 160: Eine Vermögensminderung komme nur in
Betracht, wenn die Gesellschaft ihre Anteile zum Zwecke der Einziehung erwirbt, da diese
dann nicht mehr realisiert werden können. Dagegen spricht jedoch, dass die Anteile bis
zu ihrer Einziehung (vgl. § 238 S. 3 AktG) durch Gesellschafterbeschluss wieder zur Ver-
äußerung freigegeben werden können. Eine effektive Vermögensminderung tritt demnach
erst im Falle der Durchführung der Einziehung ein.
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HGB auf der Passivseite der Bilanz eine Rücklage zu bilden. Dies gilt nicht in den
Fällen des § 272 Abs. 1 S. 4 und 5 HGB.
Eigene Aktien stellen Wirtschaftsgüter dar. Ihr Teilwert beträgt nicht stets
Null, sondern ist nach den allgemeinen Regeln zu ermitteln. Eine Teilwertabschreibung auf eigene Aktien darf auch aufgrund von Gesellschaftsverlusten
erfolgen. Im Einzelfall ist zu prüfen, ob eine Teilwertabschreibung auf eigene
Aktien zu einer verdeckten Gewinnausschüttung i.S.v. § 8 Abs. 3 S. 2 KStG
führt.
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References
Zusammenfassung
Die Arbeit befasst sich mit den Voraussetzungen und Rechtsfolgen einer Teilwertabschreibung auf Aktien. Ein Schwerpunkt liegt auf dem Nachweis einer voraussichtlich dauernden Wertminderung von börsennotierten Aktien des Anlagevermögens. Der Autor weist nach, dass die in diesem Zusammenhang vertretenen Ansichten von Finanzverwaltung und Rechtsprechung mit den Erkenntnissen der Kapitalmarktforschung nicht vereinbar sind, und stellt sodann ein eigenes Konzept dar. Daneben werden auch nicht börsennotierte Aktien und Aktien des Umlaufvermögens behandelt. Zudem werden die Einflüsse der Internationalen Rechnungslegungsstandards, die Besonderheiten bei eigenen Aktien sowie etwaige Änderungen durch das BilMoG dargestellt.