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vierten Vermögensgegenstandes nicht möglich ist . Dies gilt gemäß § 272 Abs. 1
S. 5 HGB auch, wenn die eigenen Aktien zwar nicht zur Einziehung, die Wiederveräußerung derselben in den Fällen des § 71 Abs. 1 Nr. 8 HGB jedoch von einem
Beschluss der Hauptversammlung analog § 182 Abs. 1 S. 1 AktG (Dreiviertelmehrheit) abhängig gemacht wird. Der Unterschiedsbetrag zwischen Nennwert
bzw. rechnerischem Wert und Kaufpreis ist mit anderen Gewinnrücklagen zu verrechnen und weitergehende Anschaffungskosten als laufender Aufwand zu
berücksichtigen, § 272 Abs. 1 S. 6 HGB. Aufgrund dieser Regelungen entfällt die
Bildung einer Rücklage gemäß § 272 Abs. 4 S. 1 HGB. Ebenso besteht für die
eigenen Anteile in diesen Fällen ein Aktivierungsverbot.610 Diese handelsrechtlichen Bilanzierungsregeln gelten aufgrund der Maßgeblichkeit der Handelsbilanz gemäß §§ 8 Abs. 1 KStG, 5 Abs. 1 EStG auch für die Steuerbilanz.611
II. Wirtschaftsgutqualität eigener Aktien
Eine Teilwertabschreibung auf eigene Aktien kann nur dann erfolgen, wenn es
sich bei diesen um Wirtschaftsgüter handelt. Wirtschaftsgüter sind allgemein alle
Sachen und Rechte i.S.d. Zivilrechts sowie alle sonstigen tatsächlichen Zustände
und konkreten Möglichkeiten, deren Erlangung sich der Kaufmann etwas kosten
lässt und die als Einzelheit ins Gewicht fallen. Es muss sich somit bei einem Wirtschaftsgut um eine objektiv werthaltige Position handeln.612
1. Eigene Anteile als abschreibungsfähige Wirtschaftsgüter
Der herrschenden und insbesondere vom Bundesfinanzhof vertretenen Auffassung zufolge sollen eigene Anteile grundsätzlich werthaltige und somit abschreibungsfähige Wirtschaftsgüter darstellen.613
Zur Begründung führt diese Auffassung an, der Gesetzgeber habe sich durch
die Schaffung der gesetzlichen Bilanzierungsregelungen bewusst dafür entschie-
610 Beater, in Münchener Kommentar zum HGB, § 272, Rn. 13; Oser, StB 1999, S. 375, 376;
Thiel, DB 1998, S. 1583, 1584.
611 Schreiben des BMF vom 2. Dezember 1998, IV C 6 – S 2741 – 12/98, DB 1998, S. 2567,
2568 (Tz. 16 und 21); Rödder/Wochinger, DStR 2006, S. 684, 688.
612 Beschluss des BFH vom 7. August 2000, GrS 2/99, BStBl. II 2000, S. 632, 635.
613 Urteil des BFH vom 23. Februar 2005, I R 44/04, BStBl. II 2005, 522, 523; Urteil des BFH
vom 6. Dezember 1995, I R 51/95, BStBl. II 1998, 781, 782; Coenenberg, S. 325; Wassermeyer, in FS Schmidt, S. 621, 623 f.; Ludwig, DStR 2003, S. 1646, 1647; Breuninger,
DStZ 1991, S. 420, 422 und 424.
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den, eigene Anteile als Vermögensgegenstände bzw. Wirtschaftsgüter614 zu
behandeln. Insbesondere der in § 272 Abs. 4 S. 2 HGB enthaltene Verweis auf die
Regelung des § 253 Abs. 3 HGB (strenges Niederstwertprinzip) rechtfertige diese
Annahme. Diese Regelung gelte schon ihrem Wortlaut nach nur für Vermögensgegenstände des Umlaufvermögens.615 Dementsprechend seien eigene Anteile
der Gesellschaft als Wirtschaftsgüter anzusehen, sofern ihnen nicht ausnahmsweise aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen die Verwertbarkeit fehle. Eine
rechtliche Unverwertbarkeit in diesem Sinne liege vor, wenn die Anteile zur Einziehung bestimmt seien. Aus tatsächlichen Gründen hingegen seien eigene
Anteile unverwertbar, wenn diese wertlos seien.616 Seien die eigenen Anteile
gemäß § 272 Abs. 1 S. 4 ff. HGB i.d.F. des KonTraG zur Einziehung erworben
worden, sollen diese, da sie handels- und steuerrechtlich nicht zu aktivieren sind,
nach Auffassung des Bundesfinanzhofes keine Wirtschaftsgutqualität besitzen.617
Anderen Vertretern dieser Auffassung zufolge soll sich aus der genannten Regelung lediglich ergeben, dass diese Anteile in bilanzieller Hinsicht nicht mehr als
Vermögensgegenstände zu behandeln seien, die Vermögensgegenstandseigenschaft solcher Anteile dem Grunde nach jedoch erhalten bleibe.618
Diese Auffassung geht davon aus, dass eigene Anteile als Wirtschaftsgüter zu
aktivieren sind. Daher stellt sich der Erwerb eigener Anteile dieser Auffassung
nach als ein Anschaffungsgeschäft dar.619 Die eigenen Aktien wären demnach
abschreibungsfähige Wirtschaftsgüter.
2. Wirtschaftliche Nutzlosigkeit eigener Anteile
Eine andere Auffassung hingegen geht davon aus, dass eigene Anteile der Gesellschaft keine bilanzierungsfähigen Wirtschaftsgüter darstellen. Die Gesellschaft
könne aus ihren eigenen Anteilen keinen wirtschaftlichen Nutzen ziehen. Es sei
der Gesellschaft lediglich möglich, die Anteile wieder zu veräußern oder einzuziehen. Beide Möglichkeiten seien für die Gesellschaft indes ohne Wert. So diene
eine Veräußerung der eigenen Anteile der Beteiligung neuer Gesellschafter oder
der Erweiterung der Beteiligung bisheriger Gesellschafter. Dies könne jedoch
ebenso effektiv durch eine ordentliche Kapitalerhöhung erreicht werden. Auch im
Hinblick auf eine Einziehung der eigenen Anteile sei ein Wert derselben für die
614 Im Folgenden wird davon ausgegangen, dass die Begriffe Vermögensgegenstand und Wirtschaftsgut sachlich übereinstimmen, vgl. Beschluss des BFH vom 7. August 2000, GrS 2/
99, BStBl. II 2000, 632, 635. Diese Betrachtungsweise ist für die vorliegende Untersuchung ausreichend und soll daher als Arbeitshypothese dienen. Vgl. zur Kritik etwa Weber-
Grellet, in Schmidt, § 5, Rn. 93 ff.
615 Wassermeyer, in FS Schmidt, S. 621, 623; Breuninger, DStZ 1991, S. 420, 422.
616 Urteil des BFH vom 6. Dezember 1995, I R 51/95, BStBl. II 1998, S. 781, 782; Breuninger,
DStZ 1991, S. 420, 424.
617 Urteil des BFH vom 23. Februar 2005, I R 44/04, BStBl. II 2005, S. 522, 523.
618 Coenenberg, S. 325.
619 Vgl. Urteil des BFH vom 6. Dezember 1995, I R 51/95, BStBl. II 1998, S. 781, 782.
177
Gesellschaft nicht erkennbar. Würde man den eigenen Anteilen tatsächlich einen
wirtschaftlichen Wert beimessen, wäre deren Einziehung nicht erklärbar. Im
Wirtschaftsverkehr gelte die Vermutung, dass jeder Teilnehmer seinen Vorteil suche und somit keine wirtschaftlichen Werte zerstöre. Der Umstand, dass die Einziehung eigener Anteile im Wirtschaftsleben sogar üblich sei, deute vielmehr darauf hin, dass die Unternehmen ihren eigenen Anteilen keinen Wert zusprechen.620
Dies belege im Übrigen auch folgendes Beispiel: Erwerbe eine Gesellschaft,
an welcher zwei Gesellschafter paritätisch beteiligt sind, zunächst sämtliche
Anteile eines Gesellschafters und veräußere der andere Gesellschafter sodann
seinen Gesellschaftsanteil an einen anderen Erwerber, so würde er hierfür nur
50% des vor dem Erwerb der eigenen Anteile durch die Gesellschaft bestehenden
Eigenkapitals (i.S.v. Reinvermögen) erhalten. Hieraus könne der Schluss gezogen werden, dass der Erwerber den in der Gesellschaft gehaltenen Anteil mit Null
bewerte. Der Erwerber könne diesen Anteil entweder einziehen. In diesem Fall
sei das Eigenkapital dauerhaft um 50% gemindert. Oder er könne diesen Anteil
wieder veräußern. In diesem Fall wachse zwar das Eigenkapital wieder auf 100%
an, jedoch mindere sich im gleichen Umfang seine Beteiligungsquote auf 50%
des Neureinvermögens. Somit sei der Gesellschaft durch den Erwerb eigener
Anteile dauerhaft Eigenkapital entzogen worden.621
Dieser Ansicht zufolge handelt es sich beim Erwerb eigener Anteile nicht um
ein Anschaffungsgeschäft, sondern um die Rückzahlung von Eigenkapital und
somit um eine Teilliquidation. Die eigenen Anteile stellen insofern keine Wirtschaftsgüter, sondern lediglich einen Korrekturposten zum Eigenkapital dar. Eine
Teilwertabschreibung wäre mithin nicht möglich.
3. Stellungnahme
a) Kritik
Die dargelegten Auffassungen überzeugen nicht. Der herrschenden Auffassung
ist entgegenzuhalten, dass die aus den gesetzlichen Regelungen gezogenen Folgerungen in inhaltlicher Hinsicht nicht zwingend sind. Aus der gesetzlichen Aktivierungsanordnung für eigene Anteile gemäß §§ 265 Abs. 3 S. 2, 266 Abs. 2
B. III. Nr. 2 HGB kann die Wirtschaftsgutqualität eigener Anteile nicht entscheidend abgeleitet werden. Ebenso gut könnte der Gesetzgeber hierdurch eine Aktivierungsanordnung für Nichtvermögensgegenstände geschaffen haben. Dies wird
vor allem vor dem Hintergrund des KonTraG und des hiermit einhergehenden Aktivierungsverbots für solche eigenen Anteile, die gemäß § 71 Abs. 1 Nr. 6 und 8
AktG zu Zwecken der Einziehung erworben worden sind, deutlich. Hiernach besteht jedenfalls keine allgemeine Aktivierungsanordnung mehr für eigene An-
620 Schmedemann, S. 78 ff.
621 Schmedemann, S. 81 ff.
178
teile. Es existieren vielmehr nebeneinander Aktivierungsanordnungen und Aktivierungsverbote. Der Bundesfinanzhof spricht in diesem Zusammenhang solchen
eigenen Anteilen, die von der Gesellschaft gemäß § 71 Abs. 1 Nr. 6 und 8 AktG
zu Zwecken der Einziehung erworben wurden, die Wirtschaftsgutqualität aufgrund dieses Aktivierungsverbots (wieder) ab. Dies ist jedoch willkürlich und nur
vor dem Hintergrund, dass der Bundesfinanzhof eigenen Anteilen vor dem Kon-
TraG gerade aufgrund der gesetzlichen Aktivierungsanordnung eine Wirtschaftsgutqualität zugesprochen hat, verständlich. Insofern erscheint diese Lösung jedoch überformalisiert und bedürfte spätestens seit dem KonTraG einer materiellen Begründung. Eine solche liefert der Bundesfinanzhof jedoch gerade nicht. Vor
diesem Hintergrund verliert auch der in § 272 Abs. 4 S. 2 HGB enthaltene Verweis auf § 253 Abs. 3 HGB an Bedeutung. Enthielten die §§ 265 Abs. 3 S. 2, 266
Abs. 2 B. III. Nr. 2 HGB eine gesetzliche Aktivierungsanordnung für Nichtvermögensgegenstände, so ist es nur konsequent, diesbezüglich auch eine Abschreibung auf den niedrigeren beizulegenden Wert zuzulassen bzw. vorzuschreiben.
Auch gegen die andere Auffassung, derzufolge eigene Anteile für die Gesellschaft stets ohne wirtschaftlichen Wert seien, bestehen durchgreifende Bedenken.
Zwar ist es zutreffend, dass Gesellschaften ihre eigenen Anteile nur veräußern
oder einziehen können. Nicht ersichtlich ist jedoch, aus welchen Gründen eigene
Anteile daher als wertlos angesehen werden müssen. Sofern diese Ansicht – der
Sache nach zutreffend – behauptet, eine Veräußerung eigener Anteile führe zu
einer Beteiligung neuer Gesellschafter oder der Erweiterung der Beteiligung bisheriger Gesellschafter, was ebenso effektiv durch eine Kapitalerhöhung erreicht
werden könne, ist dem entgegenzuhalten, dass dies noch nicht für eine Wertlosigkeit der eigenen Anteile genügen kann. Der Gesellschaft ist es noch möglich, die
eigenen Anteile zu veräußern. Diese stellen daher ungeachtet der Möglichkeit,
das Ergebnis der Veräußerung eigener Anteile ebenso effektiv auf andere Art und
Weise herbeiführen zu können, einen realisierbaren Vermögenswert und somit
eine objektiv werthaltige Position dar. Dies gilt selbst dann, wenn die eigenen
Anteile zu Zwecken ihrer Einziehung erworben wurden. Hieraus kann nicht der
Schluss gezogen werden, die Gesellschaft selbst gehe von der Wertlosigkeit ihrer
Anteile aus. Die Einziehung von Aktien gemäß §§ 237 Abs. 2, 222 AktG bedarf
grundsätzlich eines Beschlusses der Hauptversammlung. Sie stellt sich somit als
Maßnahme der Gesellschafter und nicht der Gesellschaft selbst dar. Aus einer
Einziehung kann demnach einzig der Schluss, dass die Gesellschafter eine solche
für sich persönlich als vorteilhaft erachten, gezogen werden. Insofern liegt dieses
Argument neben der Sache.622 Dies gilt schließlich für das von dieser Ansicht vorgetragene Beispiel, da der Erwerber trotz des Umstandes, dass die Gesellschaft
selbst 50% ihrer Anteile hält, nach wie vor ebenfalls nur einen 50%-igen Gesellschaftsanteil erwirbt. Hierfür zahlt er einen Kaufpreis, der 50% des vor dem
Erwerb des Anteils durch die Gesellschaft existierenden Reinvermögens beträgt.
Insofern liegt diesem Beispiel ein Denkfehler zugrunde, da dieses offenbar von
einem 100%-igen Anteilserwerb ausgeht. Erst in diesem Fall könnte, sofern der
622 So auch Ludwig, DStR 2003, S. 1646, 1647.
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Kaufpreis 50% des ehemaligen Eigenkapitals beträgt, von einer dauerhaften Vernichtung von Eigenkapital die Rede sein. Der Erwerber zahlt jedoch ungeachtet
der Tatsache, dass die Gesellschaft 50% ihrer Anteile selbst hält, nach wie vor den
gleichen Kaufpreis, nämlich 50% des ehemals bestehenden Eigenkapitals. Dieses
Beispiel zeigt somit, dass der Erwerber von einer Werthaltigkeit der eigenen
Anteile der Gesellschaft ausgeht.
b) Eigene Lösung
Grundlage des dargelegten Streits ist die Tatsache, dass der Erwerb eigener Anteile eine Doppelnatur aufweist. So stellt dieser zunächst einen Anschaffungsvorgang dar. Hiervon geht auch das Bilanzrecht aus, wenn es die Aktivierung eigener
Anteile vorschreibt. Andererseits handelt es sich beim Erwerb eigener Anteile um
eine Einlagenrückgewähr. So ist etwa das Grundkapital einer AG nach dem Erwerb eigener Aktien gemindert.623
Die oben dargelegten Auffassungen nehmen die Einordnung eigener Anteile
unter Hervorhebung eines dieser beiden Aspekte vor. Überwiegt der Charakter
eines Anschaffungsvorgangs, so handelt es sich bei eigenen Anteilen um Vermögensgegenstände bzw. Wirtschaftsgüter. Stehe hingegen die Einlagenrückgewähr
im Vordergrund, so stellt der Erwerb eigener Anteile eine Teilliquidation dar. Die
eigenen Anteile wären demnach lediglich als Korrekturposten zum Eigenkapital
zu aktivieren. Beide Auffassungen werden jedoch aus den dargelegten Gründen
der Doppelnatur des Erwerbsvorgangs nicht gerecht. Es bedarf somit eines anderen Lösungsansatzes. M.E. kann die Frage, ob eigene Aktien als Wirtschaftsgüter
anzusehen sind, durch Anwendung der allgemeinen Wirtschaftsgutsdefinition
beantwortet werden. Nach dieser sind Wirtschaftsgüter alle Sachen und Rechte
i.S.d. Zivilrechts sowie alle sonstigen tatsächlichen Zustände und konkreten
Möglichkeiten, die objektiv werthaltig sind.
Einen solchen werthaltigen Vorteil stellt zunächst die Mitgliedschaft an der
AG dar. Zwar stehen der AG gemäß § 71b AktG die sich aus dem Halten der Aktie
ergebenden Mitgliedschaftsrechte nicht zu. Die Regelung des § 71b AktG
bewirkt allerdings nicht, dass die Mitgliedschaft als solche untergeht.624 Insofern
bedient sich die Regelung des § 71b AktG eines »Kunstgriffs«, indem sie die mit
der Mitgliedschaft verbundenen Mitgliedschaftsrechte von jener löst und somit
gleichsam entkleidet. Die AG ist Mitglied ihrer selbst, ohne hieraus Rechte ableiten zu können. Diese Mitgliedschaft stellt einen tatsächlichen Zustand im obigen
Sinne dar. Dies ergibt sich schon daraus, dass diese übertragbar ist, wobei die
Rechte aus der Mitgliedschaft in diesem Fall wieder aufleben. Ein rechtliches
Nullum hingegen wäre nicht übertragbar. Die Mitgliedschaft ist ungeachtet der
Regelung des § 71b AktG auch objektiv werthaltig. Ein objektiver Dritter würde
623 Adler/Düring/Schmaltz, Teilband 5, § 266 HGB, Rn. 139; Döllerer, S. 72; Breuninger,
DStZ 1991, S. 420, 420.
624 Hüffer, AktG, § 71b, Rn. 3.
180
diese aufgrund der Tatsache, dass die Mitgliedschaftsrechte bei der Übertragung
wieder aufleben, entgeltlich erwerben. Allein hierauf kann es ankommen. Unerheblich ist demgegenüber, dass der AG selbst aus ihren Aktien keine Rechte
zustehen. Insofern ließe sich argumentieren, dass sich kein Käufer für eine rechtlose Mitgliedschaft finden ließe und diese somit wertlos sei. Dem ist jedoch entgegenzuhalten, dass es für die Beurteilung der Wirtschaftsgutqualität eigener
Aktien auf deren objektive Werthaltigkeit ankommt. Maßgeblich ist somit, ob die
Mitgliedschaft für einen objektiven Dritten werthaltig ist. Da die Mitgliedschaftsrechte bei Übertragung wieder aufleben, ist dies der Fall. Anders wäre auch nicht
erklärbar, weshalb ein objektiver Dritter einen Kaufpreis für solche Aktien, die
er von der AG selbst erwirbt, entrichten würde.
Als werthaltiger Vorteil kommt weiterhin das Eigentumsrecht der AG an ihren
Anteilen in Betracht. Dieses geht mit dem Erwerb eigener Aktien nicht unter.
Insofern bezieht sich die Rechtsfolge des § 71b AktG ausschließlich auf die
Rechte aus den Aktien, nicht hingegen auf die Rechte an den Aktien.625 Das
Eigentumsrecht stellt unzweifelhaft ein zivilrechtliches Recht dar. Es ist zudem
objektiv werthaltig, da ein Erwerber hierfür am freien Markt aufgrund des Wiederauflebens der Mitgliedschaftsrechte regelmäßig ein Entgelt bieten würde.
Letztlich stellt das Eigentumsrecht an den Aktien jedoch keinen gegenüber der
Mitgliedschaft weitergehenden Vorteil dar. Diese setzt gerade Eigentum an den
Aktien voraus.
Eigene Aktien stellen somit Wirtschaftsgüter dar. Dies gilt nur dann nicht,
wenn sich ein Veräußerungsentgelt nicht erzielen ließe und die Aktien somit wertlos wären. Dies ist jedoch nur dann denkbar, wenn die AG über kein Eigenkapital
mehr verfügt. Hingegen liegt eine Wertlosigkeit eigener Aktien entgegen der
herrschenden Auffassung nicht schon dann vor, wenn diese zur Einziehung
erworben wurden. Sie sind erst nach Durchführung der Einziehung selbst (vgl.
§ 238 S. 3 AktG) in ihrer Existenz aufgehoben. Bis zu diesem Zeitpunkt könnten
die Aktien durch entsprechenden Hauptversammlungsbeschluss noch zur Veräu-
ßerung wieder freigegeben werden. Dies erkennt auch indirekt die Finanzverwaltung an, wenn sie von der Möglichkeit einer Veräußerung handelsrechtlich nicht
zu aktivierender eigener Anteile spricht. Dies ist bei eigenen Aktien gemäß § 271
Abs. 1 S. 4 HGB i.V.m. § 71 Abs. 1 Nr. 6 und 8 AktG nur beim Erwerb zu Zwecken ihrer Einziehung der Fall. Dann liegt steuerrechtlich eine Kapitalerhöhung
vor.626 Ebenso ist es möglich, solche Aktien, die zunächst zu aktivieren sind,
durch einen späteren Einziehungsbeschluss einzuziehen.627
Diese Sichtweise steht ferner mit dem auch im Steuerrecht geltenden Vorsichtsprinzip (vgl. § 252 Abs. 1 Nr. 4 HGB) im Einklang. Das Vorsichtsprinzip
erlaubt eine Aktivierung von Vermögensgegenständen bzw. Wirtschaftsgütern
625 Oechsler, in Münchener Kommentar zum AktG, § 71b, Rn. 8.
626 Vgl. Schreiben des BMF vom 2. Dezember 1998, IV C 6 – S 2741 – 12/98, DB 1998,
S. 2567, 2568 (Tz. 11 und 27).
627 Vgl. Schreiben des BMF vom 2. Dezember 1998, IV C 6 – S 2741 – 12/98, DB 1998,
S. 2567, 2568 (Tz. 12).
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nur dann, wenn diese sich konkretisiert, im Rechtsverkehr einen feststehenden
Inhalt und im Handelsverkehr einen bestimmten Wert haben.628 Dies trifft auf
eigene Anteile aus den dargelegten Gründen zu.
III. Teilwertermittlung bei eigenen Aktien
Umstritten ist weiterhin, wie der Teilwert eigener Aktien zu ermitteln ist.
1. Wertlosigkeit eigener Aktien
Einer Auffassung zufolge soll der Teilwert eigener Aktien stets Null betragen.629
Grundlage dieser Ansicht ist ein der die Wirtschaftsgutqualität von eigenen Aktien ablehnenden Auffassung630 entsprechendes Verständnis des Erwerbsvorgangs eigener Aktien. So soll es sich dieser Auffassung zufolge aufgrund der bilanzrechtlichen Regelungen bei eigenen Aktien zwar um Wirtschaftsgüter handeln. Der Erwerbsvorgang werde demnach bilanziell als bloße Vermögensumschichtung behandelt. Den Anteilen werde durch ihre Aktivierung der Wert des
für den Erwerb ausgeschütteten Vermögens zuerkannt. Diese seien für die Gesellschaft jedoch wertlos und der Erwerbsvorgang jedenfalls seinem wirtschaftlichen
Gehalt nach als Vermögensauskehrung bzw. Teilliquidation zu werten. Der Gesellschaft stehen hieraus ohnehin keine Rechte zu (vgl. § 71b AktG). Das Ergebnis ihrer Veräußerung, die Zuführung neuen Eigenkapitals, könne zudem auch
durch eine Kapitalerhöhung erreicht werden. Die eigene Aktie stelle daher ein
»wertloses Stück Papier« für die Gesellschaft dar. Das Bilanzrecht bediene sich
durch die Aktivierungsanordnung für eigene Anteile einer der Regelung des § 57
Abs. 1 S. 2 AktG entsprechenden Fiktion. Nach der genannten Vorschrift gelte
die Zahlung des Erwerbspreises beim zulässigen Erwerb eigener Aktien nicht als
Rückgewähr von Einlagen. Insofern gehe das Gesetz selbst davon aus, dass der
Erwerb eigener Aktien eine Eigenkapitalrückzahlung und somit eine Vermögensminderung darstelle. Dies stelle auch den tatsächlichen, den wirtschaftlichen Gegebenheiten entsprechenden Effekt des Erwerbs eigener Aktien dar. Daher sei bei
eigenen Anteilen am ersten Bewertungsstichtag nach ihrem Erwerb zwingend
eine Teilwertabschreibung auf Null durchzuführen.631 Der Kaufpreis werde hierdurch zu Aufwand.632
Zudem rechtfertige nicht jeder Erwerb eines Vermögensgegenstandes die
Annahme, dieser Erwerb sei im Rahmen einer bloßen Vermögensumschichtung
628 Winkeljohann/Geißler, in Beck Bil-Komm, § 252 HGB, Rn. 30.
629 Thiel, in FS Schmidt, S. 569, 573; Rogall, WPg 2000, S. 368, 373.
630 Vgl. 3. Kapitel, Abschnitt C. II. 2.
631 Nach der derzeit geltenden Rechtslage wäre weiterhin eine voraussichtlich dauernde Wertminderung der Anteile erforderlich, vgl. § 6 Abs. 1 Nr. 1 S. 3 EStG.
632 Thiel, in FS Schmidt, S. 569, 573 ff.
Chapter Preview
References
Zusammenfassung
Die Arbeit befasst sich mit den Voraussetzungen und Rechtsfolgen einer Teilwertabschreibung auf Aktien. Ein Schwerpunkt liegt auf dem Nachweis einer voraussichtlich dauernden Wertminderung von börsennotierten Aktien des Anlagevermögens. Der Autor weist nach, dass die in diesem Zusammenhang vertretenen Ansichten von Finanzverwaltung und Rechtsprechung mit den Erkenntnissen der Kapitalmarktforschung nicht vereinbar sind, und stellt sodann ein eigenes Konzept dar. Daneben werden auch nicht börsennotierte Aktien und Aktien des Umlaufvermögens behandelt. Zudem werden die Einflüsse der Internationalen Rechnungslegungsstandards, die Besonderheiten bei eigenen Aktien sowie etwaige Änderungen durch das BilMoG dargestellt.