163
Dagegen spricht auch nicht, dass die Internationalen Rechnungslegungsstandards zu unscharf sind und daher keine Hilfe für die Auslegung des auf der
Vierten Richtlinie beruhenden Handelsbilanzrechts darstellen können.568 Zum
einen enthalten die IAS/IFRS eine Regelungsdichte, die den deutschen (Handelsund Steuer)Bilanzgesetzen in nichts nachsteht. Zum anderen sollen die Internationalen Rechnungslegungsstandards nur als Auslegungshilfe herangezogen werden. Hierfür wäre es ohnehin unschädlich, wenn sie keine Detailregelung für den
zu regelnden Einzelfall aufweisen würden.
Die IAS/IFRS haben demnach Einfluss auf das deutsche Bilanzsteuerrecht,
indem sie als Auslegungshilfe für die Vierte Richtlinie herangezogen werden
können. Durch die BIAO-Entscheidung des EuGH erfolgte demnach faktisch eine
Neuausrichtung des deutschen Bilanzsteuerrechts an europarechtlichen Grundsätzen.569 Zu beachten ist allerdings, dass diese Neuausrichtung unter der Bedingung steht, dass das deutsche Bilanzsteuerrecht von den deutschen Gerichten
auch als Rechtsmaterie mit Gemeinschaftsrechtsbezug gewertet wird.570 Die
Beurteilung dieser Frage obliegt einzig den nationalen Gerichten (s.o.). Die Europäisierung des deutschen Bilanzsteuerrechts wird demnach maßgeblich von der
Vorlagepraxis der deutschen Finanzgerichte abhängen.571 Dem kann der deutsche
Steuergesetzgeber nur durch die Schaffung eigenständiger Steuerbilanznormen
entgegenwirken.572
II. Einfluss der Internationalen Rechnungslegungsstandards auf die
Teilwertabschreibung auf Aktien
Unklar ist jedoch, inwiefern der Grundsatz des True and Fair View auf die Teilwertabschreibung auf Aktien von Bedeutung sein könnte.
1. Gemeinschaftsrechtsbezug
Wie bereits gesehen, wurde das Merkmal der voraussichtlich dauernden Wertminderung in § 6 Abs. 1 Nr. 2 S. 2 EStG der Regelung des § 253 Abs. 2 S. 3,
2. Halbs. HGB entlehnt. Diese Regelung wiederum geht unmittelbar auf die
Vierte Richtlinie zurück.573 Das Merkmal der voraussichtlich dauernden Wertminderung in § 6 Abs. 1 Nr. 2 S. 2 EStG weist demnach Gemeinschaftsrechtsbezug auf und kann im Lichte der Internationalen Rechnungslegungsstandards ausgelegt werden. Demgegenüber ist die Regelung des § 253 Abs. 2 S. 3, 2. Halbs.
568 Vgl. Schulze-Osterloh, BB 2005, S. 488, 488; Berndt, BB 2004, S. 1220, 1220.
569 Vater, StuB 2005, S. 67, 69; Scheffler, StuB 2004, S. 776, 778.
570 Vgl. Bärenz, DStR 2003, S. 492, 494.
571 Scheffler, StuB 2003, S. 298, 300.
572 Jacobs, S. 227 f.; de Weerth, RIW 2003, S. 460, 462.
573 Vgl. Art. 35 Abs. 1 Buchst. b) cc) der Vierten Richtlinie.
164
HGB für die Durchführung einer Teilwertabschreibung nach der hier vertretenen
Auffassung aufgrund des Bewertungsvorbehalts des § 5 Abs. 6 EStG ohne Bedeutung574. Ein Gemeinschaftsrechtsbezug scheidet unter diesem Gesichtspunkt
somit aus.575
2. Auslegung anhand der Internationalen Rechnungslegungsstandards
Dem EuGH können nur Rechtsfragen im Hinblick auf die Auslegung der Vierten
Richtlinie zur Vorabentscheidung vorgelegt werden. Es ist demnach mangels Regelung in der Vierten Richtlinie nicht möglich, den EuGH zur Frage der Bilanzierung von Aktien anzurufen. Demgegenüber kann dem EuGH durchaus die
Frage vorgelegt werden, wie das Merkmal der voraussichtlich dauernden Wertminderung im Allgemeinen auszulegen ist. Es spricht nichts dagegen, das bezeichnete Merkmal unter besonderer Berücksichtigung der Bilanzierung von Aktien nach den Internationalen Rechnungslegungsstandards auszulegen, da es sich
bei Aktien um gewöhnliche Wirtschaftsgüter handelt. Bei diesen ist die Konkretisierung des Merkmals der voraussichtlich dauernden Wertminderung zudem besonders problematisch.576 Für die durchzuführende Auslegung ist es demnach zunächst von Bedeutung, wie Aktien im Rahmen der Internationalen Rechnungslegungsstandards zu bewerten sind (hierzu a). Sodann erfolgt die Auslegung des
Merkmals der voraussichtlich dauernden Wertminderung im Lichte der Internationalen Rechnungslegungsstandards (hierzu b).
a) Bilanzierung von Finanzinstrumenten gemäß IAS 39
Zunächst ist zu klären, wie die Bewertung von Aktien nach den Internationalen
Rechnungslegungsstandards zu erfolgen hat. Maßgeblicher Standard für die Bewertung von Aktien könnte IAS 39 sein. Dieser Standard gilt gemäß IAS 39.2 für
alle Arten von Finanzinstrumenten, sofern keine der unter Buchst. (a) bis (j) aufgeführten Ausnahmen einschlägig ist. Eine solche Ausnahme ist für Aktien nicht
ersichtlich.577
574 Vgl. 2. Kapitel, Abschnitt B. IV. 2. a).
575 A.A. Herkenroth/Körner/Rodewald, DStR 1999, S. 9, 11.
576 Vgl. insb. 3. Kapitel, Abschnitt A. III. 1. b) aa) (5).
577 Beteiligungen sind demgegenüber gemäß IAS 39.2 Buchst. (a) als Anteile an assoziierten
Unternehmen i.S.d. IAS 28 (vgl. IAS 28.6: 20% der Stimmrechte erforderlich) vom Regelungsbereich des IAS 39 ausgenommen. Beteiligungen sind nach den Internationalen
Rechnungslegungsstandards nach der sog. »Equity-Methode« zu bewerten, vgl.
IAS 28.13. Nach der »Equity-Methode« sind zunächst die Anschaffungskosten anzusetzen, welche in den Folgejahren entsprechend dem Anteil des Aktionärs am Ergebnis des
Beteiligungsunternehmens korrigiert werden. Sofern der für die Beteiligung am Markt
erzielbare Betrag geringer ist als sein Buchwert, ist dieser auf den erzielbaren Betrag abzuschreiben, vgl. IAS 36.59.
165
aa) Aktien als Finanzinstrumente i.S.d. IAS 32.11
Bei Aktien müsste es sich folglich um ein Finanzinstrument handeln. Gemäß
IAS 39.8 ist diesbezüglich auf die in IAS 32.11 niedergelegte Definition zurückzugreifen. Hiernach stellt ein Finanzinstrument insbesondere einen Vertrag dar,
welcher »gleichzeitig bei dem einen Unternehmen zu einem finanziellen Vermögenswert und bei dem anderen Unternehmen zu … einem Eigenkapitalinstrument
führt« (IAS 32.11 S. 2). Finanzielle Vermögenswerte umfassen gemäß IAS 32.11
S. 3 Buchst. (b) unter anderem ein als Aktivum gehaltenes Eigenkapitalinstrument eines anderen Unternehmens. Nach IAS 32.11 S. 5 stellt ein Eigenkapitalinstrument wiederum einen Vertrag dar, der einen Residualanspruch an den Vermögenswerten eines Unternehmens nach Abzug aller dazugehörigen Schulden
begründet. Fasst man diese Definitionen zusammen, so handelt es sich bei einem
Finanzinstrument um einen Vertrag, welcher zu einem (vertraglichen) Residualanspruch am Eigenkapital eines Unternehmens führt. Diese Definition gilt für
sowohl für das Anlagevermögen als auch für das Umlaufvermögen.578
Ob sich dieser Residualanspruch auf das Eigenkapital oder Fremdkapital der
Gesellschaft bezieht, richtet sich gemäß IAS 32.16 f. danach, ob diese am Bilanzstichtag vertraglich zur Auszahlung verpflichtet ist oder nicht. Im Falle einer vertraglichen Verpflichtung zur Auszahlung am Bilanzstichtag liegt Fremdkapital,
andernfalls Eigenkapital vor.579 Der Erwerb von Aktien berechtigt insbesondere
zum Bezug einer Dividende. Diese Berechtigung führt allerdings nicht dazu, dass
sich der mit dem Erwerb von Aktien verbundene Residualanspruch auf Fremdkapital bezieht. Die AG kann trotz der Dividendenberechtigung des Aktionärs am
Bilanzstichtag nicht zur Abgabe von Vermögenswerten gezwungen werden, vgl.
IAS 32.17 S. 2. Vielmehr setzt die Entstehung des Dividendenanspruchs einen
entsprechenden Beschluss der Gesellschafterversammlung voraus. Der mit dem
Erwerb von Aktien verbundene Residualanspruch bezieht sich daher auf das
Eigenkapital der AG. Aktien stellen folglich Eigenkapitalinstrumente dar.580 Hiervon gehen die Internationalen Rechnungslegungsstandards i.Ü. in den IAS 32.18,
IAS 32.A13 und IAS 32.A25 f. selbst aus, wenn dort Stammaktien und nicht
rückkaufsfähige Vorzugsaktien als Beispiele für Eigenkapitalinstrumente genannt werden.
Jedoch ist höchst fraglich, ob dieser Residualanspruch vertraglicher Natur ist.
Nach IAS 32.13 S. 1 handelt es sich bei einem Vertrag im Sinne dieses Standards
um eine Vereinbarung, die eindeutige wirtschaftliche Folgen hat, welche aufgrund ihrer Durchsetzbarkeit im Rechtswege jedenfalls kaum zu vermeiden sind.
Geht man davon aus, dass eine Vereinbarung durch mindestens zwei in Bezug
aufeinander abgegebene Willenserklärungen, Angebot und Annahme, zustande
578 Heno, S. 210.
579 Vgl. zu den hier nicht einschlägigen Ausnahmen von diesem Grundsatz Baetge/Winkeljohann/Haenelt, DB 2008, S. 1518, 1518.
580 Wawrzinek, in Beck IFRS-Hdb, § 3, Rn. 14; Kehm/Lüdenbach, in Haufe IAS/IFRS-Kommentar, § 28, Rn. 8; Heuser/Theile, Rn. 881; Pellens/Fülbier/Gassen, S. 483.
166
kommt, wäre diese Voraussetzung aufgrund der rein kapitalistischen Beziehung
des Aktionärs zur AG nicht erfüllt. Dies wird insbesondere im Vergleich zur Ausgestaltung der Beziehung des Gesellschafters einer Personengesellschaft zu dieser deutlich. Während es sich bei einer Personengesellschaft um einen Personenverband auf Grundlage des Gesellschaftsvertrages handelt, stellt sich die Mitgliedschaft in einer Kapitalgesellschaft als Teilhabe an einer Verbandsperson dar,
deren Grundlage die Gesellschaftssatzung ist. Man könnte sogar sagen, dass der
Gesellschafter einer Kapitalgesellschaft gar kein Mitglied in dieser ist, sondern
lediglich eine Beteiligung an ihr hält.581 Man mag diese Beziehung des Aktionärs
zur AG als »Dauerrechtsverhältnis eigener Art«582 oder als »Sonderrechtsbeziehung«583 bezeichnen. Eine Vereinbarung zwischen AG und Aktionär liegt ihr
jedenfalls nicht zugrunde.
Der Wortlaut des IAS 32.11 ist jedoch zu eng gefasst. Hierdurch werden viele
Posten, die eigentlich dem Anwendungsbereich des IAS 32.11 unterfallen sollen,
gerade von diesem ausgeschlossen. Dies gilt zunächst für alle Finanzinstrumente,
die nicht auf einem Vertrag (Schadensersatzforderungen) beruhen oder nicht
gegenüber einem anderen Unternehmen (Verbraucher) bestehen. Durch die Bindung der Finanzinstrumente an einen Vertrag oder ein anderes Unternehmen sollten jedoch grundsätzlich nur Steuerforderungen und Steuerschulden aus dem
Anwendungsbereich des IAS 32.11 entfernt werden. Zutreffenderweise sind
unter den Begriff der Finanzinstrumente daher auf der Aktivseite alle Positionen
zu subsumieren, die nicht als immaterielles Vermögen, Sachanlagevermögen,
Vorratsvermögen, Steueransprüche, Sachleistungsforderungen oder Rechnungsabgrenzungsposten einzuordnen sind.584 Hierfür spricht auch, dass der Regelung
des § 2 Abs. 2b WpHG, welche den Begriff des Finanzinstruments für das WpHG
definiert, ein sehr weites Verständnis zugrunde liegt. Nach dieser Vorschrift sind
unter den Begriff des Finanzinstruments u.a. Wertpapiere i.S.v. § 2 Abs. 1 WpHG
und somit auch Aktien (§ 2 Abs. 1 S. 1 Buchst. a) WpHG) zu subsumieren. Letztlich umfasst der Begriff der Finanzinstrumente somit auf der Aktivseite das
gesamte Geldvermögen.585 Folglich ist es ebenfalls unerheblich, wenn dem Residualanspruch am Eigenkapital einer Gesellschaft keine vertragliche Beziehung
zugrunde liegt. Demzufolge stellen Aktien Finanzinstrumente i.S.d. IAS 32.11
dar.
bb) Bewertung von Aktien mit dem beizulegenden Zeitwert gemäß IAS 39.46
In IAS 39.9. werden vier Kategorien genannt, in welche die Finanzinstrumente
jeweils einzuordnen sind. Namentlich handelt es sich hierbei um erfolgswirksam
581 Statt aller Flume, S. 258 f.
582 Raiser/Veil, § 12, Rn. 1.
583 Grunewald, 2. Teil, Kapitel C, Rn. 191.
584 Kehm/Lüdenbach, in Haufe IAS/IFRS-Kommentar, § 28, Rn. 8.
585 Scharpf. S. 16.
167
zum beizulegenden Wert bewertete Vermögenswerte bzw. finanzielle Verbindlichkeiten (IAS 39.9 S. 3), bis zur Endfälligkeit gehaltene Finanzinvestitionen
(IAS 39.9 S. 4), Kredite und Forderungen (IAS 39.9 S. 6) sowie zur Veräußerung
verfügbare finanzielle Vermögenswerte (IAS 39.9 S. 8). An die Einordnung des
jeweiligen Finanzinstruments knüpfen die IAS 39.43 ff. die Rechtsfolgen für die
Bewertung.
Bei Aktien kommt eine Einordnung als erfolgswirksam zum beizulegenden
Wert bewertete Vermögenswerte (IAS 39.9 S. 3) oder als zur Veräußerung verfügbare finanzielle Vermögenswerte (IAS 39.9 S. 8) in Betracht. Aktien können
demgegenüber bereits begrifflich keine Kredite und Forderungen (IAS 39.9 S. 6)
darstellen und werden auch nicht fällig (IAS 39.9 S. 4).
Ein erfolgswirksam zum beizulegenden Wert bewerteter Vermögenswert liegt
gemäß IAS 39.9 S. 3 Buchst. (a) zunächst dann vor, wenn der finanzielle Vermögenswert zu Handelszwecken gehalten wird. Dies ist gemäß IAS 39.9 S. 3
Buchst. (a) Abs. (i) vor allem dann der Fall, wenn der Vermögenswert mit der
Absicht einer kurzfristigen Wiederveräußerung erworben wurde.586 Darüber hinaus besteht gemäß IAS 39.9 S. 3 Buchst. (b) die Möglichkeit, einen finanziellen
Vermögenswert zu einem als erfolgswirksam zum beizulegenden Zeitwert anzusetzenden Vermögenswert zu willküren. Aus dieser Optierungsmöglichkeit des
Bilanzierenden folgt im Ergebnis ein Wahlrecht zu einem »Full Fair Value
Accounting«.587 Zur Veräußerung bestimmte finanzielle Vermögenswerte sind
nach IAS 39.9 S. 8 solche, die zur Veräußerung verfügbar sind und nicht in andere
Kategorien eingeordnet werden können. Aktien sind demnach als zur Veräußerung bestimmte finanzielle Vermögenswerte i.S.v. IAS 39.9 S. 8 einzuordnen,
wenn sie weder mit der Absicht einer kurzfristigen Wiederveräußerung (IAS 39.9
S. 3 Buchst. (a)) erworben wurden noch zu erfolgswirksam zum beizulegenden
Wert bewertete Vermögenswerte gewillkürt werden (IAS 39.9 S. 3 Buchst. (b)).
Bei dieser Einordnung handelt es sich um eine solche eigener Art, die auf den
Ausweis der Aktien im Anlagevermögen oder Umlaufvermögen ohne Bedeutung
ist.588 Die Zuordnung hat anhand schriftlich zu fixierender, nachvollziehbarer
Zuordnungskriterien zu erfolgen.589 Eine Umklassifizierung ist gemäß IAS 39.50
ff. nur unter engen Voraussetzungen möglich. Dem Bilanzierenden bleibt es hierdurch verwehrt, sich durch bilanzpolitische Maßnahmen arm oder reich zu rechnen.590
Die dargelegte Unterscheidung zwischen erfolgswirksamer und erfolgsneutraler Bewertung ist zunächst für die Zugangsbewertung von Bedeutung. Gemäß
IAS 39.43 hat diese bei erfolgswirksam zum beizulegenden Zeitwert zu bilanzie-
586 IAS 39.9 S. 3 Buchst. (a) Abs. (ii) und (iii) nennen als weitere Fälle eines als zu Handelszwecken gehalten einzustufenden Vermögenswertes die Zughörigkeit des Vermögenswertes zu einem Portfolio, für das konkrete Hinweise auf kurzfristige Gewinnmitnahmen
bestehen, sowie das Vorliegen eines Derivats.
587 Vgl. Löw/Blaschke, BB 2005, S. 1727, 1730.
588 Heuser/Theile, Rn. 910.
589 Scharpf, S. 21.
590 Löw/Schildbach, BB 2004, S. 875, 877.
168
renden finanziellen Vermögenswerten nur zum beizulegenden Zeitwert zu erfolgen, wohingegen bei nicht erfolgswirksam zum beizulegenden Zeitwert anzusetzenden finanziellen Vermögenswerten die Transaktionskosten hinzugerechnet
werden.591 Bei erfolgswirksam zum beizulegenden Zeitwert anzusetzenden finanziellen Vermögenswerten hingegen stellen die Anschaffungsnebenkosten Aufwand dar. Gemäß IAS 39 AL E.1.1 S. 2 sind unter den Begriff der Transaktionskosten alle Kosten zu fassen, die dem finanziellen Vermögenswert im Rahmen
seiner Erwerbs unmittelbar zugerechnet werden können (Anschaffungsnebenkosten). Wenn man sich vergegenwärtigt, dass IAS 39.A64 S. 1 als in der Regel beizulegenden Zeitwert eines Finanzinstruments den Transaktionspreis bezeichnet,
erfolgt de facto eine Bewertung der finanziellen Vermögensgegenstände zu den
Anschaffungskosten (Aktivtausch), im Falle nicht erfolgswirksam zum beizulegenden Zeitwert anzusetzender finanzieller Vermögenswerte unter zusätzlicher
Berücksichtigung der Anschaffungsnebenkosten.592
Nach IAS 39.46 S. 1 sind sämtliche finanzielle Vermögenswerte und somit
auch Aktien in den Folgejahren nach der Anschaffung grundsätzlich mit dem beizulegenden Zeitwert593 ohne Abzug zukünftig möglicherweise anfallender Transaktionskosten zu bewerten. Nach IAS 39.9 S. 12 handelt es sich bei dem beizulegenden Zeitwert um denjenigen Betrag, »zu dem zwischen sachverständigen,
vertragswilligen und voneinander unabhängigen Geschäftspartnern ein Vermögenswert getauscht … werden könnte«. Hierbei ist von einer Fortführung des
Unternehmens auszugehen, so dass der beizulegende Zeitwert nicht durch den
Liquidationswert bestimmt wird, vgl. IAS 39.A69. Ist ein Finanzinstrument, wie
es etwa bei Aktien häufig der Fall ist, an einer Börse notiert, so entspricht der beizulegende Zeitwert gemäß IAS 39.A71 S. 2 dem marktüblichen Transaktionspreis (Börsenkurswert).594 Aufgrund der weitgehend identischen Konzeption
(objektiver Wertmaßstab, Going-Concern-Prämisse, Börsenkurswert als Hilfswert) wird der beizulegende Zeitwert von Aktien regelmäßig dem Teilwert entsprechen.
Offen ist demgegenüber, wie nicht börsennotierte Aktien zu bewerten sind.
Gemäß IAS 46 S. 1 Buchst. (c) ist ein Eigenkapitalinstrument mit den Anschaffungskosten anzusetzen, wenn kein auf einem aktiven Markt notierter Preis vorliegt und der beizulegende Wert nicht verlässlich ermittelt werden kann. Kann der
beizulegende Wert hingegen verlässlich ermittelt werden, ist nach der allgemeinen Regelung des IAS 39.46 S. 1 der beizulegende Zeitwert anzusetzen. Als Voraussetzung einer verlässlichen Bestimmbarkeit des beizulegenden Zeitwertes
591 Der Begriff des beizulegenden Zeitwertes wird sogleich besprochen.
592 Kehm/Lüdenbach, in Haufe IAS/IFRS-Kommentar, § 28, Rn. 111b und 111d.
593 Vgl. zum beizulegenden Zeitwert allgemein etwa Heno, S. 164 ff.
594 Vgl. hierzu Lüdenbach/Hoffmann, DB 2004, S. 85, 87 f.: Den Autoren zufolge soll der beizulegende Zeitwert (»Fair Value«) formal zweigeteilt sein. Insofern sei bei Aktien zwischen dem Fair Value I – Börsenkurswert der Aktie (stichtagsbezogener Fair Value) – und
dem Fair Value II – von Analysten ermitteltes Kursziel der Aktie (zukunftsorientierter Fair
Value) – zu differenzieren. Diese Unterscheidung hat für die vorliegende Untersuchung
jedoch wegen der Regelung des IAS 39.A71 S. 2 keine Bedeutung.
169
verlangt IAS 39.A80 insbesondere, dass die Ergebnisse vernünftiger Schätzungen innerhalb einer angemessenen Schwankungsbreite liegen. Nach
IAS 39.A74 S. 2 und IAS 39.A75 S. 2 hat die Ermittlung des beizulegenden Zeitwertes anhand üblicher Bewertungsmethoden zu erfolgen. In die Ermittlung sind
in größtmöglichem Umfang allgemeine Marktdaten und so wenig unternehmensspezifische Daten wie möglich einzubeziehen. Teilweise wird vertreten, dass insbesondere nicht börsennotierte Anteile an Kapitalgesellschaften unter den
Anwendungsbereich des IAS 39.46 S. 1 Buchst. (c) fallen und diese dementsprechend mit den Anschaffungskosten zu bewerten seien. Grund hierfür sei, dass ein
beizulegender Zeitwert für diese nicht verlässlich ermittelt werden könne.595
Diese Ansicht kann nicht überzeugen, da v.a. das Ertragswertverfahren nach
IDW S 1596 in diesem Rahmen zu hinreichend verlässlichen Ergebnissen führt.
Dieses berücksichtigt zwar ausschließlich unternehmensspezifische Daten.
Jedoch liegt dieser Umstand in der Natur einer nicht börsennotierten Aktie. Deren
Wert richtet sich ausschließlich nach dem Wert der AG. Ein möglicher Investor
wird die Aktie höchstens zu dem Preis erwerben, der dem Barwert der zukünftigen Erträge entspricht. Insbesondere kann ein Vergleich zu anderen Unternehmen597 nur geringe Erkenntnisse bringen, da kein Unternehmen dem anderen
gleicht und ein solcher Vergleich die Besonderheiten des jeweiligen Unternehmens in einem mit dem Grundsatz des True and Fair View nicht mehr vereinbaren
Maße außer Acht lässt. Die Anwendung des Ertragswertverfahrens verstößt auch
nicht gegen IAS 39.A75 S. 2. Dieser Standard verlangt nur eine größtmögliche
Berücksichtigung allgemeiner Marktdaten, schließt aber eine Ausrichtung der
Wertermittlung ausschließlich an unternehmensspezifischen Daten nicht aus.
Hierfür spricht auch der Charakter des IAS 39.46 S. 1 Buchst. (c) als Ausnahmevorschrift: Nur dann, wenn ein beizulegender Zeitwert schlechthin nicht ermittelt
werden kann, soll ausnahmsweise eine Bewertung zu den Anschaffungskosten
erfolgen. Dies ist hier jedoch nicht der Fall. Nicht börsennotierte Aktien sind
demnach ebenfalls gemäß IAS 39.46 S. 1 mit dem beizulegenden Zeitwert zu
bewerten.
Sofern die Bilanzierung der Aktien mit dem beizulegenden Zeitwert nicht
ergebniswirksam erfolgt, diese also als gemäß IAS 39.9 S. 8 zur Veräußerung
verfügbare finanzielle Vermögenswerte eingestuft werden, ist der sich aus einer
Veränderung des beizulegenden Zeitwerts ergebende Aufwand/Ertrag gemäß
IAS 39.55 Buchst. (b) in einen zu bildenden Eigenkapitalposten (Rücklage) einzustellen. Der Vorgang bleibt hierdurch erfolgsneutral. Dieser Eigenkapitalposten ist erst dann ergebniswirksam aufzulösen, wenn eine Wertberichtung erfolgt
(hierzu sogleich) oder die Aktien ausgebucht werden (etwa im Falle einer Veräu-
ßerung).
595 Heuser/Theile, Rn. 936.
596 Vgl. hierzu ausführlich 3. Kapitel, Abschnitt A. II. 1. c) bb) (2) (a) (bb).
597 Vgl. Lüdenbach, BB 2002, S. 2113, 2116.
170
cc) Wertberichtigungen gemäß IAS 39.58 ff.
Werden die Aktien vom Bilanzierenden als zur Veräußerung verfügbare finanzielle
Vermögenswerte gemäß IAS 39.9 S. 8 eingeordnet und Veränderungen des beizulegenden Zeitwerts dementsprechend über einen neuen Eigenkapitalposten ergebnisneutral erfasst, hat der Steuerpflichtige jährlich am Bilanzstichtag zu ermitteln, ob eine Wertminderung bei den Aktien vorliegt (Impairment Test). Hierbei
handelt es sich nur um solche Wertminderungen, die sich nicht in einer Minderung
des Marktwerts ausdrücken. Diese finden (jedoch ergebnisneutral) bereits über den
beizulegenden Zeitwert bereits Berücksichtigung.598 Ist der beizulegende Wert der
Aktien jedoch signifikant oder lang anhaltend unter ihre Anschaffungskosten gefallen, stellt dies einen Hinweis auf eine Wertminderung dar, IAS 39.61 S. 2. Aus
einem Umkehrschluss aus IAS 39.58 S. 2 ergibt sich, dass dieser Impairment Test
nur bei für mit fortgeführten Anschaffungskosten bewertete finanzielle Vermögenswerte und für zur Veräußerung verfügbare finanzielle Vermögenswerte gilt.
An genannter Stelle werden nämlich nur die Folgen einer Wertminderung für diese
beiden Arten von finanziellen Vermögenswerten genannt. Eine Wertminderung in
diesem Sinne ist gemäß IAS 39.59 S. 1 anzunehmen, wenn infolge eines oder mehrerer Ereignisse (sog. »Schadensfall«) ein objektiver Hinweis auf eine Wertminderung vorliegt und der Schadensfall Auswirkungen auf die zuverlässig schätzbaren künftigen Zahlungsströme des finanziellen Vermögenswertes hat. IAS 39.59
S. 5 nennt hierfür wichtige Indizien, insbesondere finanzielle Schwierigkeiten des
Emittenten (IAS 39.59 S. 5 Buchst. (a)).599 Auch nachteilige Entwicklungen im
technologischen, marktbezogenen, wirtschaftlichen oder rechtlichen Umfeld der
AG stellen einen Hinweis auf eine Wertminderung dar, IAS 39.61 S. 1. Gleiches
gilt für ein erhebliches Abfallen des beizulegenden Wertes unter die Anschaffungskosten der Aktien (s.o.).
Soweit eine Wertminderung in diesem Sinne vorliegt, ist der Eigenkapitalposten gemäß IAS 39.58 i.V.m. IAS 39.67 f. ergebniswirksam in Höhe der Differenz
von Anschaffungskosten und aktuellem beizulegendem Zeitwert (abzüglich
früherer Wertberichtigungen) aufzulösen. Im Gegensatz zur der Regelung des § 6
Abs. 1 Nr. 1 S. 2, Nr. 2 S. 2 EStG setzen die IAS 39.58 ff. keine voraussichtlich
dauernde Wertminderung voraus, sondern lassen jede Wertminderung für die
Durchführung einer Wertberichtigung genügen.
dd) Zwischenergebnis
Aktien sind nach den Internationalen Rechnungslegungsstandards stets mit dem
beizulegenden Zeitwert zu bewerten. Dieser beizulegende Zeitwert entspricht
dem Börsenkurswert der Aktien am Bilanzstichtag. Werden die Aktien nicht an
598 Heyd, S. 272.
599 Die übrigen Indizien sind für die Bewertung von Aktien nicht von Bedeutung.
171
der Börse gehandelt, kann der Bilanzierende den beizulegenden Zeitwert anhand
eines Ertragswertverfahrens ermitteln. Dem Bilanzierenden steht es frei, Veränderungen des beizulegenden Zeitwertes erfolgswirksam oder erfolgsneutral zu erfassen. Im Falle einer erfolgsneutralen Erfassung muss der Bilanzierende jährlich
einen Impairment Test bei den Aktien durchführen. Sind diese außerhalb des beizulegenden Zeitwertes in ihrem Wert gemindert, stellt der Betrag dieser Wertminderung Aufwand dar. Diese konstante Bewertung von Aktien mit dem beizulegenden Zeitwert steht im diametralen Gegensatz zur Regelbewertung von Aktien
mit den Anschaffungskosten im deutschen Handels- und Steuerbilanzrecht. 600
b) Voraussichtlich dauernde Wertminderung von Aktien im Lichte der
Internationalen Rechnungslegungsstandards
Zu klären bleibt noch, welche Konsequenzen aus diesem Ergebnis für die Auslegung des Merkmals der voraussichtlich dauernden Wertminderung zu ziehen
sind.
Vergegenwärtigt man sich, dass die IAS keine weiteren Voraussetzungen an
eine Abschreibung wertgeminderter Aktien stellen als ein Absinken des beizulegenden Wertes, so ist zunächst festzustellen, dass an das Merkmal der voraussichtlich dauernden Wertminderung keine überzogenen Anforderungen gestellt
werden dürfen. Andererseits ist zu bedenken, dass eine an den Internationalen
Rechnungslegungsstandards in ihrer Funktion als Konkretisierung des Grundsatzes des True and Fair View orientierte Auslegung des Merkmals der voraussichtlich dauernden Wertminderung nicht dazu führen kann, dieses Merkmal seines Sinngehalts zu entledigen. Das Ergebnis der Auslegung muss dem Merkmal
der voraussichtlich dauernden Wertminderung daher einen hinreichend weiten
Anwendungsbereich belassen. Fraglich ist somit, wann der Jahresabschluss im
Hinblick auf zu bilanzierende, wertgeminderte Aktien ein den tatsächlichen Verhältnissen entsprechendes Bild der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage vermittelt. Die Internationalen Rechnungslegungsstandards beantworten diese Frage
mit einer vorbehaltlosen Bilanzierung von Aktien mit dem niedrigeren Zeitwert.
Im Bilanzsteuerrecht steht die Bilanzierung von Aktien mit dem im Vergleich
zum Buchwert niedrigeren Teilwert hingegen gerade unter einem Vorbehalt, nämlich dem einer voraussichtlich dauernden Wertminderung. Demnach gilt es, die
Reichweite dieses Vorbehalts unter Berücksichtigung des Grundsatzes des True
and Fair View zu bestimmen.
Sind die Aktien am Bilanzstichtag in ihrem Wert gemindert, so würde grundsätzlich nur die Abbildung dieser wertgeminderten Aktien ein den tatsächlichen
Verhältnissen entsprechendes Bild der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage vermitteln. Dies entspricht gerade auch der Bewertung von Aktien nach den Internationalen Rechnungslegungsstandards. Hieraus folgt, dass eine Bewertung von
600 Vgl. aber die Ausführungen im 4. Kapitel zu den Änderungen durch das BilMoG.
172
Aktien mit dem niedrigeren Teilwert die Regel sein muss und das Merkmal der
voraussichtlich dauernden Wertminderung deshalb weit auszulegen ist. Der
Anwendungsbereich der voraussichtlich dauernden Wertminderung muss sich
daher insofern auf den Regelfall der Wertminderung erstrecken. Dem entspricht
es, eine voraussichtlich dauernde Wertminderung im Zweifel anzunehmen und
nur ausnahmsweise, nämlich bei sich aus fundamentalen Daten ergebenden konkreten Anhaltspunkten, von einer nur vorübergehenden Wertminderung auszugehen. Eine derartige Auslegung führt zu dem Ergebnis, dass das handelsrechtliche
Verständnis des Merkmals der voraussichtlich dauernden Wertminderung (vgl.
§ 253 Abs. 2 S. 3, 2. Halbs. HGB) auch im Steuerrecht zugrunde zu legen wäre.
Dieses Resultat ist nicht überraschend. Der Regelungsbereich der Vierten Richtlinie bezieht sich gerade auf das Handelsbilanzrecht. Im Ergebnis folgt man bei
einem derartigen Verständnis der Auffassung des BFH, welcher ebenfalls zu einer
regelmäßigen Bewertung von Aktien mit dem Zeitwert gelangt.601
III. Ergebnis
Unter Berücksichtigung der Internationalen Bilanzierungsstandards ist auch im
Bilanzsteuerrecht im Zweifel von einer voraussichtlich dauernden Wertminderung auszugehen.
C. Teilwertabschreibungen auf eigene Aktien
Die Teilwertabschreibung auf eigene Aktien weist verschiedene Besonderheiten
auf, welche an dieser Stelle gesondert dargestellt werden.
I. Einleitung
1. Zulässigkeit des Erwerbs eigener Aktien
Kapitalgesellschaften können ihr eigener Gesellschafter werden. Zwar ist es einer
AG grundsätzlich untersagt, eigene Aktien zu erwerben. Eine Ausnahme von diesem Verbot sieht jedoch der in § 71 Abs. 1 AktG enthaltene Katalog vor.
601 Vgl. hierzu 3. Kapitel, Abschnitt A. III. 1. b) aa) (3) (a) (aa) (aaa).
Chapter Preview
References
Zusammenfassung
Die Arbeit befasst sich mit den Voraussetzungen und Rechtsfolgen einer Teilwertabschreibung auf Aktien. Ein Schwerpunkt liegt auf dem Nachweis einer voraussichtlich dauernden Wertminderung von börsennotierten Aktien des Anlagevermögens. Der Autor weist nach, dass die in diesem Zusammenhang vertretenen Ansichten von Finanzverwaltung und Rechtsprechung mit den Erkenntnissen der Kapitalmarktforschung nicht vereinbar sind, und stellt sodann ein eigenes Konzept dar. Daneben werden auch nicht börsennotierte Aktien und Aktien des Umlaufvermögens behandelt. Zudem werden die Einflüsse der Internationalen Rechnungslegungsstandards, die Besonderheiten bei eigenen Aktien sowie etwaige Änderungen durch das BilMoG dargestellt.