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den Indizien zu erfolgen hat. Zudem kommt dem Wertaufhellungszeitraum
besondere Bedeutung zu.496
IV. Höhe der Teilwertabschreibung auf Aktien
Sind die Voraussetzungen einer Teilwertabschreibung auf Aktien erfüllt, so darf
der Steuerpflichtige eine solche durchführen. Bei Wirtschaftsgütern mit starken
Wertschwankungen jedoch ist unklar, inwieweit sich diese auf die Höhe der Teilwertabschreibung auswirken.
1. Berücksichtigung von Wertschwankungen
Die Finanzverwaltung geht davon aus, dass eine Teilwertabschreibung bei starken Wertschwankungen nur auf den oberen Wert der Schwankungsbreite zulässig
ist. Sinke etwa der Börsenkurswert von im Anlagevermögen gehaltenen Aktien,
die zu einem Preis von 100 DM/Stück erworben wurden, infolge eines drohenden
Insolvenzverfahrens auf 20 DM/Stück, erhole sich der Börsenkurswert in der Folgezeit wieder auf eine Schwankungsbreite von 35 DM/Stück bis 40 DM/Stück
und betrage dieser am Bilanzstichtag 38 DM/Stück, so sei eine Teilwertabschreibung nur auf 40 DM/Stück zulässig.497 Dies soll auch dann gelten, wenn die Wertschwankungen erst nach dem Bilanzstichtag eingetreten sind. Betrage etwa der
Börsenkurswert von im Umlaufvermögen gehaltenen Aktien, die zu Anschaffungskosten von 100 DM/Stück erworben wurden, am Bilanzstichtag 80 DM und
schwanke der Börsenkurswert in der Folgezeit bis zur Aufstellung der Bilanz
zwischen 70 DM und 90 DM, so soll nur eine Teilwertabschreibung auf 90 DM
zulässig sein. Nach Auffassung der Finanzverwaltung habe auch die nachträgliche Wertentwicklung gezeigt, dass die Wertminderung auf 80 DM nicht von
Dauer gewesen sei.498
2. Wertverhältnisse am Bilanzstichtag maßgeblich
Nach a.A. soll es hingegen einzig auf die Wertverhältnisse am Bilanzstichtag ankommen. Der Umfang der Teilwertabschreibung ergebe sich aus der Differenz
von Buch- und Teilwert am Bilanzstichtag. Vorhergehende Wertschwankungen
und Werterholungen nach dem Bilanzstichtag seien demgegenüber aufgrund des
496 Vgl. 2. Kapitel, Abschnitt B. 2. b) bb).
497 Schreiben des BMF vom 25. Februar 2000, IV C 2 - S 2171 b - 14/00, BStBl. I 2000, S. 372,
373 f. (Tz. 21 f.).
498 Schreiben des BMF vom 25. Februar 2000, IV C 2 - S 2171 b - 14/00, BStBl. I 2000, S. 372,
374 (Tz. 26 f.).
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Stichtagsprinzips unbeachtlich. Insbesondere Werterholungen nach dem Bilanzstichtag können bei der Ermittlung der Höhe der Teilwertabschreibung nicht berücksichtigt werden. Insoweit handele es sich um wertbeeinflussende Tatsachen.499
3. Stellungnahme
Die Beantwortung der Frage, ob und inwieweit starke Wertschwankungen vor
oder nach dem Bilanzstichtag bei der Ermittlung der Höhe der Teilwertabschreibung von Bedeutung sind, muss unter Berücksichtigung der Reichweite des
Stichtagsprinzips erfolgen. Dem Stichtagsprinzip zufolge müssen sämtliche tatsächlichen Verhältnisse bis zum Bilanzstichtag in die Bilanzierung einfließen.
Die tatsächlichen Verhältnisse nach dem Bilanzstichtag hingegen dürfen bei der
Bilanzierung nicht berücksichtigt werden. Die Bilanzaufstellung hat demnach auf
Grundlage der tatsächlichen Verhältnisse am Bilanzstichtag zu erfolgen, wie sie
sich einem sorgfältigen Kaufmann darstellen. Demgemäß gebietet das Stichtagsprinzip bei der Wertermittlung die Berücksichtigung solcher Tatsachen, die am
Bilanzstichtag ohne Kenntnis des Steuerpflichtigen bereits vorlagen (wertaufhellende Tatsachen). Hingegen dürfen solche Tatsachen, die erst nach dem Bilanzstichtag eingetreten sind (wertbeeinflussende Tatsachen), im Rahmen der Wertermittlung nicht mehr berücksichtigt werden.500 Hieraus folgt, dass Wertschwankungen bei der Ermittlung der Höhe der Teilwertabschreibung generell nur dann
zu berücksichtigen sind, wenn es sich hierbei um einen Umstand handelt, der am
Bilanzstichtag bereits vorlag. Darüber hinaus müsste dieser Umstand für die Wertermittlung von Bedeutung sein.
Der Teilwert der Aktien am Bilanzstichtag selbst wird durch die Werterholung
nicht beeinflusst. Dies sieht auch die Finanzverwaltung nicht anders. Allerdings
berücksichtigt die Finanzverwaltung die Wertschwankungen im Rahmen des
Merkmals der voraussichtlich dauernden Wertminderung. Hier liegt es durchaus
nahe, die vorhergehenden Wertschwankungen oder die nachträgliche Werterholung im Rahmen der Überprüfung der sachlichen Richtigkeit der vom Steuerpflichtigen durchgeführten Prognose heranzuziehen. Insoweit handelt es sich also
um werterhellende Tatsachen, gegen deren Berücksichtigung im Allgemeinen
keine Bedenken bestehen.
Eine werterhellende Tatsache kann jedoch stets nur im Lichte des entsprechenden Merkmals berücksichtigt werden. Für das Merkmal der voraussichtlich
dauernden Wertminderung bedeutet dies, dass die vorhergehenden Wertschwankungen oder die nachträgliche Werterholung nur herangezogen werden könnten,
um die sachliche Richtigkeit der vom Steuerpflichtigen abgelieferten Nachhaltig-
499 Winkeljohann, in Herrmann/Heuer/Raupach, § 6 EStG, Rn. 562; Strahl, KöSDi 2000,
S. 12371, 12375 und 12379.
500 Urteil des BFH vom 4. April 1973, I R 130/71, BStBl. II 1973, S. 485, 486; Weber-Grellet,
S. 183 f.; Merkt, in Baumbach/Hopt, § 243, Rn. 11 f.
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keitsprognose zu überprüfen. Die Finanzverwaltung unterlässt jedoch eine solche
Überprüfung. Vielmehr geht sie bei Wertschwankungen ohne weiteres von einer
sachlichen Unrichtigkeit der Prognose aus und nimmt insofern eine Korrektur der
Teilwertabschreibung in Höhe der Differenz zwischen Teilwert am Bilanzstichtag
und obersten Wert der Schwankungsbreite (Kursschwanungen) bzw. in Höhe der
Werterholung vor. Das Vorgehen der Finanzverwaltung ist somit unzulässig.
Es fragt sich jedoch, ob eine solche Korrektur selbst bei einer sachlich zutreffenden Überprüfung der Nachhaltigkeitsprognose zulässig wäre. Die Aktien werden infolge einer solchen Korrektur nun mit einem Wert angesetzt, der nicht den
Teilwert der Aktien am Bilanzstichtag abbildet. Dieser ist entweder anhand des
»inneren Wertes« der Aktien oder anhand des Börsenkurswertes der Aktien als
Wiederbeschaffungskosten (Hilfswert) zu ermitteln. Der von der Finanzverwaltung korrigierte Wert entspricht keinem dieser Werte am Bilanzstichtag.
Zudem liegt der Auffassung der Finanzverwaltung ein systematisches Fehlverständnis zugrunde. Die Finanzveraltung geht implizit davon aus, dass der
gesamte Umfang der Minderung des Teilwertes von der voraussichtlich dauernden Wertminderung umfasst sein muss. Ein solches Verständnis könnte auch
der Wortlaut des § 6 Abs. 1 Nr. 2 S. 2 EStG nahe legen. Dort heißt es, dass der
Teilwert »auf Grund« einer voraussichtlich dauernden Wertminderung niedriger
als der Buchwert sein muss. Die Folge eines solchen Verständnisses wäre m.E.
allerdings, dass eine Teilwertabschreibung insgesamt zu versagen wäre, wenn vor
dem Bilanzstichtag bereits unerhebliche Wertschwankungen vorherrschen bzw.
in der Folgezeit nach dem Bilanzstichtag mit einer auch nur geringen Werterholung zu rechnen wäre. Indes ist zu beachten, dass der gesamte Umfang des Rückgangs des Teilwertes keinesfalls von der voraussichtlich dauernden Wertminderung umfasst sein muss. Erforderlich ist insofern einzig, dass der Teilwert den
Buchwert voraussichtlich nachhaltig unterschreitet. Dies bedeutet nicht, dass der
Teilwert nachhaltig konstant auf einem bestimmten Wert verharren muss. Dies
zeigt bereits die Überlegung, dass die Durchführung einer Teilwertabschreibung
auf Aktien etwa dann nicht möglich wäre, wenn es im Wertaufhellungszeitraum
zu einer unwesentlichen Werterholung (z.B. 0,01 €/Stück) käme. Die Finanzverwaltung umgeht dieses Problem mit dem »Kunstgriff«, dass sie dem Steuerpflichtigen immerhin noch eine »Teilwertabschreibung« auf den Wert der obersten
Schwankungsbreite (bei Kursschwankungen) bzw. auf den Wert am Tag der
Bilanzaufstellung (bei einer Werterholung) gewährt. Hier vermengt die Finanzverwaltung die streng voneinander zu trennenden Merkmale eines im Vergleich
zum Buchwert gesunkenen Teilwertes und einer voraussichtlich dauernden Wertminderung. Tatsächlich ist es für das letztere Merkmal nur erforderlich, dass der
Buchwert im Zeitraum der Nachhaltigkeitsprognose voraussichtlich nicht mehr
eingeholt wird. Andernfalls wäre die Möglichkeit einer Teilwertabschreibung auf
Aktien nicht nur faktisch501, sondern bereits theoretisch abgeschnitten, da gerade
börsennotierte Aktien aufgrund ihrer Volatilität teils deutlichen Kursschwankungen unterliegen. Es kann nicht davon ausgegangen werden, dass der Gesetz-
501 Vgl. hierzu 3. Kapitel, Abschnitt A. III. 1. b) aa) (2).
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geber dies gewollt hat. Die Teilwertabschreibung hat somit stets auf den Börsenkurswert am Bilanzstichtag zu erfolgen.
V. Erfolgswirksamkeit einer Teilwertabschreibung auf Aktien
Wie bereits dargelegt, hat eine Teilwertabschreibung grundsätzlich Einfluss auf
den steuerlichen Gewinn des Steuerpflichtigen und ist somit erfolgswirksam.502
Bei Aktien sind jedoch die Regelungen der §§ 3c Abs. 2 EStG, 8b Abs. 3 S. 3
KStG zu beachten. Natürliche Personen und Personengesellschaften können Aufwand aus einer Teilwertabschreibung auf Aktien gemäß § 3c Abs. 2 EStG nur teilweise (ab VZ 2009: 60%), Kapitalgesellschaften gemäß § 8b Abs. 3 S. 3 KStG
überhaupt nicht mehr geltend machen.503 Entsprechendes gilt für die Erträge aus
einer Teilwertzuschreibung, vgl. §§ 3 S. 1 Nr. 40 Buchst. a EStG, 8b Abs. 2 S. 3
KStG. Die entsprechenden Verluste bzw. Erträge sind dem Steuerpflichtigen daher außerhalb der Bilanz zuzurechnen. Dies ist die Kehrseite des Umstandes, dass
die Gewinne aus der Veräußerung von Aktien bei natürlichen Personen und Personengesellschaften gemäß § 3 S. 1 Nr. 40 Buchst. a EStG teilweise (40%) bzw.
bei Kapitalgesellschaften gemäß § 8b Abs. 2 KStG vollständig steuerbefreit
sind.504
Zu beachten ist allerdings, dass die Regelungen der §§ 8b Abs. 1 bis 5 KStG,
3 Nr. 40 EStG im Rahmen der Ermittlung des Gewerbeertrages einer Mitunternehmerschaft nach Auffassung der Finanzverwaltung keine Anwendung finden
soll.505 Es ist somit möglich, Aufwand aus einer Teilwertabschreibung auf Aktien
jedenfalls bei der gewerbesteuerlichen Ertragsermittlung ergebniswirksam zu
berücksichtigen, wenn die entsprechenden Aktien vor der Wertminderung auf
eine zwischengeschaltete Personengesellschaft übertragen worden sind.506 Ist die
Wertminderung hingegen bereits eingetreten, kommt eine Aufwandsberücksichtigung bei der zwischengeschalteten Personengesellschaft nur in Betracht, wenn
die Teilwertabschreibung auf Seiten des Übertragenden unterbleiben und dieser
die Aktien sodann zu Buchwerten gemäß § 6 Abs. 5 S. 3 EStG übertragen könnte.
502 Vgl. 2. Kapitel, Abschnitt B. I. 2.
503 Vfg. der OFD Hannover vom 25. April 2005, S 2750a – 14 – StO 242, DStR 2005, S. 829,
830. Das Abzugsverbot des § 8b Abs. 3 KStG greift gemäß § 34 Abs. 7 S. 1 Nr. 2 KStG
für Auslandsbeteiligungen bereits im Kalenderjahr 2001 ein, während es für Inlandsbeteiligungen erst ab dem Kalenderjahr 2002 gilt. Der BFH hält einen Verstoß gegen Art. 56
EGV (Kapitalverkehrsfreiheit) für möglich und hat dem EuGH diese Rechtsfrage zur Vorabentscheidung vorgelegt, vgl. Beschluss des BFH vom 4. April 2007, I R 57/06, DB 2007,
1840, 1841 f.
504 Dötsch/Pung, DB 2003, S. 1016, 1022; Srebne, SteuStud 2006, S. 569, 569: Zu beachten
ist, dass Veräußerungsgewinne bei Anteilen an Kapitalgesellschaften aufgrund der Regelung des § 8b Abs. 3 S. 1 KStG faktisch nur zu 95% steuerfrei sind.
505 Schreiben des BMF vom 28. April 2003, IV A 2 – S 2750a – 7/03, DB 2003, S. 1027, 1031
(Tz. 57).
506 Vgl. Winkler/Golücke, BB 2003, S. 2602, 2602.
Chapter Preview
References
Zusammenfassung
Die Arbeit befasst sich mit den Voraussetzungen und Rechtsfolgen einer Teilwertabschreibung auf Aktien. Ein Schwerpunkt liegt auf dem Nachweis einer voraussichtlich dauernden Wertminderung von börsennotierten Aktien des Anlagevermögens. Der Autor weist nach, dass die in diesem Zusammenhang vertretenen Ansichten von Finanzverwaltung und Rechtsprechung mit den Erkenntnissen der Kapitalmarktforschung nicht vereinbar sind, und stellt sodann ein eigenes Konzept dar. Daneben werden auch nicht börsennotierte Aktien und Aktien des Umlaufvermögens behandelt. Zudem werden die Einflüsse der Internationalen Rechnungslegungsstandards, die Besonderheiten bei eigenen Aktien sowie etwaige Änderungen durch das BilMoG dargestellt.