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der voraussichtlich dauernden Wertminderung vornehmlich nicht anhand des
Vorsichtsprinzips, sondern vielmehr nach dem Prinzip der Besteuerung nach der
Leistungsfähigkeit auszulegen sei.198 Verbleibende Zweifel sind somit nach der
allgemeinen Feststellungslast zu beurteilen.
IV. Rechtsfolgen einer voraussichtlich dauernden Wertminderung
1. Allgemein
Ist das Wirtschaftsgut in seinem Wert dauernd in seinem Wert gemindert, steht es
dem Steuerpflichtigen gemäß § 6 Abs. 1 Nr. 1 S. 2, Nr. 2 S. 2 EStG frei, den Teilwert anzusetzen. Nach dem Grundsatz der Stichtagsbewertung (vgl. § 252 Abs.
1 Nr. 3 HGB) kommt es für die Bilanzierung eines Wirtschaftsgutes nur auf die
Wertverhältnisse am Bilanzstichtag an. Liegt eine dauernde Wertminderung am
Bilanzstichtag vor, kann eine Teilwertabschreibung unter Zugrundelegung der
dortigen Wertverhältnisse, welche ggf. unter Berücksichtigung wertaufhellender
Umstände zu ermitteln sind, erfolgen.199 Zulässig ist auch der Ansatz eines zwischen dem Restbuchwert und dem niedrigeren Teilwert liegenden Wertes.200
Macht der Steuerpflichtige von diesem Wahlrecht keinen Gebrauch, besteht
nach Einreichung der Bilanz beim Finanzamt keine Möglichkeit einer Bilanzänderung. Die Bilanz weist in diesem Fall keine sachlichen Fehler im Sinne von § 4
Abs. 2 EStG auf. Vielmehr ist der Steuerpflichtige auf den nächsten Bilanzstichtag verwiesen. An diesem hat er gemäß § 6 Abs. 1 Nr. 1 S. 4, Nr. 2 S. 3 EStG ohnehin nachzuweisen, dass die Voraussetzungen einer Teilwertabschreibung (erstmals oder noch) vorliegen. Gelingt ihm dieser Nachweis nicht, ist das Wirtschaftsgut wieder mit seinem höheren Restbuchwert im Sinne von § 6 Abs. 1 Nr.
1 S. 1, Nr. 2 S. 2 EStG anzusetzen (sog. Wertaufholung bzw. Teilwertzuschreibung). Dem Steuerpflichtigen obliegt folglich zu jedem Bilanzstichtag der
erneute Nachweis, dass das Wirtschaftsgut in seinem Wert voraussichtlich dauernd gemindert ist.
2. Einfluss des handelsrechtlichen Niederstwertprinzips
Zu klären ist, welchen Einfluss das in § 253 Abs. 2 und 3 HGB normierte handelsrechtliche Niederstwertprinzip auf das dargelegte Bewertungswahlrecht hat.
Hierbei ist danach zu differenzieren, ob der Steuerpflichtige im Rahmen der nach
198 Urteil des BFH vom 14. März 2006, I R 22/05, DStZ 2006, S. 666, 667.
199 Urteil des BFH vom 29. Juli 1997, VIII R 57/94, BStBl. II 1998, S. 652, 654; Hoffmann,
in Littmann/Bitz/Pust, § 6, Rn. 485; Ehmke, in Blümich, § 6 EStG, Rn. 550 f.
200 Vfg. der OFD Münster vom 17. Januar 1991, S 2173 – 195 – St 12 – 31, FR S. 183, 183.
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§ 4 Abs. 1 S. 1 EStG erforderlichen Gewinnermittlung einen Betriebsvermögensansatz gemäß § 5 Abs. 1 EStG vorzunehmen hat oder nicht.
a) Betriebsvermögensvergleich gemäß §§ 4 Abs. 1 S. 1, 5 Abs. 1 EStG
Gewerbetreibende, die Bücher führen und regelmäßig Abschlüsse machen oder
hierzu jedenfalls aufgrund gesetzlicher Vorschriften201 verpflichtet sind, müssen
gemäß § 5 Abs. 1 S. 1 EStG dasjenige Betriebsvermögen für die Gewinnermittlung gemäß § 4 Abs. 1 S. 1 EStG ansetzen, das nach den handelsrechtlichen
Grundsätzen ordnungsgemäßer Buchführung auszuweisen ist (sog. materielle
Maßgeblichkeit der Handelsbilanz). Gemäß § 5 Abs. 1 S. 2 EStG müssen steuerrechtliche Wahlrechte in Übereinstimmung mit der Handelsbilanz ausgeübt werden (sog. formelle Maßgeblichkeit der Handelsbilanz).
Das Niederstwertprinzip stellt einen Grundsatz ordnungsgemäßer Buchführung dar.202 Hieraus folgt nach überwiegender Meinung, dass aufgrund der in
§ 253 Abs. 2 S. 3, 2. Halbs. HGB normierten Pflicht zum Ansatz des niedrigeren
beizulegenden Wertes im Falle einer voraussichtlich dauernden Wertminderung
bei Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens steuerrechtlich – entgegen den in §
6 Abs. 1 Nr. 1 S. 2, Nr. 2 S. 2 EStG gewährten Wahlrechten – eine Pflicht zum
Ansatz des niedrigeren Teilwertes bestehe. Untergrenze der Bewertung sei jedoch
der Teilwert. Sofern der niedrigere beizulegende Wert höher als der Teilwert sei,
bestehe für den Steuerpflichtigen steuerrechtlich ein Wahlrecht in Höhe dieser
Wertdifferenz.203 Gleiches soll für die Wirtschaftsgüter des Umlaufvermögens
gelten.204 Offen bleibt weitgehend, ob diese Pflicht zum Ansatz des niedrigeren
Teilwertes Folge des materiellen oder des formellen Maßgeblichkeitsgrundsatzes
ist.
aa) Formeller Maßgeblichkeitsgrundsatz, § 5 Abs. 1 S. 2 EStG
Gemäß § 5 Abs. 1 S. 2 EStG müssen steuerrechtliche Wahlrechte »in Übereinstimmung mit der handelsrechtlichen Jahresbilanz« ausgeübt werden. Der konkrete Wertansatz in der Handelsbilanz gilt demnach im Falle der Existenz steuerrechtlicher Wahlrechte auch für die Steuerbilanz. Aufgrund des insoweit unklaren
Wortlauts ist jedoch streitig, ob die Anwendung des formellen Maßgeblichkeits-
201 §§ 141 AO, 238, 242, 264 HGB, ggf. i.V.m. §§ 3 AktG, 13 Abs. 2 GmbHG, 17 Abs. 2 GenG.
202 Urteil des BFH vom 28. Oktober 1976, IV R 76/72, BStBl. II 1977, S. 73, 76; Förschle,
in Beck Bil-Komm, § 243 HGB, Rn. 31.
203 Urteil des BFH vom 24. März 1970, I R 102/68, BStBl. II 1970, S. 516, 516 f.; Ehmke, in
Blümich, § 6 EStG, Rn. 563a; Plewka/Schmidt, in Lademann, § 5, Rn. 447; Glanegger, in
Schmidt, § 6, Rn. 217; Srebne, SteuStud. 2006, S. 519, 520.
204 Urteil des BFH vom 31. Januar 1991, IV R 31/90, BStBl. II 1991, S. 627, 627; Ehmke, in
Blümich, § 6 EStG, Rn. 571; Christiansen, StbJb 91/92, S. 125, 127 f.
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grundsatzes ein in handelsrechtlicher und steuerrechtlicher Hinsicht übereinstimmendes Wahlrecht voraussetzt.
Der wohl überwiegenden Auffassung zufolge soll dies der Fall sein. Es könne
nicht angenommen werden, dass originär steuerrechtliche Wahlrechte bei handelsrechtlichem Bewertungsgebot nach dem Willen des Gesetzgebers leer laufen
sollen. Korrespondierende Wahlrechte können sich hierbei ausdrücklich oder
über handelsrechtliche Öffnungsklauseln ergeben.205 Eine solche handelsrechtliche Öffnungsklausel stellt für den Fall der Teilwertabschreibung zwar die Regelung des § 254 HGB dar. Diese Regelung betrifft indes den (umgekehrten) Fall,
dass ein steuerrechtlich zulässiger Ansatz auch in der Handelsbilanz seinen Niederschlag finden muss, obwohl er nicht im Einklang mit den GoB steht.206
Nach a.A. soll der Grundsatz der formellen Maßgeblichkeit auch dann
anwendbar sein, wenn nur in steuerrechtlicher Hinsicht ein Wahlrecht besteht.
Hier spreche zunächst die Entstehungsgeschichte des § 5 Abs. 1 S. 2 EStG. Der
Grundsatz der formellen Maßgeblichkeit sollte sich zunächst ausdrücklich nur
auf korrespondierende Wahlrechte beziehen. Diese Fassung wurde jedoch im
weiteren Gesetzgebungsverfahren wieder aufgegeben.207 Zudem könne die h.A.
nicht die Existenz handelsrechtlicher Öffnungsklauseln erklären.208 Dagegen
spricht jedoch, dass allein aus einer Änderung des Wortlauts der Vorschrift keine
Rückschlüsse auf die Motive des Gesetzgebers gezogen werden können. Jedenfalls ist nicht ersichtlich, dass der Gesetzgeber durch die Änderung den Grundsatz
der formellen Maßgeblichkeit auch für nur steuerrechtlich bestehende Wahlrechte öffnen wollte.209 Die handelsrechtlichen Öffnungsklauseln betreffen entgegen der Mindermeinung gerade den umgekehrten Fall, nämlich die obligatorische Weiterführung eines nur steuerrechtlich zulässigen Ansatzes in der Handelsbilanz. Hieraus lassen sich keine Rückschlüsse auf die Bedeutung des handelsrechtlichen Ansatzes für die Steuerbilanz ziehen.
Aus dem formellen Maßgeblichkeitsgrundsatz ergibt sich demnach keine
Pflicht zum Ansatz des niedrigeren Teilwertes.
bb) Materieller Maßgeblichkeitsgrundsatz, § 5 Abs. 1 S. 1 EStG
Denkbar wäre weiterhin, dass sich eine Pflicht zum Ansatz des niedrigeren Teilwertes aus dem materiellen Maßgeblichkeitsgrundsatz ergibt. Nach diesem
Grundsatz gelten die handelsrechtlichen Ansatz- und Bewertungsvorschriften
205 Urteil des BFH vom 21. Oktober 1993, IV R 87/92, BStBl. II 1994, S. 176, 178; Stobbe,
in Herrmann/Heuer/Raupach, § 5, Rn. 62; Weber-Grellet, in Schmidt, § 5, Rn. 43; Knobbe-
Keuk, S. 33; Winkler/Golücke, BB 2003, S. 2602, 2605; Bordewin, DB 1992, S. 291, 291;
Bullinger, DB 1991, S. 2397, 2397.
206 Sog. umgekehrte Maßgeblichkeit.
207 Sarrazin, DB 1992, S. 849, 849.
208 Widmann, in Widmann/Mayer, § 3 UmwStG, Rn. 305.
209 So auch Bordewin, DB 1992, S. 849, 849 (Replik zu Sarrazin, a.a.O.).
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auch für die Steuerbilanz, sofern das Steuerrecht keine eigenständige Regelung
enthält.210
Wollte man eine Pflicht zum Ansatz des niedrigeren Teilwertes auf den materiellen Maßgeblichkeitsgrundsatz stützen211, so müsste der Bewertungsvorbehalt
des § 5 Abs. 6 EStG beachtet werden. Konsequenz dieses Bewertungsvorbehaltes
ist, dass eine Bewertung des Betriebsvermögens nach den handelsrechtlichen
Grundsätzen ordnungsgemäßer Buchführung nur dann erfolgen darf, wenn das
Einkommensteuergesetz keine eigenständige Regelung enthält. Die Regelung des
§ 6 Abs. 1 Nr. 1 S. 2, Nr. 2 S. 2 EStG bestimmt jedoch gerade, wie ein Wirtschaftsgut im Falle einer dauernden Wertminderung anzusetzen ist, nämlich mit dem
Restbuchwert oder – nach Wahl des Steuerpflichtigen – mit dem niedrigeren Teilwert. Eine steuerrechtliche Regelungslücke, wie sie § 5 Abs. 1 S. 1 EStG gerade
voraussetzt, ist demnach nicht erkennbar. Der Bewertungsvorbehalt des § 5
Abs. 6 EStG schließt eine Anwendung des materiellen Maßgeblichkeitsgrundsatzes daher aus. Somit kann sich hieraus keine Pflicht zum Ansatz des niedrigeren Teilwertes ergeben.212
Es kann, wie es von der herrschenden Auffassung offenbar angenommen wird,
noch nicht einmal argumentiert werden, dass § 253 Abs. 2 und 3 HGB (Abschreibungspflicht bei voraussichtlich dauernder Wertminderung) eine über § 6 Abs. 1
Nr. 1 S. 2, Nr. 2 S. 2 EStG (Abschreibungswahlrecht) hinausgehende Regelung
enthalte, so dass jedenfalls das in § 253 Abs. 2 und 3 HGB vorzufindende »Regelungsplus« eine Anwendung des materiellen Maßgeblichkeitsgrundsatzes rechtfertigen würde. Sofern sich Teilwert und niedrigerer beizulegender Wert entsprechen, steht das steuerrechtliche Wahlrecht einer handelsrechtlichen Ansatzpflicht
gegenüber. Eine Ansatzpflicht ist im Vergleich zu einem Wahlrecht jedoch kein
Mehr, sondern ein Aliud.
Gleiches gilt für den Fall, dass der niedrigere beizulegende Wert höher als der
Teilwert ist, was nach herrschender Ansicht zu einer Pflicht zum Ansatz des niedrigeren beizulegenden Wertes und einem Wahlrecht im Hinblick auf den Ansatz
des Teilwertes führt, soweit er den niedrigeren beizulegenden Wert unterschreitet.
Macht der Steuerpflichtige von diesem Wahlrecht zugunsten des Ansatzes des
Teilwertes Gebrauch, kann er diesen gemäß § 254 S. 1 HGB auch in der Handelsbilanz ausweisen (sog. umgekehrte Maßgeblichkeit). Dies führt zu einer Aushöhlung des handelsrechtlichen Niederstwertprinzips, was zugleich verdeutlicht,
dass es in rechtssystematischer Hinsicht bedenklich ist, den materiellen Maßgeblichkeitsgrundsatz auf steuerrechtliche Wahlrechte anzuwenden.213
Besonders unbefriedigend ist die Anwendung des materiellen Maßgeblichkeitsgrundsatzes in dem von der herrschenden Meinung zugrunde gelegten Sinne
allerdings in der Konstellation, dass der niedrigere beizulegende Wert den Teilwert unterschreitet. Hier soll eine Pflicht zum Ansatz des niedrigeren Teilwertes
210 Vgl. § 5 Abs. 6 EStG: sog. steuerrechtlicher Bewertungsvorbehalt.
211 So ausdrücklich Christiansen, StbJb 91/92, S. 125, 127 f.
212 So auch Winkler/Golücke, BB 2003, S. 2602, 2603.
213 Stobbe, in Herrmann/Heuer/Raupach, § 5, Rn. 110.
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sowie ein Verbot des Ansatzes des den Teilwert unterschreitenden niedrigeren
beizulegenden Wertes bestehen. Dieses Ergebnis ist jedoch weder im Handelsnoch im Steuerrecht vorgesehen. Es findet im Wortlaut der Gesetze keine Stütze
mehr. Somit muss stark bezweifelt werden, dass der Steuergesetzgeber zu einem
derartigen Ergebnis gelangen wollte.
Demnach kann sich auch aus dem materiellen Maßgeblichkeitsgrundsatz keine
Pflicht zum Ansatz des niedrigeren Teilwertes ergeben.
cc) Zwischenergebnis
Die Auffassung der herrschenden Meinung muss daher als konzeptionelles Missverständnis bezeichnet werden. Würde man das handelsrechtliche Niederstwertprinzip als für die Steuerbilanz maßgeblich ansehen, verbliebe für das steuerrechtlich ausdrücklich gewährten Ansatzwahlrecht in den meisten Fällen praktisch kein Anwendungsbereich mehr. Es kann nicht angenommen werden, dass
der Gesetzgeber dies beabsichtigt hat.
Allenfalls könnte man erwägen, dass ein gewisses praktisches Bedürfnis für
die herrschende Auffassung spricht, da auf diese Weise – mit Ausnahme des
Falles, dass der Teilwert den niedrigeren beizulegenden Wert übersteigt – ein
Gleichlauf von Handels- und Steuerbilanz erzielt werden kann. Es obliegt jedoch
einzig dem Steuergesetzgeber, dieses Bedürfnis in geltendes Recht umzusetzen.
Im Wege der Gesetzesauslegung lässt sich dieses Ziel hingegen nicht erreichen.
b) Buchführungspflicht gemäß § 141 Abs. 1 S. 1 AO
Für solche gewerblichen Unternehmer, Land- und Forstwirte, die zwar keinen Betriebsvermögensvergleich gemäß §§ 4 Abs. 1 S. 1, 5 Abs. 1 EStG durchführen,
jedoch gemäß § 141 Abs. 1 S. 1 AO buchführungspflichtig sind, ordnet § 141
Abs. 1 S. 2 AO u.a. die Anwendung des § 253 HGB an, sofern sich nicht aus den
Steuergesetzen etwas anderes ergibt. Teilweise wird hieraus der Schluss gezogen,
dass auch die nach § 141 Abs. 1 S. 1 AO Buchführungspflichtigen das handelsrechtliche Niederstwertprinzip zu beachten haben.214 Zutreffenderweise wird man
jedoch davon ausgehen müssen, dass das handelsrechtliche Niederstwertprinzip
dem Recht des Steuerpflichtigen zum Ansatz des niedrigeren Teilwertes widerspricht. Dies gilt zum einen im Hinblick auf Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens, für die § 253 Abs. 2 S. 3, 2. Halbs. HGB, entgegen § 6 Abs. 1 Nr. 1 S. 2
bzw. Nr. 2 S. 2 EStG, eine Abschreibungspflicht (nur) bei voraussichtlich dauernder Wertminderung vorsieht. Zum anderen widerspricht auch die für Vermögensgegenstände/Wirtschaftsgüter des Umlaufvermögens geltende allgemeine
Abschreibungspflicht des § 253 Abs. 3 S. 2 HGB dem steuerrechtlichen Ab-
214 Ehmke, in Blümich, § 6 EStG, Rn. 576.
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schreibungsrecht gemäß § 6 Abs. 1 Nr. 2 S. 2 EStG bei voraussichtlich dauernder
Wertminderung. Für die nach § 141 Abs. 1 S. 1 AO Buchführungspflichtigen besteht daher mangels Anwendbarkeit des handelsrechtlichen Niederstwertprinzips
ein steuerrechtliches Wahlrecht zur Teilwertabschreibung.215
c) Freiwillig nach § 4 Abs. 1 EStG Bilanzierende
Ebenso besteht für freiwillig nach § 4 Abs. 1 EStG Bilanzierende ein echtes, ohne
handelsrechtliche Begrenzungen auszuübendes Wahlrecht zur Teilwertabschreibung.216
d) Zwischenergebnis
Insgesamt bleibt daher festzuhalten, dass das handelsrechtliche Niederstwertprinzip auf die steuerrechtliche Teilwertabschreibung keinen Einfluss haben kann.
V. Ergebnis
Die Regelung des § 6 Abs. 1 Nr. 1 S. 2, Nr. 2 S. 2 EStG dient in erster Linie der
Realisierung des Prinzips des Besteuerung nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit. Daneben verwirklicht die genannte Regelung auch das Vorsichtsprinzip. Dieses ist bei der Auslegung des Merkmals der voraussichtlich dauernden
Wertminderung jedoch nicht zu berücksichtigen.
Der Teilwert ist seiner gesetzlichen Konzeption nach ein Substanzwert.
Ertragswertaspekte können ausnahmsweise in die Teilwertermittlung einbezogen
werden, wenn dem Wirtschaftsgut ein konkreter Ertrag zugeordnet werden kann.
Regelmäßig ist der Teilwert anhand der Wiederbeschaffungskosten des Wirtschaftsgutes zu ermitteln.
Eine voraussichtlich dauernde Wertminderung setzt ein nachhaltiges Absinken
des Teilwertes unter den Buchwert voraus. Im Falle absoluter Abschreibungsgründe kann diese Nachhaltigkeit vermutet werden. Hingegen ist die Nachhaltigkeit bei relativen Abschreibungsgründen anhand einer vom Steuerpflichtigen
durchzuführenden Prognose gesondert zu ermitteln. Bei nicht abnutzbaren Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens ist hierbei ein Zeitraum von fünf Jahren
zugrunde zu legen, während bei Wirtschaftsgütern des Umlaufvermögens auf die
voraussichtliche Verweildauer im Unternehmen abzustellen ist. Zweifel bei der
215 Vfg. der OFD Münster vom 17. Januar 1991, S 2173 – 195 – St 12 – 31, FR 1991, S. 183,
183; Winkeljohann, in Herrmann/Heuer/Raupach, § 6, Rn. 563.
216 Weber-Grellet, S. 7.
Chapter Preview
References
Zusammenfassung
Die Arbeit befasst sich mit den Voraussetzungen und Rechtsfolgen einer Teilwertabschreibung auf Aktien. Ein Schwerpunkt liegt auf dem Nachweis einer voraussichtlich dauernden Wertminderung von börsennotierten Aktien des Anlagevermögens. Der Autor weist nach, dass die in diesem Zusammenhang vertretenen Ansichten von Finanzverwaltung und Rechtsprechung mit den Erkenntnissen der Kapitalmarktforschung nicht vereinbar sind, und stellt sodann ein eigenes Konzept dar. Daneben werden auch nicht börsennotierte Aktien und Aktien des Umlaufvermögens behandelt. Zudem werden die Einflüsse der Internationalen Rechnungslegungsstandards, die Besonderheiten bei eigenen Aktien sowie etwaige Änderungen durch das BilMoG dargestellt.