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einer dauernden Verbindung zum Beteiligungsunternehmen zu dienen. Werden
einzelne Aktien vom Steuerpflichtigen hingegen umgewidmet, lebt die bilanzielle Selbständigkeit derselben wieder auf. Dies gilt etwa für den Fall, dass der
Steuerpflichtige seine Zustimmung zu einer vereinfachten Kapitalherabsetzung
erteilt. Die im entsprechenden Einziehungsbeschluss der Hauptversammlung mit
den konkreten Wertpapiernummern bezeichneten Aktien sind spätestens ab dem
Zeitpunkt der Beschlussfassung nicht mehr dazu bestimmt, eine dauernde Verbindung zum Beteiligungsunternehmen herzustellen, auch wenn die Kapitalherabsetzung letztlich sogar der Stärkung der Beteiligung gedient haben sollte.49
B. Grundzüge der Teilwertabschreibung
In dem folgenden Kapitel ist das rechtliche Institut der Teilwertabschreibung im
Allgemeinen und seine praktische Bedeutung vorzustellen. Die Vielzahl existierender Urteile und Literaturabhandlungen findet in diesem Überblick nur kursorisch Berücksichtigung.
I. Grundlagen
1. Entwicklung der Regelung des § 6 Abs. 1 Nr. 1 S. 2, Nr. 2 S. 2 EStG
Die Idee, die betriebliche Funktionsbezogenheit eines Wirtschaftsgut für die Wertermittlung heranzuziehen, findet sich bereits in § 19 Abs. 1 S. 2 EStG 1925.50
Dieser Regelung zufolge bemaß sich der gemäß § 19 Abs. 1 S. 1 EStG 1925 regelmäßig anzusetzende gemeine Wert eines Wirtschaftsgutes nicht nach dem Einzelveräußerungswert, sondern nach demjenigen Wert, der dem einzelnen Wirtschaftsgut unter der Annahme einer Betriebsfortführung zukommt. Dies war nach
Auffassung des Reichsfinanzhofes der Wert, den das Wirtschaftsgut gerade als
Teil eines Betriebes hatte, mithin – sprachlich fragwürdig – der »Teilwert«. Diesen bestimmte der Reichsfinanzhof in seinem ersten Urteil zu § 19 Abs. 1 S. 2
EStG 1925 als denjenigen Betrag, den ein Erwerber des gesamten Unternehmens
weniger geben würde, wenn der betreffende Gegenstand nicht zum Unternehmen
gehören würde.51 Zunächst ermittelte der Reichsfinanzhof den Teilwert also im
Wege einer Differenzrechnung. Diese berücksichtigte jedoch nicht den Umstand,
dass die Qualität der funktionalen Eingliederung eines Wirtschaftsgutes in das
Unternehmen unterschiedlich ausgestaltet sein kann. So kann ein Wirtschaftsgut
für den Betriebsablauf notwendig oder entbehrlich sein. Ist es notwendig, so kann
angenommen werden, dass der vermeintliche Erwerber eines Unternehmens
49 Urteil des BFH vom 10. August 2005, VIII R 26/03, BB 2005, S. 2517, 2518.
50 RGBl. I 1925, S. 193.
51 Urteil des RFH vom 14. Dezember 1926, VI A 575/26, RFHE 20, S. 87, 88 f.
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dieses im Falle des Fehlens eines betriebsnotwendigen Wirtschaftsgutes gar nicht
kaufen würde. Mithin wäre in die Bewertung des betriebsnotwendigen Wirtschaftsgutes der gesamte Geschäftswert des Unternehmens einzubeziehen. Da
dieser jedoch ein selbständig zu bilanzierendes Wirtschaftsgut darstellt, führt die
Differenzmethode zu einem Verstoß gegen den Grundsatz der Einzelbewertung.52
Zudem würde die Summe aller nach der Differenzmethode ermittelter Teilwerte
im Falle des Vorliegens mehrerer betriebsnotwendiger Wirtschaftsgüter den Gesamtwert des Unternehmens übersteigen.53 Daher ist die Differenzmethode abzulehnen.
Aus diesen Gründen legte der Reichsfinanzhof bei der Ermittlung des Teilwertes sehr bald die bis heute geltende Zurechnungsmethode zugrunde. Hiernach
handelt es sich bei dem Teilwert um denjenigen Wert, den ein gedachter Erwerber
eines gesamten Betriebs für das betreffende einzelne Wirtschaftsgut zahlen würde.54 Dieses Verständnis der Rechtsprechung wurde auch in die bis heute unver-
änderte Legaldefinition des Teilwertbegriffs in § 6 Nr. 1 S. 3 EStG 1934 übernommen.55 Der Teilwert konnte gemäß § 6 Nr. 1 S. 2 EStG 1934 nach Wahl des
Steuerpflichtigen bei abnutzbaren Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens
anstelle der Anschaffungs- bzw. Herstellungskosten angesetzt werden, sofern er
niedriger als diese war. § 6 Nr. 2 S. 2 EStG 1934 sah eine entsprechende Regelung für alle übrigen Wirtschaftsgüter vor.
Aufgrund des Steuerentlastungsgesetzes 1999/2000/2002 kann eine Teilwertabschreibung für alle nach dem 31. Dezember 1998 endenden Wirtschaftsjahre
nunmehr nicht allein aufgrund eines im Vergleich zum Buchwert niedrigeren
Teilwertes erfolgen. Erforderlich für eine Teilwertabschreibung ist vielmehr, dass
der Teilwert aufgrund einer voraussichtlich dauernden Wertminderung niedriger
ist als der gemäß § 6 Abs. 1 Nr. 1 S. 1 bzw. Nr. 2 S. 1 EStG zu bestimmende
Buchwert des Wirtschaftgutes.56 Bei der Bestimmung des Buchwertes müssen die
(Sonder)Abschreibungen für das laufende Jahr bereits berücksichtigt sein.57 Der
Steuerpflichtige trägt die Feststellungslast in Bezug auf den gesunkenen Teilwert
sowie auf das Vorliegen einer voraussichtlich dauernden Wertminderung.58
Ebenso wurde durch das Steuerentlastungsgesetz 1999/2000/2002 ein striktes
Wertaufholungsgebot eingeführt. Zuvor stand es dem Steuerpflichtigen frei, den
niedrigeren Teilwert zu den auf die Teilwertabschreibung folgenden Bilanzstichtagen anzusetzen, auch wenn die Gründe hierfür nicht mehr vorlagen. Nunmehr
sind die mit dem Teilwert bewerteten Wirtschaftsgüter gemäß § 6 Abs. 1 Nr. 1
S. 4, Nr. 2 S. 3 EStG wieder mit den (ggf. fortgeführten) Buchwerten anzusetzen,
52 Werndl, in Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, § 6, Rn. B 324.
53 Albach, WPg. 1963, S. 624, 627.
54 Urteil des RFH vom 14. Dezember 1927, VI A 761, StuW 1928, Band II, S. 137, 138
(Urteil Nr. 78).
55 RGBl. I 1934, S. 1005, 1007.
56 BGBl. I 1999, S. 402, 404.
57 Winkeljohann, in Herrmann/Heuer/Raupach, § 6 EStG, Rn. 558.
58 Schreiben des BMF vom 25. Februar 2000, IV C 2 – S 2171 b – 14/00, BStBl. I 2000,
S. 372, 372 (Tz. 2).
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wenn die Voraussetzungen einer Teilwertabschreibung an den folgenden Bilanzstichtagen nicht mehr vorliegen. Diesbezüglich trägt der Steuerpflichtige ebenfalls die Feststellungslast.59 Im ersten Jahr der Anwendung dieses Wertaufholungsgebots60 wurden hiervon auch Wertsteigerungen erfasst, die vor dem Zeitraum seines Inkrafttretens eingetreten sind. Dies soll nach Auffassung des BFH
verfassungsgemäß sein, insbesondere soll kein Verstoß gegen das aus dem
Rechtsstaatsprinzip gemäß Art. 20 Abs. 3 GG abgeleitete Rückwirkungsverbot
vorliegen.61 Zur Vermeidung unbilliger Härten, die hieraus resultieren können,
konnte gemäß § 52 Abs. 16 S. 3 EStG im Erstjahr der Anwendung dieser Vorschriften eine den steuerlichen Gewinn mindernde Rücklage in Höhe von vier
Fünfteln des durch die Wertaufholung entstehenden Gewinns gebildet werden,
welche in den vier folgenden Wirtschaftsjahren jeweils zu mindestens einem
Viertel Gewinn erhöhend aufzulösen war.62
2. Sinn und Zweck
Der Ansatz eines Wirtschaftsgutes mit dem Teilwert dient dem Zweck, das entsprechende Wirtschaftsgut bei der Besteuerung nur mit demjenigen Wert zu erfassen, der ihm im Rahmen seiner betrieblichen Einbindung am Bilanzstichtag
tatsächlich zukommt. Die Teilwertabschreibung soll folglich sicherstellen, dass
der Steuerpflichtige bei der Besteuerung nur in einer dem Gesamtwert des Betriebsvermögens entsprechenden, d.h. wirtschaftlich zutreffenden Höhe belastet
wird.63 Somit dient die Teilwertabschreibung der Realisierung des Prinzips der
Besteuerung nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit des Steuerpflichtigen.
Es soll verhindert werden, dass der Besteuerung aufgrund eines überhöhten
Buchwertansatzes ein Reinvermögen zugrunde gelegt wird, welches nicht der
wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit des Steuerpflichtigen entspricht.64 Der Abschreibungsvorgang kann als Aufwand verbucht werden, so dass eine Teilwertabschreibung Einfluss auf den steuerlichen Gewinn hat.65
Durch die Teilwertabschreibung wird ferner das über den Maßgeblichkeitsgrundsatz auch in der Steuerbilanz anwendbare bilanzrechtliche Vorsichtsprinzip
(§ 252 Abs. 1 Nr. 4 HGB) in seiner »besonderen Erscheinungsform« des Imparitätsprinzips verwirklicht. Die Teilwertabschreibung stellt sicher, dass drohende
59 Schreiben des BMF vom 25. Februar 2000, IV C 2 – S 2171 b – 14/00, BStBl. I 2000,
S. 372, 372 (Tz. 2).
60 Gemäß § 52 Abs. 16 S. 2 EStG war dies das erste nach dem 31. Dezember 1998 endender
Wirtschaftsjahr.
61 Urteil des BFH vom 24. April 2007, I R 16/06, DB 2007, S. 1672, 1674 f.
62 Vgl. hierzu Kusterer, DStR 2000, S. 1083, 1085.
63 Beschluss des BFH vom 16. Juli 1968, GrS 7/67, BStBl. II 1969, S. 108, 110; Ehmke, in
Blümich, § 6 EStG, Rn. 546.
64 Hoffmann, in Littmann/Bitz/Pust, § 6, Rn. 402, Werndl, in Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, § 6
EStG, Rn. B 321.
65 Vgl. Winden/Herzogenrath, FR 2005, S. 878, 878.
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Verluste bereits im Jahr ihres erstmaligen Sichtbarwerdens antizipierend berücksichtigt werden können.66 Der Teilwert selbst erfüllt in diesem Zusammenhang
die Funktion, die Berücksichtigung drohender Verluste nach unten zu begrenzen.
Er dient somit auch der Vermeidung einer Bildung willkürlicher stiller Reserven.67 Nach anderer Ansicht sollen durch die Teilwertabschreibung bereits entstandene Wertminderungen, auch wenn sie erst in der Zukunft zu bilanzwirksamen Verlusten führen, im Zeitpunkt ihres Entstehens bilanziell Berücksichtigung finden können. Die Teilwertabschreibung diene somit nicht der Antizipation
zukünftiger Verluste, sondern der Berücksichtigung bereits eingetretener Wertminderungen.68 Demnach würde die Teilwertabschreibung ausschließlich der
Realisierung des Prinzips der Besteuerung nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit dienen. Eine derartige Sichtweise erscheint jedoch zu einseitig. Insofern
ist zu bedenken, dass das Vorliegen einer Wertminderung sowohl vom Wiederbeschaffungsmarkt als auch vom Absatzmarkt her bestimmt werden kann.69 Ergibt
sich die Wertminderung etwa bei zum Absatz bestimmten Waren aus gesunkenen
Preisen am Absatzmarkt, so wird durch die Teilwertabschreibung im Ergebnis ein
zukünftiger Verlust vorgezogen. Dieser zukünftige Verlust vermittelt zwar eine
Wertminderung am Bilanzstichtag (andernfalls wäre die Durchführung einer Teilwertabschreibung auch gar nicht möglich). Durch diese Wertminderung ist auch
die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Steuerpflichtigen am Bilanzstichtag
gemindert, da die Ermittlung des Zuwachses der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit durch die selbst hergestellten Waren nur unter Berücksichtigung ihrer
zukünftigen Vermarktung möglich ist. Dies ändert jedoch nicht daran, dass maßgeblicher Anknüpfungspunkt für die Durchführung einer Teilwertabschreibung
in diesen Fällen die zu erwartenden zukünftigen Verluste sind. Die Antizipation
zukünftiger Verluste ist jedoch gerade Regelungsgegenstand des Imparitätsprinzips.70
3. Anwendungsbereich
Eine Teilwertabschreibung kann gemäß § 6 Abs. 1 EStG nur auf solche Wirtschaftsgüter erfolgen, die nach § 4 Abs. 1 EStG oder nach § 5 EStG als Betriebsvermögen anzusetzen sind. Sie kommt demnach im Rahmen der Überschusseinkünfte (vgl. § 2 Abs. 2 Nr. 2 EStG) von vornherein nicht in Betracht, da Wertver-
änderungen der zu Zwecken der Erzielung von Überschusseinkünften eingesetz-
66 Hommel/Berndt, FR 2000, S. 1305, 1306.
67 Thiele/Breithaupt, in Baetge/Kirsch/Thiele, § 253 HGB, Rn. 321.
68 Teschke, DStZ 2006, S. 661, 661.
69 Vgl. Urteil des BFH vom 25. Juli 2000, VIII R 35/97, FR 2001, S. 142, 143.
70 Vgl. Merkt, in Baumbach/Hopt, § 252, Rn. 11.
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ten Wirtschaftsgüter steuerrechtlich nicht berücksichtigt werden.71 Die Teilwertabschreibung ist folglich systematisch auf die Gewinneinkünfte (vgl. § 2 Abs. 2
Nr. 1 EStG) beschränkt.
Überwiegend wird hierbei die Auffassung vertreten, eine Teilwertabschreibung setze aufgrund des Wortlautes der Regelung, welcher ausdrücklich nur auf
nach § 4 Abs. 1 EStG oder § 5 EStG als Betriebsvermögen anzusetzende Wirtschaftsgüter abstelle, zwingend eine Gewinnermittlung durch Betriebsvermögensvergleich voraus.72 Teilweise wird hingegen unter Bezugnahme auf den
Gleichheitsgrundsatz (Art. 3 Abs. 1 GG) und den daraus folgenden Grundsatz der
Gesamtgewinngleichheit die Möglichkeit einer Teilwertabschreibung jedenfalls
auf Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens auch dann angenommen, wenn der
Steuerpflichtige seinen Gewinn im Wege einer Einnahmenüberschussrechnung
gemäß § 4 Abs. 3 EStG ermittelt.73
Für die letzte Auffassung spricht, dass die Einnahmenüberschussrechnung der
Gewinnermittlung durch Bestandsvergleich in § 4 Abs. 3 S. 3 und 4 EStG in
wesentlichen Bereichen angenähert ist. Weiterhin kann auch ein Überschussrechner Betriebsvermögen bilden, so dass etwa die Veräußerung eines im Betriebsvermögen befindendlichen Wirtschaftsgutes als Betriebseinnahme erfasst wird.74
Insbesondere aber soll es sich bei § 4 Abs. 3 EStG um eine im Vergleich zur
Gewinnermittlung durch Bestandsvergleich vereinfachte Form der Gewinnermittlung handeln, die grundsätzlich zu demselben Gesamtergebnis führen muss
wie die Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 1 EStG.75 Aus diesem Grund ist es auch
in der Rechtsprechung anerkannt, dass jedenfalls der Totalverlust eines Wirtschaftsgutes im Rahmen einer Einnahmenüberschussrechnung zu einer Teilwertabschreibung berechtigt.76 Dies gilt insbesondere auch für Beteiligungen an Kapitalgesellschaften.77
Diese Auffassung verkennt jedoch, dass im Rahmen der Einnahmenüberschussrechnung nach § 4 Abs. 3 EStG grundsätzlich das Zu- bzw. Abflussprinzip
gilt, da das Betriebsvermögen bei der Gewinnermittlung nach dem Gesetzeswortlaut nur nach Maßgabe des § 4 Abs. 3 S. 3 und 4 EStG berücksichtigt wird. Die
71 Urteil des BFH vom 30. August 1994, IX R 126/92, BFH/NV 1995, S. 764, 765. Dies gilt
freilich nicht in den Fällen der §§ 20 Abs. 2, 21 Nr. 2 EStG. Hier wird jedoch ausschließlich
der Veräußerungsvorgang der Besteuerung unterworfen, so dass eine Teilwertabschreibung in diesen Fällen nicht möglich ist.
72 Urteil des BFH vom 31. Januar 1992, VI R 57/88, BStBl. II 1992, S. 401, 403; Hoffmann,
in Littmann/Bitz/Pust, § 6, Rn. 14; Ortmann-Babel, in Lademann, § 6, Rn. 376; Winkeljohann, in Herrmann/Heuer/Raupach, § 6, Rn. 561; Ehmke, in Blümich, § 6 EStG, Rn. 17;
Grube, DStZ 1989, S. 495, 496.
73 Bergkemper, in Herrmann/Heuer/Raupach, § 4, Rn. 536.
74 Heinicke, in Schmidt, § 4, Rn. 100 und 371.
75 Urteil des BFH vom 6. Dezember 1972, IV R 4-5/72, BStBl. II 1973, S. 293, 294; Crezelius, in Kirchhof, § 4, Rn. 11; Lang, in Tipke/Lang, § 9, Rn. 453.
76 Urteil des BFH vom 2. September 1971, IV 342/65, BStBl. II 1972, S. 334, 334 f.; Urteil
des FG Köln vom 17. Mai 1994, 10 K 239/84 – rkr., EFG 1994, S. 1083, 1084; Urteil des
FG Saarland vom 14. Juni 2000, 1 K 161/97 – rkr., EFG 2000, S. 920, 921.
77 Urteil des BFH vom 23. November 1978, IV R 146/75, BStBl. II 1979, S. 109, 111.
33
Regelung des § 4 Abs. 3 S. 3 und 4 EStG ist daher als abschließende Ausnahmevorschrift aufzufassen. Aus dieser lässt sich gerade kein allgemeiner Rechtsgedanke, etwa hinsichtlich der grundsätzlichen Berücksichtigung von Wertveränderungen des Betriebsvermögens bei der Gewinnermittlung und damit auch der
Möglichkeit einer Teilwertabschreibung, ableiten. Die Auffassung, eine Teilwertabschreibung sei auch bei Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG möglich, findet daher im Gesetz keine Stütze.78 Auch der Gleichheitsgrundsatz gebietet keine
Gleichbehandlung der beiden Gewinnermittlungsarten: Die Regelung des § 4
Abs. 3 EStG stellt eine vereinfachte Form der Gewinnermittlung gegenüber § 4
Abs. 1 EStG dar, da gerade auf die Berücksichtigung von Wertveränderungen des
Betriebsvermögens verzichtet und der Besteuerung weitestgehend nur der Vermögenszu- und -abfluss zugrunde gelegt wird. Es erscheint daher sachlich
gerechtfertigt, dem Steuerpflichtigen die Möglichkeit einer Teilwertabschreibung
im Rahmen der Gewinnermittlung zu versagen. Der Sinn und Zweck von § 4
Abs. 3 EStG würde andernfalls verkannt. Im Übrigen steht es jedem Steuerpflichtigen frei, seine Gewinnermittlungsart zu ändern, wenn er Vermögensveränderungen während der Dauer der Zugehörigkeit des Wirtschaftsgutes zum Betriebsvermögen über den Rahmen des § 4 Abs. 3 S. 3 EStG hinaus berücksichtigt wissen will.79 Aus diesen Gründen ist eine Teilwertabschreibung nur bei Gewinnermittlung durch Betriebsvermögensvergleich gemäß § 4 Abs. 1 bzw. § 5 EStG
möglich.
4. Betriebsvermögenszugehörigkeit des Wirtschaftsgutes (insbesondere bei
Risikogeschäften)
Voraussetzung für eine Teilwertabschreibung ist, dass das entsprechende Wirtschaftgut in den Betriebsvermögensvergleich einbezogen wird. Zum Betriebsvermögen gehören alle Wirtschaftsgüter, deren Anschaffung, Herstellung oder Einlegung betrieblich veranlasst ist (arg. ex § 4 Abs. 4 EStG). Eine betriebliche Veranlassung liegt vor, wenn ein objektiver wirtschaftlicher oder tatsächlicher Zusammenhang mit dem Betrieb besteht.80 Dieser Veranlassungszusammenhang
wird durch eine »Dreiteilung« der Vermögenssphäre des Steuerpflichtigen in notwendiges und gewillkürtes Betriebsvermögen auf der einen sowie in notwendiges
Privatvermögen auf der anderen Seite konkretisiert.81 Zum notwendigen Betriebsvermögen zählen Wirtschaftsgüter, die dem Betrieb in der Weise unmittelbar dienen, dass sie objektiv erkennbar zum unmittelbaren Einsatz im Betrieb
78 So auch Kruse, in FS Ritter, S. 413, 422 f.
79 Vgl. Crezelius, in Kirchhof, § 4, Rn. 217.
80 Urteil des BFH vom 11. November 1987, I R 7/84, BStBl. II 1988, S. 424, 425; Hoffmann,
in Littmann/Bitz/Pust, §§ 4, 5, Rn. 100.
81 Urteil des BFH vom 2. Oktober 2003, IV R 13/03, BStBl. II 2004, S. 985, 985; Leingärtner, FR 1983, S. 214, 214 f.
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selbst bestimmt sind.82 Die Bildung gewillkürten Betriebsvermögens setzt voraus, dass das Wirtschaftsgut – ohne bereits notwendiges Betriebsvermögen zu
sein – objektiv geeignet und subjektiv bestimmt ist, den Betrieb zu fördern, wobei
die subjektive Bestimmung äußerlich eindeutig erkennbar sein muss (z.B. in der
Buchführung).83 Notwendiges Privatvermögen hingegen liegt vor, wenn das Wirtschaftsgut weder notwendiges noch gewillkürtes Betriebsvermögen darstellt.
Diese Dreiteilung der Vermögenssphäre wird in der Literatur teils heftig kritisiert.84 So wird vorgebracht, dass sie im Gesetzeswortlaut keine Stütze finde und
eine Einteilung der Vermögenssphäre in Betriebs- und Privatvermögen zur Abgrenzung des Gewinnbereichs von anderen Einkunftsarten und dem privaten Lebensbereich ausreichend sei.85 Dagegen spricht jedoch, dass es dem Steuerpflichtigen möglich sein muss, solche Wirtschaftsgüter, die keinen unmittelbaren Zusammenhang mit dem Betrieb aufweisen (sog. »neutrale Wirtschaftsgüter«), der
betrieblichen Sphäre zuzuordnen. Einzuräumen ist allerdings, dass die Zuordnung eines neutralen Wirtschaftsgutes zum Betriebsvermögen etwa dann noch
nicht möglich ist, wenn der Steuerpflichtige sich im Zeitpunkt der Anschaffung
des Wirtschaftsgutes über dessen weitere Verwendung im Unklaren ist. Dies gilt
insbesondere im Falle des Vorliegens mehrerer Einkunftsarten. Es verbleibt mithin ein Graubereich zwischen Betriebs- und Privatvermögen, welcher dem Steuerpflichtigen – im Falle der objektiven Eignung des Wirtschaftsgutes zur Förderung des Betriebs – zur Gestaltung mittels eines entsprechenden Widmungsaktes
überantwortet sein muss. Jedoch ist zu beachten, dass der Bundesfinanzhof in seiner jüngeren Rechtsprechung den Schwerpunkt der Prüfung, ob notwendiges Privatvermögen oder gewillkürtes Betriebsvermögen vorliegt, auf die (subjektive)
Widmung durch den Steuerpflichtigen legt und den (objektiven) Funktionszusammenhang hierbei in den Hintergrund treten lässt.86 Hierdurch weicht der Bundesfinanzhof die Grenzen zwischen notwendigem und gewillkürtem Betriebsvermögen auf. Bei konsequenter Weiterentwicklung dieser Rechtsprechung hin zu
einem nahezu rein subjektiv geprägten Betriebsvermögensbegriff könnte daher
die Dreiteilung der Vermögenssphäre tatsächlich einmal obsolet und eine Zweiteilung derselben ausreichend sein.
Bei Mitunternehmerschaften werden die Wirtschaftsgüter anteilig den Gesellschaftern zugerechnet. Ist ein Wirtschaftsgut nicht in die Gesellschaft eingebracht, ihr aber auf sonstige Weise überlassen worden, ist es als Sonderbetriebsvermögen des Mitunternehmers ebenfalls in den Betriebsvermögensvergleich
einzubeziehen.87 Hierbei ist danach zu differenzieren, ob die entsprechenden
Wirtschaftsgüter geeignet und bestimmt sind, dem Betrieb der Personengesell-
82 Urteil des BFH vom 10. November 2004, XI R 32/01, BStBl. II 2005, S. 431, 432.
83 Urteil des BFH vom 24. Februar 2000, IV R 6/99, BStBl. II 2000, S. 297, 297; Beschluss
des BFH vom 8. Dezember 1995, VIII B 51/95, BFH/NV 1996, S. 474, 475.
84 Vgl. hierzu die Übersicht zum Streitstand bei Hoffmann, in Littmann/Bitz/Pust, §§ 4, 5,
Rn. 145 ff.
85 Heinicke, in Schmidt, § 4, Rn. 108.
86 Vgl. Beschluss des BFH vom 5. März 2002, IV B 22/01, BFH/NV 2002, S. 860, 862.
87 Beschluss des BFH vom 3. Mai 1993, GrS 3/92, BStBl. II 1993, S. 616, 622.
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schaft (sog. »Sonderbetriebsvermögen I«) oder dem Anteil des Mitunternehmers
(sog. »Sonderbetriebsvermögen II«) zu dienen.88
Auch risikobehaftete, insbesondere spekulative Geschäfte (wie der Erwerb von
Aktien) können zur Förderung des Betriebs objektiv geeignet sein, so dass derartige Geschäfte zur Bildung von (notwendigem oder gewillkürtem) Betriebsvermögen führen können. Zwar ließe sich insoweit argumentieren, dass aufgrund der
mit dem finanziellen Risiko verbundenen Unwägbarkeiten für den Betrieb erst
ein Gewinn bringender Ausgang des Risikogeschäfts zu einer Förderung des
Betriebs führe. Allerdings ist jeder unternehmerischen Betätigung eine gewisse
Risikoträchtigkeit immanent.89 Bei dieser Argumentation würde es somit bei
wirtschaftlicher Betätigung niemals zur Bildung von Betriebsvermögen kommen.
Bei der Beantwortung der Frage, ob Spekulationsgeschäfte der betrieblichen
Sphäre zuzuordnen oder lediglich Gegenstand privater Vermögensverwaltung
sind, ist danach zu differenzieren, ob es sich für den Unternehmer um ein branchentypisches oder branchenuntypisches Geschäft handelt. Bei branchentypischen Geschäften ist regelmäßig von deren objektiver Eignung zur Förderung
des Betriebs auszugehen. Bei branchenuntypischen Geschäften hingegen ist
deren Risiko für den Unternehmer schwieriger zu bewerten. Ein Geschäft ist
umso verlustträchtiger, je weiter sich Art und Inhalt dieses Geschäfts von der
Haupttätigkeit des Unternehmers entfernen. Entsprechend steigen die Anforderungen an die Feststellung einer objektiven Eignung des Geschäfts zur Förderung
des Betriebs in dem Maße, in welchem sich das Geschäft von der Branche des
Unternehmers entfernt.90 Im Falle einer Zuordnung zur betrieblichen Vermögenssphäre wird es sich bei branchentypischen Geschäften regelmäßig eher um notwendiges, bei branchenuntypischen Geschäften eher um gewillkürtes Betriebsvermögen handeln. Überwiegt der spekulative Charakter eines Geschäfts dergestalt, dass dieses im Ergebnis der Durchführung eines Glücksspiels gleicht, kann
kein Förderungszusammenhang mehr angenommen werden. Solche Geschäfte
finden ausschließlich im Bereich der privaten Lebensführung statt.91 Gleichwohl
kann solchen Geschäften, die zwar hochspekulativ sind (z.B. Termingeschäfte),
deren Risiken aber durch Erfahrungen in der Vergangenheit und Beobachtung
gegenwärtiger Ereignisse bewertbar sind, nicht allein aufgrund des Spekulationscharakters eine Eignung zur objektiven Förderung des Betriebs abgesprochen
werden.92 Hier kommt es vielmehr wesentlich darauf an, ob das Geschäft von
vornherein als betrieblich behandelt wurde. Insoweit sind an den betrieblichen
Zusammenhang bei branchenuntypischen Risikogeschäften besondere Anforde-
88 Urteil des BFH vom 25. November 2004, IV R 7/03, BStBl. II 2005, S. 354, 356; Birk,
Rn. 1031 f.
89 Urteil des BFH vom 8. Februar 1985, III R 169/82, BFH/NV 1985, S. 80, 82; Crezelius,
in Kirchhof, § 4, Rn. 43.
90 Urteil des BFH vom 11. Juli 1996, IV R 67/95, BFH/NV 1997, S. 114, 115.
91 Urteil des BFH vom 16. September 1970, I R 133/68, BStBl. II 1970, S. 865, 866.
92 Urteil des BFH vom 20. April1999, VIII R 63/96, BStBl. II 1999, S. 466, 467.
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rungen zu stellen. Es muss ausgeschlossen sein, dass ein ursprünglich privates
Risiko in den Betriebsbereich verlagert wird.93
II. Der Teilwert (§ 6 Abs. 1 Nr. 1 S. 3 EStG)
Gemäß § 6 Abs. 1 Nr. 1 S. 3 EStG ist unter dem Teilwert derjenige Betrag zu verstehen, den ein Erwerber des ganzen Betriebs im Rahmen des Gesamtkaufpreises
für das einzelne Wirtschaftsgut ansetzen würde, wobei davon auszugehen ist,
dass der Erwerber den Betrieb fortführt.
1. Gesetzliche Konzeption und Teilwertermittlung
Nach der gesetzlichen Konzeption des Teilwertbegriffes handelt es sich bei diesem um einen objektiven Wertmaßstab. Das Gesetz geht davon aus, dass sich Ver-
äußerer und Erwerber des gesamten Betriebes fiktiv in der Weise gegenübertreten, dass sie einen in kaufmännischer Hinsicht vertretbaren Verkaufspreis für diesen aushandeln. Hierbei ist die allgemeine Marktlage am Bilanzstichtag zugrunde
zu legen. Der Teilwert ist daher unabhängig von subjektiven Vorstellungen und
Erwartungen des Steuerpflichtigen. Der fiktive Erwerber wird hierbei lediglich
an die Stelle des Steuerpflichtigen gesetzt und erfüllt in diesem Zusammenhang
somit die Funktion, die Teilwertermittlung von subjektiven Vorstellungen des
Steuerpflichtigen zu lösen.94
a) Substanzwert oder Ertragswert?
Der Begriff des Teilwertes basiert auf verschiedenen Annahmen. So ist zunächst
anzunehmen, dass der Inhaber des Betriebs diesen veräußert. Zudem wird unterstellt, dass der – gedachte – Erwerber den Betrieb fortführt (sog. »Going-concernprinzip, vgl. § 252 Abs. 1 Nr. 2 HGB). Schließlich ist das einzelne Wirtschaftsgut
im Rahmen des Gesamtkaufpreises zu bewerten, mag diese Annahme auch lebensfremd sein. Tatsächlich dürfte sich die Ermittlung des Gesamtkaufpreises regelmäßig einzig an der Ertragskraft des Unternehmens ausrichten. Dies entspricht
jedenfalls dem gegenwärtigen Erkenntnisstand betriebswirtschaftlicher Forschung, welche den Unternehmenskauf als reine Geldinvestition ansieht, und
dementsprechend den Gesamtkaufpreis anhand der zu erwartenden Rendite ermittelt.95 Insofern stellt die Bewertung eines einzelnen Wirtschaftsgutes im Rah-
93 Urteil des FG München vom 30. März 1988, I 123/85 F – rkr., EFG 1988, S. 620, 620.
94 Urteil des BFH vom 6. Dezember 1995, I R 51/95, BStBl. II 1998, S. 781, 783; Ortmann-
Babel, in Lademann, § 6, Rn. 385 f.
95 Vgl. 3. Kapitel, Abschnitt A. II. 1. c) bb) (1) (a).
Chapter Preview
References
Zusammenfassung
Die Arbeit befasst sich mit den Voraussetzungen und Rechtsfolgen einer Teilwertabschreibung auf Aktien. Ein Schwerpunkt liegt auf dem Nachweis einer voraussichtlich dauernden Wertminderung von börsennotierten Aktien des Anlagevermögens. Der Autor weist nach, dass die in diesem Zusammenhang vertretenen Ansichten von Finanzverwaltung und Rechtsprechung mit den Erkenntnissen der Kapitalmarktforschung nicht vereinbar sind, und stellt sodann ein eigenes Konzept dar. Daneben werden auch nicht börsennotierte Aktien und Aktien des Umlaufvermögens behandelt. Zudem werden die Einflüsse der Internationalen Rechnungslegungsstandards, die Besonderheiten bei eigenen Aktien sowie etwaige Änderungen durch das BilMoG dargestellt.