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3) Vereinbarkeit der Medienabgabe mit den rundfunkverfassungsrechtlichen Anforderungen
Die Finanzierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks durch eine geräteunabhängige Medienabgabe wird diesen grundsätzlichen rundfunkverfassungsrechtlichen Anforderungen an eine funktionsgerechte und hinreichend
staatsfrei gestaltete Finanzausstattung gerecht.
Dies gilt zunächst für das Erfordernis einer funktionsgerechten Finanzausstattung. Die mit der Einführung der Medienabgabe verbundene Änderung des
Anknüpfungspunktes für die Auslösung der Abgabepflicht vom Bereithalten
eines Rundfunkempfangsgeräts zum Innehaben eines Haushalts bzw. einer
Betriebsstätte hat insoweit keine zwingenden Auswirkungen auf das Finanzvolumen für die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten insgesamt. Das
Aufkommen muss und kann auch weiterhin so bemessen werden, dass die
funktionsgerechte Finanzierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks gesichert bleibt. Die Medienabgabe ist lediglich eine Modifikation der Art und
Weise, wie das funktionserforderliche Gesamtvolumen durch individuelle
Abgabepflichten aufgebracht wird, tangiert aber nicht die mit dem Erfordernis
einer funktionsgerechten Finanzierung angesprochene Schutzfunktion zugunsten der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten.
Auch die gelegentliche Äußerung des Bundesverfassungsgerichts, dass die
Gebührenfinanzierung die dem öffentli ch-rechtlichen Rundfunk gemäße Art
der Finanzierung sei,68 ist nicht dahingehend zu verstehen, dass nur die
Gebührenfinanzierung eine funktionsgerechte Finanzausstattung sichere.
Denn zum einen steht dem Gesetzgeber für die Ausgestaltung der Rundfunkordnung ohnehin ein weiter Gestaltungsspielraum offen69 und zum anderen
hat das Bundesverfassungsgericht dem Gesetzgeber für die Finanzierung des
öffentlich-rechtlichen Rundfunks ausdrücklich auch andere Finanzierungsmodelle zugestanden.70
Die verfassungsrechtlich gebotene Staatsfreiheit des Rundfunks gerät durch
den Übergang zur Medienabgabe ebenfalls nicht in Gefahr. Diese bleibt schon
deshalb gesichert, weil die insoweit maßgeblichen Regelungen des bisherigen
KEF-Verfahrens für die Festsetzung der Medienabgabe unverändert beibehalten werden und sie daher die ihnen vom Bundesverfassungsgericht vor allem
zugedachte Sicherung der Staatsfreiheit des Rundfunks auch bei der Medienabgabe weiterhin erfüllen können. Ein zunehmender staatlicher Einfluss auf
68 BVerfGE 87, 181 (199); 90, 60 (90).
69 St. Rspr. des BVerfG seit BVerfGE 12, 205 (262 f.); zuletzt BVerfGE 119, 181 (214).
70 So BVerfGE 87, 181 (198); ähnlich bereits zuvor BVerfGE 74, 297 (342).
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die Programmfreiheit des öffentlich-rechtlichen Rundfunks über den »golde nen Zügel« der Medienabgabe ist daher nicht zu befürchten.
4) Zwischenergebnis
Die Medienabgabe wird den rundfunkverfassungsrechtlichen Anforderungen
an die Finanzierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks in gleichem
Umfang gerecht, wie dies schon bisher bei der Rundfunkgebühr der Fall
war.71
II. Finanzverfassungsrechtliche Anforderungen an eine geräteunabhängige
Medienabgabe
Neben ihrer Bewertung anhand der rundfunkverfassungsrechtlichen Vorgaben bedarf die Medienabgabe wegen der mit ihr bezweckten Finanzierung des
Rundfunks als einer im Allgemeininteresse liegenden Aufgabe72 auch einer
finanzverfassungsrechtlichen Abklärung. Dies gilt umso mehr, als sich das
Grundgesetz ausweislich seines X. Abschnitts (Art. 104a ff. GG) der Finanzierung öffentlicher Aufgaben mit besonderer Sorgfalt annimmt und sich dort
ausdrücklich nur zu bestimmten Finanzierungsformen äußert. Es ist daher zu
prüfen, inwieweit sich die Medienabgabe in diesen finanzverfassungsrechtlich vorgegebenen Rahmen einfügt.73
71 Für die funktionsgerechte Finanzausstattung der einzelnen Anstalt könnte es jedoch erforderlich werden, die Aufteilung des Abgabeaufkommens neu zu regeln, da mit dem Fortfall
der Differenzierung von Grund- und Fernsehgebühr der bisherige Verteilungsschlüssel gemäß § 7 Abs. 1, 2 RGebStV i.V.m. § 9 RFinStV keine Grundlage mehr hat.
72 Zur grundlegenden Bedeutung des Rundfunks als Medium und Faktor im Prozess freier
Meinungsbildung bereits BVerfGE 12, 205 (260).
73 Zum Maßstabscharakter der grundgesetzlichen Finanzverfassung insbesondere für nichtsteuerliche Abgaben siehe etwa H. Siekmann, in: Sachs (Hrsg.), Kommentar zum Grundgesetz, 4. Aufl. 2007, vor Art. 104a Rn. 12.
Chapter Preview
References
Zusammenfassung
Die Finanzierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks durch die Rundfunkgebühr ist in die Kritik geraten und soll nach dem Willen der Länder ab 2013 durch eine andere Form der Finanzierung ersetzt werden. In der Diskussion ist dabei u. a. eine geräteunabhängige Haushalts- und Betriebsstättenabgabe (Medienabgabe), die die Abgabepflicht von jeglichem Geräte- und Gegenleistungsbezug löst und allein an die Innehabung eines Haushalts bzw. einer Betriebsstätte bindet.
Der Autor legt dar, dass es sich bei der Medienabgabe nicht um eine Sonderabgabe handelt, sondern um eine durch die Rundfunkhoheit der Länder sachkompetenziell legitimierte Abgabe, die den rundfunkverfassungsrechtlichen Anforderungen an die Finanzierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks ebenso genügt wie den finanzverfassungs- und grundrechtlichen Vorgaben des Grundgesetzes.
Der Autor ist ordentlicher Professor für Öffentliches Recht an der Universität Hohenheim und seit 1992 Vorstandsmitglied der Landesanstalt für Kommunikation Baden-Württemberg.