119
mein hinsichtlich des „Wie“ der Abwicklung beschränkt ist,512 aber doch hinsichtlich des „Wie“ einer zur (faktischen) Beendigung der Gesellschaft führenden Desinvestition.
V. Zwischenergebnis
Die in den Liquidationsvorschriften der §§ 65 ff GmbHG enthaltene Wertung
spricht also dafür, dass die Gesellschafter einer mitgliedschaftlichen Pflicht unterliegen, existenzvernichtende Eingriffe zu unterlassen. Die Anerkennung einer solchen
Pflicht könnte allerdings wegen einer entgegenstehenden abschließenden gesetzlichen Regelung gleichwohl ausgeschlossen sein. Zum einen könnten die §§ 30, 31
GmbHG als Ausdruck des gesetzgeberischen Willens zu verstehen sein, dass die
Dispositionsbefugnis der Gesellschaftergesamtheit über das Gesellschaftsvermögen
in der werbenden Gesellschaft oberhalb der Grenze der §§ 30, 31 GmbHG unbeschränkt sein soll.513 Die Gläubiger einer GmbH hätten dann im Grundsatz nicht
mehr als die Erhaltung des Stammkapitals zu erwarten.514 Zum anderen könnten die
Folgen von Vermögensverschiebungen im Vorfeld der Insolvenz im Anfechtungsrecht der InsO und des AnfG (ergänzt durch die Erstattungspflicht des GmbH-
Geschäftsführers nach § 64 Abs. 2 GmbHG) eine abschließende gesetzliche Regelung gefunden haben.515
E. Ergebnis 2. Kapitel
Als Ergebnis dieses Abschnitts lässt sich damit festhalten, dass als Grundlage eines
Existenzvernichtungsverbots allein die mitgliedschaftliche Sonderrechtsbeziehung
zwischen Gesellschafter und Gesellschaft in Betracht kommt. Folge einer Verletzung der Pflichten aus dieser Sonderrechtsbeziehung durch die Gesellschafter ist
grundsätzlich nach § 280 BGB die Verpflichtung zum Schadensersatz gegenüber der
Gesellschaft. Einen normativen Anhaltspunkt dafür, dass den Gesellschaftern existenzvernichtende Eingriffe verboten sein sollen, liefern die Liquidationsvorschriften.
Die rechtsfortbildende Entwicklung eines Existenzvernichtungsverbotes aus diesen
512 Insofern bleibt es den Gesellschafter unbenommen, die Gesellschaft bis zur Insolvenzantragspflicht als werbende weiterzuführen und die Gesellschaft dann im Insolvenzverfahren
abzuwickeln.
513 Baumbach/ Hueck- Zöllner, GmbHG 17. A. (2000), Anh. KonzernR Rn. 83; Vonnemann
BB 1990, 217, 219 f; Wilhelmi, DZWIR 2003, 45, 52 ff.
514 Baumbach/ Hueck- Zöllner, GmbHG 17. A. (2000), Anh. KonzernR Rn. 83.
515 So Nasall, ZIP 2003, 969, 972 ff, 976.
120
Vorschriften ist dann zulässig, wenn ihr keine abschließenden gesetzlichen Regelungen entgegenstehen. Dies gilt es im Folgenden zu untersuchen.
Chapter Preview
References
Zusammenfassung
Seit dem „Bremer Vulkan“-Urteil des BGH vom 17.09.2001 ist die Frage nach einer Gesellschafterhaftung für existenzvernichtende Eingriffe eines der meist diskutierten Probleme im GmbH-Recht. Während in den Stellungnahmen zu diesem Problemkreis zumeist ohne weiteres davon ausgegangen wird, dass das gesetzliche Schutzinstrumentarium zur Bewältigung der Folgen existenzvernichtender Eingriffe nicht ausreichend sei, setzt sich der Autor ausführlich mit diesen Instrumenten, insbesondere den Möglichkeiten des insolvenzrechtlichen Anfechtungsrechts, auseinander; er untersucht eingehend, ob die für die rechtsfortbildende Entwicklung einer solchen Haftung erforderliche planwidrige Gesetzeslücke vorliegt. Im Ergebnis hält er – ebenso wie die Rechtsprechung und die meisten Literaturstimmen – die Etablierung einer Existenzvernichtungshaftung für methodologisch zulässig und rechtspolitisch sinnvoll. Anders als der BGH, der die Existenzvernichtungshaftung zunächst als Durchgriffshaftung und später als besondere Fallgruppe des § 826 BGB eingeordnet hat, sieht der Verfasser die dogmatische Grundlage der Haftung aber in der mitgliedschaftlichen Sonderverbindung des Gesellschafters zur GmbH.