18
aber auch außerhalb von Konzernlagen durchaus Teil der Rechtswirklichkeit.30 Allein eine möglicherweise gegebene höhere statistische Wahrscheinlichkeit macht die
Gefahr der nachteiligen Einflussnahme auf die Geschäftsführung noch nicht zu einer
konzernspezifischen, also gerade aus der Abhängigkeit (i.S.d. § 17 AktG) oder Konzernierung resultierenden Gefahr, die Voraussetzung für eine konzernrechtliche
Lösung wäre.31 Wenn sich ein Verbot existenzvernichtender Eingriffe begründen
lässt, muss dieses Verbot richtigerweise für alle GmbH-Gesellschafter gelten. Die
dogmatische Grundlage einer Haftung für existenzvernichtende Eingriffe ist also im
allgemeinen GmbH-Recht zu suchen.
C. Gang der Untersuchung
Die Suche nach einer in Betracht kommenden Haftungsgrundlage für die Existenzvernichtungshaftung soll jedoch erst erfolgen, nachdem zuvor geklärt worden ist,
inwieweit sich die Auswirkungen existenzvernichtender Eingriffe schon ohne ein im
Wege der Rechtsfortbildung geschaffenes eigenständiges Institut mit den vom Gesetz zur Verfügung gestellten Gläubigerschutzinstrumenten bewältigen lassen (1.
Kapitel). Daraufhin werden in diesem Abschnitt neben den Kapitalerhaltungsvorschriften auch das Anfechtungsrecht und § 826 BGB zu untersuchen sein. Sodann
wird geprüft, ob für die Entwicklung einer Existenzvernichtungshaftung eine geeignete dogmatische Grundlage gefunden werden kann (2. Kapitel). In diesem Abschnitt sollen neben dem alten und neuen Haftungsmodell des BGH auch die zahlreichen in der Literatur vorgeschlagenen Haftungskonzepte dargestellt und bewertet
werden. Danach schließlich ist die Frage zu beantworten, ob die rechtsfortbildende
Entwicklung einer Existenzvernichtungshaftung auf der gefundenen dogmatischen
Grundlage methodologisch zulässig ist (3. Kapitel). In diesem Abschnitt wird zu
prüfen sein, ob die im 1. Kapitel dargestellten gesetzlichen Regelungen die Rechtsfolgen existenzvernichtender Eingriffe abschließend regeln oder ob sie Raum für die
Rechtfortbildung lassen. In den Schlussabschnitten der Untersuchung sind dann die
Tatbestandsvoraussetzungen (4. Kapitel), die Rechtsfolgen und die Durchsetzung
der Existenzvernichtungshaftung sowie deren Verhältnis zu anderen gläubigerschützenden Instituten (5. Kapitel) zu erörtern, bevor die Ergebnisse der hier entwickelten
Lösung denen der Haftungskonzepte des BGH nach der „KBV“-Entscheidung einerseits und dem „Trihotel“-Urteil andererseits gegenübergestellt und bewertet werden
(6. Kapitel).
30 Siehe die Rechtsprechungsnachweise in Fußnote 2.
31 Zutreffend Mülbert, DStR 2001, 1937, 1947; Ziemons, Die Haftung der Gesellschafter für
Einflussnahmen auf die Geschäftsführung der GmbH (1996), S. 117.
Chapter Preview
References
Zusammenfassung
Seit dem „Bremer Vulkan“-Urteil des BGH vom 17.09.2001 ist die Frage nach einer Gesellschafterhaftung für existenzvernichtende Eingriffe eines der meist diskutierten Probleme im GmbH-Recht. Während in den Stellungnahmen zu diesem Problemkreis zumeist ohne weiteres davon ausgegangen wird, dass das gesetzliche Schutzinstrumentarium zur Bewältigung der Folgen existenzvernichtender Eingriffe nicht ausreichend sei, setzt sich der Autor ausführlich mit diesen Instrumenten, insbesondere den Möglichkeiten des insolvenzrechtlichen Anfechtungsrechts, auseinander; er untersucht eingehend, ob die für die rechtsfortbildende Entwicklung einer solchen Haftung erforderliche planwidrige Gesetzeslücke vorliegt. Im Ergebnis hält er – ebenso wie die Rechtsprechung und die meisten Literaturstimmen – die Etablierung einer Existenzvernichtungshaftung für methodologisch zulässig und rechtspolitisch sinnvoll. Anders als der BGH, der die Existenzvernichtungshaftung zunächst als Durchgriffshaftung und später als besondere Fallgruppe des § 826 BGB eingeordnet hat, sieht der Verfasser die dogmatische Grundlage der Haftung aber in der mitgliedschaftlichen Sonderverbindung des Gesellschafters zur GmbH.