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Die Vergütung der einzelnen Mitglieder muss nicht gleich sein, sondern kann sich
auch nach der individuellen Beanspruchung richten.584 Auf diese Vergütung können
die Mitglieder des Ausschusses verzichten.585
E. Stellung des einzelnen Gläubigers im Verfahren
Anders als im Restschuldbefreiungs- und im Verbraucherinsolvenzverfahren, in denen es keine verfasste Gläubigerschaft gibt,586 nehmen die Gläubiger im Regelinsolvenzverfahren ihre Rechte insbesondere über die Gläubigerorgane wahr, während
die Rechte des einzelnen Gläubigers begrenzt sind. So stehen dem einzelnen Gläubiger keine Mitwirkungsrechte, sondern nur bestimmte Informations-, Antrags- und
Beschwerderechte zu. Einen gewissen Druck gegenüber dem Insolvenzverwalter oder dem Gläubigerausschuss kann der einzelne Gläubiger außerdem über die Androhung von Schadensersatz herstellen.
I. Informationsrechte
Will der einzelne Gläubiger sich in dem eröffneten587 Verfahren über bestimmte
Umstände informieren, ist er in erster Linie auf öffentliche Bekanntmachungen (vgl.
§ 9 InsO) und sein Akteneinsichtsrecht angewiesen. Denn der einzelne Gläubiger hat
grundsätzlich weder gegenüber dem Insolvenzverwalter588 noch gegenüber dem Gericht589 ein Auskunftsrecht.
Das Akteneinsichtsrecht in die Insolvenzakte ergibt sich aus § 4 InsO,
§ 299 ZPO.590 Es soll aber gewissen Beschränkungen unterliegen. Insbesondere sollen Protokolle des Gläubigerausschusses nicht eingesehen werden können.591 Au-
ßerdem sollen von dem Einsichtsrecht bestimmte Ausnahmen zu machen sein, wenn
etwa der Verfahrensweck dies rechtfertigt.592
584 Nowak, in: Kübler/Prütting (Hrsg.), InsO, § 73 RN 7.
585 Nowak, in: Kübler/Prütting (Hrsg.), InsO, § 73 RN 1.
586 Vgl. dazu Pape, Gläubigerbeteiligung, RN 49 f.
587 Zu Informationsrechten außerhalb des eröffneten Verfahrens, insbesondere in Bezug auf den
Eröffnungsantrag siehe Uhlenbruck, KTS 1989, 527 (529).
588 BGHZ 62, 1 (3); Pape, Gläubigerbeteiligung im Insolvenzverfahren, RN 253; Uhlenbruck,
KTS 1989, 527 (535).
589 BGHZ 62, 1 (3); Uhlenbruck, KTS 1989, 527 (535).
590 Vgl. dazu ausführlich LG Düsseldorf, ZIP 2007, 1388; Holzer, ZIP 1998, 1333 (1336); Runkel, in: Runkel (Hrsg.), Anwalts-Handbuch Insolvenzrecht, § 5 RN 118; Uhlenbruck, KTS
1989, 527 (531 ff.).
591 Frind, in: Schmidt (Hrsg.), Hamburger Kommentar-InsO, § 72 RN 6; Runkel, in: Runkel
(Hrsg.), Anwalts-Handbuch Insolvenzrecht, § 5 RN 237; Uhlenbruck, KTS 1989, 527 (537).
592 Vgl. Holzer, ZIP 1998, 1333 (1337); im Einzelnen Uhlenbruck, KTS 1989, 527 (536 f.).
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II. Schadensersatzansprüche
Der einzelne Gläubiger hat zwar auch die Möglichkeit, den Insolvenzverwalter
durch den Hinweis auf Schadensersatzansprüche gemäß § 60 InsO gemäß zu der
Vornahme einer bestimmten Handlung zu beeinflussen. Die tatsächliche Geltendmachung eines Gesamtschadens (etwa wenn der Insolvenzverwalter es unterlassen
hat, bestimmte Anfechtungsansprüche geltend zu machen) ist während des Verfahrens jedoch erschwert, da § 92 InsO bestimmt, dass der Anspruch nur von einem neu
bestellten Verwalter geltend gemacht werden kann.593
III. Antragsrechte
Eine aktive Mitgestaltung des Verfahrens ist dem einzelnen Gläubiger versagt. Sieht
man von einer Mitwirkung in den Gläubigergremien ab, kann er das Verfahren nur
über die ihm zustehenden Antragsrechte beeinflussen. Hier sind etwa das bereits
dargestellte Antragsrecht gemäß § 78 InsO594 oder das Antragsrecht auf Anordnung
der Nachtragsverteilung gemäß § 203 InsO zu nennen. In bestimmten Fällen wie etwa im Fall des § 58 InsO ist kein Antragsrecht des Gläubigers vorgesehen, da das
Gericht auch von Amts wegen tätig werden kann. Dann ist aber der Antrag eines
Gläubigers bzw. eine entsprechende Anregung gleichwohl möglich.595
IV. Beschwerderechte
In einzelnen Fällen hat der einzelne Gläubiger auch ein Beschwerderecht. Zu nennen
sind insbesondere das Beschwerderecht gegen die Versagung eines Insolvenzverwalters gemäß § 57 S. 4 InsO oder gegen die Ablehnung der Entlassung des Insolvenzverwalters gemäß § 57 Abs. 2 S. 2 InsO.
F. Zusammenfassung
Im deutschen Recht können die Gläubiger das Regelinsolvenzverfahren in erster Linie über die Gläubigerversammlung und über den fakultativen Gläubigerausschuss
beeinflussen. Entscheidungen der Gläubigerversammlung sind – innerhalb des gesetzlichen Kompetenzkatalogs – für den Insolvenzverwalter bindend. Der Verfolgung von Sonderinteressen wird in der Gläubigerversammlung durch die Aufhebungsmöglichkeit nach § 78 InsO und Stimmverbote begegnet.
593 Vgl. dazu Pape, NZI 2006, 65 (66), der von einer „faktischen Sperre“ spricht.
594 Siehe dazu oben S. 66 ff.
595 Vgl. Frind, ZInsO 2006, 182 (184); Uhlenbruck, InsO, § 58 RN 12.
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References
Zusammenfassung
Die umfassende Gläubigerbeteiligung hat eine lange Tradition im deutschen Insolvenzrecht. In der Praxis beteiligen sich die Gläubiger jedoch häufig nicht. Dieser Umstand und unausgewogene Entscheidungen der Gläubiger können das Verfahrensziel, die bestmögliche Befriedigung der Gläubiger, gefährden. Die Untersuchung vergleicht die Gläubigerbeteiligung nach der deutschen Insolvenzordnung mit der durch das decreto legislativo 9 gennaio 2006, n. 5 und das decreto legislativo 12 Settembre 2007, n. 169 reformierten legge fallimentare. Die Arbeit erörtert umfassend aktuelle juristische Fragen. Der rechtsvergleichende Teil bezieht Ansätze der ökonomischen Analyse des Rechts und der Verhaltensökonomik ein, um konkrete Änderungsvorschläge zu erarbeiten.