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B. Zusammenfassung
Zum gegenwärtigen Zeitpunkt gewähren alle Gemeindeordnungen439 den Gemeinden die Möglichkeit einer wirtschaftlichen Betätigung im Bereich der Energieversorgung. Beachtet werden muss jedoch, dass in mehr als der Hälfte der Bundesländer die Legitimation auf dem nur eingeschränkt überprüfbaren Beurteilungsspielraum der Gemeinden beruht. Aufgrund der vielfältigen Veränderungen im Bereich
der Energieversorgung ist die Prognoseentscheidung zum gegenwärtigen Zeitpunkt
begründet, dass die Gemeinden die öffentliche Aufgabe der Versorgung mit Energie
genauso wirtschaftlich und mit gleicher Güte wie ein Privater erfüllen können. Denn
zu berücksichtigen ist, dass die privaten Anbieter sich auf dem Markt der lokalen
Energieversorgung erst etablieren müssen. Für sie fallen Markteintrittskosten440 an,
die sich auf die Wirtschaftlichkeit des Unternehmens auswirken können.
Probleme wird allerdings in der Zukunft die Verknüpfung der Merkmale „Güte
und Wirtschaftlichkeit“ bringen. Denn diese Tatbestandsmerkmale sind in den Gemeindeordnungen auf eine Stufe gestellt. Wird mithin auch nur eines der beiden
Merkmale nicht erfüllt, greift der Subsidiaritätsgrundsatz ein. Die Bilanzen und
nicht zuletzt der verlangte Preis der auf einem Markt tätigen Unternehmen werden
zeigen, ob private Unternehmen wirtschaftlicher agieren als die kommunalen Energieversorger. Von diesem an Zeitpunkt verliert nach den jetzt geltenden gesetzlichen
Regelungen ein konkurrierendes kommunales Energieversorgungsunternehmen
seine Legitimation, weiter am Markt als Wettbewerber aufzutreten. Der Hinweis auf
die Sicherheit der Versorgung mit Energie genügt nicht, um ein weiteres Auftreten
zu rechtfertigen. Der Gesetzgeber hat die Wirtschaftlichkeit mit der Güte der Versorgung auf eine Stufe gestellt. Die öffentliche Hand soll daran gehindert werden,
Steuergelder für ein Unternehmen auszugeben, das im Vergleich zu seinen unmittelbaren Konkurrenten unwirtschaftlich agiert. Die Regelungen zur Grundversorgung
werden zeigen, ob diese Entscheidung des Gesetzgebers nicht zu Lasten der Versorgungssicherheit geht.
Die Gemeindeordnungen bieten daher gegenwärtig noch eine Grundlage für ein
Tätigwerden von Gemeinden in der Energieversorgung. Ungeändert werden die
Regelungen jedoch dazu führen, dass mittelfristig kommunale Energieversorger
selbst auf ihrem Gemeindegebiet nicht mehr in Konkurrenz mit privaten Unternehmen auftreten dürfen. Ein unverfälschter Wettbewerb ist aufgrund des Örtlichkeitsgrundsatzes nicht möglich.
439 § 102 Abs. 1 Nr. 3 GemO BaWü; § 71 Abs. 1 Nr. 4 ThürGO; Art. 87 Abs. 1 S. 1 Nr. 4 Bay-
GO; § 107 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 GO NRW; § 116 Abs. 2 i.V.m. Abs. 1 GO LSA; § 101 Abs. 1
Nr. 3 GO SH; § 97 Abs. 1 S.1 Nr. 3 SächsGemO; § 68 Abs. 1 GO MV; § 108 Abs. 1 NGO; §
85 Abs. 1 GO RP; § 108 Abs. 1 KSVG; § 100 Abs. 2, 3 BbgGO; § 121 Abs. 1 HGO.
440 Werbung, Infrastrukturaufbau, Personalaufbau etc. belasten die Wirtschaftlichkeit dieser
Unternehmen.
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References
Zusammenfassung
Die herausfordernde Aufgabe, den Energiemarkt zu liberalisieren und dem Wettbewerb zu öffnen, hat die kommunalen Energieversorger in Deutschland, die historisch bedingt über Jahrzehnte gewachsen sind, kaum berücksichtigt. Viele Stadtwerke bewegen sich mit Ihren Mitteln, wettbewerbsfähig zu bleiben, in einer juristischen Grauzone zwischen Wettbewerbspostulat und kommunalrechtlichen Beschränkungen. Hier besteht politischer Handlungsbedarf, wobei u.a. die Bedeutung der Stadtwerke für die lokale soziale Infrastruktur mit dem Erreichen eines unverfälschten Energiemarktes abgewogen werden muss. Geraten kommunale EVU neben oder sogar aufgrund dieser „Legitimationskrise“ in eine wirtschaftliche Schieflage, so ist fraglich, ob und wie eine staatliche Rettung in Betracht kommt.
Die Verantwortung des Staates ist in der Zeit einer der schwersten Finanzkrisen der Weltwirtschaft ein hoch umstrittenes Thema. Zu berücksichtigen ist, dass es der Staat ist, der eine sichere Energieversorgung garantieren muss, wobei Grundversorgung und sozialstaatliche Verantwortung mit dem europäischen Beihilfenrecht zu vereinbaren sind. Die Arbeit regt an, die Entwicklungen in der kommunalen Energiewirtschaft zu überdenken.