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3. Begrenzungsmöglichkeit
Das Recht auf Vorkehrungen kann bereits gesetzlich beschränkt werden. Dazu wäre
den jeweils vorgeschlagenen Regelungen folgender weiterer Satz hinzuzufügen:
Eine Vorkehrung ist dann nicht mehr angemessen und erforderlich, wenn sie zu einer übermä-
ßigen Belastung führt oder einen Verzicht auf eine wesentliche und entscheidende Anforderung bedeutet.
Alternativ könnte man die Herausarbeitung der genauen Begrenzungen des Rechts
auf angemessene Vorkehrungen aber auch der Rechtsprechung im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung überlassen, in der die Interessen des Arbeitgebers ohnehin
zu berücksichtigen sind.
C. Schlusswort
Die Forderung nach einem Paradigmenwechsel der Behindertenpolitik nach U.S.amerikanischem Vorbild hat entscheidende Impulse gesetzt. Politik und Gesellschaft
konnten für die komplexen Probleme von Menschen mit Behinderung sensibilisiert
werden. Die gefestigten Erfahrungen mit dem Antidiskriminierungsrecht in den
Vereinigten Staaten von Amerika sowie zahlreiche Neuerungen im Gemeinschaftsrecht und dem nationalen Recht der Bundesrepublik Deutschland stellen die Behindertenpolitik jedoch vor neue Herausforderungen. Der Paradigmenwechsel als
Kampfbegriff hat ausgedient. Jetzt muss es um eine konzeptionell stimmige Paradigmenerweiterung gehen, die einerseits die starke Tradition des Rehabilitationsund Schwerbehindertenrechts in Deutschland intakt lässt, andererseits aber das
Recht auf angemessene Vorkehrungen passgenau in das Antidiskriminierungsrecht
integriert. Beide Rechtsgebiete sind also im Sinne einer umfassenden Behinderungspolitik gemeinsam weiterzuentwickeln.
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References
Zusammenfassung
Die Untersuchung geht der Frage nach, wie sich gleichheitsrechtlich geprägtes, modernes Antidiskriminierungsrecht für Menschen mit Behinderung und das traditionell sozialrechtlich geprägte Recht der beruflichen Rehabilitation zueinander verhalten. Als Vorbild eines speziellen antidiskriminierungsrechtlichen Regulierungsmodells zur verbesserten beruflichen Integration von Behinderten werden immer wieder die USA genannt, wo man seit den 1970er Jahren Erfahrungen mit diesem Ansatz sammeln konnte.
Eine umfassende Analyse der historischen Entwicklung sowie der gesellschaftspolitischen und verfassungsrechtlichen Grundannahmen des U.S.-amerikanischen Sozialsystems macht jedoch deutlich, dass das Antidiskriminierungsrecht dort häufig nur als Lückenbüßer dient.
Dieser Befund kann nicht ohne Konsequenz für das sozialstaatlich beeinflusste deutsche Rechtssystem sein. Zwar liefert der Rechtsvergleich mit den USA wichtige Anhaltspunkte für ein vertieftes Verständnis der europäischen antidiskriminierungsrechtlichen Vorgaben insbesondere für das Merkmal Behinderung. Allerdings werden auch die Grenzen dieses Ansatzes gegenüber der klassischen beruflichen Rehabilitation deutlich.
Die Arbeit wurde mit dem Zarnekow-Förderpreis 2009 ausgezeichnet.