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4. Kapitel: Aus welchen sozialrechtlichen und -politischen
Gegebenheiten heraus hat sich das Antidiskriminierungsrecht
für Menschen mit Behinderung entwickelt?
A. Recht auf berufliche Rehabilitation
Das gegenüber dem Antidiskriminierungsrecht traditionsreichere Vehikel, Menschen mit Behinderung mehr Teilhabe zu ermöglichen, sind direkt an die öffentliche
Hand oder an private Versicherer im Rahmen einer Pflichtversicherung gerichtete
Ansprüche auf Rehabilitationsleistungen. Um die Frage nach einer kompensatorischen Funktion des Diskriminierungsschutzes beantworten zu können, soll also
zunächst untersucht werden, auf welchem rehabilitationsrechtlichen Boden das jeweilige Antidiskriminierungsrecht gewachsen ist. Es wurde aufgezeigt, dass das
Arbeitsrecht praktisch wichtigstes Anwendungsgebiet des Antidiskriminierungsrechts ist. Daher soll als Gegenstück besonders die rechtliche Ausgestaltung der
beruflichen Rehabilitation in den Blick genommen werden.
I. Allgemeines Begriffsverständnis
Bevor die beiden Vergleichsrechtsordnungen auf ihre Regelungen der beruflichen
Rehabilitation hin untersucht werden, steht vorab eine kurze begriffliche Erläuterung.
1. Rehabilitation allgemein
Rehabilitation ist ein im Deutschen wie im Englischen bekannter Begriff mit einem
weiten Bedeutungsfeld, der sich einer klar umrissenen, kurzen Definition entzieht.
Für den Kontext dieser Untersuchung sind zwei Dinge zentral: Zum einen muss der
Begriff Rehabilitation eine spezifische Abgrenzungsfunktion zu Maßnahmen des
Antidiskriminierungsrechts haben. Zum anderen muss Rehabilitation zum Zwecke
der Rechtsvergleichung ein möglichst universelles Konzept bezeichnen. Nach einer
beispielhaften Darstellung der Wirkungsweise von Rehabilitation soll der Begriff
auf die beiden genannten Funktionen hin überprüft werden.
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a) Dreifache Wirkungsweise von Rehabilitationsmaßnahmen
Rehabilitation ist ein feststehender Begriff sowohl des deutschen als auch des U.S.amerikanischen Sozialrechts und bezeichnet dort in erster Linie ein umfassendes
Reaktionskonzept auf den Lebenssachverhalt Behinderung mit sozialrechtlichen
(leistungsrechtlichen) Mitteln564. Das bedeutet, dass eine Maßnahme der Rehabilitation immer beim einzelnen Menschen mit Behinderung ansetzt. Denkbar sind drei
Ansatzpunkte: Erstens kann man die zugrunde liegende Schädigung bessern, zweitens kann man die eingeschränkte Aktivität erleichtern und drittens kann man die
gestörte Partizipation an der „Normalgesellschaft“ wiederherstellen565. Der erste
Ansatzpunkt ist vor allem bei Maßnahmen der medizinischen Rehabilitation zentral,
die durch eine Therapie der körperlichen oder psychischen Störung, die zur Schädigung geführt hat, der Behinderung gleichsam den Boden entziehen möchte. Beispielhaft seien hier Physiotherapie und Krankengymnastik nach einem mittlerweile
verheilten Beinbruch genannt, um dem in seiner Gehfähigkeit weiterhin eingeschränkten Betroffenen wieder zur vollständigen Gehkraft zu verhelfen. Der zweite
Ansatzpunkt lässt dagegen die Schädigung bestehen, hilft dem Geschädigten aber
dabei, die eingeschränkte Aktivität trotzdem wieder aufnehmen zu können. Im gerade gebildeten Beispiel wäre eine entsprechende Rehabilitationsmaßnahme die Ausstattung des Gehgeschädigten mit einer Gehilfe wie Krücken, Rollator oder – bei
weitreichender Gehunfähigkeit – sogar mit einem Rollstuhl. Hier handelt es sich um
eine Maßnahme im Übergang von medizinischer zu beruflicher oder allgemein gesellschaftlicher Rehabilitation. Ziel ist zum einen der Ausgleich einer Schädigung,
zum anderen aber auch die Sicherung einer weiteren Teilnahme am beruflichen und
gesellschaftlichen Leben durch Kompensation der Aktivitätseinschränkung. Der
dritte Ansatzpunkt „Wiederherstellung der Partizipation“ steht im fließenden Übergang zur gerade beschriebenen Aktivitätshilfe, ist aber seinem Anspruch nach viel
umfassender. Rehabilitationsmaßnahmen, die auf Partizipation oder Teilhabe abzielen, müssen den Rehabilitanden in seinem konkreten Lebens- und Berufskontext
erfassen und gezielt darauf zugeschnitten sein. Trifft die Gehschädigung beispielsweise einen Kellner, so ist als berufliche Rehabilitation bei entsprechender Neigung
eine Umschulung zum kaufmännischen Sachbearbeiter oder einem anderen primär
im Sitzen auszuübenden Beruf denkbar. Trifft die Gehschädigung hingegen einen
Rechtsanwalt so ist etwa an eine Arbeitsassistenz zwecks Literaturbeschaffung, ein
behindertengerecht ausgestattetes Auto zur Wahrnehmung von Außenterminen etc.
zu denken.
564 Welti, Behinderung, 2005, S. 128 ff.
565 Zum dreigliedrigen Behinderungsbegriff oben S. 50 ff.
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b) Abgrenzung zum Antidiskriminierungsrecht
Die Beispiele verdeutlichen, dass sozialrechtliche Rehabilitation eine konkrete und
direkte Nachteilskompensation zugunsten des einzelnen ist, die am betroffenen Individuum selber ansetzt. Antidiskriminierungsrecht für Menschen mit Behinderung
hat hingegen zum Ziel, eine Inklusion dieser Gruppe in Berufsleben und Gesellschaft dadurch zu erreichen, dass auf eine Verhaltensänderung anderer Teilnehmer
am Rechtsverkehr hingewirkt wird. Instrument dafür ist das Verbot der benachteiligenden Ungleichbehandlung wegen einer Behinderung, das aber – zumindest in der
U.S.-amerikanischen Rechtsordnung und auch nach dem Verständnis der europäischen Rahmenrichtlinie zum Antidiskriminierungsrecht – bei dem Merkmal Behinderung den Anspruch auf angemessene Vorkehrungen als Ausgleich für die konkrete
Funktionsbeeinträchtigung umfassen muss. Dieser Anspruch zielt zwar ebenfalls auf
eine konkrete und direkte Nachteilskompensation ab, setzt aber nicht bei Schädigung und Aktivitätsbeeinträchtigung, sondern bei den umweltbedingten Kontextfaktoren an. Menschen mit Behinderung sollen mit Hilfe des Antidiskriminierungsrechts die Hindernisse aus dem Weg räumen können, die ihnen andere Rechtsteilnehmer durch ihre stereotyp geprägte Einstellung und Errichtung einer Umwelt
voller Barrieren in den Weg legen, um so zu einer ungehinderten Entfaltung ihres
Potentials und einer gleichen Wettbewerbsteilnahme zu gelangen.
Damit ist das Diskriminierungsverbot wegen einer Behinderung gegenüber sozialrechtlichen Rehabilitationsansprüchen einerseits enger, weil es nur über eine Einwirkung auf Kontextfaktoren eine bessere Partizipation erreichen möchte. Andererseits ist es weiter, weil es nicht nur die Beziehung eines einzelnen Menschen mit
einer Behinderung gegenüber einem in der Regel staatlichen Rehabilitationsträger
regelt, sondern potenziell alle Rechtsteilnehmer in die Pflicht nimmt. Trotz einer
ähnlichen Zielsetzung beider Rechtsbereiche, die eine Eingliederung von Menschen
mit Behinderung in die Gesellschaft erreichen wollen, lassen sie sich also präzise
voneinander unterscheiden.
c) Internationales Verständnis
Rehabilitation ist mittlerweile ein international gebräuchlicher Begriff des Sozialrechts. Die Definition in den Standard Rules on the Equalization of Opportunities
for Persons with Disabilities566 der Generalversammlung der Vereinten Nationen
aus dem Jahre 1993 lautet:
„Unter ‘Rehabilitation’ versteht man einen Prozess, der darauf abzielt, Behinderte zu befähigen, ihre optimale körperliche, sensorische, geistige, psychische und/oder soziale Leistungsfähigkeit zu erreichen und zu erhalten, und ihnen so die Mittel an die Hand zu geben, ihr Leben
zu verändern und ein größeres Maß an Unabhängigkeit zu erreichen. Die Rehabilitation kann
566 Rahmenbedingungen für die Herstellung der Chancengleichheit für Behinderte, Resolution
48/96 v. 20.12.1993; oben S. 29.
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Maßnahmen zur Nachbildung und/oder Wiederherstellung einer Funktion oder zur Kompensation einer verlorengegangenen oder fehlenden Funktion oder einer Funktionseinschränkung
umfassen. Die medizinische Erstversorgung ist nicht Teil des Rehabilitationsprozesses. Er umfasst eine breite Palette von Maßnahmen und Aktivitäten, die von grundlegenderen und allgemeinen Rehabilitationsmaßnahmen bis hin zu zielgerichteten Aktivitäten reichen, wie beispielsweise die berufliche Rehabilitation.“
Damit bezeichnet der Begriff Rehabilitation mit ausreichender Klarheit ein universelles sozialpolitisches Konzept. Für die Rechtsvergleichung mit den USA ist der
Begriff deshalb besonders brauchbar, weil er im englischsprachigen Raum deutlich
eher Fuß fassen konnte als in Deutschland. So ist er bereits im Jahre 1918 mit dem
zentralen U.S.-amerikanischen Gesetz zur beruflichen Wiedereingliederung der
Heimkehrer aus dem 1. Weltkrieg, dem Smith-Sears-Act, verbunden, das auch als
Veterans’ Rehabilitation Act bekannt ist567. Über das Englische ist der Begriff Rehabilitation nach dem zweiten Weltkrieg auch in Deutschland üblich geworden568. Die
bundesdeutsche Gesetzessprache öffnete sich hingegen nur allmählich der Bezeichnung Rehabilitation und bevorzugt Begriffe wie „Heilverfahren“, „Berufshilfe“ und
„Eingliederungshilfe“569. 1961 taucht Rehabilitation erstmalig im Gesetz zur Änderung des Schwerbeschädigtengesetzes auf; im Jahr 1974 wurde Rehabilitation mit
dem Gesetz über die Angleichung der Leistungen zur Rehabilitation (RehaAnglG)570
zum übergreifenden Gesetzesbegriff571. Seit neuerer Zeit ist die Begrifflichkeit wieder in Fluss geraten, was schon am Titel des SGB IX „Rehabilitation und Teilhabe
behinderter Menschen“ zu erkennen ist und sogleich im Zusammenhang mit der
beruflichen Rehabilitation erörtert wird.
2. Berufliche Rehabilitation allgemein
Bei der beruflichen Rehabilitation geht es in den Worten des § 33 I SGB IX darum,
die Erwerbsfähigkeit behinderter oder von Behinderung bedrohter Menschen entsprechend ihrer Leistungsfähigkeit zu erhalten, zu verbessern, herzustellen oder
wiederherzustellen und ihre Teilhabe am Arbeitsleben möglichst auf Dauer zu sichern. Das zentrale Bundesgesetz der USA zur Rehabilitation Behinderter, der Rehabilitation Act of 1973, hat sich zum Ziel gesetzt, Menschen mit Behinderungen zu
einer maximalen Teilnahme am Berufsleben zu befähigen572. Diesem Ziel entsprechend ist die berufliche Rehabilitation ein komplexer Prozess, der jeden Behinderten
in seinem persönlichen und beruflichen Kontext erfassen muss, um eine individuelle
567 Scotch, in: Longmore/Umansky, Disability History, 2001, S. 375, 381; vgl. auch Welti,
Behinderung, 2005, S. 120 – dort als Vocational Rehabilitation Act bezeichnet.
568 Welti, Behinderung, 2005, S. 121.
569 Welti, a.a.O.
570 BGBl. I 1974, 1881 v. 7.8.1974.
571 Welti, Behinderung, 2005, S. 122 f.
572 29 U.S.C. § 701(b)(1): „…to empower individuals with disabilities to maximize employment…”.
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Strategie für seine Integration in den Arbeitsmarkt oder seine Teilhabe am Arbeitsleben in einer anderen Form (etwa in Werkstätten für behinderte Menschen) zu entwickeln. Die Leistungen der beruflichen Rehabilitation setzen – wie gerade beispielhaft verdeutlicht – weniger auf Ebene der Schädigung, sondern vielmehr bei der
Aktivitäts- und Partizipationseinschränkung durch die Behinderung an. Das Leistungsspektrum ist dementsprechend überaus vielfältig; es umfasst Hilfe bei der Arbeitsplatzvermittlung, Aus-, Fort- und Weiterbildungsmaßnahmen, Arbeits- und
Mobilitätshilfen aller Art einschließlich persönlicher Assistenz, therapeutische Maßnahmen, Übernahme von behinderungsbedingten Mehrkosten etc573.
3. Neue begriffliche Differenzierung im deutschen Recht
Der Terminus berufliche Rehabilitation ist also in beiden Rechtsordnungen sowohl
im allgemeinsprachlichen Verständnis als auch in der Fachliteratur ausreichend klar
konturiert, so dass man meinen könnte, ein geeigneter Oberbegriff sei gefunden
worden. Der bundesdeutsche Gesetzgeber geht seit neuerer Zeit hingegen einen
anderen Weg, indem er im SGB IX der Rehabilitation den Begriff Teilhabe zur Seite
gestellt hat. Damit soll in zweierlei Hinsicht eine genauere begriffliche Differenzierung bewirkt werden. Zum einen bezeichnet Teilhabe das Ziel einer jeden Rehabilitation, während der Terminus Rehabilitation nunmehr für die am Rehabilitationsprozess beteiligten Institutionen und die angewendeten Mittel verwendet wird574. Zum
zweiten unterscheidet das SGB IX bei den einzelnen Leistungen – also den Mitteln
der Rehabilitation – zwischen Leistungen zur Rehabilitation und Leistungen zur
Teilhabe. Erstere setzen bei der Schädigung an und sind somit primär Leistungen
zur medizinischen Rehabilitation, §§ 26 ff. SGB IX. Letztere setzen dagegen bei der
Aktivitäts- und Partizipationseinschränkung und damit bei den Kontextfaktoren an,
die mit der Schädigung in Wechselwirkung stehen und erst das Gesamtbild der individuellen Behinderung zu Tage treten lassen575. Daher heißen Leistungen zur beruflichen Rehabilitation im heutigen Sozialrecht Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben, §§ 33 ff. SGB IX, §§ 97 ff. SGB III, §§ 9 ff. SGB VI, § 26 SGB VII. Die Erbringer dieser Leistungen werden allerdings nach wie vor als Rehabilitationsträger
und nicht etwa als Träger der Leistungen zur Teilhabe bezeichnet, vgl. § 6 SGB IX.
Der Erkenntniswert in der Sache ist durch diese neuerliche begriffliche Ausdifferenzierung nicht gestiegen. Abgrenzungsprobleme, die dadurch möglicherweise
vermieden werden sollten, sind bestehen geblieben, da eine klare Trennlinie zwischen Leistungen der medizinischen und der beruflichen Rehabilitation weiterhin
nicht gezogen werden kann576. Ausweislich der Gesetzesbegründung soll diese neue
Begrifflichkeit an das von der Weltgesundheitsorganisation in der ICF zugrunde
573 Vgl. § 33 III, VI –VIII SGB IX; 29 U.S.C. § 723.
574 Welti, Behinderung, 2005, S. 129.
575 Vgl. Welti, a.a.O.
576 Welti, Behinderung, 2005, S. 160.
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gelegte „Partizipationsmodell“ anknüpfen577. Allerdings dient die ICF – wie bereits
oben beschrieben578 – vor allem der begrifflichen Klarheit bei der Beschreibung von
Gesundheitszuständen. Konkrete sozialpolitische Konzepte sind dieser Klassifikation hingegen nicht zu entnehmen, so dass eine begriffliche Anlehnung des deutschen
Sozialrechts an die ICF sicher gut möglich ist, aber keineswegs zwingend war. Daher soll im Rahmen dieser Untersuchung weiterhin der Terminus berufliche Rehabilitation als zentraler Oberbegriff für alle Aspekte dieses Prozesses verwendet werden.
II. Berufliche Rehabilitation im deutschen Sozialrecht
Das vom sozialen Staatsziel durchdrungene deutsche System ist bei der Ausgestaltung der beruflichen Rehabilitation dem Prinzip der Bedarfsgerechtigkeit verpflichtet579. Das bedeutet, dass jeder Mensch mit bereits manifester oder erst drohender
Behinderung, der noch rehabilitationsfähig ist, auch Leistungen zur beruflichen
Rehabilitation erhalten kann. Die Entwicklung der verschiedenen Ansprüche auf
Leistungen zur beruflichen Rehabilitation im gegliederten deutschen Sozialrecht zu
einem aus Empfängersicht weitgehend einheitlichen „Recht auf Rehabilitation“ soll
im Folgenden besprochen werden.
1. Geschichte
Deutschland kann auf eine recht lange Tradition staatlicher Leistungen zur beruflichen Rehabilitation zurückblicken. In Ansätzen waren solche Leistungen bereits
Bestandteil der Sozialversicherungen unter Bismarck, namentlich der gesetzlichen
Unfallversicherung von 1884 und der gesetzlichen Invalidenversicherung von
1889580. Zentrale gesellschaftliche und sozialpolitische Bedeutung erlangte die berufliche Rehabilitation in der Zeit während und nach dem 1. Weltkrieg, als die Integration der Kriegsverletzten in den Arbeitsmarkt bewerkstelligt werden musste581.
Die damaligen Gesetze waren überwiegend nach dem Kausalprinzip582 ausgestaltet
und gewährten nur solchen Personen Leistungen, die kriegsbedingt Schädigungen
erlitten hatten. Allerdings gab es auch Ansätze einer allgemeinen beruflichen Reha-
577 BT-Drs. 14/5074 v. 16.01.2001, S. 94.
578 Oben S. 50 ff.
579 Welti, Behinderung, 2005, S. 288 ff.; zu den unterschiedlichen Ausprägungen Eichenhofer,
Sozialrecht, 6. Aufl. 2007, Rn. 10.
580 Neumann, in: ders., Handbuch SGB IX, 2004, § 1 Rn. 3; Welti, Behinderung, 2005, S. 205.
581 Schimanski, in: GK-SGB IX, Einl. Rn. 56 ff., Stand Mai 2002; Stolleis, Geschichte, S. 123;
Welti, Behinderung, 2005, S. 211 ff.
582 Allgemein Eichenhofer, Sozialrecht, 6. Aufl. 2007, Rn. 174; Waltermann, Sozialrecht,
7. Aufl. 2008, Rn. 66.
Chapter Preview
References
Zusammenfassung
Die Untersuchung geht der Frage nach, wie sich gleichheitsrechtlich geprägtes, modernes Antidiskriminierungsrecht für Menschen mit Behinderung und das traditionell sozialrechtlich geprägte Recht der beruflichen Rehabilitation zueinander verhalten. Als Vorbild eines speziellen antidiskriminierungsrechtlichen Regulierungsmodells zur verbesserten beruflichen Integration von Behinderten werden immer wieder die USA genannt, wo man seit den 1970er Jahren Erfahrungen mit diesem Ansatz sammeln konnte.
Eine umfassende Analyse der historischen Entwicklung sowie der gesellschaftspolitischen und verfassungsrechtlichen Grundannahmen des U.S.-amerikanischen Sozialsystems macht jedoch deutlich, dass das Antidiskriminierungsrecht dort häufig nur als Lückenbüßer dient.
Dieser Befund kann nicht ohne Konsequenz für das sozialstaatlich beeinflusste deutsche Rechtssystem sein. Zwar liefert der Rechtsvergleich mit den USA wichtige Anhaltspunkte für ein vertieftes Verständnis der europäischen antidiskriminierungsrechtlichen Vorgaben insbesondere für das Merkmal Behinderung. Allerdings werden auch die Grenzen dieses Ansatzes gegenüber der klassischen beruflichen Rehabilitation deutlich.
Die Arbeit wurde mit dem Zarnekow-Förderpreis 2009 ausgezeichnet.