85
letztgenannten Voraussetzung kommt zum Ausdruck, dass gerade der von der
Mehrheitskultur differenten Identität in herabsetzender Weise begegnet werden
muss – es geht darum, der mit der Belästigung einhergehenden sozialen Ausgrenzung zu begegnen276. Plausibel wird dieser Zusammenhang am folgenden Beispiel:
Ein gehbehinderter Mitarbeiter ist täglich Anfeindungen ausgesetzt – etwa bezeichnen ihn die Kollegen als „Krüppel“ oder „Humpelbein“. Auch wenn ein neu eingestellter weiterer behinderter Mitarbeiter nicht direkt angegriffen würde, so fände er
doch eine feindliche Umgebung vor, die sich gerade gegen seine Behinderung richtet. Damit ist die Belästigung des ersten Mitarbeiters ein Verstoß gegen das „Recht
auf Nichtberücksichtigung der Differenz“ des zweiten Mitarbeiters und damit auch
im Sinne des Antidiskriminierungsrechts relevant.
Die Einordnung der Belästigung in einen antidiskriminierungsrechtlichen Kontext
bedeutet für das deutsche Verständnis Neuland, so dass Einzelheiten wohl auch auf
längere Sicht Rechtswissenschaft und -praxis beschäftigen dürften277.
III. Recht auf Berücksichtigung der Differenz
Zielt modernes Antidiskriminierungsrecht darauf ab, möglichst vielen Identitäten
und Lebensformen Entfaltungsraum zu verschaffen, dann genügt ein bloßes „Recht
auf Nichtberücksichtigung der Differenz“ nicht zur Erreichung dieses Zweckes.
Vielmehr muss das Antidiskriminierungsrecht auch eine aktivierende Komponente
enthalten, eben ein „Recht auf Berücksichtigung der Differenz“278. Wie es bereits in
der Formulierung zum Ausdruck kommt, löst sich dieses Recht von einer primär
abwehrrechtlichen Sichtweise. Insofern kann es auch nicht mehr in den Dunstkreis
des formalen Gleichheitsverständnisses fallen.
Das „Recht auf Berücksichtigung der Differenz“ will strukturell benachteiligten
Gruppen durch positive Maßnahmen zu einer verbesserten Teilnahme an der Mehrheitskultur verhelfen und dadurch gleichzeitig die Integrationskraft der Mehrheitskultur erhöhen279. Vor allem zwei Mechanismen werden in der antidiskriminierungsrechtlichen Debatte diskutiert und sollen kurz vorgestellt werden: zum einen die
276 Baer, ZRP 2001, 500, 502 – Diesen Zusammenhang verkennt Däubler, ZfA 37 (2006), 479,
489.
277 Zu dieser Einschätzung gibt auch die Situation in den USA Anlass, wo harassment-Klagen
unter Title VII des Civil Rights Act of 1964 Rechtsprechung und Rechtswissenschaft seit
mehr als 20 Jahren ungebrochen beschäftigen, dazu nur Ehrenreich, 88 GEOLJ (1999), 1 ff.
278 Nickel, Gleichheit und Differenz, 1999, S. 56 ff.
279 Die Ergänzung der Antidiskriminierungsdebatte um die Perspektive des „Rechts auf Berücksichtigung der Differenz“ hat nicht nur theoretischen Wert, sondern begegnet auch den praktischen Schwierigkeiten, welche die Beschränkung auf das im Kern abwehrrechtliche „Recht
auf Nichtberücksichtigung der Differenz“ mit sich bringt. Deutlich wird dies an der Konsequenz, dass mit Hilfe des Verbots mittelbarer Diskriminierung in der Regel nur Teile von
komplexen Regelungssystemen abgewehrt bzw. „herausgeschossen“ werden können, so dass
„Patchwork“-Systeme entstehen, die niemand so gewollt hat, Kocher, RdA 2002, 167, 170;
Winter, Gleiches Entgelt, 1998, S. 286.
86
sogenannte umgekehrte Diskriminierung (reverse discrimination), die anhand von
Quotenregelungen beschrieben werden soll; zum anderen die Erweiterung des herkömmlichen Antidiskriminierungsrechts um ein Recht auf Vorkehrungen (accommodations).
1. Umgekehrte Diskriminierung durch Quotenregelungen
Quotenregelungen (in den USA gemeinhin als affirmative action bezeichnet280)
zielen auf eine proportionale Repräsentation unterschiedlicher Gruppen von Merkmalsträgern281. Auf diese Weise können Mitglieder aller Gruppen auf die Berücksichtigung ihrer Identitäten und Lebensformen in der Mehrheitskultur hinwirken. In
den USA ist dieser Ansatz vor allem im Zusammenhang mit der Bekämpfung der
Rassendiskriminierung wichtig. Durch die Bevorzugung von Bewerbern rassischer
Minderheiten soll historisches Unrecht, insbesondere die Folgen der Sklaverei, wieder gutgemacht werden282. In Deutschland wird vor allem die Zulässigkeit von
Frauenquoten im öffentlichen Dienst diskutiert283.
Die Verpflichtung staatlicher oder privater Akteure, bestimmte Gruppen bei Einstellung, Studienplatzvergabe, Auftragsvergabe etc. nach einer festgesetzten Quote
zu berücksichtigen, stellt natürlich eine eklatante Durchbrechung des Prinzips der
formalen Rechtsgleichheit dar. Mehr noch, Quoten knüpfen gerade an bestimmte
Unterscheidungsmerkmale an, was sie zu einem Verstoß gegen das Verbot der unmittelbaren Benachteiligung macht. Dementsprechend müssen sie sich einer strengen Rechtfertigung unterziehen. Rechtswissenschaft und Gerichte behelfen sich mit
unterschiedlichen Argumenten, um affirmative Fördermaßnahmen zugunsten von
Angehörigen strukturell benachteiligter Gruppen teilweise für zulässig zu erachten.
Letztlich ist anerkannt, dass das Prinzip der faktischen Gleichheit in bestimmtem
Maße das Prinzip der formalen Rechtsgleichheit auch im Rahmen besonderer
Gleichheitssätze durchbrechen kann, wenn es um die Beseitigung lang bestehender
Verhaltensweisen mit diskriminierendem Effekt geht284. In Deutschland wird bei
280 Affirmative action hat ein weites Bedeutungsfeld und kann jegliche Fördermaßnahme zugunsten einer Minderheit bezeichnen, vgl. Suerbaum, Der Staat 28 (1989), 419, 421 f.; auch unten
S. 95 f.
281 Vgl. Fredman, Discrimination Law, 2002, S. 153 ff.; Schubert, Affirmative Action, 2003,
S. 306.
282 Sacksofsky, Grundrecht auf Gleichberechtigung, 2. Aufl. 1996, S. 231 ff.; zur Verbreitung
von affirmative action in Staat, Gesellschaft und privatem Rechtsverkehr der USA Schubert,
Affirmative Action, 2003, S. 124 f.
283 Aus den zahlreichen Monographien und Aufsätzen nur Maidowski, Umgekehrte Diskriminierung, 1989; Döring, Frauenquoten und Verfassungsrecht, 1996; Sachs, NJW 1989, 553.
284 Der Supreme Court fordert für die Rechtfertigung ein compelling state interest. Anerkannt
sind ethnic diversity an Universitäten – Regents of the University of California v. Allan Bakke, 438 U.S. 265 (1978), 314 u. 539;Grutter v. Bollinger, 539 U.S. 306 (2003), 327 ff. – und
remedy of past discrimination – City of Richmond v. J.A. Croson Co., 488 U.S. 469 (1988),
87
sogenannten „Frauenquoten“ für den öffentlichen Dienst besonders die staatliche
Förderpflicht aus Art. 3 II 2 GG betont285. Nach dem vom Europäischen Gerichtshof
beeinflussten deutschen Verständnis ist maßgeblich, dass eine Quotenregelung nicht
„starr“ sein darf, sondern Spielraum für die Besonderheiten des Einzelfalls lassen
muss286. Überdies darf nicht gegen Art. 33 II GG verstoßen werden, der den gleichen Zugang zu öffentlichen Ämtern anhand der Parameter Eignung, Befähigung
und fachlicher Leistung festlegt287. Das AGG stellt jedenfalls in § 5 klar, dass positive Maßnahmen zur Verhinderung oder zum Ausgleich von Nachteilen wegen eines
verpönten Merkmals zulässig sind, solange sie geeignet und angemessen, also verhältnismäßig sind.
Quotenregelungen und affirmative action wird nicht zu Unrecht vorgeworfen, das
Prinzip der Leistungsgerechtigkeit zu durchbrechen288. Daher sind sie als einziges
Instrument, das „Recht auf Berücksichtigung der Differenz“ zu fördern, nicht zu
empfehlen289. Das „Dilemma der Differenz“ kann sich anhand solcher gruppenbezogenen Fördermaßnahmen potentiell verstärken, indem es die Mitglieder der dominanten Mehrheitskultur zusätzlich gegen die Träger unterschiedlicher Identitäten
aufbringt und die Spaltung auf diese Weise vertieft290.
2. Recht auf Vorkehrungen
Neben Maßnahmen der affirmative action gewinnt das Recht auf Vorkehrungen
(accommodations) in der antidiskriminierungsrechtlichen Debatte zunehmend an
Bedeutung. Dieses Recht hat zum Inhalt, dass individuelle Bedürfnisse, die sich aus
einem bestimmten Differenzierungsmerkmal ergeben, durch die Vornahme von
Vorkehrungen berücksichtigt werden, um so faktische Nachteile auszugleichen.
471; allgemein Fredman, Discrimination Law, 2002, S. 150 ff. u. 156 ff.; zu den verfassungsrechtlichen Grenzen U.S.-amerikanischer Quotenregelungen Schulte, SuP 2001, 491, 493 ff.
285 Etwa BAG Urt. v. 21.1.2003 – 9 AZR 307/02, NZA 2003, 1036, 1038; vgl. bereits Vogel,
DVBl. 1994, 497, 500 f.
286 Die wichtigsten Entscheidungen des EuGH sind Urt. v. 17.10.1995, C-450/93 (Kalanke), Slg.
1995, I-6907; Urt. v. 11.11.1997, C-409/95 (Marschall), Slg. 1998, I-6363; Urt. v. 28.3.2000,
C-158/97 (Badeck), Slg. 2000, I-1875; dazu Schubert, Affirmative Action, 2003, S. 92 ff.;
Osterloh, in: Sachs, GG, 4. Aufl. 2007, Art. 3 Rn. 286; Schiek, in: dies., AGG, 2007, § 5
AGG Rn. 6; Fredman, Discrimination Law, 2002, S. 136 ff. – konzeptionell ähnlich der
Supreme Court in Grutter, 539 U.S. 306 (2003).
287 Das sogenannte „Prinzip der Bestenauslese“ wird allerdings durch andere Verfassungsnormen
modifiziert. Demnach stellt es keinen Verstoß gegen Art. 33 II GG dar, wenn kein direkter
Qualifikationsvergleich zwischen Frauen und Männern vorgenommen wird oder wenn
schwerbehinderte Menschen bei gleicher Befähigung bevorzugt eingestellt werden. Dazu etwa Pfarr, NZA 1995, 809, 812 f.; Battis, in: Sachs, GG, 4. Aufl. 2007, Art. 33 Rn. 38; Jarass/
Pieroth, GG, 9. Aufl. 2007, Art. 33 Rn. 8.
288 Vgl. etwa Leder, Diskriminierungsverbot, 2006, S. 258 f.
289 Trotz grundsätzlicher Anerkennung zurückhaltend auch Fredman, Discrimination Law, 2002,
S. 160.
290 Vgl. Minow, Making All the Difference, 1990, S. 49 f.
88
Die Vorteile dieser Strategie, dem „Recht auf Berücksichtigung der Differenz“ zu
mehr Wirksamkeit zu verhelfen, lassen sich gerade im Vergleich mit den soeben
besprochenen Quotenregelungen leicht erkennen: Das Recht auf Vornahme von
Vorkehrungen ist zwar ein neuartiges Diskriminierungsverbot, lässt sich aber recht
gut mit der unmittelbaren und mittelbaren Benachteiligung harmonisieren291. Ein
Merkmalsträger muss zunächst die Vornahme einer Vorkehrung verlangen. Wird
diese ungerechtfertigt verweigert, ist dies vergleichbar mit einer unmittelbaren Diskriminierung. Wird sie gewährt, ist der merkmalsbedingte Nachteil ausgeglichen, so
dass neutrale Kriterien, die Träger dieses Merkmals ansonsten überproportional
benachteiligen würden, nicht mehr zur Rechtfertigung einer mittelbaren Diskriminierung herangezogen zu werden brauchen. Der Anlass einer mittelbaren Diskriminierung entfällt also, da die Merkmalsträger die an sie gestellten Anforderungen
aufgrund der Vorkehrungen erfüllen können. Vor allem führt das Recht auf Vorkehrungen nicht dazu, dass das Mittel zur Berücksichtigung der Differenz selber einen
Verstoß gegen das Verbot der unmittelbaren Benachteiligung darstellt. Insofern
unterscheidet es sich von den klassischen Maßnahmen der affirmative action wie
etwa Quotenregelungen. Weiterhin setzt die Vornahme von angemessenen Vorkehrungen bei einem bestimmten Individuum und nicht – wie Quotenregelungen – bei
einer Gruppe von beliebigen Individuen an. Man könnte das Recht auf Vorkehrungen daher als „doppeltes Hybrid“ bezeichnen – korrigiert werden nicht nur individuelle Benachteiligungen, die auf gruppenbezogenen Nachteilen beruhen, wie dies bei
der mittelbaren Diskriminierung der Fall ist. Berücksichtigt wird zusätzlich der
individuelle Nachteil, der erst die spezielle Gruppenzugehörigkeit begründet.
Die Schattenseite der Strategie, das „Recht auf Berücksichtigung der Differenz“
durch die Eingliederung eines Rechts auf Vorkehrungen in das herkömmliche Antidiskriminierungsrecht zur Geltung zu bringen, liegt darin, dass die Vorkehrungen
nicht kostenneutral zu haben sind. Zwar wird in der U.S.-amerikanischen Literatur
dagegen gehalten, dass dieser Einwand auch viele Fälle der mittelbaren Diskriminierung betreffe292. Allerdings zielt das Verbot der mittelbaren Benachteiligung darauf
ab, scheinbar neutrale Kriterien zu eliminieren. Der Verstoß gegen das Verbot wird
also durch den Verzicht auf das Kriterium abgestellt, womit das Verbot der mittelbaren Diskriminierung im Kern ein Abwehrrecht ist293. Die Mehrkosten sind mittelbare
291 Genauer zur dogmatischen Einordnung des Rechts auf Vorkehrung unten S. 142 ff.
292 Jolls, 115 Harv. L. Rev. (2001), 642, 651 ff.; Kelman, 53 Stan. L. Rev. (2001), 833, 845 ff.;
Rabin-Margalioth, 24 Berkeley J. Emp. & Lab. L. (2003), 111, 123 ff. – In eine ähnliche
Richtung gehen die Überlegungen von Aubel, RdA 2004, 141, 145 zur Frage, ob es einen Unterschied macht, wenn finanzielle Belastungen als mittelbare Folgen einer notwendigen Umorganisation betrieblicher Abläufe und Praktiken aufgrund von Diskriminierungsverboten
entstehen oder wenn sie Arbeitgebern zum Zwecke des Nachteilsausgleichs bestimmter
Merkmalsträger unmittelbar auferlegt werden. Aubel hält eine solche Unterscheidung ökonomisch für willkürlich, a.a.O. Vgl. zum Problem ökonomischer Belastungen durch Diskriminierungsverbote allgemein auch Britz, VVDStRL 64 (2004), 355, 376 ff.
293 Vgl. auch Bieback, Mittelbare Diskriminierung, 1997, S. 38, der das Verbot der mittelbaren
Diskriminierung als „klassisch liberales Konzept prozeduraler Gerechtigkeit“ bezeichnet,
89
Folgewirkungen des Kriteriumsverzichts294. Das Recht auf Vorkehrung hingegen
fordert die Vornahme positiver Maßnahmen, die unmittelbare Kosten verursachen.
Es ist damit bei einer isolierten Betrachtung ein Leistungsrecht295. Sein gleichheitsrechtlicher Gehalt ergibt sich nur wegen der Zielsetzung modernen Antidiskriminierungsrechts, welches auf eine Inklusion unterschiedlicher Identitäten und Lebensformen in die Mehrheitskultur ausgerichtet ist.
In den USA ist das Recht auf Vorkehrungen (accommodations) vor allem im Antidiskriminierungsrecht für Menschen mit Behinderung entwickelt worden296. Es ist
auch im Zusammenhang mit dem Merkmal Religion bekannt297 und wird neuerdings
in Anspruch genommen, um die Pflicht zum Erhalt des Arbeitsplatzes trotz schwangerschafts-, kinder- oder krankheitsbedingter Abwesenheit aufgrund des Family and
Medical Leave Act of 1993 (FMLA)298 zu begründen299. In Deutschland wird diese
erweiterte Perspektive auf das Antidiskriminierungsrecht hingegen erst seit Art. 5
der Richtlinie 2000/78/EG diskutiert300.
IV. Menschen mit Behinderung im Antidiskriminierungsrecht
Menschen mit Behinderung partizipieren grundsätzlich an allen drei beschriebenen
Zielsetzungen des Antidiskriminierungsrechts. Das im Verbot der unmittelbaren
Diskriminierung zum Ausdruck kommende Recht auf formale Gleichbehandlung
trotz Merkmalsträgerschaft hilft Menschen mit Behinderung gegen Benachteiligungen aufgrund von irrationalen Annahmen, Vorurteilen und Stereotypen. Ablehnungen dürfen z.B. nicht darauf gegründet werden, dass der Anblick von Menschen mit
wonach nur diskriminierende Strukturen bekämpft werden, aber keine neuen, nichtdiskriminierenden Strukturen geschaffen werden können.
294 Siehe die Beispiele bei Jolls, 115 Harv. L. Rev. (2001), 642, 653 ff.: Von Arbeitnehmern ein
rasiertes Gesicht zu verlangen, ist eine mittelbare Diskriminierung wegen der Rasse, weil
Schwarze überproportional von einer bestimmten Hautkrankheit betroffen sind, die eine Rasur unmöglich macht. Mehrkosten können sich als Folge des Kundenverhaltens ergeben, weil
unrasierte Verkäufer weniger akzeptiert sind. – Allen Arbeitnehmern die ausschließliche
Verwendung von Englisch am Arbeitsplatz vorzuschreiben, ist eine mittelbare Benachteiligung wegen der Herkunft, weil nicht aus den USA stammende Arbeitnehmer überproportional häufig nur rudimentäre Englischkenntnisse haben. Mehrkosten können sich ergeben,
wenn bei fremdsprachigen Gesprächen von Kollegen untereinander das Arbeitsklima vergiftet
wird und infolgedessen die Produktivität sinkt, weil andere Kollegen bösartigen Klatsch und
Tratsch hinter den Gesprächen in der Fremdsprache vermuten.
295 Vgl. Britz, VVDStRL 64 (2004), 355, 380 f., die von einem „sozialstaatlichen Sonderbereich“
des Diskriminierungsschutzes spricht.
296 Sogleich S. 90 ff.
297 S. 91.
298 Public Law 103-3 v. 5.2.1993, 29 U.S.C. §§ 2601 ff.
299 Jolls, 115 Harv. L. Rev. (2001), 642, 649 f.
300 Dazu bereits oben in der Einführung, S. 38 f.
Chapter Preview
References
Zusammenfassung
Die Untersuchung geht der Frage nach, wie sich gleichheitsrechtlich geprägtes, modernes Antidiskriminierungsrecht für Menschen mit Behinderung und das traditionell sozialrechtlich geprägte Recht der beruflichen Rehabilitation zueinander verhalten. Als Vorbild eines speziellen antidiskriminierungsrechtlichen Regulierungsmodells zur verbesserten beruflichen Integration von Behinderten werden immer wieder die USA genannt, wo man seit den 1970er Jahren Erfahrungen mit diesem Ansatz sammeln konnte.
Eine umfassende Analyse der historischen Entwicklung sowie der gesellschaftspolitischen und verfassungsrechtlichen Grundannahmen des U.S.-amerikanischen Sozialsystems macht jedoch deutlich, dass das Antidiskriminierungsrecht dort häufig nur als Lückenbüßer dient.
Dieser Befund kann nicht ohne Konsequenz für das sozialstaatlich beeinflusste deutsche Rechtssystem sein. Zwar liefert der Rechtsvergleich mit den USA wichtige Anhaltspunkte für ein vertieftes Verständnis der europäischen antidiskriminierungsrechtlichen Vorgaben insbesondere für das Merkmal Behinderung. Allerdings werden auch die Grenzen dieses Ansatzes gegenüber der klassischen beruflichen Rehabilitation deutlich.
Die Arbeit wurde mit dem Zarnekow-Förderpreis 2009 ausgezeichnet.