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2. Rechtsverordnungen zu Verrechnungspreisen
a) Gewinnabgrenzungsaufzeichnungsverordnung (GAufzV)
Verordnung zu Art, Inhalt und Umfang von Aufzeichnungen im Sinne des § 90
Abs. 3 der Abgabenordnung
Auf Grund des § 90 Abs. 3 Satz 5 der Abgabenordnung vom 16. März 1976 (BGBl.
I, 613), der durch Artikel 9 Nr. 3 des Gesetzes vom 16. Mai 2003 (BGBl. I, 660)
eingefügt worden ist, verordnet das Bundesministerium der Finanzen:
§ 1 Grundsätze der Aufzeichnungspflicht
(1) 1Aus den nach § 90 Abs. 3 der Abgabenordnung zu erstellenden Aufzeichnungen
muss ersichtlich sein, welchen Sachverhalt der Steuerpflichtige im Rahmen seiner
Geschäftsbeziehungen im Sinne des § 1 Abs. 4 des Außensteuergesetzes mit nahe
stehenden Personen im Sinne des § 1 Abs. 2 des Außensteuergesetzes verwirklicht
hat und ob und inwieweit er diesen Geschäftsbeziehungen Bedingungen einschließlich von Preisen zu Grunde gelegt hat, die erkennen lassen, dass er den Grundsatz
des Fremdverhaltens (Fremdvergleichsgrundsatz) beachtet hat (Aufzeichnungen).
2Die Aufzeichnungen müssen das ernsthafte Bemühen des Steuerpflichtigen belegen,
seine Geschäftsbeziehungen zu nahe stehenden Personen unter Beachtung des Fremdvergleichsgrundsatzes zu gestalten. 3Die Aufzeichnungspflicht bezieht sich auch auf
Geschäftsbeziehungen, die keinen Leistungsaustausch zum Gegenstand haben, wie
Vereinbarungen über Arbeitnehmerentsendungen und Poolvereinbarungen (zum
Beispiel Umlageverträge). 4Aufzeichnungen, die im Wesentlichen unverwertbar sind
(§ 162 Abs. 3 und 4 der Abgabenordnung), sind als nicht erstellt zu behandeln.
(2) Soweit nach Absatz 1 in Verbindung mit § 90 Abs. 3 Satz 1 der Abgabenordnung aufzuzeichnen ist, welcher Sachverhalt verwirklicht wurde, sind Aufzeichnungen über die Art, den Umfang und die Abwicklung sowie über die wirtschaftlichen und rechtlichen Rahmenbedingungen der Geschäftsbeziehungen erforderlich.
(3) 1Soweit nach Absatz 1 in Verbindung mit § 90 Abs. 3 Satz 2 der Abgabenordnung aufzuzeichnen ist, ob und inwieweit der Steuerpflichtige bei seinen Geschäftsbeziehungen den Fremdvergleichsgrundsatz im Sinne des Absatzes 1 beachtet
hat, sind die Markt- und Wettbewerbsverhältnisse darzustellen, die für die Tätigkeiten des Steuerpflichtigen und die vereinbarten Bedingungen von Bedeutung sind.
2Der Steuerpflichtige hat für seine Aufzeichnungen entsprechend der von ihm gewählten Methode Vergleichsdaten heranzuziehen, soweit solche Daten im Zeitpunkt
der Vereinbarung der Geschäftsbeziehung bei ihm oder bei ihm nahe stehenden Personen vorhanden sind oder soweit er sich diese mit zumutbarem Aufwand aus ihm
frei zugänglichen Quellen beschaffen kann. 3Zu den zu verwendenden und erforderlichenfalls für die Erstellung der Aufzeichnungen zu beschaffenden Informationen
gehören insbesondere Daten aus vergleichbaren Geschäften zwischen fremden Dritten
sowie aus vergleichbaren Geschäften, die der Steuerpflichtige oder eine ihm nahe ste-
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hende Person mit fremden Dritten abgeschlossen hat, zum Beispiel Preise und Geschäftsbedingungen, Kostenaufteilungen, Gewinnaufschläge, Bruttospannen, Nettospannen, Gewinnaufteilungen. 4Zusätzlich sind Aufzeichnungen über innerbetriebliche Daten zu erstellen, die eine Plausibilitätskontrolle der vom Steuerpflichtigen vereinbarten Verrechnungspreise ermöglichen, wie zum Beispiel Prognoserechnungen und Daten zur Absatz-, Gewinn- und Kostenplanung.
§ 2 Art, Inhalt und Umfang der Aufzeichnungen
(1) 1Aufzeichnungen können schriftlich oder elektronisch erstellt werden. 2Sie sind
in sachgerechter Ordnung zu führen und aufzubewahren. 3Die Aufzeichnungen müssen es einem sachverständigen Dritten ermöglichen, innerhalb einer angemessenen
Frist festzustellen, welche Sachverhalte der Steuerpflichtige im Zusammenhang mit
seinen Geschäftsbeziehungen zu nahe stehenden Personen verwirklicht hat und ob
und inwieweit er dabei den Fremdvergleichsgrundsatz beachtet hat.
(2) 1Art, Inhalt und Umfang der zu erstellenden Aufzeichnungen bestimmen sich
nach den Umständen des Einzelfalles, insbesondere nach der vom Steuerpflichtigen
angewandten Verrechnungspreismethode. 2Der Steuerpflichtige hat aufzuzeichnen,
weshalb er die angewandte Methode hinsichtlich der Art seiner Geschäfte und der
sonstigen Verhältnisse für geeignet hält. 3Er ist nicht verpflichtet, Aufzeichnungen
für mehr als eine geeignete Methode zu erstellen.
(3) 1Aufzeichnungen sind grundsätzlich geschäftsvorfallbezogen zu erstellen.
2Geschäftsvorfälle, die gemessen an Funktionen und Risiken wirtschaftlich vergleichbar sind, können für die Erstellung von Aufzeichnungen zu Gruppen zusammengefasst werden, wenn die Gruppenbildung nach vorher festgelegten und nachvollziehbaren Regeln vorgenommen wurde und wenn die Geschäftsvorfälle gleichartig oder gleichwertig sind oder die Zusammenfassung auch bei Geschäften zwischen fremden Dritten üblich ist. 3Eine Zusammenfassung ist auch zulässig bei ursächlich zusammenhängenden Geschäftsvorfällen und bei Teilleistungen im Rahmen
eines Gesamtgeschäfts, wenn es für die Prüfung der Angemessenheit weniger auf
den einzelnen Geschäftsvorfall, sondern mehr auf die Beurteilung des Gesamtgeschäfts ankommt. 4Werden Aufzeichnungen für Gruppen von Geschäftsvorfällen erstellt, sind die Regeln für deren Abwicklung und die Kriterien für die Gruppenbildung darzustellen. 5Bestehen für eine Gruppe verbundener Unternehmen dem
Fremdvergleichsgrundsatz genügende innerbetriebliche Verrechnungspreisrichtlinien, die für die einzelnen Unternehmen eine oder mehrere geeignete Methoden
vorgeben, können die Richtlinien als Bestandteil der Aufzeichnungen verwendet
werden. 6Soweit solche Richtlinien die Preisermittlung regeln und tatsächlich befolgt werden, kann auf geschäftsvorfallbezogene Einzelaufzeichnungen verzichtet
werden.
(4) 1Ergibt sich bei Dauersachverhalten eine Änderung der Umstände, die für die
Angemessenheit vereinbarter Preise von wesentlicher Bedeutung ist, hat der Steuerpflichtige auch nach dem Geschäftsabschluss Informationen zu sammeln und aufzuzeichnen, die der Finanzbehörde die Prüfung ermöglichen, ob und ab welchem
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Zeitpunkt fremde Dritte eine Anpassung der Geschäftsbedingungen vereinbart hätten. 2Dies gilt insbesondere, wenn in einem Geschäftsbereich steuerliche Verluste
erkennbar werden, die ein fremder Dritter nicht hingenommen hätte, oder wenn
Preisanpassungen zu Lasten des Steuerpflichtigen vorgenommen werden.
(5) 1Aufzeichnungen sind grundsätzlich in deutscher Sprache zu erstellen. 2Die Finanzbehörde kann auf Antrag des Steuerpflichtigen Ausnahmen hiervon zulassen.
3Der Antrag kann vor der Anfertigung der Aufzeichnungen gestellt werden, er ist
aber spätestens unverzüglich nach Anforderung der Aufzeichnungen durch die Finanzbehörde zu stellen. 4Erforderliche Übersetzungen von Verträgen und ähnlichen
Dokumenten im Sinne der §§ 4 und 5 gehören zu den Aufzeichnungen. 5§ 87 Abs. 2
der Abgabenordnung bleibt unberührt.
(6) 1Aufzeichnungen sollen regelmäßig nur für Zwecke der Durchführung einer Au-
ßenprüfung angefordert werden. 2Die Anforderung soll die Geschäftsbereiche und
die Geschäftsbeziehungen des Steuerpflichtigen bezeichnen, die Gegenstand der
Prüfung sein sollen. 3Die Anforderung soll auch Art und Umfang der angeforderten
Aufzeichnungen angeben. 4Die Anforderung kann zusammen mit der Prüfungsanordnung erfolgen und jederzeit nachgeholt, ergänzt oder geändert werden.
§ 3 Zeitnahe Erstellung von Aufzeichnungen bei außergewöhnlichen Geschäftsvorfällen
(1) 1Aufzeichnungen über außergewöhnliche Geschäftsvorfälle im Sinne des § 90
Abs. 3 Satz 3 der Abgabenordnung sind zeitnah erstellt, wenn sie im engen zeitlichen Zusammenhang mit dem Geschäftsvorfall gefertigt wurden. 2Sie gelten als
noch zeitnah erstellt, wenn sie innerhalb von sechs Monaten nach Ablauf des Wirtschaftsjahres gefertigt werden, in dem sich der Geschäftsvorfall ereignet hat.
(2)[1] Als außergewöhnliche Geschäftsvorfälle sind insbesondere anzusehen der
Abschluss und die Änderung langfristiger Verträge, die sich erheblich auf die Höhe
der Einkünfte des Steuerpflichtigen aus seinen Geschäftsbeziehungen auswirken,
Vermögensübertragungen im Zuge von Umstrukturierungsmaßnahmen, die Übertragung und Überlassung von Wirtschaftsgütern und Vorteilen im Zusammenhang
mit wesentlichen Funktions- und Risikoänderungen im Unternehmen, Geschäftsvorfälle im Zusammenhang mit einer für die Verrechnungspreisbildung erheblichen
Änderung der Geschäftsstrategie sowie der Abschluss von Umlageverträgen.
§ 4 Allgemein erforderliche Aufzeichnungen
Der Steuerpflichtige hat nach Maßgabe der §§ 1 bis 3 folgende Aufzeichnungen,
soweit sie für die Prüfung von Geschäftsbeziehungen im Sinne des § 90 Abs. 3 der
Abgabenordnung von Bedeutung sind, zu erstellen:
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1. Allgemeine Informationen über Beteiligungsverhältnisse, Geschäftsbetrieb und
Organisationsaufbau:
a)
Darstellung der Beteiligungsverhältnisse zwischen dem Steuerpflichtigen und
nahe stehenden Personen im Sinne des § 1 Abs. 2 Nr. 1 und 2 des Außensteuergesetzes, mit denen er unmittelbar oder über Zwischenpersonen Geschäftsbeziehungen unterhält, zu Beginn des Prüfungszeitraums sowie deren Veränderung bis zu dessen Ende,
b)
Darstellung der sonstigen Umstände, die das "Nahestehen" im Sinne des § 1
Abs. 2 Nr. 3 des Außensteuergesetzes begründen können,
c)
Darstellung der organisatorischen und operativen Konzernstruktur sowie deren
Veränderungen, einschließlich Betriebsstätten und Beteiligungen an Personengesellschaften,
d)
Beschreibung der Tätigkeitsbereiche des Steuerpflichtigen, zum Beispiel Dienstleistungen, Herstellung oder Vertrieb von Wirtschaftsgütern, Forschung und Entwicklung;
2. Geschäftsbeziehungen zu nahe stehenden Personen:
a)
Darstellung der Geschäftsbeziehungen mit nahe stehenden Personen, Übersicht
über Art und Umfang dieser Geschäftsbeziehungen (zum Beispiel Wareneinkauf, Dienstleistung, Darlehensverhältnisse und andere Nutzungsüberlassungen,
Umlagen) und Übersicht über die den Geschäftsbeziehungen zu Grunde liegenden Verträge und ihre Veränderung,
b)
Zusammenstellung (Liste) der wesentlichen immateriellen Wirtschaftsgüter, die
dem Steuerpflichtigen gehören und die er im Rahmen seiner Geschäftsbeziehungen zu Nahestehenden nutzt oder zur Nutzung überlässt;
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3. Funktions- und Risikoanalyse:
a)
Informationen über die jeweils vom Steuerpflichtigen und den nahe stehenden
Personen im Rahmen der Geschäftsbeziehungen ausgeübten Funktionen und
übernommenen Risiken sowie deren Veränderungen, über die eingesetzten wesentlichen Wirtschaftsgüter, über die vereinbarten Vertragsbedingungen, über
gewählte Geschäftsstrategien sowie über die bedeutsamen Markt- und Wettbewerbsverhältnisse,
b)
Beschreibung der Wertschöpfungskette und Darstellung des Wertschöpfungsbeitrags des Steuerpflichtigen im Verhältnis zu den nahe stehenden Personen,
mit denen Geschäftsbeziehungen bestehen;
4. Verrechnungspreisanalyse:
a)
Darstellung der angewandten Verrechnungspreismethode,
b)
Begründung der Geeignetheit der angewandten Methode,
c)
Unterlagen über die Berechnungen bei der Anwendung der gewählten Verrechnungspreismethode,
d)
Aufbereitung der zum Vergleich herangezogenen Preise beziehungsweise Finanzdaten unabhängiger Unternehmen, sowie Unterlagen über vorgenommene
Anpassungsrechnungen.
§ 5 Erforderliche Aufzeichnungen in besonderen Fällen
1Soweit besondere Umstände der in Satz 2 genannten Art für die vom Steuerpflichtigen vereinbarten Geschäftsbeziehungen von Bedeutung sind oder er sich im Hinblick auf von ihm vereinbarte Geschäftsbedingungen zur Begründung der Fremdüblichkeit auf besondere Umstände beruft, sind Aufzeichnungen über diese Umstände
nach Maßgabe der §§ 1 bis 3 zu erstellen. 2Dazu können nach den Verhältnissen des
Einzelfalles folgende Aufzeichnungen gehören:
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1. Informationen über die Änderung von Geschäftsstrategien (zum Beispiel Marktanteilsstrategien, Wahl von Vertriebswegen, Management-Strategien) und über
andere Sonderumstände wie Maßnahmen zum Vorteilsausgleich, soweit sie die
Bestimmung der Verrechnungspreise des Steuerpflichtigen beeinflussen können;
2. bei Umlagen die Verträge, gegebenenfalls in Verbindung mit Anhängen, Anlagen und Zusatzvereinbarungen, Unterlagen über die Anwendung des Aufteilungsschlüssels und über den erwarteten Nutzen für alle Beteiligten sowie mindestens Unterlagen über Art und Umfang der Rechnungskontrolle, über die
Anpassung an veränderte Verhältnisse, über die Zugriffsberechtigung auf die
Unterlagen des leistungserbringenden Unternehmens, über die Zuordnung von
Nutzungsrechten;
3. Informationen über Verrechnungspreiszusagen oder -vereinbarungen ausländischer Steuerverwaltungen gegenüber beziehungsweise mit dem Steuerpflichtigen und über beantragte oder abgeschlossene Verständigungs- oder Schiedsstellenverfahren anderer Staaten, die Geschäftsbeziehungen des Steuerpflichtigen mit Nahestehenden berühren;
4. Aufzeichnungen über Preisanpassungen beim Steuerpflichtigen, auch wenn
diese die Folge von Verrechnungspreiskorrekturen oder Vorwegauskünften
ausländischer Finanzbehörden bei dem Steuerpflichtigen nahe stehenden Personen sind;
5. Aufzeichnungen über die Ursachen von Verlusten und über Vorkehrungen des
Steuerpflichtigen oder ihm Nahestehender zur Beseitigung der Verlustsituation,
wenn der Steuerpflichtige in mehr als drei aufeinander folgenden Wirtschaftsjahren aus Geschäftsbeziehungen mit Nahestehenden einen steuerlichen Verlust
ausweist;
6. [1]in Fällen von Funktions- und Risikoänderungen im Sinne des § 3 Abs. 2 Aufzeichnungen über Forschungsvorhaben und laufende Forschungstätigkeiten, die
im Zusammenhang mit einer Funktionsänderung stehen können und in den drei
Jahren vor Durchführung der Funktionsänderung stattfanden oder abgeschlossen worden sind; die Aufzeichnungen müssen mindestens Angaben über den
genauen Gegenstand der Forschungen und die insgesamt jeweils zuzuordnenden
Kosten enthalten. 2Dies gilt nur, soweit ein Steuerpflichtiger regelmäßig Forschung und Entwicklung betreibt und aus betriebsinternen Gründen Unterlagen
über seine Forschungs- und Entwicklungsarbeiten erstellt, aus denen die genannten Aufzeichnungen abgeleitet werden können.
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§ 6 Anwendungsregelungen für kleinere Unternehmen und Steuerpflichtige mit
anderen als Gewinneinkünften
(1) Bei Steuerpflichtigen, die aus Geschäftsbeziehungen mit Nahestehenden andere
als Gewinneinkünfte beziehen und bei kleineren Unternehmen gelten die in § 90
Abs. 3 Satz 1 bis 4 der Abgabenordnung und in dieser Verordnung bezeichneten
Aufzeichnungspflichten als durch die Erteilung von Auskünften, die den Anforderungen des § 1 Abs. 1 Satz 2 entsprechen, und durch die Vorlage vorhandener Unterlagen auf Anforderung des Finanzamts als erfüllt, wenn die in § 90 Abs. 3 Satz 8
und 9 der Abgabenordnung genannten Fristen eingehalten werden.
(2) 1Kleinere Unternehmen im Sinne des Absatzes 1 sind Unternehmen, bei denen
jeweils im laufenden Wirtschaftsjahr weder die Summe der Entgelte für die Lieferung von Gütern oder Waren aus Geschäftsbeziehungen mit nahe stehenden Personen im Sinne des § 1 Abs. 2 des Außensteuergesetzes 5 Millionen Euro übersteigt
noch die Summe der Vergütungen für andere Leistungen als die Lieferung von Gütern oder Waren aus Geschäftsbeziehungen mit solchen Nahestehenden mehr als
500.000 Euro beträgt. 2Werden die genannten Beträge in einem Wirtschaftsjahr
überschritten, ist Absatz 1 ab dem darauf folgenden Wirtschaftsjahr nicht mehr anzuwenden. 3Unterschreitet ein Unternehmen, das nicht nach Absatz 1 begünstigt ist,
die genannten Beträge in einem Wirtschaftsjahr, ist es im darauf folgenden Wirtschaftsjahr als Unternehmen im Sinne des Satzes 1 zu behandeln.
(3) Zusammenhängende inländische Unternehmen im Sinne der §§ 13, 18 und 19
der Betriebsprüfungsordnung vom 15. März 2000 (BStBl. I, 368) in der jeweils geltenden Fassung und inländische Betriebsstätten nahe stehender Personen sind für die
Prüfung der Betragsgrenzen nach Absatz 2 zusammenzurechnen.
§ 7 Entsprechende Anwendung bei Betriebsstätten und Personengesellschaften
1Die §§ 1 bis 6 gelten entsprechend für Steuerpflichtige, die für die inländische Besteuerung Gewinne zwischen ihrem inländischen Unternehmen und dessen ausländischer Betriebsstätte aufzuteilen oder den Gewinn der inländischen Betriebsstätte ihres ausländischen Unternehmens zu ermitteln haben, soweit aufgrund der Überführung von Wirtschaftsgütern oder der Erbringung von Dienstleistungen steuerlich ein
Gewinn anzusetzen ist oder soweit Aufwendungen mit steuerlicher Wirkung aufzuteilen sind. 2Satz 1 gilt entsprechend für die Gewinnermittlung von Personengesellschaften, an denen der Steuerpflichtige beteiligt ist, soweit dabei Geschäftsbeziehungen im Sinne des § 1 des Außensteuergesetzes zu prüfen sind.
§ 8 Inkrafttreten
Diese Verordnung tritt mit Wirkung vom 30. Juni 2003 in Kraft.
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b) Funktionsverlagerungsverordnung
aa) Verordnung
Verordnung zur Anwendung des Fremdvergleichsgrundsatzes nach § 1 Abs. 1 des
Außensteuergesetzes in Fällen grenzüberschreitender Funktionsverlagerungen
(Funktionsverlagerungsverordnung – FVerlV)
Vom 12. August 2008
Auf Grund des § 1 Abs. 3 Satz 13 des Außensteuergesetzes vom 8. September 1972
(BGBl. I, 1713), der durch Artikel 7 des Gesetzes vom 14. August 2007 (BGBl. I,
1912) eingefügt worden ist, verordnet das Bundesministerium der Finanzen:
Abschnitt 1: Allgemeine Vorschriften
§ 1 Begriffsbestimmungen
(1) 1Eine Funktion ist eine Geschäftstätigkeit, die aus einer Zusammenfassung
gleichartiger betrieblicher Aufgaben besteht, die von bestimmten Stellen oder
Abteilungen eines Unternehmens erledigt werden. 2Sie ist ein organischer Teil
eines Unternehmens, ohne dass ein Teilbetrieb im steuerlichen Sinn vorliegen
muss.
(2) 1Eine Funktionsverlagerung im Sinne des § 1 Abs. 3 Satz 9 des Außensteuergesetzes liegt vor, wenn ein Unternehmen (das verlagernde Unternehmen)
einem anderen, nahe stehenden Unternehmen (das übernehmende Unternehmen) Wirtschaftsgüter und sonstige Vorteile sowie die damit verbundenen
Chancen und Risiken überträgt oder zur Nutzung überlässt, damit das übernehmende Unternehmen eine Funktion ausüben kann, die bisher von dem verlagernden Unternehmen ausgeübt worden ist, und dadurch die Ausübung der betreffenden Funktion durch das verlagernde Unternehmen eingeschränkt wird.
2Eine Funktionsverlagerung kann auch vorliegen, wenn das übernehmende Unternehmen die Funktion nur zeitweise übernimmt. 3Geschäftsvorfälle, die innerhalb von fünf Wirtschaftsjahren verwirklicht werden, sind zu dem Zeitpunkt, zu
dem die Voraussetzungen des Satzes 1 durch ihre gemeinsame Verwirklichung
wirtschaftlich erfüllt sind, als einheitliche Funktionsverlagerung zusammenzufassen.
(3) Ein Transferpaket im Sinne des § 1 Abs. 3 Satz 9 des Außensteuergesetzes besteht aus einer Funktion und den mit dieser Funktion zusammenhängenden
Chancen und Risiken sowie den Wirtschaftsgütern und Vorteilen, die das verlagernde Unternehmen dem übernehmenden Unternehmen zusammen mit der
Funktion überträgt oder zur Nutzung überlässt, und den in diesem Zusammenhang erbrachten Dienstleistungen.
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(4) Gewinnpotenziale im Sinne des § 1 Abs. 3 Satz 6 des Außensteuergesetzes sind
die aus der verlagerten Funktion jeweils zu erwartenden Reingewinne nach
Steuern (Barwert), auf die ein ordentlicher und gewissenhafter Geschäftsleiter
im Sinne des § 1 Abs. 1 Satz 2 des Außensteuergesetzes aus der Sicht des verlagernden Unternehmens nicht unentgeltlich verzichten würde und für die ein solcher Geschäftsleiter aus der Sicht des übernehmenden Unternehmens bereit
wäre, ein Entgelt zu zahlen.
(5) Immaterielle Wirtschaftsgüter und Vorteile sind in Fällen von Funktionsverlagerungen wesentlich im Sinne des § 1 Abs. 3 Satz 10 erste Alternative des
Außensteuergesetzes, wenn sie für die verlagerte Funktion erforderlich sind und
ihr Fremdvergleichspreis insgesamt mehr als fünfundzwanzig Prozent der
Summe der Einzelpreise aller Wirtschaftsgüter und Vorteile des Transferpakets
beträgt und dies unter Berücksichtigung der Auswirkungen der Funktionsverlagerung, die aus den Aufzeichnungen im Sinne des § 3 Abs. 2 Satz 2
hervorgehen, glaubhaft ist.
(6) 1Eine Funktionsverlagerung liegt nicht vor, wenn es trotz Vorliegens der übrigen Voraussetzungen des Absatz 2 Satz 1 innerhalb von fünf Jahren nach Aufnahme der Funktion durch das nahe stehende Unternehmen zu keiner Einschränkung der Ausübung der betreffenden Funktion durch das in Absatz 2
Satz 1 zuerst genannte Unternehmen kommt (Funktionsverdoppelung). 2Kommt
es innerhalb dieser Frist zu einer solchen Einschränkung, liegt zum Zeitpunkt,
in dem die Einschränkung eintritt, insgesamt eine einheitliche Funktionsverlagerung vor, es sei denn, der Steuerpflichtige macht glaubhaft, dass diese Einschränkung nicht in unmittelbarem wirtschaftlichem Zusammenhang mit der
Funktionsverdoppelung steht.
(7) 1Eine Funktionsverlagerung liegt nicht vor, wenn ausschließlich Wirtschaftsgüter veräußert oder zur Nutzung überlassen werden oder wenn nur Dienstleistungen erbracht werden, es sei denn, diese Geschäftsvorfälle sind Teil einer Funktionsverlagerung. 2Entsprechendes gilt, wenn Personal im Konzern entsandt
wird, ohne dass eine Funktion mit übergeht, oder wenn der Vorgang zwischen
voneinander unabhängigen Dritten nicht als Veräußerung oder Erwerb einer
Funktion angesehen würde.
§ 2 Anwendung der Regelungen zum Transferpaket
(1) 1In Fällen von Funktionsverlagerungen, in denen die Preisbestimmung für das
Transferpaket als Ganzes aufgrund uneingeschränkt oder eingeschränkt vergleichbarer Vergleichswerte erfolgen kann, ist vorrangig § 1 Abs. 3 Satz 1 bis 4
des Außensteuergesetzes anzuwenden. 2Anderenfalls ist die Preisbestimmung
für das Transferpaket entsprechend dem hypothetischen Fremdvergleich nach
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§ 1 Abs. 3 Satz 5 und 6 des Außensteuergesetzes vorzunehmen. 3Die Vorschrift
des § 1 Abs. 3 Satz 10 erste Alternative des Außensteuergesetzes, nach der in
bestimmten Fällen für Funktionsverlagerungen von einer Wertermittlung für das
Transferpaket als Ganzes abgesehen werden kann, bleibt unberührt.
(2) 1Übt das übernehmende Unternehmen die übergehende Funktion ausschließlich gegenüber dem verlagernden Unternehmen aus und ist das Entgelt, das
für die Ausübung der Funktion und die Erbringung der entsprechenden Leistungen anzusetzen ist, nach der Kostenaufschlagsmethode zu ermitteln, ist davon auszugehen, dass mit dem übergehenden Transferpaket keine wesentlichen immateriellen Wirtschaftsgüter und Vorteile übertragen werden, so dass
§ 1 Abs. 3 Satz 10 erste Alternative des Außensteuergesetzes anwendbar ist.
2Erbringt ein übernehmendes Unternehmen im Sinne des Satzes 1 die bisher
ausschließlich gegenüber dem verlagernden Unternehmen erbrachten Leistungen eigenständig, ganz oder teilweise, gegenüber anderen Unternehmen zu
Preisen, die höher sind als die Vergütung nach der Kostenaufschlagsmethode
oder die entsprechend dem Fremdvergleichsgrundsatz höher anzusetzen sind,
ist zum Zeitpunkt der erstmaligen Erbringung gegenüber den anderen Unternehmen für bisher unentgeltlich vom verlagernden Unternehmen für die Leistungserbringung zur Verfügung gestellte Wirtschaftsgüter und Vorteile eine
Vergütung entsprechend § 3 zu verrechnen; die betreffenden Wirtschaftsgüter
und Vorteile gelten als ein Transferpaket, soweit hierfür die sonstigen Voraussetzungen gegeben sind.
(3) 1In Fällen, in denen nach § 1 Abs. 3 Satz 10 zweite Alternative des Außensteuergesetzes eine Verrechnungspreisermittlung für eine Funktionsverlagerung auf
der Grundlage der Summe der Verrechnungspreise für die einzelnen betroffenen
Wirtschaftsgüter und Vorteile anzuerkennen ist, sind sowohl der Einigungsbereich als auch der Wert für das Transferpaket als Ganzes nach § 1 Abs. 3 Satz 7
und 9 des Außensteuergesetzes zu ermitteln. 2Die Summe der Einzelverrechnungspreise für die Wirtschaftsgüter und Vorteile, die vollständig zu erfassen
sind, darf nur angesetzt werden, wenn sie im Einigungsbereich liegt und der
Steuerpflichtige glaubhaft macht, dass sie dem Fremdvergleichsgrundsatz entspricht.
Abschnitt 2: Wert des Transferpakets und Ansatz der Verrechnungspreise für seine
Bestandteile
§ 3 Bemessung des Wertes des Transferpakets auf Grundlage der Gewinnpotenziale
(1) Ist in den Fällen des § 2 Abs. 1 Satz 2 der Wert für ein dem verlagernden Unternehmen zuzurechnendes Transferpaket als Ganzes zu bestimmen, muss dieser
Wert, dem Fremdvergleichsgrundsatz im Sinne des § 1 Abs. 1 des Außensteuergesetzes entsprechend, aus der Sicht der beteiligten Unternehmen in Überein-
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stimmung mit den Gewinnen stehen, die zum Zeitpunkt der Verlagerung aus der
Ausübung der Funktion erwartet werden können und der Funktion zuzuordnen
sind (Gewinnpotenziale).
(2) 1Die jeweiligen Gewinnpotenziale sind unter Berücksichtigung aller Umstände
des Einzelfalles auf der Grundlage einer Funktionsanalyse vor und nach der
Funktionsverlagerung unter Berücksichtigung tatsächlich bestehender Handlungsmöglichkeiten zu ermitteln und beinhalten auch Standortvorteile oder
-nachteile und Synergieeffekte. 2Ausgangspunkt für die Berechnungen sind die
Unterlagen, die Grundlage für die Unternehmensentscheidung waren, eine
Funktionsverlagerung durchzuführen. 3Für die Berechnung der jeweiligen Gewinnpotenziale und des Einigungsbereichs (§ 7) sind die dem Maßstab des § 1
Abs. 1 Satz 2 des Außensteuergesetzes entsprechenden Gewinnerwartungen der
beteiligten Unternehmen, angemessene Kapitalisierungszinssätze (§ 5) und ein
von den Umständen der Funktionsausübung abhängiger Kapitalisierungszeitraum (§ 6) zu Grunde zu legen.
§ 4 Berechnung von Verrechnungspreisen für die einzelnen Bestandteile des
Transferpakets
(1) Werden für einzelne Teile des Transferpakets unterschiedliche Vereinbarungen
getroffen oder sind solche Vereinbarungen dem Fremdvergleichsgrundsatz entsprechend anzunehmen, sind für alle Teile des Transferpakets Verrechnungspreise anzusetzen, die insgesamt dem nach § 3 Abs. 1 bestimmten Wert des
Transferpakets als Ganzes entsprechen.
(2) Bestehen Zweifel, ob hinsichtlich des Transferpakets oder einzelner Teile eine
Übertragung oder eine Nutzungsüberlassung anzunehmen ist, wird auf Antrag
des Steuerpflichtigen von einer Nutzungsüberlassung ausgegangen.
(3) In den Fällen des § 1 Abs. 3, in denen sich nachträglich herausstellt, dass eine
Funktionsverlagerung vorliegt, sind die Verrechnungspreise für die Geschäftsvorfälle, die dazu geführt haben, dass eine Funktionsverlagerung vorliegt, dem
Fremdvergleichsgrundsatz entsprechend so anzusetzen, dass sie zusammen mit
den ursprünglich bestimmten Verrechnungspreisen dem nach § 3 Abs. 1 bestimmten Wert des Transferpakets als Ganzes entsprechen.
§ 5 Kapitalisierungszinssatz
1Zur Bestimmung des jeweils angemessenen Kapitalisierungszinssatzes ist unter Berücksichtigung der Steuerbelastung vom Zins für eine risikolose Investition auszugehen, auf den ein funktions- und risikoadäquater Zuschlag vorzunehmen ist. 2Die
Laufzeit der vergleichbaren risikolosen Investition richtet sich danach, wie lange die
übernommene Funktion voraussichtlich ausgeübt wird. 3Der Zuschlag ist so zu be-
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messen, dass er sowohl für das übernehmende als auch für das verlagernde Unternehmen die in vergleichbaren Fällen jeweils unternehmensübliche Risikobeurteilung
berücksichtigt.
§ 6 Kapitalisierungszeitraum
Werden keine Gründe für einen bestimmten, von den Umständen der Funktionsaus-
übung abhängigen Kapitalisierungszeitraum glaubhaft gemacht oder sind solche
Gründe nicht ersichtlich, ist ein unbegrenzter Kapitalisierungszeitraum zu Grunde zu
legen.
§ 7 Berechnung des Einigungsbereichs
(1) 1Für ein verlagerndes Unternehmen, das aus der Funktion Gewinne zu erwarten
hat, ergibt sich die Untergrenze des Verhandlungsrahmens (Mindestpreis des
Einigungsbereichs) im Sinne des § 1 Abs. 3 Satz 6 des Außensteuergesetzes aus
dem Ausgleich für den Wegfall oder die Minderung des Gewinnpotenzials zuzüglich der gegebenenfalls anfallenden Schließungskosten. 2Tatsächlich bestehende Handlungsmöglichkeiten, die das verlagernde Unternehmen als vom
übernehmenden Unternehmen unabhängiges Unternehmen hätte, sind zu berücksichtigen, ohne die unternehmerische Dispositionsbefugnis des verlagernden Unternehmens in Frage zu stellen.
(2) In Fällen, in denen das verlagernde Unternehmen aus rechtlichen, tatsächlichen
oder wirtschaftlichen Gründen nicht mehr dazu in der Lage ist, die Funktion mit
eigenen Mitteln selbst auszuüben, entspricht der Mindestpreis dem Liquidationswert.
(3) 1Verlagert ein Unternehmen eine Funktion, aus der es dauerhaft Verluste zu erwarten hat, wird der Verhandlungsrahmen für das verlagernde Unternehmen
durch die zu erwartenden Verluste oder die gegebenenfalls anfallenden Schlie-
ßungskosten begrenzt; maßgeblich ist der niedrigere absolute Betrag. 2In solchen Fällen kann es dem Verhalten eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters entsprechen, zur Begrenzung von Verlusten ein Entgelt für die
Funktionsverlagerung zu vereinbaren, das die anfallenden Schließungskosten
nur teilweise deckt, oder eine Ausgleichszahlung an das übernehmende Unternehmen für die Übernahme der Verlustquelle zu leisten.
(4) 1Das Gewinnpotenzial des übernehmenden Unternehmens aus der übernommenen Funktion ist regelmäßig die Obergrenze des Verhandlungsrahmens (Höchstpreis des Einigungsbereichs). 2Tatsächlich bestehende Handlungsmöglichkeiten,
die das übernehmende Unternehmen als vom verlagernden Unternehmen
unabhängiges Unternehmen hätte, sind zu berücksichtigen, ohne die unternehmerische Dispositionsbefugnis des übernehmenden Unternehmens in Frage zu
stellen.
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(5) Auch in den Fällen der Absätze 2 und 3, in denen der Mindestpreis des verlagernden Unternehmens bei Null oder darunter liegt, ist nach dem Fremdvergleichsgrundsatz zu prüfen, ob ein unabhängiger Dritter nach § 1 Abs. 3 Satz 9
in Verbindung mit Satz 7 des Außensteuergesetzes bereit wäre, einen Preis für
die Übernahme der Funktion zu bezahlen.
§ 8 Schadenersatz- und Ausgleichsansprüche
1Gesetzliche oder vertragliche Schadenersatz- und Ausgleichsansprüche sowie Ansprüche aus dem vertraglichen oder tatsächlichen Ausschluss von für voneinander
unabhängige Dritte bestehenden Handlungsmöglichkeiten können der Besteuerung
einer Funktionsverlagerung zu Grunde gelegt werden, wenn der Steuerpflichtige
glaubhaft macht, dass solche Dritte unter ähnlichen Umständen in vergleichbarer Art
und Weise verfahren wären. 2Der Steuerpflichtige muss zusätzlich glaubhaft machen,
dass keine wesentlichen immateriellen Wirtschaftsgüter und Vorteile übertragen oder
zur Nutzung überlassen worden sind, es sei denn, die Übertragung oder Überlassung
ist zwingende Folge von Ansprüchen im Sinne des Satzes 1.
Abschnitt 3 Einzelheiten in Fällen nachträglicher Anpassungen
§ 9 Anpassungsregelungen des Steuerpflichtigen
Eine Anpassungsregelung des Steuerpflichtigen, die nachträgliche Anpassungen im
Sinne des § 1 Abs. 3 Satz 11 und 12 des Außensteuergesetzes ausschließt, liegt auch
dann vor, wenn im Hinblick auf wesentliche immaterielle Wirtschaftsgüter und
Vorteile Lizenzvereinbarungen getroffen werden, die die zu zahlende Lizenz vom
Umsatz oder Gewinn des Lizenznehmers abhängig machen oder für die Höhe der
Lizenz Umsatz und Gewinn berücksichtigen.
§ 10 Erhebliche Abweichungen
1In den Fällen des § 1 Abs. 3 Satz 12 des Außensteuergesetzes liegt eine erhebliche
Abweichung vor, wenn der unter Zugrundelegung der tatsächlichen Gewinnentwicklung zutreffende Verrechnungspreis außerhalb des ursprünglichen Einigungsbereichs liegt. 2Der neue Einigungsbereich wird durch den ursprünglichen Mindestpreis und den neu ermittelten Höchstpreis des übernehmenden Unternehmens begrenzt. 3Eine erhebliche Abweichung liegt auch vor, wenn der neu ermittelte
Höchstpreis niedriger ist als der ursprüngliche Mindestpreis des verlagernden Unternehmens.
§ 11 Angemessene Anpassungen
Eine Anpassung im Sinne des § 1 Abs. 3 Satz 12 des Außensteuergesetzes ist angemessen, wenn sie in den Fällen des § 10 Satz 1 dem Unterschiedsbetrag zwischen
dem ursprünglichen und dem neu ermittelten Verrechnungspreis entspricht, oder
wenn sie in den Fällen des § 10 Satz 3 dem Unterschiedsbetrag zwischen dem ur-
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sprünglichen Verrechnungspreis und dem Mittelwert zwischen dem neuen Höchstpreis des übernehmenden Unternehmens und dem ursprünglichen Mindestpreis des
verlagernden Unternehmens entspricht.
Abschnitt 4 Schlussvorschriften
§ 12 Anwendungsvorschrift
Diese Verordnung ist erstmals für den Veranlagungszeitraum 2008 anzuwenden.
§ 13 Inkrafttreten
Diese Verordnung tritt mit Wirkung vom 1. Januar 2008 in Kraft.
Der Bundesrat hat zugestimmt. Berlin, den 12. August 2008.
bb) Begründung zur Funktionsverlagerungsverordnung
Auszug aus der Bundesrat-Drucksache 352/08 vom 23.05.2008
Allgemeiner Teil
Durch das Unternehmensteuerreformgesetz 2008 sind die gesetzlichen Regelungen
zum Fremdvergleichsgrundsatz geändert worden. Insbesondere ist ein neuer Absatz 3 in § 1 des Außensteuergesetzes (AStG) eingefügt worden, der gesetzliche Bestimmungen enthält, die den international anerkannten und auch in Deutschland
geltenden Fremdvergleichsgrundsatz präzisieren. Die Regelungen entsprechen der
generellen Zielsetzung der Unternehmensteuerreform 2008, die einerseits die Steuersätze für Unternehmen senkt, aber andererseits deutsche Besteuerungsmöglichkeiten sicherstellen soll.
Der Fremdvergleichsgrundsatz ist außer in § 1 AStG auch in den von Deutschland
abgeschlossenen Doppelbesteuerungsabkommen enthalten (entsprechend Artikel 9
OECD-Musterabkommen), insbesondere in allen Doppelbesteuerungsabkommen,
die Deutschland mit Staaten der Europäischen Union abgeschlossen hat. Der Inhalt
des Fremdvergleichsgrundsatzes wird im internationalen Kontext vor allem durch
die OECD in ihren Verrechnungspreisleitlinien 1995 beschrieben und dient der
Aufteilung der Besteuerungsrechte zwischen den Staaten. Der Fremdvergleichsgrundsatz ist europarechtlich nicht zu beanstanden, vielmehr entsprechen sowohl die
damit verfolgten Ziele als auch die Wirkungsweise den Zielen und Anforderungen
des europäischen Binnenmarktes, insbesondere denen des Artikels 293 EG-Vertrag.
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Den Steuerpflichtigen und der Verwaltung wurden durch die Gesetzesänderungen
des § 1 AStG im Rahmen der Unternehmensteuerreform 2008 klare Regeln zur Anwendung des Fremdvergleichsgrundsatzes vorgegeben, die sich an den international
üblichen Maßstäben ausrichten und im internationalen Vergleich für Deutschland
wettbewerbsneutral sind. Diese Regeln helfen, Streitigkeiten über den steuerlich
maßgeblichen Verrechnungspreis, insbesondere internationale Besteuerungskonflikte mit anderen Staaten, zu vermeiden. Dadurch wird auch ein erhöhtes Maß an
Rechtssicherheit erreicht und die Gleichmäßigkeit der Besteuerung gewährleistet.
Wenn sich die Steuerpflichtigen an die gesetzlichen Vorgaben halten und ihre Einkünfte in den beteiligten Staaten in gleicher Weise erklären, werden die Ergebnisse
international auf Akzeptanz stoßen, weil sie dem Fremdvergleichsgrundsatz entsprechen.
§ 1 Abs. 3 Satz 13 AStG enthält die Ermächtigung zum Erlass einer Rechtsverordnung, um Einzelheiten zur Anwendung des Fremdvergleichsgrundsatzes regeln zu
können. Ziel ist es, zu einer einheitlichen Rechtsanwendung durch Steuerpflichtige
und Finanzbehörden beizutragen.
Die Rechtsverordnungsermächtigung wird zunächst für Fälle von Funktionsverlagerungen ausgeschöpft, um für Rechtssicherheit und Klarheit in diesem Bereich zu
sorgen. Zusätzlich werden Funktionsverlagerungen klar von Funktionsverdoppelungen abgegrenzt. Durch die Rechtsverordnung soll, noch konkreter als durch das Gesetz möglich, sichergestellt werden, dass von Steuerpflichtigen und Verwaltung
wettbewerbsneutrale und im internationalen Kontext akzeptable Lösungen gefunden
werden, die sich – ohne auf Besteuerungsrechte Deutschlands zu verzichten – an den
Aussagen in den OECD-Verrechnungspreisleitlinien 1995 orientieren. In einem geplanten BMF-Schreiben zur Thematik sollen weitere Einzelheiten, auch anhand von
Beispielsfällen, verdeutlicht werden.
Zu einem späteren Zeitpunkt soll die Ermächtigung des § 1 Abs. 3 Satz 13 AStG in
vollem Umfang genutzt werden, um im Bereich der internationalen Verrechnungspreise insgesamt zur Gleichmäßigkeit der Besteuerung beizutragen und ein größeres
Maß an Rechtssicherheit zu schaffen.
Es ist geprüft worden, ob die Rechtsverordnung mit Europarecht vereinbar ist, mit
dem Ergebnis, dass insofern keine rechtlichen Zweifel bestehen. Da die Rechtsverordnung den Fremdvergleichsgrundsatz lediglich – ausgehend von den neuen gesetzlichen Regelungen des § 1 Abs. 3 AStG – weiter präzisiert, besteht kein Anhaltspunkt für europarechtliche Bedenken. Die Ausgestaltung der Regelungen entspricht den Anforderungen des EG-Vertrages.
466
Besonderer Teil
Zu § 1
Zu Absatz 1
Satz 1
Satz 1 enthält eine allgemeine und umfassende Definition des Begriffs „Funktion“,
der Ausgangspunkt für die Besteuerung von Funktionsverlagerungen ist. Um eine
ausufernde Anwendung zu vermeiden, enthält die Rechtsverordnung eine Reihe von
Einzelregelungen, die bestimmte Sachverhalte praktisch ausschließen, z.B. § 1
Abs. 3 und 4 sowie § 2 Abs. 2.
Satz 2
Satz 2 übernimmt die Formulierung aus der Gesetzesbegründung zu § 1 Abs. 3
Satz 9 AStG, um zu verdeutlichen, dass eine Funktion aus betriebswirtschaftlicher Sicht die Zusammenfassung betrieblicher Aufgaben darstellt, die Gegenstand eines einheitlichen Verlagerungsvorgangs sein können und deren Gewinnauswirkungen für die beteiligten Unternehmen sachgerecht abgrenzbar sind.
Eine Funktion muss danach über eine gewisse Eigenständigkeit verfügen, die es
erlaubt, ihr bestimmte Erträge und Aufwendungen zuzuordnen. Demgegenüber
kommt es nicht darauf an, ob insoweit die steuerlichen Voraussetzungen für
einen Teilbetrieb vorliegen.
Die Regelung ist insbesondere für das Verständnis von § 1 Abs. 4 Satz 2 zweite Alternative von Bedeutung.
Zu Absatz 2
Satz 1
Die Definition des Begriffs „Funktionsverlagerung“ in Satz 1 enthält als wichtige Regelungselemente die Begriffe des „verlagernden“ und des „übernehmenden“ Unternehmens. Die Tatbestandsvoraussetzungen der Funktionsverlagerung
werden herausgearbeitet. Eine Funktionsverlagerung liegt nur vor, wenn das
verlagernde Unternehmen aufgrund des Vorgangs die betreffende Funktion einstellt oder zumindest einschränkt. Die Definition verdeutlicht, dass es für eine
Funktionsverlagerung erforderlich ist, dass das verlagernde Unternehmen dem
übernehmenden Unternehmen die Grundlagen dafür zur Verfügung stellt, damit
dieses die Funktion ausüben kann. Dagegen kommt es nicht darauf an, ob das
übernehmende Unternehmen mit den übertragenen oder zur Nutzung überlassenen Wirtschaftsgütern und Vorteilen die Funktion tatsächlich in gleicher Weise
wie das verlagernde Unternehmen ausübt.
467
Satz 2
Satz 2 stellt klar, dass eine Funktionsverlagerung auch dann vorliegt, wenn die
Funktion eines Unternehmens nur für eine zeitliche begrenzte Dauer auf das übernehmende Unternehmen übergeht.
Satz 3
Die vollständige Durchführung einer Funktionsverlagerung wird in der Praxis
häufig einen längeren Zeitraum in Anspruch nehmen. Aus diesem Grund ordnet
Satz 3 eine veranlagungszeitraumübergreifende Betrachtung an, um feststellen
zu können, ob mehrere Geschäftsvorfälle, die – für sich alleine betrachtet – im
Sinne des § 1 Abs. 4 nicht als Funktionsverlagerung anzusehen wären, trotzdem
in ihrem Zusammenwirken wirtschaftlich eine einheitliche Funktionsverlagerung
darstellen. Dies kann auch in Zusammenhang mit § 1 Abs. 7 von Bedeutung
sein. Satz 3 bestimmt außerdem den Zeitpunkt, zu dem eine Funktionsverlagerung vorliegt. Durch die Regelung wird eine „rückwirkende Funktionsverlagerung“ vermieden. Damit wird auch klargestellt, dass die Aufzeichnungspflichten
für außergewöhnliche Geschäftsvorfälle nach § 3 GAufzV erst dann eingreifen,
wenn tatsächlich eine Funktionsverlagerung verwirklicht wurde, soweit diese die
Voraussetzungen des § 3 GAufzV erfüllt.
Zu Absatz 3
Satz 1
Satz 1 stellt klar, dass in Fällen, in denen zwar wesentliche Voraussetzungen für eine
Funktionsverlagerung nach § 1 Abs. 2 erfüllt sind, keine Funktionsverlagerung vorliegt, wenn es zu keiner Einschränkung der Funktion des bisher tätigen Unternehmen kommt. Diese Fälle werden als Funktionsverdoppelungen definiert, für die die
Regelungen zum Transferpaket nicht anwendbar sind. Führt die Funktionsverdoppelung lediglich zu einer geringfügigen oder zeitlich begrenzten Einschränkung der
betreffenden Funktion beim bisher schon tätigen Unternehmen (Bagatellfälle), entfällt die Anwendung der Regelungen für Funktionsverlagerungen unter den Voraussetzungen des § 1 Abs. 4 Satz 2 zweite Alternative. Die Abgrenzung derartiger Fälle
soll im vorgesehenen BMF-Schreiben zur Funktionsverlagerung, auch anhand von
Beispielen, herausgearbeitet werden.
Für Funktionsverdoppelungen gilt grundsätzlich ebenfalls der Fremdvergleichsgrundsatz, d.h. für sämtliche zum Zweck der Funktionsverdoppelung übertragenen
oder zur Nutzung überlassenen Wirtschaftsgüter und Vorteile und für alle in diesem
Zusammenhang erbrachten Dienstleistungen sind angemessene Verrechnungspreise
anzusetzen. Der sachliche Unterschied zu Funktionsverlagerungen liegt hinsichtlich
der Bestimmung der Verrechnungspreise darin, dass in Fällen von Funktionsverdoppelungen davon ausgegangen werden kann, dass die Summe der Einzelpreise der
übertragenen bzw. zur Nutzung überlassenen Wirtschaftsgüter und Vorteile und der
468
erbrachten Dienstleistungen dem Preis für das Transferpaket entspricht. Dies beruht
vor allem darauf, dass keine Einschränkung der Funktionsausübung des bisher schon
tätigen Unternehmens eintritt (§ 1 Abs. 2 Satz 1) und deshalb typisierend davon ausgegangen werden kann, dass in diesem Zusammenhang immaterielle Wirtschaftsgüter allenfalls zur Nutzung überlassen werden und bestimmte, wichtige immaterielle Wirtschaftsgüter nicht Gegenstand des Vorgangs sind, z.B. der Kundenstamm
oder Teile davon. Beinhaltet eine Funktionsverdoppelung außerordentliche Geschäftsvorfälle, z.B. weil nach § 3 GAufzV wesentliche Funktions- und Risikoänderungen im Konzern eintreten, greift im Übrigen die Verpflichtung zur zeitnahen Erstellung von Aufzeichnungen.
Satz 2
Satz 2 stellt klar, dass in den angesprochenen Fällen die Geschäftsvorfälle der (bisherigen) Funktionsverdoppelung und die späteren Geschäftsvorfälle, die zur Annahme einer Funktionsverlagerung führen, insgesamt eine einheitliche Funktionsverlagerung darstellen. Die Funktionsverlagerung ist in dem Zeitpunkt als solche zu
behandeln, in dem – aufgrund eines der späteren Geschäftsvorfälle – feststeht, dass
insgesamt eine Funktionsverlagerung verwirklicht worden ist. Hierdurch wird auch
klargestellt, dass die Aufzeichnungspflichten für außergewöhnliche Geschäftsvorfälle nach § 3 GAufzV (soweit die Vorraussetzungen vorliegen) erst in diesem Zeitpunkt wirksam werden.
Die Verpflichtung des Steuerpflichtigen zur Glaubhaftmachung ist angemessen, weil
der erforderliche Sachverhalt in der Sphäre des Steuerpflichtigen verwirklicht wird
und er den direkten Zugang zu den erforderlichen Informationen hat. Die Glaubhaftmachung erfordert eine plausible Darlegung aller tatsächlichen, objektiven Umstände, die den Rückschluss zulassen, dass kein unmittelbarer wirtschaftlicher Zusammenhang zwischen der (späteren) Einschränkung der betreffenden Funktion des
bisher schon tätigen Unternehmens und der Aufnahme dieser Funktion durch das
andere Unternehmen gegeben ist.
Die Fünfjahresfrist ist angemessen, weil einerseits innerhalb dieser Frist im Regelfall abschließend erkennbar wird, ob eine Funktionsverlagerung oder eine Funktionsverdoppelung vorliegt und andererseits ein längerer Zeitraum zu große Belastungen für die Steuerpflichtigen verursachen könnte.
Zu Absatz 4
Satz 1
Satz 1 dient der Abgrenzung der Funktionsverlagerung von anderen Geschäftsvorfällen, um eine zu weit gehende Erfassung von Geschäftsvorfällen als „Funktionsverlagerungen“ zu vermeiden. Dies gilt für die Veräußerung oder die Nutzungs-
überlassung von Wirtschaftsgütern jeder Art oder für Dienstleistungen, es sei denn,
469
solche Geschäftsvorfälle sind wirtschaftlich Bestandteil einer Funktionsverlagerung
im Sinne des § 1 Abs. 2.
Satz 2
Auch die Entsendung von Personal im Konzern im Sinne des BMF-Schreibens vom
9. November 2001, BStBl I, 796, wird als solche nach Satz 2 regelmäßig nicht als
Funktionsverlagerung nach Absatz 3 anzusehen sein. Auch dies schränkt den Anwendungsbereich der Vorschriften über Funktionsverlagerungen sachgerecht ein.
Eine Funktionsverlagerung kann aber in Personalentsendungsfällen z.B. dann vorliegen, wenn das entsandte Personal seinen bisherigen Zuständigkeitsbereich aus
dem entsendenden Unternehmen mitnimmt und nach der Entsendung im aufnehmenden Unternehmen die gleiche Tätigkeit ausübt und in Folge dessen Wirtschaftsgüter und Vorteile übertragen oder zur Nutzung überlassen werden bzw. Chancen
und Risiken übergehen. In solchen Fällen gelten die Regelungen zur Funktionsverlagerung vorrangig. In Fällen, in denen Personal eines Unternehmens in einem nahe
stehenden Unternehmen tätig wird, ist zu prüfen, ob das zuerst genannte Unternehmen eine Dienstleistung für das nahe stehende Unternehmen erbringt, für die der
fremdübliche Verrechnungspreis zu bestimmen ist. Eine solche Leistungserbringung
stellt regelmäßig weder eine Personalentsendung noch eine Funktionsverlagerung
dar. Etwas anderes kann gelten, wenn im Rahmen einer solchen Dienstleistung auch
Chancen und Risiken des zuerst genannten Unternehmens übergehen.
Außerdem werden Vorgänge aus dem Anwendungsbereich herausgenommen, die im
Fremdvergleich nicht als Veräußerung oder Erwerb einer Funktion anzusehen sind,
z.B. wenn der Gegenstand der Verlagerung kein organischer Teil eines Unternehmens ist oder wenn es sich lediglich um geringfügige oder zeitlich begrenzte Verlagerungen handelt (Bagatellfälle), die keine relevante Gewinnauswirkung haben.
Derartige Fälle sollen im vorgesehenen BMF-Schreiben zu Funktionsverlagerungen
anhand von Beispielen herausgearbeitet werden. Dadurch wird die Definition der
Funktion in § 1 Abs. 1 sachgerecht eingeschränkt. Auch Vorgänge, die formal den
Tatbestand einer Funktionsverlagerung erfüllen, aber entsprechend dem Fremdvergleichsgrundsatz tatsächlich anders abgewickelt werden (z.B. fristgerechte Kündigung von Verträgen, Auslaufen einer Vertragsbeziehung) und deshalb von voneinander unabhängigen Dritten nicht als Funktionsverlagerung angesehen würden, werden aus dem Anwendungsbereich ausgeschieden, siehe auch § 8.
Zu Absatz 5
Absatz 5 definiert den Begriff „Transferpaket“, der Ausgangspunkt für die Verrechnungspreisbestimmung in Fällen von Funktionsverlagerungen ist. Hierzu werden vor
allem in § 2 ergänzende Regelungen getroffen. Die Begriffsbestimmung macht
deutlich, dass in einem Transferpaket, das bei einer Funktionsverlagerung übergeht,
regelmäßig unterschiedliche Wirtschaftsgüter und Vorteile enthalten sind. Um den
470
Fremdvergleichsgrundsatz einzuhalten, kommt es in erster Linie darauf an, Verrechnungspreise anzusetzen (§ 4), die in ihrer Summe dem Wert des Transferpakets entsprechen (§ 3). Wesentliche Elemente der Wertbestimmung für das Transferpaket
als Ganzes (d.h. auch für die Verrechnungspreisbestimmung für die darin enthaltenen Wirtschaftsgüter, Vorteile und Dienstleistungen) sind vor allem die übergehenden Chancen und Risiken, d.h. die jeweiligen Gewinnpotenziale. Die in einem
Transferpaket enthaltenen Vorteile, die im Rahmen einer Einzelpreisbestimmung für
die übergehenden bzw. zur Nutzung überlassenen Wirtschaftsgüter häufig nicht erkennbar sind, werden erst durch die Betrachtung der insgesamt übergehenden Chancen und Risiken sichtbar.
Zu Absatz 6
Absatz 6 definiert den Begriff „Gewinnpotenziale“, der für die Bestimmung der
Verrechnungspreise in Zusammenhang mit Funktionsverlagerungen von besonderer
Bedeutung ist. Für die Wertbestimmung des Transferpakets ist es regelmäßig erforderlich, das Gewinnpotenzial sowohl des verlagernden Unternehmens (wesentliches
Element für den Mindestpreis im Einigungsbereich) als auch das Gewinnpotenzial
des übernehmenden Unternehmens (wesentliches Element für den Höchstpreis im
Einigungsbereich) jeweils aus ihren Gewinnerwartungen, bezogen auf die verlagerte
Funktion, abzuleiten. Auszugehen ist von dem zu erwartenden Reingewinn nach
Steuern, denn auch voneinander unabhängige Dritte würden ihre Zahlungsbereitschaft für das Transferpaket von dem zu erwartenden Nettoergebnis aus der Übernahme der Funktion abhängig machen. Ausgangspunkt für die Berechnung sind die
Unterlagen der beiden nahe stehenden Unternehmen und ggf. der Muttergesellschaft
oder anderer nahe stehender Unternehmen, aus denen sich die betriebswirtschaftlichen Gründe für die Funktionsverlagerung ergeben (§ 3 Abs. 2 Satz 2). Die internen
betriebswirtschaftlichen Bewertungsgrundsätze und -methoden sind anzuerkennen,
wenn sie einheitlich auf die beteiligten Unternehmen angewandt werden und dies
nicht zu erkennbar dem Fremdvergleichsgrundsatz widersprechenden Ergebnissen
führt.
Zu Absatz 7
In Fällen von Funktionsverlagerungen wird für die Frage der Wesentlichkeit immaterieller Wirtschaftsgüter und Vorteile auf deren Erforderlichkeit für die jeweilige
Funktion (qualitativer Maßstab) und auf einen quantitativen Maßstab abgestellt. Wesentliche immaterielle Wirtschaftsgüter liegen nur vor, wenn beide Voraussetzungen
erfüllt sind.
Im Hinblick auf den quantitativen Maßstab werden immaterielle Wirtschaftsgüter
und Vorteile nur dann als „wesentlich“ angesehen, wenn sie nicht nur von untergeordneter Bedeutung sind (Bagatellgrenze von fünfundzwanzig Prozent der Summe
471
der Einzelverrechnungspreise für die Bestandteile des Transferpakets). Die nach § 3
Abs. 2 Satz 2 vorzulegenden Unterlagen, die für die Unternehmensentscheidung für
die Funktionsverlagerung maßgeblich waren, eignen sich auch zur Überprüfung des
Realitätsgehalts der Angaben über die im Rahmen der Funktionsverlagerung übertragenen bzw. zur Nutzung überlassenen immateriellen Wirtschaftsgüter und Vorteile und deren relativen Wert im Verhältnis zum Wert der Summe aller Bestandteilen des Transferpakets. Bilden Geschäftsvorfälle mehrerer Wirtschaftsjahre nach
Absatz 2 Satz 3 wirtschaftlich eine einheitliche Funktionsverlagerung und betreffen
diese Geschäftsvorfälle immaterielle Wirtschaftsgüter und Vorteile, sind die einzelnen Geschäftsvorfälle auch zur Bestimmung der quantitativen Grenze des Absatzes
7 zusammenzufassen.
Zu § 2
Zu Absatz 1
Satz 1
Satz 1 nimmt den systematischen Ansatz des § 1 Abs. 3 Satz 1 bis 4 AStG auf, um
zu verdeutlichen, dass der hypothetische Fremdvergleich auch für Funktionsverlagerungen im Grundsatz nur nachrangig anzuwenden ist. In der Praxis wird es allerdings schwierig sein, zumindest eingeschränkt vergleichbare Werte für ein Transferpaket zu finden, da dieses sich regelmäßig individuell zusammensetzt, so dass für
diese Fälle regelmäßig der hypothetische Fremdvergleich anzuwenden sein wird.
Satz 2
Satz 2 weist auf den für Funktionsverlagerungen praktisch relevanten Fall des
hypothetischen Fremdvergleichs hin.
Satz 3
Satz 3 weist auf die Öffnungsklausel des § 1 Abs. 3 Satz 10 erste Alternative AStG
hin, die Fälle nennt, in denen eine Wertermittlung für das Transferpaket als Ganzes
nicht erforderlich ist.
Zu Absatz 2
Satz 1
Um eine zu weit gehende Behandlung von Geschäftsvorfällen als „Funktionsverlagerungen“ zu vermeiden, nimmt Satz 1 bestimmte Sachverhalte von der Transferpaketbetrachtung aus, auch wenn sie nach der Definition des § 1 Abs. 2 Satz 1 eine
Funktionsverlagerung sind. Dies sind Fälle, in denen das übernehmende Unternehmen seine Leistungen, die mit der übergehenden Funktion in Zusammenhang stehen,
ausschließlich gegenüber dem verlagernden Unternehmen erbringt und seine Vergütung zu Recht nach der Kostenaufschlagsmethode bestimmt wird. Diese Methode
472
ist vor allem anzuwenden, wenn es sich im Sinne der Tz. 3.4.10.2 Buchstabe a) des
BMF-Schreibens vom 12. April 2005, BStBl I, 570, um ein „Unternehmen mit
Routinefunktionen“ handelt, das nur geringe Risiken trägt. In solchen Fällen erschöpft sich die laufende Vergütung für die Leistungen des übernehmenden Unternehmens in einem bloßen Tätigkeitsentgelt. Auf ein solches Unternehmen gehen
aufgrund der Funktionsverlagerung keine Chancen und Risken über, die die Zahlung
eines besonderen Entgelts an das verlagernde Unternehmen für die Übertragung
oder Nutzungsüberlassung immaterieller Wirtschaftsgüter und Vorteile rechtfertigen, die sonst Bestandteile eines Transferpakets sein können.
Satz 2
Etwas anderes gilt nach Satz 2, wenn das übernehmende Unternehmen vom verlagernden Unternehmen ursprünglich unentgeltlich zur Verfügung gestellte Wirtschaftsgüter und Vorteile, insbesondere immaterielle Wirtschaftsgüter und Vorteile
(z.B. Patente, Know-how), auch für Leistungen gegenüber unabhängigen Dritten
und/oder anderen nahe stehenden Unternehmen verwendet und für diese Leistungen
Marktpreise erzielt oder nach dem Fremdvergleichsgrundsatz erzielen müsste, die
regelmäßig höher sind als das nach der Kostenaufschlagsmethode berechnete Entgelt. In diesen Fällen nimmt das übernehmende Unternehmen eigene Chancen und
Risiken unter Nutzung von Wirtschaftsgütern und Vorteilen des verlagernden Unternehmens wahr. Dies begründet nach dem Fremdvergleichsgrundsatz regelmäßig
eine Entgeltpflicht des übernehmenden Unternehmens gegenüber dem verlagernden
Unternehmen für die eigenständige Nutzung der betreffenden Wirtschaftsgüter und
Vorteile, die entsprechend den allgemein geltenden Regeln als Transferpaket anzusehen sind.
Zu Absatz 3
Satz 1
Satz 1 regelt, dass es in den Fällen des § 1 Abs. 3 Satz 10 zweite Alternative AStG
immer erforderlich ist, den Einigungsbereich auf der Grundlage der jeweiligen Gewinnpotenziale und den Wert für das Transferpaket als Ganzes gemäß § 1 Abs. 3
Satz 7 und 9 AStG zu ermitteln (ggf. unter Ansatz des Mittelwerts).
Um die Summe der Einzelverrechnungspreise zu bestimmen, ist eine Verrechnungspreisbestimmung für die einzelnen übertragenen oder zur Nutzung überlassenen
Wirtschaftsgüter und Vorteile und für die erbrachten Dienstleistungen nach § 1
Abs. 3 Satz 1 bis 5 AStG erforderlich, d.h. auf der Grundlage von uneingeschränkt
oder eingeschränkt vergleichbaren Vergleichswerten oder, soweit diese nicht ermittelbar sind, entsprechend dem hypothetischen Fremdvergleich auf Grundlage der
jeweiligen Gewinnpotenziale.
473
Satz 2
Satz 2 ermöglicht den Ansatz der Summe der Einzelverrechnungspreise für die betroffenen, vollständig zu erfassenden Wirtschaftsgüter und Vorteile unter zwei Voraussetzungen:
Erstens muss die Summe der Einzelverrechnungspreise in jedem Fall im festgestellten Einigungsbereich liegen (vgl. Gesetzesbegründung zu § 1 Abs. 3 Satz 10 AStG).
Zweitens muss der Steuerpflichtige glaubhaft machen, dass die Summe der isoliert
ermittelten Einzelverrechnungspreise für alle, vollständig erfassten Bestandteile
(Wirtschaftsgüter und sonstige Vorteile) des Transferpakets dem Verrechnungspreis
entspricht, den voneinander unabhängigen Dritte insgesamt für die Funktionsverlagerung vereinbart hätten. Dies ist anzunehmen, wenn die Summe der Einzelverrechnungspreise entsprechend § 1 Abs. 3 Satz 7 AStG dem Fremdvergleichsgrundsatz
am besten entspricht. Voraussetzung für die Glaubhaftmachung ist vor allem, dass
der Steuerpflichtige die Differenz zwischen der Gesamtsumme der Einzelverrechnungspreise und dem Verrechnungspreis für das Transferpaket als Ganzes aufklärt,
d.h. dass die Differenz nach dem Fremdvergleichsgrundsatz begründet ist.
Zu § 3
Zu Absatz 1
Absatz 1 verpflichtet Steuerpflichtige und Finanzbehörden in den Fällen des hypothetischen Fremdvergleichs dazu, für das übergehende Transferpaket einen betriebswirtschaftlich begründeten Gesamtwert („net present value“) zu bestimmen,
weil die Summe der Verrechnungspreise für die einzeln betrachteten, übertragenen
oder zur Nutzung überlassenen Wirtschaftsgüter und erbrachten Dienstleistungen in
der Regel nicht mit dem betriebswirtschaftlich begründeten Wert des Transferpakets
übereinstimmt. Grund hierfür ist, dass im Transferpaket Vorteile enthalten sein können, die bei isolierter Betrachtung und bei einer Verrechnungspreisbestimmung für
die einzelnen Wirtschaftsgüter und Dienstleistungen nicht berücksichtigt werden
können. Zur Bestimmung des Wertes des Transferpakets ist deshalb – ähnlich wie
beim „Commensurate with Income Standard“ (§ 1.482-4 (a) US-Regulations) für
immaterielle Wirtschaftsgüter – von den jeweiligen Gewinnpotenzialen des verlagernden und des übernehmenden Unternehmens aus der übertragenen Funktion auszugehen, soweit das Transferpaket wesentliche immaterielle Wirtschaftsgüter enthält. Dies entspricht auch der Verhandlungssituation voneinander unabhängiger
Dritter. Aus diesem Grund ist in diesen Fällen Maßstab für die Einhaltung des
Fremdvergleichsgrundsatzes, dass die Summe der Verrechnungspreise für die verschiedenen Einzelelemente, die Gegenstand von Kaufverträgen, Nutzungsüberlassungsverträgen, Dienstleistungsverträgen usw. sein können (§ 4), wirtschaftlich insgesamt den übergehenden Chancen und Risiken und den Gewinnpotentialen und
damit dem Wert des Transferpakets (§ 3) entspricht.
474
Absatz 1 macht es darüber hinaus zur Vorraussetzung, dass das Transferpaket dem
verlagernden Unternehmen auch zuzurechnen ist, denn sonst hat dieses im Fremdvergleich keine Berechtigung, hierfür ein Entgelt zu beanspruchen. Das Transferpaket ist diesem Unternehmen zuzurechnen, wenn und soweit es selbst den erforderlichen Aufwand dafür getragen hat, Wirtschaftsgüter und Vorteile, die Teil des Transferpakets sind, herzustellen oder zu erwerben. Dies gilt z.B. für eine Vertriebsgesellschaft, die Aufwendungen getragen hat, um einen Kundenstamm aufzubauen, und
die diesen ganz oder teilweise zusammen mit anderen Wirtschaftsgütern und Vorteilen im Rahmen einer Funktionsverlagerung einem nahe stehenden Unternehmen
überträgt oder zur Nutzung überlässt.
Zu Absatz 2
Satz 1
Zur Bestimmung der Gewinnpotenziale ist für die Berechnung des Einigungsbereichs nach Satz 1 grundsätzlich sowohl für das verlagernde als auch für das übernehmende Unternehmen eine Funktionsanalyse jeweils vor und nach Funktionsverlagerung durchzuführen. Auf die Fälle des § 7 Abs. 2, in denen der Mindestpreis des
verlagernden Unternehmens dem Liquidationswert entspricht, wird hingewiesen.
Tatsächlich bestehende Handlungsalternativen, jeweilige Standortvorteile bzw. nachteile und zu erwartende Synergieeffekte beeinflussen aus der Sicht voneinander
unabhängiger Dritter die Gewinnerwartung und damit auch das Gewinnpotenzial.
Nach dem Fremdvergleichsgrundsatz müssen diese Faktoren auch zwischen nahe
stehenden Unternehmen berücksichtigt werden, ohne dass deshalb von vorn herein
feststehen würde, welchem Unternehmen die entsprechenden Vorteile im Rahmen
der Wertbestimmung zustehen bzw. wie sie aufzuteilen sind. Zu den Handlungsmöglichkeiten siehe auch § 7 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 4 Satz 2.
Satz 2
Die in Satz 2 angesprochenen Unterlagen, die auf den unternehmensinternen, allgemein
angewandten, betriebswirtschaftlichen Bewertungsgrundlagen und -methoden beruhen,
müssen nach § 90 Abs. 3 AO vorgelegt werden, weil sie den zuverlässigsten Ausgangspunkt für eine realistische Beurteilung der Funktionsverlagerung bilden. Denn diese
Unterlagen waren tatsächlich Grundlage für die Entscheidung des Unternehmens, die
Funktionsverlagerung durchzuführen. Sie sind Grundlage der Aufzeichnungen für die
Berechnung des Einigungsbereichs nach § 7. Davon soll nur abgewichen werden, wenn
klare Anzeichen dafür vorliegen, dass die Unterlagen oder die darauf basierenden Berechnungen fehlerhaft sind. Es ist zu beachten, dass ein unabhängiger Dritter – jeweils in
der Situation des verlagernden bzw. des übernehmenden Unternehmens – nicht dazu bereit wäre, bei Verhandlungen über das Entgelt für die Funktionsverlagerung einen funktions- und risikoangemessenen „Mindestgewinn“ zur Disposition zu stellen. Diesem Aspekt wird durch die Anwendung angemessener Kapitalisierungszinssätze bei der Ermittlung des Einigungsbereichs Rechnung getragen (§ 5).
475
Satz 3
Satz 3 nennt als wesentliche Elemente zur Berechnung der Gewinnpotenziale (Barwert) drei Faktoren: Als Erstes sind die jeweiligen Gewinnerwartungen eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters im Sinne des § 1 Abs. 1 Satz 2 AStG
aus der verlagerten Funktion festzustellen, so dass für die Gewinnerwartungen des
verlagernden und des übernehmenden Unternehmens auf einen gleichen Maßstab
abzustellen ist. Als Zweites sind die Gewinnerwartungen jeweils mit einem angemessenen Kapitalisierungszinssatz zu diskontieren, der die übernommenen Chancen
und Risiken berücksichtigt (§ 5). Durch die Abzinsung der Gewinnerwartungen mit
dem zutreffenden Kapitalisierungszinssatz wird erreicht, dass sich sowohl das verlagernde Unternehmen als auch das übernehmende Unternehmen durch den Vorgang
nicht schlechter stellen als durch eine vergleichbare alternative Investition, z. B. am
Kapitalmarkt (Mindestrendite). Als Drittes ist der Kapitalisierungszeitraum festzulegen, der in Abhängigkeit von den konkreten Umständen der Funktionsausübung zu
bestimmen ist. Gründe für einen bestimmten funktionsabhängigen Kapitalisierungszeitraum können z.B. sein, dass das übernehmende Unternehmen die verlagerte
Funktion nur für einen begrenzten Zeitraum ausüben wird oder dass die ursprünglichen Investitionen und Vorleistungen des verlagernden Unternehmens mit der Zeit
ihren Wert verlieren und die eigenen Investitionen des übernehmenden Unternehmens für die Ausübung der Funktion immer mehr an Bedeutung gewinnen.
Zu § 4
Zu Absatz 1
Absatz 1 weist darauf hin, dass es in der unternehmerischen Dispositionsfreiheit
liegt, wie eine Funktionsverlagerung rechtlich und vertraglich strukturiert wird.
Diese Entscheidungen sind von der Steuerverwaltung dem Grunde nach anzuerkennen, soweit sie nicht in Ausnahmefällen dem Fremdvergleichsgrundsatz widersprechen. Insofern werden im Rahmen einer Funktionsverlagerung häufig jeweils gesonderte Verträge für die Übertragung von Wirtschaftsgütern (Verkauf), für die Nutzungsüberlassung von Wirtschaftsgütern (z.B. Miete, Lizenzierung) und für die
Erbringung von Dienstleistungen vorliegen oder entsprechend dem Fremdvergleichsgrundsatz anzunehmen sein. Die Summe der Einzelverrechnungspreise muss
jedoch unter Berücksichtigung der jeweiligen Gewinnpotenziale (einschließlich der
Chancen, Risiken und Vorteile) insgesamt dem Wert des Transferpakets nach § 3
entsprechen; dieser Rechtsgedanke ist auch in § 1 Abs. 3 Satz 10 zweite Alternative
AStG enthalten.
Zu Absatz 2
Nach Absatz 2 ist, mangels anderer konkreter Anhaltspunkte, im Einverständnis mit
dem Steuerpflichtigen eine Nutzungsüberlassung der Wirtschaftsgüter und Vorteile
476
des Transferpakets anzunehmen und nicht von einer Übertragung auszugehen. Dadurch wird die Sofortversteuerung ggf. erheblicher stiller Reserven (Differenz zwischen dem Fremdvergleichspreis und dem Buchwert) vermieden, die zu unerwünschten Liquiditätsproblemen führen kann.
Zu Absatz 3
Absatz 3 bestimmt, dass in Fällen von zunächst nicht erkannten Funktionsverlagerungen, die sich veranlagungszeitraumübergreifend über eine längere Frist erstrecken, der Wert des Transferpakets (§ 3) dadurch erreicht werden soll, dass die Verrechnungspreise für die zuletzt verwirklichten Geschäftsvorfälle dem Fremdvergleichsgrundsatz entsprechend so angesetzt werden (§ 4), dass sie zusammen mit
den zuerst verwirklichten Geschäftsvorfällen in der Summe diesem Wert entsprechen. Dadurch sollen Änderungen der Verrechnungspreise für die zuerst verwirklichten Geschäftsvorfälle und damit internationale Doppelbesteuerungsprobleme
vermieden werden, denn die zuerst verwirklichten Geschäftsvorfälle werden häufig
schon Gegenstand der Ertragsbesteuerung im anderen Staat gewesen sein.
Zu § 5
Satz 1
Ausgangspunkt für die Bestimmung des angemessenen Kapitalisierungszinssatzes
ist nach Satz 1 der Zins für eine risikolose Investition, der jeweils für den Markt des
verlagernden und des übernehmenden Unternehmens zu ermitteln ist. Dadurch wird
ein Teil der jeweiligen Gewinnerwartungen abgebildet, denn jede Investition in dem
betreffenden Markt setzt zumindest eine solche Renditeerwartung voraus. Funktions- und risikoadäquate Zuschläge auf den Zinssatz für eine risikolose Investition
sind notwendig, um die Chancen und Risiken, die mit der verlagerten Funktion zusammenhängen, im Vergleich zu denjenigen, die mit einer risikolosen Investition
verbunden sind, zu berücksichtigen. Die Zuschläge sollen sich an den Renditen orientieren, die für die Ausübung vergleichbarer Funktionen erzielt werden, wenn ausreichend vergleichbare Renditeerwartungen ermittelt werden können. Ist das nicht
der Fall, ist von den Gewinnerwartungen des Gesamtunternehmens auszugehen und
der verlagerten Funktion ein angemessener Anteil am zu erwartenden Gesamtgewinn zuzuordnen, der als Zuschlag auf eine risikolose Investition darzustellen ist.
Satz 2
Die Zinssätze für risikolose Investitionen unterscheiden sich je nach ihrer Laufzeit.
Satz 2 bestimmt für den Regelfall des § 3 Abs. 2 Satz 3 (von den Umständen der
Funktionsausübung abhängiger Kapitalisierungszeitraum), dass risikolose Investitionen heranzuziehen sind, deren Laufzeit z.B. der voraussichtlichen Ausübung der
Funktion oder der Wertbeständigkeit der wesentlichen immateriellen Wirtschafts-
477
güter entspricht, um möglichst vergleichbare Verhältnisse zu Grunde zu legen. Muss
nach § 6 ein unbegrenzter Kapitalisierungszeitraum zu Grunde gelegt werden, ist
von einer möglichst langfristigen Vergleichsinvestition auszugehen.
Satz 3
Sowohl für das verlagernde als auch für das übernehmende Unternehmen ist nach
Satz 3 die Risikobeurteilung zu unterstellen, die aus der übrigen Geschäftstätigkeit
des jeweiligen Unternehmens ersichtlich ist. Dadurch wird eine Verzerrung des Einigungsbereichs vermieden.
Zu § 6
§ 6 sieht vor, dass ein unbegrenzter Kapitalisierungszeitraum angewandt wird, wenn
ein von den Umständen der Funktionsausübung abhängiger Kapitalisierungszeitraum nicht konkret belegt werden kann. Dies ist notwendig, damit die erforderlichen
Berechnungen rechtssicher vorgenommen werden können. Dies ist auch berechtigt,
da auch für Betriebs- oder Teilbetriebsveräußerungen nach betriebswirtschaftlichen
Grundsätzen ein unbegrenzter Kapitalisierungszeitraum angewandt wird und Funktionsverlagerungen solchen Vorgängen ähnlich sind.
Zu § 7
Zu Absatz 1
Satz 1
In Satz 1 wird als erste Fallgruppe geregelt, wie in Fällen, in denen das verlagernde
Unternehmen aus der verlagerten Funktion in Zukunft Gewinne zu erwarten hatte,
die Untergrenze des Einigungsbereichs, d.h. der Mindestpreis dieses Unternehmens,
zu berechnen ist. Zwischen voneinander unabhängigen Dritten ist davon auszugehen, dass in diesen Fällen das verlagernde Unternehmen mindestens einen Ausgleich
für das ganz oder teilweise wegfallende Gewinnpotenzial und Ersatz für ggf. anfallende Schließungskosten verlangen würde. Ohne eine solche Zahlung ist die Aufgabe einer Funktion aus der Sicht des verlagernden Unternehmens betriebswirtschaftlich nicht sinnvoll. Hierzu ist unter den genannten Vorgaben eine Grenzpreisberechnung aus der Sicht eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters
vorzunehmen.
Satz 2
Handlungsalternativen des verlagernden Unternehmens sind nach Satz 2 zu berücksichtigen, weil diese Einfluss auf die von diesem Unternehmen zu beachtende Untergrenze des Einigungsbereichs haben können. Wichtig ist die Anerkennung von
Handlungsalternativen, die in der unternehmerischen Dispositionsfreiheit begründet
sind. Grenze dieser Dispositionsbefugnis ist die Verrechnungspreisbestimmung aus
478
der Sicht von zwei ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleitern im Sinne des
§ 1 Abs. 1 Satz 2 AStG, deren Kenntnis über alle wesentlichen Umstände unterstellt
werden muss, um den Einigungsbereich und das Ergebnis fiktiver Verhandlungen
zwischen voneinander unabhängigen Dritten bestimmen zu können.
Zu Absatz 2
Absatz 2 betrifft als zweite Fallgruppe Fälle, in denen das verlagernde Unternehmen
nicht dazu in der Lage ist, die Funktion in Zukunft betriebswirtschaftlich vernünftig
auszuüben, z.B. weil ein Kunde die Verlagerung verlangt oder weil wegen der
räumlichen Entfernung zum Markt eine direkte Erschließung von Deutschland aus
nicht sinnvoll ist (für Verlustfälle siehe § 7 Abs. 3). In den Fällen des Absatzes 2
entspricht der Mindestpreis des verlagernden Unternehmens regelmäßig dem Liquidationswert der übergehenden Wirtschaftsgüter. Der Liquidationswert umfasst auch
die Schließungskosten und kann deshalb auch kleiner als Null sein.
Zu Absatz 3
Satz 1
Satz 1 regelt für eine dritte Fallgruppe (Verlustfälle) die Untergrenze des Einigungsbereichs des verlagernden Unternehmens und stellt klar, dass diese entweder durch
die zu erwartenden Verluste oder die Schließungskosten begrenzt wird, denn auch
ein unabhängiges Unternehmen stünde vor der Alternative, die Funktion entweder
mit laufenden Verlusten fortzuführen oder sie einzustellen und die Schließungskosten hinzunehmen. Nach dem zweiten Halbsatz ist der niedrigere absolute, für das
verlagernde Unternehmen weniger belastende Betrag, als Untergrenze des Verhandlungsrahmens anzunehmen, da auch ein unabhängiges Unternehmen die aus
seiner Sicht betriebswirtschaftlich bessere Alternative seinem Handeln zu Grunde
legen würde.
Satz 2
Satz 2 nennt beispielhaft zwei denkbare Ergebnisse einer Funktionsverlagerung in
Verlustfällen, ohne eine abschließende Regelung zu treffen: Zum einen kann ein
Entgelt vereinbart werden, das die ggf. anfallenden Schließungskosten nur teilweise
ausgleicht, weil der Vorteil des übernehmenden Unternehmens geringer ist als die
Schließungskosten des verlagernden Unternehmens; aus Sicht des verlagernden
Unternehmens wird durch das Entgelt zumindest teilweise ein Ausgleich für die
Schließungskosten erreicht. Zum anderen kann das verlagernde Unternehmen nicht
nur auf ein Entgelt verzichten. Es kann darüber hinaus dem übernehmenden Unternehmen sogar eine Ausgleichszahlung für die Übernahme der Verlustquelle zahlen,
soweit durch die Funktionsverlagerung Schließungskosten für das verlagernde Unternehmen vermieden werden, die die Ausgleichszahlung an das übernehmende
Unternehmen übersteigen. Das vereinbarte Entgelt bzw. die vom verlagernden Un-
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ternehmen geleistete Ausgleichszahlung ist aus Sicht des verlagernden Unternehmens jedoch nur dann betriebswirtschaftlich sinnvoll und entspricht daher nur dann
dem Handeln eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters, wenn die um
das vereinbarte Entgelt geminderten bzw. die um die Augleichszahlung erhöhten
Schließungskosten niedriger sind als die zu erwartenden Verluste aus der verlagerten
Funktion.
Zu Absatz 4
Satz 1
Für das übernehmende Unternehmen entspricht nach Satz 1 das ermittelte Gewinnpotenzial, das bereits berücksichtigt, dass auch dieses Unternehmen einen Mindestgewinn beanspruchen kann, den es auch in fiktiven Verhandlungen nicht zur Disposition stellt (§ 5), seinem Höchstpreis. Im Rahmen der aus seiner Sicht durchzuführenden Investitionsrechnung ist dies der entscheidende Faktor. Hierzu ist unter den
genannten Vorgaben eine Grenzpreisberechnung aus der Sicht eines ordentlichen
und gewissenhaften Geschäftsleiters vorzunehmen.
Satz 2
Handlungsalternativen des übernehmenden Unternehmens sind nach Satz 2 zu berücksichtigen, weil diese Einfluss auf den von diesem Unternehmen noch zu akzeptierenden Höchstpreis haben können. Wichtig ist die Anerkennung von Handlungsalternativen, die in der unternehmerischen Dispositionsfreiheit begründet sind.
Grenze dieser Dispositionsbefugnis ist die Verrechnungspreisbestimmung aus der
Sicht von zwei ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleitern im Sinne des § 1
Abs. 1 Satz 2 AStG, deren vollständige Information über alle wesentlichen Umstände unterstellt werden muss, um den Einigungsbereich bestimmen zu können, innerhalb dessen voneinander unabhängige Dritte verhandeln würden.
Zu Absatz 5
Absatz 5 stellt klar, dass ein Entgelt auch dann zu verrechnen sein kann, wenn das verlagernde Unternehmen die Funktion aus den in § 7 Abs. 2 und 3 genannten Gründen überträgt oder einschränkt, z.B. wegen drohender Kapazitätsüberlastung oder weil ein wichtiger Kunde zur Funktionsverlagerung drängt. Auch in dieser Situation wäre ein unabhängiger Dritter als verlagerndes Unternehmen grundsätzlich nicht dazu bereit, das
Transferpaket unentgeltlich zur Verfügung zu stellen, und andererseits wäre ein unabhängiger Dritter als übernehmendes Unternehmen bereit, ein Entgelt zu bezahlen, wenn
er damit Gewinnpotenzial erschließen kann, auf das er sonst keinen Zugriff hat. Die jeweiligen Verhandlungspositionen können aber von derartigen Situationen geprägt sein.
Insgesamt sind auch in diesen Fällen der Wert des Transferpakets nach § 3 und die entsprechenden Verrechnungspreise für seine Bestandteile nach § 4 zu bestimmen, wenn
die Voraussetzungen des § 3 Abs. 1 Satz 2 gegeben sind.
480
Zu § 8
Satz 1
Satz 1 betrifft Fälle, in denen Funktionsverlagerungen in der Form der Entziehung
oder Reduzierung einer Funktion durchgeführt werden („Abschmelzungsfälle“). In
diesen Fällen wird häufig geltend gemacht, dass auch einem fremden Dritten als
verlagerndem Unternehmen kein Anspruch auf ein Entgelt bzw. nur ein gesetzlicher
oder vertraglicher Anspruch auf Schadenersatz zustünde oder ein Anspruch auf einen sonstigen Ausgleich. Um dem Fremdvergleichsgrundsatz zu entsprechen, ist
dies nur anzuerkennen, wenn der Steuerpflichtige glaubhaft macht, dass voneinander
unabhängige Dritte unter vergleichbaren Umständen in vergleichbarer Art und
Weise verfahren wären. Da Ansprüche aus dem vertraglichen oder tatsächlichen
Ausschluss von Handlungsalternativen für eines der Unternehmen auch zwischen
voneinander unabhängigen Dritten denkbar sind und von Bedeutung sein können,
sind sie auch zwischen nahe stehenden Unternehmen in Betracht zu ziehen.
Satz 2
Um die Begrenzung auf einen Schadenersatz- oder sonstigen Ausgleichsanspruch zu
erreichen, muss der Steuerpflichtige nach Satz 2 außerdem glaubhaft machen, dass
im Rahmen der Funktionsverlagerung keine wesentlichen immateriellen Wirtschaftsgüter und Vorteile übertragen oder zur Nutzung überlassen worden sind, es
sei denn, dies ist zwingende Folge fremdüblichen, vertragsgemäßen Verhaltens. Gelingt die Glaubhaftmachung nicht, ist das Entgelt für die Funktionsverlagerung nach
den allgemeinen Regeln zu bestimmen, d.h. Transferpaketbetrachtung mit Ermittlung des Einigungsbereichs auf Grundlage der jeweiligen Gewinnpotenziale und
ggf. Ansatz des Mittelwertes.
Zu § 9
§ 9 stellt klar, dass die Regelung des § 1 Abs. 3 Satz 11 und 12 AStG nur eingreift, wenn
die betreffenden Unternehmen nicht selbst eine fremdübliche (vertragliche) Anpassungsregelung getroffen haben, wobei auch eine gewinn- bzw. umsatzabhängige Lizenz, oder
eine Kombination von beiden, als entsprechende Anpassungsregelung angesehen wird.
Wird eine Preisanpassungsklausel (z.B. Lizenzvereinbarung) vertraglich vereinbart, ist
diese daraufhin zu prüfen, ob sie dem Fremdvergleichsgrundsatz entspricht. Die gesetzlichen Anpassungsmöglichkeiten nach § 1 Abs. 3 Satz 11 und 12 AStG bestehen dann
nicht. Die Möglichkeit einer nachträglichen Anpassung besteht nur, wenn ein Transferpaket bzw. ein darin enthaltenes immaterielles Wirtschaftsgut zu einem Festpreis veräu-
ßert wird und keine fremdübliche Preisanpassungsklausel vereinbart wurde. Nur für diesen Fall sind gesetzlich zehn Jahre als Überprüfungszeitraum festgelegt, Daraus folgt andererseits, dass im Einzelfall tatsächlich vereinbarte, kürzere Fristen für Preisanpassungsklauseln oder Lizenzvereinbarungen anzuerkennen sind, wenn sie dem Fremdvergleichsgrundsatz entsprechen.
481
Zu § 10
Satz 1
Satz 1 bestimmt für Fälle, in denen die Gewinnentwicklung des übernehmenden
Unternehmens aus der übernommenen Funktion entgegen den ursprünglichen Erwartungen günstiger verläuft als vorhergesehen, die Grenze, deren Überschreitung
es den Finanzbehörden in bestimmten Fällen erlaubt, eine Abweichung im Sinne des
§ 1 Abs. 3 Satz 11 AStG als „erheblich“ anzusehen. Dies ist der Fall, wenn der unter
Berücksichtigung der tatsächlich eingetretenen Gewinnentwicklung zutreffende Verrechnungspreis für die Funktion außerhalb des ursprünglich angenommenen Einigungsbereichs liegt. Zweck der Regelung ist es, nur in Ausnahmefällen zu einer
nachträglichen Anpassung nach § 1 Abs. 3 Satz 12 AStG zu kommen, um so weit
wie möglich Planbarkeit und Vorhersehbarkeit für Unternehmen und Finanzbehörden sicher zu stellen.
Satz 2
Satz 2 regelt, wie der „neue“ Einigungsbereich, der die tatsächliche Gewinnentwicklung berücksichtigt, zu bestimmen ist. Dazu wird unverändert vom ursprünglichen Mindestpreis des verlagernden Unternehmens ausgegangen, denn bei diesem
kann nach der Funktionsverlagerung insoweit keine Veränderung eingetreten sein.
Dagegen ist der Höchstpreis des übernehmenden Unternehmens anhand der tatsächlich erzielten Gewinne neu zu berechnen, da es insoweit zu erheblichen Abweichungen gekommen ist.
Satz 3
Satz 3 betrifft einen zweiten Fall einer „erheblichen“ Abweichung, denn eine solche
liegt auch dann vor, wenn die tatsächliche Gewinnentwicklung des übernehmenden
Unternehmens aus der übernommenen Funktion entgegen den ursprünglichen Erwartungen so ungünstig verläuft, dass sich kein Einigungsbereich mehr ergibt. Dies
ist der Fall, wenn der ursprüngliche Mindestpreis des verlagernden Unternehmens
höher ist als der „neue“ Höchstpreis des übernehmenden Unternehmens.
Zu § 11
§ 11 regelt für die beiden Fallgruppen des § 10 Satz 1 und 3, wann eine Anpassung
im Sinne des § 1 Abs. 3 Satz 12 AStG als „angemessen“ anzusehen ist.
Im Fall des § 10 Satz 1 ist der angesichts der tatsächlichen Gewinnentwicklung zutreffende „neue“ Verrechnungspreis für die Funktionsverlagerung nach den allgemeinen Regeln zu ermitteln (neuer Einigungsbereich; Mittelwert, falls kein anderer
Wert glaubhaft gemacht wird). Die Differenz zum ursprünglichen Verrechnungspreis ist als Anpassungsbetrag in dem Wirtschaftsjahr zu erfassen, das dem Wirtschaftsjahr folgt, in dem die Abweichung eingetreten ist.
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Im Fall des § 10 Satz 3 ist der Mittelwert zwischen dem ursprünglichen Mindestpreis des verlagernden Unternehmens und dem neuen Höchstbetrag des übernehmenden Unternehmens zu errechnen; dieser Wert ist niedriger als der ursprüngliche
Mindestpreis und höher als der neue Höchstpreis. Die Differenz zum ursprünglichen
Verrechnungspreis ist als Anpassungsbetrag in dem Wirtschaftsjahr zu erfassen, das
dem Wirtschaftsjahr folgt, in dem die Abweichung eingetreten ist.
Zu § 12
§ 12 stellt den zeitlichen Gleichklang mit der Unternehmensteuerreform 2008 im
Hinblick auf die Gesetzesänderung des § 1 Abs. 3 AStG dadurch her, dass die Regelungen der Rechtsverordnung für alle Funktionsverlagerungsfälle anwendbar sind,
die in einem Wirtschaftsjahr abgeschlossen werden, das Gegenstand des Veranlagungszeitraums 2008 oder eines späteren Veranlagungszeitraums ist.
Zu § 13
Die Vorschrift regelt das Inkrafttreten der Rechtsverordnung. Auf die Anwendungsvorschrift des § 12 wird verwiesen.
3. Verwaltungsanweisungen
Auf den Abdruck wird wegen des großen Umfangs dieser BMF-Schreiben verzichtet. Wesentlich sind für diese Arbeit insbesondere drei Erlasse:
- Verwaltungsgrundsätze (VWG 1983), BMF-Schreiben v. 23.2.1983, IV C 5 -
S 1341 - 4/83, BStBl I 1983, 218.
- Verwaltungsgrundsätze Verfahren, BMF-Schreiben v. 12.4.2005, IV B 4 - S 1341 -
1/05, BStBl I 2005, 570
- Verwaltungsgrundsätze Funktionsverlagerung, noch im Entwurfsstadium
Chapter Preview
References
Zusammenfassung
Das Thema Funktionsverlagerung ist das Thema des Jahres im Internationalen Steuerrecht. Der deutsche Gesetzgeber hat als erstes Gesetzgebungsorgan weltweit ausdrückliche Regelungen in § 1 Abs. 3 AStG zu diesem umstrittenen Thema erlassen. Die deutsche Finanzverwaltung hat mit Zustimmung des Bundesrats außerdem das Gesetz durch die Funktionsverlagerungsverordnung (FVerlVO) ergänzt. Damit stehen umfassende legislative Regelungen zur Besteuerung dieses umstrittenen Themenbereichs zur Verfügung.
Das Werk analysiert die neuen Regelungen und bezieht zu den einzelnen Themenbereichen ausführlich Stellung. Im ersten Teil werden zunächst die Neuregelungen zur steuerlichen Behandlung von Verrechnungspreisen durch die Unternehmensteuerreform 2008 dargestellt. Dabei wird auch die Vereinbarkeit des § 1 AStG mit dem Europarecht untersucht. Darauf aufbauend werden die Regelungen zur Funktionsverlagerung im zweiten Teil kritisch untersucht und ebenfalls auf ihre Europarechtstauglichkeit analysiert.