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B. Die Rolle der Verwertungsgesellschaften im Lichte ökonomischer Erwägungen
Die heutige Urheberrechtslandschaft erfährt einen grundlegenden Wandel und eine
revolutionäre Veränderung der Interessenlage: Kämpfe zwischen den Gruppen von
Interessenvertretern, Bildung neuer Fronten innerhalb dieser Gruppen mit wenigen
mächtigen Unternehmen; der kulturelle Reichtum Europas nimmt unter dem Einfluss des ungebremsten technischen Fortschritts an wirtschaftlichem Wert und eigenständiger rechtspolitischer Bedeutung zu und bewirkt den rechtspolitischen Einsatz seitens der EU-Organe, die mit der Verwirklichung des Binnenmarktes beauftragt sind. Prägend für die gegenwärtige wirtschaftliche Stellung der Verwertungsgesellschaften ist der Strukturwandel in der Kulturindustrie. Die Wertschöpfungskette besteht aus den Kreativen, der Musikindustrie bzw. dem Verlag, dem Handel
und schließlich dem Endverbraucher. Hinzu kommen die „Quereinsteiger“, nämlich
Unternehmen aus dem Medienbereich (Rundfunkanstalten und Internet-Anbieter)
als Vermittler zwischen Künstlern und Publikum über diverse Kommunikationskanäle sowie potentielle Unternehmen aus dem Fernseh-, Film-, Computer- und Mobilfunkbereich, die als Verwerter und zugleich als Anbieter fungieren.149 Im Rahmen
dieser Kette macht sich eine Verschiebung der urheberrechtlichen Grundpositionen
bemerkbar. Die freischaffenden Kreativen sind hinsichtlich der Produktion und
Vermarktung ihrer Werke immer mehr auf Unternehmen angewiesen, denen bereits
im Entstehungsprozess vertraglich sämtliche Nutzungsrechte zugewiesen werden.
Dabei geraten kleinere und mittlere Verlage in eine finanzielle Notlage und werden
von Großkonzernen aufgekauft, um überleben zu können. Aus der Situation entsteht
eine Machtkonzentration, die einen großen Einfluss auf die Geschicke des Kulturbetriebs hat.
Vor diesem Hintergrund wird die Frage nach dem Stellenwert aufgeworfen, der
den Verwertungsgesellschaften künftig beizumessen sei, sowie nach der neuen Ordnung zwischen den Verwertungsgesellschaften zueinander.
Bei der weit verbreiteten Forderung, die künftigen Arbeitsbedingungen der Verwertungsgesellschaften mit dem Ziel der Effizienzsteigerung und des vereinfachten
Zugangs zu Lizenzen zu vereinheitlichen, wird auf deren Wahrnehmungsmechanismen sowie deren kulturellen und sozialen Auftrag gesetzt und ihnen ein entscheidender Beitrag zuteil. Die Marktkonzentration und die hiermit verbundenen Modalitäten des Rechtsverkehrs bleiben nicht ohne Auswirkungen auf die Tätigkeit der
Verwertungsgesellschaften. Diese sehen sich damit konfrontiert, eine führende Rolle
in der globalen Medienlandschaft zu übernehmen und in Wettbewerb gegen kommerzielle Verwerter - und womöglich zueinander – zu treten. Auch die innere Beziehung der Verwertungsgesellschaften zu den Rechteinhabern (Urheber und Verleger) erfährt grundlegende Änderungen: Marktstarke Mitglieder beanspruchen einen
größeren Einfluss auf die Entscheidungsprozesse, während es existenzwichtig für
149 Vgl. Rudorf, in: Moser/Scheuermann (Hrsg.), Handbuch der Musikwirtschaft, 2003, S. 167,
204 ff.
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die Verwertungsgesellschaften im Hinblick auf die Erfüllung ihrer Funktion und
Mission ist, dass weiterhin an dem Solidaritätsgedanken festgehalten wird – was
eine Feinabstimmung der verschiedenen Verhandlungspositionen erfordert.
Die EG-Kommission als Wettbewerbsbehörde betrachtet die Verwertungsgesellschaften durch die entgeltliche Vermittlung und Wahrnehmung von musikalischen Urheberrechten als Wirtschaftsunternehmen und glaubt, ihre Leistungsfähigkeit auf die Probe zu stellen, indem sie Wettbewerbsstrukturen im Rahmen der kollektiven Wahrnehmung einführt.150 Zur - aus diesem Blickwinkel - unvollständigen
bzw. fiktiven Wettbewerbssituation der (de facto monopolistischen) Verwertungsgesellschaften zueinander hatte die Enquete-Kommission des Deutschen Bundestages „Zukunft der Medien in Wirtschaft und Gesellschaft - Deutschlands Weg in die
Informationsgesellschaft“ bereits 1997 Stellung genommen und dabei den Stellenwert von urheberrechtlichen Verwertungsgesellschaften analysiert. In ihrem Bericht
äußerte sie sich dahingehend :
„Das System der Verwertungsgesellschaften in seiner gegenwärtigen Form mag
ein besseres Marktgleichgewicht schaffen und den Verwertern zugleich beim Rechteerwerb im täglichen Massengeschäft nützlich sein. Gleichwohl sollte man sich
bewusst bleiben, dass es sich dabei um Second-best-Lösungen handelt. Man schafft
Monopolorganisationen. Zudem wird die Legitimations- und Kontrollkette zwischen
den Mitgliedern und dem Management unvermeidlich zum Problem. Daher sollte
man auch die Chancen in Richtung stärkerer Individualisierung nicht vernachlässigen, welche die digitalen Techniken mit sich bringen. […] Man kann sich vorstellen,
dass eine größere Zahl von Agenturen entsteht, deren Geschäftszweck im Management von Urheberrechten besteht. Dann könnte auch auf dieser Ebene Wettbewerb
entstehen. Eine solche Entwicklung, die zur Folge haben könnte, dass an die Stelle
der Zwangsvertretung durch die Verwertungsgesellschaften die Möglichkeit ihrer
freiwilligen Inanspruchnahme tritt, sollte eher gefördert, mindestens nicht behindert
werden.“151
Dieser neue Ansatz stützt sich auf einen Wettbewerbsbegriff, der als systembegründetes Prinzip der Marktwirtschaft bestimmten Freiheitsaspekten zu dienen vermag, während er in seiner Funktion als eine Art Koordinationsmechanismus die
verschiedenen Interessenlagen berücksichtigt. Dabei ist die Marktposition der Verwertungsgesellschaften selbst ein Produkt des freien Spieles der Marktkräfte gewesen: Von ihrer Entstehung aus eigener Initiative der Kreativen über die Herausreifung ihrer Wahrnehmungstätigkeit angesichts des jeweiligen technischen Fortschritt
bis hin zur Verfestigung ihrer organisatorischen, fachlichen und rechtlichen Kompetenz wurde die faktische monopolartige Machtposition der Verwertungsgesellschaften in sämtlichen nationalen EU-Rechtsordnungen als systemimmanent
betrachtet und somit stets favorisiert - vornehmlich in jenen Bereichen, in denen sich
150 Kritisch Mestmäcker, in: GEMA-Jahrbuch 2005/2006, S. 84, 88: "Hier geht es mithin nicht
mehr um die Kontrolle von Monopolmacht von Verwertungsgesellschaften, sondern um ihre
Existenzfähigkeit und damit um die Selbstbehauptung ihrer Mitglieder".
151 Enquete-Kommission, 2. Zwischenbericht, 1997, S. 41.
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die kollektive Rechtewahrnehmung wirtschaftlich am effektivsten erwiesen hat.
Dafür sind institutionalisierte Kontrollmechanismen sowie eine weiter reichende
staatsaufsichtliche Regulierung erfolgreich eingesetzt worden, um machtmissbräuchlichen Situationen vorzubeugen bzw. sie zu beseitigen.
Obwohl die Einführung von Wettbewerbsstrukturen, die zu den Gegenseitigkeitsverträgen als Kompromisslösung mit klar definierbaren sektoralen bzw. territorialen
Verwaltungsgebieten geführt haben, der legitimen monopolartigen Wahrnehmungspraxis nachweislich nicht entgegensteht, soll nun das derzeitige Nebeneinander
gleichartiger ausländischer Verwertungsgesellschaften und ihr komplexes Geflecht
weltweiter Kooperation im Lichte der Anforderungen der EU-Kommission durch
ein (erzwungenes) Miteinanderkonkurrieren ersetzt, wenn nicht gesprengt werden.
Ein Nebeneinander mehrerer gleichartiger nationaler Verwertungsgesellschaften
scheidet sowohl aus der historischen Erfahrung als auch im Wechselspiel mit der
zunehmenden Marktkonzentration im Online-Markt von Anfang an aus. Es geht
hierbei um die Einführung einer Auswahlmöglichkeit unter den bestehenden Verwertungsgesellschaften seitens der Rechteinhaber (Urheber und Verwerter). Es
scheint nämlich nicht die Aufhebung des Monopolcharakters der Verwertungsgesellschaften an sich beabsichtigt zu sein, sondern der Wegfall der Gegenseitigkeitsverträge, die freie Gestaltung der Lizenzierung der digitalen Werknutzung und
allmählich der eingeschränkte Einsatz der bestehenden Regulierungsmechanismen.
Bei der Prüfung der Zweckmäßigkeit der neuen Wettbewerbsstrukturen zwischen
den Verwertungsgesellschaften, die auf einer Abwägung der möglichen Vor- und
Nachteile für die Interessen aller Beteiligten fußen soll, ist die besondere wirtschaftliche Stellung der Institutionen der kollektiven Wahrnehmung neu zu bewerten:
Die Verwertungsgesellschaften sind in der Lage, dem Urheber bzw. Rechteinhaber zur „Vermarktung“ des vermögensrechtlichen Bestandteils seiner Rechte zu
verhelfen.152 Ihre Dienstleistung besteht in der Vermittlung der wahrgenommenen
Nutzungsrechte gegenüber potenziellen Nutzern und somit in der Erleichterung des
Rechtsverkehrs zwischen Rechteinhabern und Verwertern. Durch die Erteilung und
Kontrolle der Lizenz aus einer Hand kommt den Berechtigten eine angemessene
Beteiligung an den Erträgen aus einer unübersichtlichen Zahl von digitalen Nutzungsvorgängen im privaten Bereich zu, während die Kollektivierung und Professionalisierung ihre Verhandlungsmacht gegenüber marktmächtigen Verwertern beträchtlich stärkt.153 Dabei ist Gewinnerzielung kein Selbstzweck; weder die Verwaltungsvereinfachung noch die kollektive Wahrnehmung fallen bei der Tätigkeit der
Verwertungsgesellschaften primär ins Gewicht, sondern die Realisierung eines wirtschaftlichen Wertes geistiger Leistungen.154 Sie gewährleisten, dass Künstler und
Inhaber von Rechten für die Nutzung ihrer Werke eine Bezahlung erhalten und dass
den Verwertern erweiterte Möglichkeiten zur internationalen Nutzung der Rechte an
geistigem Eigentum eröffnet werden. In dieser unverzichtbaren Verbindung zwi-
152 Vgl. Dillenz, [1990] EIPR 191, 192.
153 Brinkmann, Urheberschutz und wirtschaftliche Verwertung, 1989, S. 72.
154 Vgl. Augenstein, Rechtliche Grundlagen des Verteilungsplans, 2004, S. 72.
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schen Künstlern und Benutzern urheberrechtlich geschützter Werke liegt auch die
besondere Rolle der Verwertungsgesellschaften. Gerade bei den großen Verwertungsgesellschaften Europas mögen tatsächlich in Bezug auf das „collective management“ die gleichen Gesetze moderner Unternehmensführung gelten wie für jedes
andere Wirtschaftsunternehmen. Denn effiziente Lizenzierungs- und Anrechnungssysteme für Online-Nutzungen nur auf der Grundlage wirtschaftlicher Abwägungen
errichtet werden können, die von Marktanalysen über Kosten-Nutzen-Überlegungen
über umsetzungsrelevante Zielvorgaben bis hin zu Entscheidungen über technische
und personelle Ressourcen reichen.155 Dennoch kommt der Grundsatz der Gewinnmaximierung für Wahrnehmungsorganisationen nur eingeschränkt zur Anwendung:
Nach Abzug der Verwaltungsgebühren schüttet die Verwertungsgesellschaft die
eingenommenen Erträge bis auf den letzten Cent an die in- und ausländischen Bezugsberechtigten aus, für die gemäß dem Inländergebot der Revidierten Berner Übereinkunft (Art. 5) der Grundsatz der Gleichbehandlung gilt. Über die wesentlichen
Kriterien der Andersartigkeit von Verwertungsgesellschaften gegenüber herkömmlichen Wirtschaftsunternehmen gibt das besondere Regime (doppelter Kontrahierungszwang, Pflicht zur Tarifaufstellung, Staatsaufsicht), dem sie unterliegen, ausreichend Aufschluss. Darüber hinaus erfüllen die Verwertungsgesellschaften in ihrer
Eigenschaft als Solidargemeinschaften kulturelle und soziale Aufgaben, namentlich
durch ihre Vorsorge- und Unterstützungseinrichtungen sowie durch die Förderung
kulturell bedeutender Werke und Leistungen.156 Insbesondere in Deutschland und
Frankreich, wo die Tradition von Sozial- und Förderungsfonds so alt wie die kollektive Wahrnehmung ist, nehmen die Verwertungsgesellschaften, die in dieser „staatsentlastenden“ Funktion operieren, den Charakter eines Dienstleistungsunternehmens
mit privaten und öffentlichen Sonderaufgaben an.157 Die höhere Legitimität und
Pflichtbindung von Aufgaben, die sonst im Einzugsbereich des sozialen Staatszieles
155 Vgl. Graninger, in: Dittrich, Robert (Hrsg.), Beiträge zum Urheberrecht VI, ÖSGRUM Bd.
22 (2000), S. 43, 59. Kennzeichnend für die wachsende Aufgabenstellung und das neue
Bewusstsein der Verwertungsgesellschaften ist die Tatsache, dass Begriffe wie „Business Relations“ und „Corporate Identity“ mittlerweile auf dem Gebiet der kollektiven Rechtewahrnehmung geläufig sind.
156 Kreile/Becker, in: Moser/Scheuermann (Hrsg.), Handbuch der Musikwirtschaft, 2003, S. 593,
600; Kreile/Becker, FS Mestmäcker, 1996, S. 77, 78.
157 Lerche, ZUM 2003, 34 ff.; siehe hierzu Mestmäcker, Europäisches Wettbewerbsrecht, 1974,
S. 664, wo er kritisch der einschlägigen Rechtsprechung der EG-Kommission gegenübersteht.
Diese den Charakter der Verwertungsgesellschaften als öffentliche Unternehmen ablehnende
Entscheidung verkenne die besondere Aufgabe derartiger Dienstleistungsunternehmen, welche nicht allein wirtschaftliche, sondern auch kulturelle, soziale und politische Interessen sichern. Eingehend dazu Kreile/Becker, in: Moser/Scheuermann (Hrsg.), Handbuch der Musikwirtschaft, 2003, S. 593, 604 ff. m.w.H. Die öffentlich-rechtliche Rechtsform von Wahrnehmungsorganisationen stößt zum größten Teil auf Skepsis. Öffentlich-rechtliche Verwertungsgesellschaften mögen gegenüber säumigen Werknutzern mit mehr Autorität auftreten können;
dies setzt allerdings voraus, dass ihre Arbeitsweise eine Art Vollstreckungscharakter durch
den Erlass unmittelbar vollziehbarer Bescheide ohne Vorschaltung gerichtlicher Instanzen annimmt. Vgl. in dieser Hinsicht Dietz, FS Hubmann, 1985, S. 57, 66.
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liegen, steht auch nicht im Widerspruch mit der Tatsache, dass die europäischen
Institutionen der kollektiven Urheberrechtewahrnehmung vornehmlich in den Formen des Privatrechts handeln und somit auch wirtschaftliche Interessen vertreten.
Dabei stellen die Verwertungsgesellschaften keinen unveränderbaren, gegebenen
Bestandteil eines ökonomischen Systems dar, sondern agieren als moderne Dienstleistungsunternehmen und somit als Variable, deren Veränderung bestimmte Folgen
für das System mit sich bringt. Dies macht sich vor allem dann bemerkbar, wenn
man die wirtschaftlich ansehnlichen Einnahmen aus der Lizenzerteilung in Betracht
zieht. Damit stellen die kollektiv abgewickelten Transaktionen einen nicht unbedeutenden Beitrag zu den Umsätzen dar, die im Bereich des Urheberrechts erzielt werden, und unterstreichen dabei die ökonomische Funktion der Verwertungsgesellschaften. Darüber hinaus beruht die wirtschaftliche und politische Macht sowie der Einfluss der Verwertungsgesellschaften auf die Geschicke der lukrativen
Erwirtschaftung kreativer Schöpfungen und Dienstleistungen auf mehreren Faktoren: Informationsmonopol über Werke und Rechteinhaber, Know-how, langjährige
Erfahrung, Datendokumentation, internationale Vernetzung, Vertrauensbasis in den
Rechtsbeziehungen zu Bezugsberechtigten und Nutzern, professionelle und effiziente Vertretung der Interessen ihrer Mitglieder im Rahmen von Schlichtungs- und
Gerichtsverfahren, Verteilung von Lizenzen für ein umfangreiches bzw. weltweites
Repertoire, starke Verhandlungsposition gegenüber Nutzerorganisationen.
Es ist strittig, in welcher Form die Europäisierung der kollektiven Rechtewahrnehmung stattfinden wird. Es bleibt offen, ob die bisher bewährte Beibehaltung der
Monopole und die tendenziell oligopolistischen Strukturen der kollektiven Wahrnehmungspraxis auch im Rahmen der Online-Verwertung fortdauern werden. Die
von der EU-Kommission favorisierte Freiheit der Kreativen sowie der Rechteinhaber bei der Wahl der zuständigen Verwertungsgesellschaft zwecks eines intensiveren
Wettbewerbs (um die Urheber) der Verwertungsgesellschaften untereinander158
scheint allerdings auf den ersten Blick zu einem gleich stärkeren Konzentrationsprozess zu führen. Wie sich die Wahlfreiheit bei der Online-Verwertung juristisch umsetzen lässt, wird jedenfalls darüber entscheiden, inwiefern künftig mit einer zunehmenden Marktkonzentration auf der Nutzer-Seite zu rechnen ist. Ein Verwertungsmonopol seitens der zuständigen Verwertungsgesellschaft in der jeweiligen Sparte
verspricht zwar eine Sicherung der Vertragsparität gegenüber marktbeherrschenden
Online-Nutzern; es kann jedoch genauso ein Überlebenskampf für die kleinen Unternehmen (ähnlich wie für schwächere Verwertungsgesellschaften) bedeuten, die
angesichts eines solchen Verwertungsmonopols kaum mehr mithalten werden.159
Die Einführung eines auf die Komplexität des Online-Geschäfts angepassten
158 Empfehlung der Kommission v. 18.10.2005 für die länderübergreifende kollektive Wahrnehmung von Urheberrechten und verwandten Schutzrechten, die für legale Online-Musikdienste
benötigt werden, ABl. 2005 L 276/54 (Berichtigung in ABl. 2005 L 284/10); eingehend zum
Inhalt infra Vierter Teil, 1. Abschnitt, B.II.
159 Vgl. Drexl, in: Riesenhuber (Hrsg.), Wahrnehmungsrecht in Polen, Deutschland und Europa,
2005, S. 193, 228 f.
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Kontrahierungs- und Abschlusszwangs könnte zwar im Rahmen der Vertragsgestaltung das notwendige Gegengewicht für die zunehmend monopolistischen Marktstrukturen im Bereich der kollektiven Wahrnehmung darstellen; die damit zusammenhängende Einschränkung der Vertragsfreiheit würde jedoch den Verwertungsgesellschaften bei einem künftig wettbewerbsintensiveren Online-Markt jenen
notwendigen Spielraum entziehen, den sie zur Gewinnung möglichst vieler Rechteinhaber brauchen werden.160
160 Auf diesen Widerspruch weist auch Drexl, aaO, S. 232 hin.
Chapter Preview
References
Zusammenfassung
Die Anpassung der kollektiven Wahrnehmung von Urheberrechten durch die Verwertungsgesellschaften an das digitale Zeitalter gewinnt zunehmend an Brisanz. Diese rechtsvergleichende Studie nimmt den Urheberrechtswandel in vielen Ländern Europas unter die Lupe, um anschließend die rechtlichen Rahmenbedingungen und die Wahrnehmungspraxis ausgewählter Verwertungsgesellschaften zu untersuchen. Nachgezeichnet werden dabei die Konturen einer gemeinschaftsweiten Rechtewahrnehmung, vor allem im Bereich der Online-Lizenzierung. Dazu wird der Frage nach Handlungsoptionen für eine gestärkte Rolle der Verwertungsgesellschaften in einer stets wandelnden Medienlandschaft nachgegangen.