381
D. Lizenzen und Tarifwerk ausgewählter Verwertungsgesellschaften im digitalen
Umfeld
Nachstehend werden der Wahrnehmungsumfang und die marktorientierte Tarifbetätigung216 der Verwertungsgesellschaften in den verschiedenen Bereichen der digitalen Technik vorgestellt. Dies soll erläutern, in welchen Kategorien von Schrankenbestimmungen mit Bezug auf die elektronische Werkverwertung die Vorteile der
kollektiven Wahrnehmung zum Tragen kommen (können). Dabei wird das Augenmerk auf die führenden Verwertungsgesellschaften Europas gelegt. Kleinere Wahrnehmungsorganisationen sowie Filmverwertungsgesellschaften werden außer Betracht gelassen, da sie entweder keine oder nur geringfügige Ergänzungen ihrer
Wahrnehmungsverträge im Hinblick auf die digitale Werknutzung vorgenommen
haben. Die dargestellten Tarife in den einzelnen Sparten wurden entweder amtlichen
Publikationen entnommen, in denen Tarifänderungen zur Unterrichtung der Öffentlichkeit gewöhnlich bekannt gegeben werden, oder offiziellen Angaben aus den
Publikationen und Websites der Verwertungsgesellschaften – im Sinne der geforderten Transparenz. Deren Durchsetzung in der Praxis hängt von der Akzeptanz ab, die
wiederum direkt mit der Aufstellung eines allseits, insbesondere von der Nutzerseite
angenommenen Tarifs gekoppelt ist.
I. Online-Nutzung
Die Sparte der Online-Nutzung geschützten Repertoires umfasst i) das ausschließliche Recht der Vervielfältigung in der Form von unkörperlichen Kopien, die im Zuge
der Online-Verbreitung von Musikwerken vorgenommen werden; ii) das Recht der
öffentlichen Wiedergabe in der Form von Webcasting, Internet-Radio und Simulcasting oder „Near-on-Demand“-Diensten sowie iii) das ausschließliche Recht der
öffentlichen Zugänglichmachung eines Musikwerks via „On-Demand“ oder andere
„interaktive“ Dienste.
Auf diesem Gebiet stellen die Content-Provider als Produzenten originärer Inhalte
bzw. als Inhaber von Inhalte-Lizenzen die wichtigsten Kontrahenten der Verwertungsgesellschaften dar, während Access-Provider als mögliche Vertragspartner der
Verwertungsgesellschaften ausscheiden, da sie für Inhalte nicht haften, sondern
lediglich die erforderliche Infrastruktur betreiben. Auch (Host-)Service-Provider, die
den Speicherplatz zur Verfügung stellen bzw. E-Mail-Accounts, Newsgroups und
Suchmaschinen anlegen, kommen als potentielle Vertragspartner der Verwertungs-
216 Zwangsläufig rückt bei der Entwicklung von Tarifen die Nutzung in ihren vielfältigen kulturellen, technischen und wirtschaftlichen Ausprägungen in den Vordergrund, was als Voraussetzung für eine stabile, dauerhafte Markttauglichkeit der jeweiligen Tarife anzusehen ist,
Kröber, in: Moser/Scheuermann (Hrsg.), Handbuch der Musikwirtschaft, 2003, S. 746, 751.
382
gesellschaften nicht in Betracht, soweit sie bloß fremde Inhalte zur Nutzung bereit
halten.217
Wie sich nachstehend feststellen lässt, weist die bisherige Aufstellung von Online-Tarifen durch die europäischen Verwertungsgesellschaften, die zumeist in Form
von Pauschalierungen ohne jeglichen Bezug zur Nutzungsintensität eines Werkes
realisiert werden, noch mehrere Lücke auf; die neuen Tarifwerke sind inhaltlich
nicht ausgereift und gelten aus diesem Grund nur für kurze Zeiträume zur Geltung,
bis die rechtlichen Rahmenbedingungen vollständig herausgearbeitet werden.218
Dabei wird oft nach ähnlichen Kriterien unterschieden, und zwar ob die Musiknutzung den Schwerpunkt im Rahmen einer Webseite bildet sowie ob die betreffende
Webseite gewerbliche oder bloß private Zwecke verfolgt. Handlungsbedarf seitens
der nationalen Verwertungsgesellschaften entsteht insbesondere im Hinblick auf die
kollektive Wahrnehmung von Rechten an Handy-Klingeltönen. Der kommerzielle
Vertrieb von Klingeltönen und das große wirtschaftliche Volumen dieser Auswertungsform werfen Lizenzierungs- und Verteilungsfragen auf, die das Bedürfnis nach
Aufklärungsarbeit durch entsprechende Erweiterung der Berechtigungsverträge
deutlich machen. Denn abgesehen von dem überwiegend funktionalen Merkmal der
Ruftonmelodie als bloßes Erkennungszeichen ist im Regelfall von einer Zustimmungspflicht auszugehen, die eine ausdrückliche Rechtseinräumung erfordert.219
Die nachfolgend dargestellten Tarife und Mindestvergütungen für die Online-
Nutzung geschützter Inhalte entsprechen dem Stand 2007.
1. Deutschland
Die in der GEMA zusammengeschlossenen Komponisten, Textdichter und Verleger
haben bereits in der Mitgliederversammlung am 9./10.07.1996 im GEMA-
Berechtigungsvertrag klargestellt, dass sie der Verwertungsgesellschaft auch ihre
217 Eingehend hierzu Senger, Wahrnehmung digitaler Urheberrechte, 2002, S. 114 ff. Vgl. auch
Becker, FS Rehbinder, 2002, S. 187, 193 f.
218 Aus diesem Grund und weil die neuen Vertriebsformen sich nur sehr schwer unter die bestehenden Tarife subsumieren lassen, wird für die Übergangsphase die Möglichkeit in Betracht
gezogen, die Vergütung in Individualvereinbarungen unter Beachtung des Gleichheitsgebots
auszuhandeln: „So lange nicht erkennbar ist, worin die typischen Gegebenheiten der neuen
Nutzungsformen bestehen und mit welchen Vergütungsparametern sich diese am sinnvollsten
tarifmäßig erfassen lassen, stellt es daher keinen Verstoß gegen § 13 (1) DE-WahrnG [die
Pflicht zur Tarifaufstellung] dar, wenn eine Verwertungsgesellschaft Individualvereinbarungen schließt“, so Meyer, Verwertungsgesellschaften und ihre Kontrolle, 2001, S. 116.
219 Siehe in dieser Hinsicht die sog. EMI-Entscheidung OLG Hamburg v. 4.02.2002, ZUM 2002,
480, 484 – Nutzung einer Melodie als Handy-Klingelton ist „neue Nutzungsart“; Lichtenberger/Stockinger, MR 2002, 95, 97. Die Regelungen, die derzeit den Rahmen für geschäftliche
Betätigungen rund um den Handel mit Mobile Content bilden, gelten als lückenhaft und erfordern somit einer gesetzlichen Klarstellung; hinsichtlich der österreichischen Rechtslage siehe
Pratl, in: Fallenböck/Galla/Stockinger (Hrsg.), Urheberrecht in der digitalen Wirtschaft, 2005,
S. 277, 286 ff.
383
Rechte zur digitalen, online und offline, Nutzung ihrer Werke zur weltweiten Wahrnehmung übertragen.220 Insbesondere im Bereich der Musiknutzung im Internet
unterscheidet die GEMA mehrere Kategorien der Online-Präsentationen, bei denen
Musik eine wesentliche Rolle spielt – Rundfunk- und Fernsehübertragungen in Form
von Simulcasting, Music-on-Demand-Dienste, Live-Übertragungen, Online-
Shopping - oder bei denen Musik eine wesentliche Beifügung zum eigentlichen
Inhalt ist – Firmen- und Produktpräsentation sowie nicht-kommerzielle Präsentation
auf Homepages.221
Nach Verhandlungen mit den neuen Nutzern sowie nach intensiven Beratungen
mit Vertretern der Mitglieder wurden vier „Online-Tarife“ im Tarifausschuss und im
Aufsichtsrat der GEMA beschlossen, die teilweise als Probetarife anzusehen sind222:
(i) Vergütungssätze S-VR/IntR für die Nutzung von Werken des GEMA-
Repertoires durch Veranstalter von Internet-Radio. Die Regelvergütung bei einfachem Web-Radio wird mit 10% der Einnahmen des Veranstalters berechnet, bei
Mehrkanal-Web-Radio ab 25 Kanälen (Multichannel) mit 12%, wobei Mindestvergütungen festgesetzt werden. Zusätzlich zum Vergütungsmodell für Internet-Radios
wurde auch eine vorläufige Pauschalvergütung für nicht-kommerzielle Podcasts
vorgestellt. Die Podcasting-Lizenz variiert je nach Laufzeit und Art der Nutzung
zwischen 10 bis 90 Euro.223
(ii) Vergütungssätze VR-OD 1 für die Nutzung von Werken des GEMA-
Repertoires in Form von Ruftonmelodien (Handy-Klingeltönen). Die Vergütungssät-
220 Die einschlägige Klarstellung zum Berechtigungsvertrag haben bereits mehr als 80% der
GEMA-Mitglieder unterschrieben – die Unterschrift der Major-Verlage WARNER, EMI, U-
NIVERSAL, SONY und BMG steht unter dem Vorbehalt eines Konsens zwischen den europäischen Verwertungsgesellschaften und den amerikanischen Originalverlagen im Rahmen
des international ausgehandelten „Memorandum of Understanding“ zur Verwaltung der Online-Rechte (MOU-Online).
221 Hoeren/Sieber – Kreile/Becker, Multimediarecht, 2006, Teil 7.7 Rn. 32.
222 Kreile/Becker, in: Moser/Scheuermann (Hrsg.), Handbuch der Musikwirtschaft, 2003, S. 632,
648 ff.; Ventroni, MMR 2002, 648, 651. Vor der Festsetzung eigenständiger Vergütungssätze
für die Online-Musiknutzung wurden nur Einzelvereinbarungen mit Nutzern getroffen. Bei
der Anmeldung musste mit Vorlage etlicher Informationen, u. a. zum Inhalt und Zweck des
Online-Angebots, Anzahl der zunutzenden Werke, Spieldauer und Einnahmen, ein Kostenvorschlag seitens der GEMA eingeholt werden; Spieckermann, Urheberrecht und GEMA,
2001, S. 107.
223 Das Vergütungsmodell gilt für Hobbymoderatoren, die mit ihren Podcasts keinen Gewinn
erzielen möchten und höchstens einmal täglich einen maximal 30-minütigen Podcast veröffentlichen. Dabei darf die Musik nur eingeschränkt eingesetzt werden, damit keine ganzen
Musikwerke oder beträchtliche Teile davon aus dem Podcast herausgeschnitten und als Musikdatei verwendet werden können. Die Vergütungssätze liegen je nach Intensität der Musiknutzung zwischen € 5 und € 30 netto im Monat. Gewerbliches Podcasting mit Musik wird
weiterhin individuell lizenziert; GEMA-Brief Nr. 59 (September 2006). Eingehend zu den zu
erfüllenden Kriterien, die einen Podcast-Anbieter als nicht-kommerziell qualifizieren unter
. Die Podcast-Anbieter müssen sich zusätzlich die Rechte der
ausübenden Künstler und Tonträgerhersteller einholen, die allerdings zurzeit nicht bei der
GVL, sondern bei den jeweiligen Plattenfirmen liegen.
384
ze gelten ausschließlich für Audio-Angebote als Download im Internet oder ähnlichen Datennetzen, welche die Speicherung von Werken (Upload) sowie deren Übermittlung (Streaming) und die Speicherung der Werke auf das Mobiltelefon beim
Endnutzer (Download) in Form von Klingeltönen zum Gegenstand haben. Die einschlägige Vergütung entspricht 15% der Einnahmen. Als Vergütungsgrundlage gilt
der Preis, den der Endnutzer für die Leistungen des Music-on-Demand-Angebots
mit Download-Funktion (per SMS oder via Internet/Streaming) für Klingeltöne
bezahlt. Durch die Lizenzierung für Klingeltöne erwirtschaftet die GEMA das höchste Aufkommen aus dem Internet-Betrieb.224
(iii) Vergütungssätze VR-W 1 für die Speicherung (Upload) und Übermittlung
(Streaming) von Werken des GEMA-Repertoires auf gewerblichen, privaten oder
nicht-gewerblichen Websites zu Präsentationszwecken. Die Vergütung muss je
Werk unter Berücksichtigung der Zugriffszahlen entrichtet werden. Unter Präsentation ist die Eigenpräsentation durch inhaltliche Unterrichtung über die Person, das
Unternehmen oder die nicht-gewerbliche Institution zu verstehen. Als Zugriff auf
die Website gelten alle Kontakte der Nutzer mit Musiknutzung, was vorliegend
bedeutet, dass die Erfassung der Nutzungsintensität auf die Anzahl der „Sichtkontakte beliebiger Nutzer“, nämlich der Abrufe einer HTML-Seite als ganze (sog. Page
Impressions oder Visits) abgestellt wird. Als Spieldauer eines Werkes legt die GE-
MA maximal fünf Minuten zugrunde. Ist die Spieldauer länger, so erhöht sich der
Betrag pro weitere fünf Minuten um ebenfalls € 25 pro Monat.
(iv) Vergütungssätze VR-W 2 für die Nutzung von Werken des GEMA-
Repertoires auf Websites mit Angebot von Waren oder Dienstleistungen (Electronic
Commerce). Dabei ist die Übermittlung von Werken des GEMA-Repertoires in
einem Umfang von maximal 45 Sekunden im Rahmen eines Probehörens (sog. Prelistening) erfasst, welches den Verkauf des jeweiligen Musiktitels fördern soll. Auch
bei dieser Vergütungsberechnung werden die Zugriffszahlen bzw. die Seitenaufrufe
berücksichtigt. Liegt die Zugriffszahl unter 500.000 Page Impressions, beträgt die
Vergütung für bis zu 20 Werke jährlich € 150; liegt die Anzahl der genutzten Werke
zwischen 21 und 100, ist eine zusätzliche Jahresvergütung pro Werk zu entrichten.
Bei sonstigen Angeboten von Waren oder Dienstleistungen, bei denen die Musik im
Hintergrund steht, beträgt die monatliche Vergütung bis zu einem Grenzwert von
10.000 Page Impressions € 50 pro Werk.
Im Fall einer Online-Lizenzierung werden dem jeweiligen Anbieter folgende
Nutzungsrechte zum einheitlichen Tarif eingeräumt: das Aufführungsrecht (für die
Möglichkeit der interaktiven Übertragung auf Abruf für die Öffentlichkeit) und das
224 Streamingtechnologie ist besonders wichtig im Bereich des M(obile)-Commerce, wenn über
die dritte Generation von Mobiltelefonen multimediale Dienste mit Musikinhalten angeboten
werden. Da Mobiltelefone inzwischen auch über die Möglichkeit verfügen, multimediale
Nachrichten zu verschicken, werden sich künftig auch andere Rechteinhaber von Bild-, Filmund Sprachwerken mit Problemen der Lizenzierung solcher Dienste beschäftigen müssen,
Kreile/Becker, in: Moser/Scheuermann (Hrsg.), Handbuch der Musikwirtschaft, 2003, S. 632,
651 ff.
385
Senderecht sowie die mechanischen Vervielfältigungsrechte, namentlich die Zahl
der Vervielfältigungsvorgänge des GEMA-Repertoires, die durch Aufnahme, technische Aufbereitung, Speicherung in Datenbanken, Upload und Download (per SMS
oder via Internet) entsteht.
Neben den bereits im Bundesanzeiger veröffentlichten Tarifen hat die GEMA
zwei weitere Online-Tarife vorbereitet und zwar für die Nutzung von Werken des
GEMA-Repertoires als Music-on-Demand mit Download beim Endnutzer zum privaten Gebrauch (ausgenommen Klingeltöne) sowie für die Nutzung von Werken des
GEMA-Repertoires für Music-on-Demand ohne Download beim Endnutzer zum
privaten Gebrauch. Um den insbesondere internationalen Verhandlungen nicht vorzugreifen und eine mögliche nationale Tarifauseinandersetzung zu vermeiden, hat
die GEMA zunächst von der Veröffentlichung dieser Tarife abgesehen. Kernpunkte
dieser Tarife sind auch hier Vergütungen in Höhe von 12% vom Endkundenpreis
mit Mindestvergütungen.
Da die GEMA Aufführungs- bzw. Senderechte sowie das mechanische Vervielfältigungsrecht den jeweiligen Nutzern in einer einheitlichen Online-Lizenz einräumt, lassen sich die Nettoerträge nach einem „vorläufigen“ Verteilungsplan für
den Online-Bereich, gültig für Werknutzungen der Geschäftsjahre bis einschließlich
2004, folgendermaßen aufteilen225:
Für den Nutzungsbereich Internetradio (normales/ mit interaktiven Auswahlmöglichkeiten/ Mehrkanalradio) und Internet-TV werden die Erträge zu 66,67% dem
Aufführungs- und Senderecht und zu 33,33% dem mechanischen Vervielfältigungsrecht zugeordnet. Für den Nutzungsbereich Websites (Streaming), sei es für Präsentationszwecke (gewerbliche/ nicht gewerbliche/ private) oder für den E-Commerce
(zur Unterstützung des Musikvertriebs/ zur Unterstützung des Waren- bzw. Dienstleistungsvertriebs), werden die Erträge ebenso zu 66,67% dem Aufführungs- und
Senderecht und zu 33,33% dem mechanischen Vervielfältigungsrecht zugeordnet.
Für den Nutzungsbereich Music-on-Demand zum bloßen Anhören (Streaming) werden die Erträge gleichfalls zu 66,67% dem Aufführungs- und Senderecht und zu
33,33% dem mechanischen Vervielfältigungsrecht zugeordnet. Umgekehrt erfolgt
die Zuordnung mit 33,33 für das Aufführungs- und Senderecht und 66,67% für das
mechanische Vervielfältigungsrecht, wenn die jeweiligen Music-on-Demand-
Dienste mit Möglichkeit zum Herunterladen (Download) ausgestattet sind. Entsprechend erfolgt die Aufteilung für den Nutzungsbereich Cinema-/ Video-on-Demand,
wo ebenso eine Unterscheidung in der Funktion zwischen Streaming und Download
vorgenommen wird. Auch bei den Ruftonmelodien, die aufs Handy durch Herunterladen aus dem Internet oder per SMS über den Anruf einer 0190-Nummer zugespielt
werden, liegt der Schwerpunkt der Nutzung bei dem mechanischen Vervielfältigungsrecht mit einem Anteil von 2/3 (66,67%) aus den gesamten Nutzungserträgen.
Im Bereich der bildenden Kunst übertragen die Urheber der VG Bild-Kunst die
Rechte an der Speicherung in digitalisierten Datenbanken und Dokumentations-
225 Neufassung aufgrund der Beschlüsse in der ordentlichen Mitgliederversammlung am 24. und
25. Juni 2003 abgedruckt in GEMA-Jahrbuch 2005/2006, S. 332 ff.
386
systemen, an der elektronischen Übermittlung sowie an dem Sichtbarmachen ihrer
Werke auf Bildschirmen (§ 1 r) Wahrnehmungsvertrag). Trotz dieser pauschalen
Sammelbezeichnung, die der Auslegung über den Umfang der Rechtewahrnehmung
zugänglich ist, wird der VG Bild-Kunst eine umfassende Wahrnehmungsbefugnis
zuerkannt, die sich auf die On-Demand-Nutzungsarten digitalisierter Werke der
bildenden Kunst und der Fotographie erstreckt. Denn der Abruf von Werken aus
einer Fotodatenbank oder die Einstellung abgebildeter Werke der bildenden Kunst
auf der Homepage eines Museums stelle eine für die Tätigkeit der Verwertungsgesellschaften typische Massennutzung dar, deren Kontrolle einen entsprechenden
Verwaltungsapparat voraussetze; eine individuelle Rechtewahrnehmung würde sich
hierbei angesichts der relativ geringen anfallenden Nutzungsentgelte kaum lohnen.226
Auch § 1 Ziff. 18 des VG WORT-Wahrnehmungsvertrags sieht die Übertragung
der Nutzungsrechte für die Verwendung von Textwerken im Rahmen von Pay-TV,
Pay-per-View, Pay-Radio, Radio-on-Demand und Video-on-Demand vor; die Internet-Nutzung wird hierdurch nicht erfasst. Die Einspeicherung und digitale Übertragung von Beiträgen, die in gedruckten Sammlungen oder Sammelwerken erschienen
sind, fallen allerdings unter den Wahrnehmungsbereich der VG WORT (§ 1 Nr. 19
WahrV), wobei bislang keine Lizenzvergabe erfolgt ist. Die Wahrnehmungsbefugnis
der VG WORT gilt insoweit und solange, wie die entsprechende Rechteeinräumung
nicht Gegenstand von Tarif- oder Individualverträgen ist, und kann dementsprechend in der Praxis nur einschränkt ausgeübt werden227.
2. Österreich
Die Austro-Mechana hat feste Tarife für Klingeltöne und Audio-on-Demand-
Nutzungen gegen Entgelt:
(i) Klingetöne für Mobiltelefone: 12% des Gesamtumsatzes mit einer Mindestvergütung von € 0,10 pro Download
(ii) entgeltliches Download: 12% des Gesamtumsatzes mit einer Mindestvergütung von € 0,10 pro Download
(iii) entgeltliches Streaming: 12% des Gesamtumsatzes ohne Mindestvergütung
(iv) Webseite mit Hintergrundmusik: einmalige Entrichtung eines Pauschalbetrags von € 100 (bis 30 Sek.) bzw. € 150 (über 30 Sek.).
Die Tarifgestaltung für unentgeltliches Streaming, Webcasting und Video-on-
Demand erfolgt auf individueller Vereinbarung.
226 So Siebert, Auslegung der Wahrnehmungsverträge, 2002, S. 144, 147.
227 Durch diese im Mai 1999 eingeführte Einschränkung wurde der Grundsatz der zeitlichen
Priorität, wonach in Fällen der Doppelabtretung grundsätzlich die zeitlich erste Verfügung allein wirksam ist, modifiziert. Anlass war der gemeinsame Protest von ARD und ZDF, es handele sich bei den genannten Rechten überwiegend um solche, die unmittelbar im Zusammenhang mit der Rundfunktätigkeit erforderlich seien.
387
3. Frankreich
Die zentrale Anlaufstelle SESAM, welche das Werkrepertoire der führenden Verwertungsgesellschaften Frankreichs verwaltet, stellt eine Reihe von monatlichen
Tarifen für die Online-Nutzung geschützter Inhalte auf, die je nach Art der relevanten Webseite erheblich voneinander abweichen. Bei einer Nutzung von maximal
zehn Werken, die auf einer zu privaten Zwecken gestalteten Internet-Seite verwendet werden, liegt der monatliche Betrag bei € 2. Dient hingegen die Webseite den
Präsentationszwecken einer Behörde/eines Vereins oder eines Unternehmens, variiert der entsprechende Tarif von € 10 bis € 23, soweit die Frequentierung der jeweiligen Webseite nicht eine vorgegebene Zahl erlaubter Abrufe übersteigt. Die Höhe
des entsprechenden Tarifs, der im Fall einer kommerziellen Webseite zu entrichten
ist, kann schließlich je nach Besucherhäufigkeit € 200 übersteigen, wobei der zu
zahlende Betrag das sog. „pre-listening“ von Musikwerken bzw. das „previsualisieren“ einer Bild-Datei oder Filmsequenz abdeckt.
4. Belgien
Das in einer experimentellen Phase stehende Tarifmodell der SABAM deckt durch
eine detaillierte Vorgehensweise mit pauschalierten Abrechnungen sowohl den Bereich Streaming als auch den Bereich Webcasting ab.
(i) Der Streaming-Tarif entspricht 6% der erzielten Einnahmen, wobei verschiedene Monatspauschalen als Mindestvergütung vorgesehen sind, von € 13,6 (15 Min.
Musik auf einer privaten Webseite) über € 49,2 (30 Min. Musik auf einer kommerziellen Webseite) und € 27,3 (30 Min. Musik auf einer privaten Webseite) bis hin zu
€ 95,7 (für eine Stunde Musik auf einer kommerziellen Webseite).
(ii) Der Webcasting-Tarif entspricht ebenso 6% der erzielten Einnahmen. Die
Mindestvergütung beträgt hierbei monatlich € 54,59 im Fall einer zeitgleichen oder
um eine Woche zeitversetzten Ausstrahlung; oder € 82,06 bei einer um zwei Wochen zeitversetzten Ausstrahlung; oder € 136,76 bei einer um länger als zwei Wochen (max. ein Jahr) zeitversetzten Ausstrahlung
5. Niederlande
Die niederländischen BUMA/STEMRA waren 1996 die ersten musikalischen Verwertungsgesellschaften, die ein Tarifmodell für die Online-Nutzung veröffentlichten.228 Bei der Tarifaufstellung gehen sie weniger von der technischen Unterschei-
228 Die erste globale Online-Lizenz wurde stark kritisiert, vor allem weil sie ohne rechtliche
Grundlage bzw. ohne entsprechende Erweiterung der Wahrnehmungsverträge eingeführt wur-
388
dung Streaming/Download der zu erfassenden Nutzungsvorgänge aus und mehr von
dem Inhalt der angebotenen Dienste. Folgende Kategorien werden geregelt:
(i) Simulcasting/Webcasting: Als Berechungsgrundlage für die einschlägige Lizenzvergütung dient hierbei die Gesamtsumme der entsprechenden Einnahmen, von
denen 13% zu entrichten sind. Die Mindestvergütung für die Nutzung auf einer
kommerziellen oder privaten Webseite entspricht jeweils € 65 oder € 26 pro Kanal.
(ii) Versand von Klingeltönen für Mobiltelefone: Der Tarif wird auf der Basis des
Konsumentenpreises berechnet (12%) und beträgt ein Minimum von € 0,113 pro
bestelltem Klingelton.
(iii) „Tracks on Demand“: Hier müssen 10% des Konsumentenpreises entrichtet
werden. Die Mindestvergütung beträgt € 0,06/€ 0,90 pro heruntergeladenem
Track/Album, während für das Probehören (Streaming) von Musikdateien ein Mindestbetrag von € 0,0375/€ 0,57 pro „gestreamtem“ Track/Album zur Anwendung
kommt.
(iv) Hintergrundmusik: Im Gegensatz zur Tarifberechung pro Download-Vorgang
werden für die Nutzung geschützter Werke als Hintergrundmusik Pauschalen gefordert, die primär von der Gewerblichkeit der relevanten Internetseiten abhängig sind.
Auch die Musikdauer sowie der übermittelte Werkumfang (Gesamtwerk oder Werkteile) werden bei der Tarifgestaltung mit berücksichtigt; für bis zu 10 Minuten Musikdauer werden im gewerblichen Bereich € 65 und für mehr als 10 Minuten € 130
verlangt (die Hälfte jeweils bei der Übermittlung von Werkteilen). Eine Monatspauschale von 20% der jeweiligen Einnahmen entspricht der Lizenzvergütung bei nichtgewerblichen Internetseiten.
6. Dänemark
An der Spaltung des belgischen Tarifmodells zwischen Streaming und Download
orientiert sich die Verwertungsgesellschaft KODA, die im Bereich Streaming-on-
Demand bei einer Hörlänge von mehr als 45 Sekunden eine Lizenzgebühr von 12%
der Marktpreises für Streaming-Vorgänge neben einer Mindestvergütung von
DKK 0,2591 (€ 0,348) und einer minimalen Monatspauschale von DKK 500 (ca.
€ 67) eingeführt hat.
Dieselbe Bemessungsgrundlage und minimale Monatspauschale wird auch für die
Lizenzgebühr für Download-Vorgänge verwendet (12% des jeweiligen Marktpreises), wobei eine Mindestvergütung von DKK 0,774 (€ 0,104) pro Download vorgesehen wird.
1999 hat die KODA ein flexibles Lizenzierungsmodell für die Online-Nutzung
eingeführt, welches den Mitgliedern der Verwertungsgesellschaft erlaubt, individude, Hugenholtz, RIDA 187 (janvier 2001), 111, 155; Zapf, Kollektive Wahrnehmung von Urheberrechten im Online-Bereich, 2002, S. 154.
389
ell ihre Musik auf der eigenen Webseite zugänglich zu machen. Drei Erfordernisse
müssen dabei erfüllt sein:
- Der Abschluss einer Standard-Vereinbarung mit KODA, die gegenüber anderen
individuellen Vereinbarungen nicht mit Zahlungspflichten für die Mitglieder verbunden ist;
- der Urheber und der Betreiber der Webseite müssen dieselbe Person sein;
- die Webseite darf keine kommerziellen Zwecke verfolgen.229
7. Vereinigtes Königreich
Im Online-Bereich kann die Rechteeinräumung angesichts eines nicht ausgereiften
Lizenzierungsmodells durch Einzelverhandlungen („prior approval“) erfolgen. Für
die Sparten Streaming und Download bietet die MCPS alternativ die sog. „blanket
licenses“ an, mit denen das Gesamtrepertoire im Rahmen einer Webseite auf eine
bestimmte Weise genutzt werden kann.
(i) Streaming/Download-Vorgänge: bei der Nutzung von bis zu 45.000 Streaming/Download-Vorgängen pro Jahr im Rahmen von Internetseiten mit begrenzter
Streaming/Download-Aktivität eine Jahrespauschale von ? 100 (ca. € 147,7); für bis
zu 90.000 Streaming/Download-Vorgänge pro Jahr steigt die Summe auf ? 200 (ca.
€ 295,5) an. Bei Anbietern mit hoher Download-Aktivität beträgt die Jahrespauschale ? 100 bzw. ? 200 je nachdem, ob die jährliche Zahl der Download-Vorgänge
25.000 übersteigt oder nicht.
(ii) Webcasting-Vorgänge: Zur Geltung kommen hierbei die gleichen Jahrespauschalen, die sich ebenso nach der Webcasting-Aktivität der jeweiligen Webseiten
richten (Zahl der Vorgänge, einfaches oder interaktives Webcasting).
II. Abgaben für digitale Geräte und Leerspeichermedien im audio- und audiovisuellen Bereich
Im Bereich der Geräte- und Leerkassettenabgabe knüpfen die Verwertungsgesellschaften die Verteilung an die objektive Möglichkeit der Nutzung; eine individuelle Verteilung ist hierbei schwer umsetzbar, wenn nicht unmöglich. Die von den
Verwertungsgesellschaften ausgearbeiteten Tarife für die analogen Leerkassetten
sind unabhängig von der Art des Tonträgers auf die Aufnahmedauer des Mediums
ausgerichtet. Aufgrund der Tatsache, dass die digitale private Vervielfältigung verstärkt Verbreitung findet und somit größere wirtschaftliche Bedeutung erlangt, sollte
hinsichtlich der Höhe des gerechten Ausgleichs von einer pauschalierten Lösung
229 Schønning, IIC 2000, 967, 969.
390
abgesehen und den Unterschieden zwischen digitaler und analoger privater Vervielfältigung Rechnung getragen werden.230 In der Info-Richtlinie fehlt es allerdings an
einer eindeutigen Vorgabe, die zu einer möglichst einheitliche Regelung der Mitgliedstaaten führen könnte; dem nationalen Gesetzgeber bleibt überlassen, de lege
ferenda in der Vergütungshöhe zwischen analogen und digitalen Vervielfältigungen
zu differenzieren. Sollte man sich für eine Erhöhung der Vergütungssätze bei digitalen Vervielfältigungen entscheiden, erweist sich diese Aufgabe in der Praxis insofern als problematisch, als nicht nur der vorhandene Speicherplatz, sondern auch das
Speicherformat der zu kopierenden Dateien für die Aufnahmekapazität des Datenträgers ausschlaggebend sind. Um ein Beispiel zu nennen: Eine CD-R hat zwar eine
Speicherkapazität von 700 MB oder 80 Minuten, kann jedoch durch die Audio-
Komprimierungsverfahren MP3 und ATRAC3231 bis zu 40 Stunden Musik aufnehmen; ebenso trägt die Geschwindigkeit beim Überspielen zu einer gesteigerten
Werknutzung bei.232
1. Deutschland
Im audiovisuellen Bereich werden bisher Vergütungen für DVD, Speichercards,
DataPlay Discs, Digital Audio Tapes (DAT), Digital Compact Cassettes (DCC),
Minidiscs, einmal oder mehrfach bespielbare digitale Compact Discs (Audio-CD-
R/-CD-RW) und die entsprechenden Aufzeichnungsgeräte erhoben. Bei der Erhebung wie auch bei der Ausschüttung der Pauschalabgaben, welche durch die ZPÜ
erfolgen233, wird zwischen den Bereichen Audio und Video unterschieden. 1997 hat
die Mitgliederversammlung der VG WORT beschlossen, den Wahrnehmungsvertrag
um die CD-ROM-Nutzung zu ergänzen (§1 Nr.17), was der Verwertungsgesellschaft
zur Rechteeinräumung für Texte verholfen hat, die in einem Zeitraum vor der Bekanntheit der CD-ROM-Nutzungsart erschienen sind. Entsprechende Tarife für die
Nutzung von Texten auf CD-ROM wurden zwei Jahre später zwischen der VG
WORT und dem Börsenverein des Deutschen Buchhandels zum Gegenstand einer
vertraglichen Vereinbarung. Auch die VG Bild hat eigene Tarife für die CD-ROM-
Nutzung veröffentlicht, die sich je nach Auflagezahl richten; für die Nutzung im
Werbebereich wird ein Zuschlag von 50% auf die einschlägigen Tarife erhoben. In
230 Siehe dazu Erwägungsgrund Nr. 38 der Info-Richtlinie.
231 Der ATRAC3-Codec kann Audio-CDs bei guter Klangqualität bis zu dreimal so stark komprimieren wie etwa MP3-Technologie und wurde ursprünglich speziell für MiniDisc entwickelt.
232 Walkman-Modelle der letzten Generation können bis zu vier Stunden Musik (Kauf-CD,
selbstgebrannte MP3-Kompilation, beliebige Playlist) in nur fünf Minuten ziehen!
233 Abgabepflichtigen und Gesamtvertragspartner der ZPÜ sind die VHT (Vereinigung von
Herstellern von Tonaufzeichnungsgeräten), VAB (Vereinigung von Anbietern von Bildaufzeichnungsgeräten), VIHB (Vereinigung von Importeuren und Herstellern von Bildaufzeichnungsgeräten), Zusammenschluss von Herstellern und Importeuren von Tonaufzeichnungsgeräten, Informationskreis Aufnahmemedien.
391
der Mitgliederversammlung der VG WORT im Mai 2003 wurde eine angemessene
Vergütung für bespielbare DVDs mit einer nominellen Speicherkapazität von 4,7
GB (etwa 120 Minuten Spieldauer) verabschiedet, welche am 1. Januar 2003 zur
Anwendung kam. Der Tarif beträgt allerdings nur € 0,087 je Spielstunde, also €
0,174 pro Stück.
Mit der Frage der Gerätevergütung von CD-Brennern sind sowohl die Schiedsstelle als auch die Gerichte konfrontiert worden. Die Höhe der angemessenen Vergütung für Geräte mit Schwerpunkt im Audiobereich sei nicht den vom Gesetzgeber
festgelegten Vergütungssätzen zu entnehmen. Für angemessen wurde 2000 eine
Vergütung von 17 DM erachtet, wonach der Höchstvergütungssatz pro Gerät 5% des
Herstellerabgabepreises nicht überschreiten sollte.234 Für CD-Kopierstationen hat
die Schiedsstelle die Vergütungspflicht ebenso bejaht und eine nach der Zahl der
Brennlaufwerke gestaffelte Vergütung vorgeschlagen.235 Eine Vergütungspflicht für
Scanner wird bereits seit 1995 eingesetzt.
Die 2001 von der VG WORT und VG Bild-Kunst veröffentlichten Tarife von €
30 für die PC-Vergütung und von € 10-150 (je nach Geschwindigkeit) für Drucker
wurden von Herstellern und Importeuren ignoriert. Daraufhin wurden zwei Schiedsverfahren eingeleitet. Im ersten Fall wurde der Einigungsvorschlag der Schiedsstelle
für eine Pauschalabgabe von € 12 auf Drucker von der Industrie abgelehnt, genauso
wie ein weiterer Vorschlag für Zahlung von € 76,70 als Abgabe auf Multifunktionsgeräte. Infolge einer Entscheidung der Schiedsstelle des DPMA sowie der Münchener Gerichtsinstanzen wurde eine Vergütungspauschale von € 12 zzgl. Mehrwertsteuer pro Gerät festgelegt.236 In der Entscheidungspraxis der Schiedsstelle
wurde ebenso eine Pauschale von € 4 bzw. 3,85 pro in Deutschland verkauftem
Gerät festgesetzt, wobei eine gestaffelte Erhöhung je nach Geschwindigkeit des
Geräts vorgesehen wird. Die einschlägige Vergütungspflicht für Drucker und Plotter
wurde im Verfahren eines Gerichtsverfahrens zwischen der VG WORT und den
Druckerherstellern Hewlett-Packard vom OLG Stuttgart bestätigt.237
Nach Angaben des Deutschen Bundestags ist das Vergütungsaufkommen aus dem
Bereich der Bild- und Tonvervielfältigung tendenziell seit 1990 deutlich und stetig
gesunken.238 Nach Abzug von derzeit 4% Inkassokosten werden die eingenomme-
234 Sch-Urh 12/99, ZUM 2000, 599.
235 Sch-Urh 3/00, ZUM-RD 2004, 449.
236 Sch-Urh 8/01; LG München v. 23.12.2004, CR 2005, 217 – PC-Urheberrechtsabgabe; OLG
München v. 15.12.2005, ZUM 2006, 239 = CR 2006, 309 = GRUR-RR 2006, 121 – Gerätevergütungspflicht für PCs.
237 OLG Stuttgart v. 17.05.2005, MDR 2005, 1259. Erwartet wird die Einlegung einer Revision
seitens von Hewlett-Packard.
238 2. Vergütungsbericht der Bundesregierung v. 11.07.2000, BT-Drucks. 14/3972, S. 7 ff., abgedruckt in UFITA 2000-III, 691-742. Die Gesamteinahmen aus Pauschalabgaben in Höhe von
insgesamt € 70,7 Mio. im Jahr 2000 setzten sich aus den folgenden Quellen zusammen: € 7,21
Mio. aus der Abgabe auf Tonaufzeichnungsgeräte, € 27,67 Mio. aus der Abgabe für Bildaufzeichnungsgeräte, € 12,64 Mio. aus der Abgabe auf Leertonträger und € 23,21 Mio. aus der
Abgabe auf Leerbildträger, Ulbricht, Pauschalabgaben, 2005, S. 12.
392
nen Mittel von der zentralen Inkassostelle der deutschen Verwertungsgesellschaften
ZPÜ an die Gesellschafter weitergegeben. Dabei sind feste Quoten für die jeweils
beteiligten Verwertungsgesellschaften getrennt nach den Verwertungsbereichen
Audio und Video vorgesehen. Im Bereich Bildaufzeichnung werden an GEMA und
GVL jeweils ca. 20% der Einnahmen ausgeschüttet, die VG WORT und die VFF
(Filmproduzenten) erhalten ca. 8% - der Rest wird unter der VG Bild-Kunst und den
restlichen Filmverwertungsgesellschaften verteilt. Zur Vergütung der ausländischen
Rechteinhaber erhalten VGF und GWFF 21%, für deutsche Filme und Dokumentarfilme werden insgesamt ca. 15% an VGF, GWFF und VG Bild-Kunst ausgeschüttet.
Deutsche Filme und Dokumentarfilme werden also in gewissem Umfang subventioniert. Einfacher ist die Verteilung im Bereich Tonaufzeichnung, wo GEMA und
GVL jeweils 42% erhalten, die VG WORT 16%. Bei der Gesamtverteilung erhalten
GEMA und GVL jeweils ca. 27% der ZPÜ-Einnahmen, die VG WORT ca. 10%; die
übrigen Verwertungsgesellschaften, welche mit Ausnahme der VG Bild-Kunst Filmrechte wahrnehmen, erhalten zusammen ca. 36%.
Diese Anteile werden anschließend bei der internen Verteilung auf der Grundlage
der Satzungen und Verteilungspläne der jeweiligen Verwertungsgesellschaft an die
Berechtigten ausgeschüttet, wobei dann noch einmal die Verwaltungskosten der
jeweiligen Verwertungsgesellschaft abgezogen werden. Am Beispiel der GEMA
werden die Verwertungserlöse an Komponisten, Textdichter und Verleger verteilt,
und zwar anhand prozentualer Pauschalzuschläge, die auf die Aufkommen des vorangegangenen Geschäftsjahres in den Abrechungssparten vorgenommen werden.
Im Bereich des mechanischen Vervielfältigungsrechts führt die Verwertungsgesellschaft eine individuelle Verteilung durch, die etlichen Mitgliedern mit hohen Ansprüchen aufgrund des häufigen Verkaufs oder der häufigen Sendung ihrer Werke
einen dementsprechend großen Anteil aus dem Pauschalabgabenaufkommen zukommen lässt.239 Ähnlich führt die VG WORT die Verteilung ihres Anteils durch,
indem sie individuellen Kriterien, wie Werkkategorie und kulturelle Bedeutung der
Werke, anwendet, um die gemeldeten Beiträge angemessen zu gewichten und anschließend die sich daraus ergebende Summe nach einer allgemeinen Verteilungsquote zwischen den Autoren (70%) und Verlegern (30%) eines Werks aufzuteilen.240
Auf diese Weise ergibt sich innerhalb der einzelnen Verwertungsgesellschaften eine
Art Quersubventionierung der Hochkultur, die mit § 7 WahrnG in Einklang steht:
„Der Verteilungsplan soll dem Grundsatz entsprechen, dass kulturell bedeutende
Werke und Leistungen zu fördern sind.“ Im Ergebnis kommt der Großteil des Pauschalabgabenaufkommens dennoch denjenigen zugute, die auch sonst besonders
erfolgreich bei der kommerziellen Verwertung von audiovisuellem Material sind.
239 Die Verteilungsquote richtet sich also grundsätzlich nach dem Verkaufs- bzw. Nutzungserfolg
der Werke am Markt, wie er über klassische Marktbeobachtungsinstrumente gemessen wird.
Dass neuartige Formen der künstlerischen Selbstvermarktung herbei nicht erfasst werden,
wird als Anachronismus des bestehenden Systems kritisiert, Ulbricht, Pauschalabgaben, 2005,
S. 14.
240 VG WORT-Verteilungsplan B.I. § 6.1 (Fassung 24.05.2003).
393
Die interne Verteilungsübung ist nicht ohne Kritik geblieben. Die Verteilungsgrundsätze sind zwar in die Verteilungspläne aufzunehmen; über die Verteilung der
Einnahmen und die internen Verteilungsschlüssel werden unzureichende bzw. komplizierte und undurchsichtige Informationen bekannt gemacht, die den einzelnen
Berechtigten oft schwer verständlich sind.
2. Österreich
Auch die österreichischen Verwertungsgesellschaften Literar-Mechana und VBK
haben bereits zugunsten von Autoren und bildenden Künstlern autonome Tarife für
PCs und Drucker aufgestellt. Seit 1.01.2006 wird eine pauschale Gerätevergütung
erhoben, welche € 21,60 pro PC und zwischen € 7,20 und € 126 pro Drucker – je
nach Vervielfältigungsgeschwindigkeit und Möglichkeit des Farbdrucks – beträgt.
Für Scanner, Kopier- und Faxgeräte ist in Österreich bereits seit 1996 eine Geräteabgabe fällig.
Was die Leermedienabgabe angeht, werden verschiedene Tarife für Audio-CD-
R/RW (€ 0,18 pro Spielstunde), Daten CD-R/RW (€ 0,17 pro Spielstunde), integrierte oder wechselbare Speicher jeder Art/ MP3 Player (von € 2 - 12 je nach Speicherkapazität), DVD (€ 0,18 pro Spielstunde) und Festplatten in DVD-Recordern (€
3 – 20 je nach Speicherkapazität) von Austro-Mechana angewendet.
Tarife für die Nutzung von PC-Festplatten dürfen hingegen aufgrund eines gerichtlichen Urteils den Nutzern nicht auferlegt werden. Der OGH hat nämlich beschlossen, nicht vergütungspflichtig sei Trägermaterial einschließlich Computer-
Festplatten, das regelmäßig zu einem gewichtigen und nicht zu vernachlässigenden
Teil für andere Zwecke als zur Vervielfältigung zum eigenen und privaten Gebrauch
verwendet werde (Multifunktionalität).241
3. Frankreich
Gemäß der Entscheidung der Kommission vom 6.12.2001242 beträgt die Vergütung
für analoge Audioaufnahmemedien € 28,51 und für audiovisuelle Aufnahmemedien
42,85 € pro 100 Stunden Spieldauer. Was die digitalen Aufnahmemedien angeht,
wird pro 100 Stunden Spieldauer eine Vergütung von € 45,73 im Audiobereich
sowie eine Vergütung von € 125,77 im audiovisuellen Bereich festgelegt. Weitere
Vergütungssätze gelten bereits für integrierte Festspeicher sowie Leerträgermedien,
welche nach der nominellen Speicherkapazität berechnet werden: Während im Musikbereich eine Vergütung zwischen € 8 (bis zu 5 GB) und € 20 (bis zu 20 GB) geschuldet wird, variiert die Vergütung im audiovisuellen Bereich bis zu € 10 für eine
241 OGH v. 12.07.2005, MR 2006, 19 – Computer-Festplatte.
242 JO v. 29.12.2001, S. 21319.
394
Speicherkapazität von weniger als 40 GB und bis zu € 15 für bis zu 80 GB.243 Damit
sind die Vergütungssätze für Leermedien in Frankreich höher als in anderen Ländern, was sich dadurch erklären lässt, dass das französische Urheberrecht keine
Geräteabgabe für die private Vervielfältigung und somit kein kombiniertes Vergütungsmodell kennt.
Die Einziehung der Einnahmen aus Tonbild- und Tonaufzeichnungen zum privaten Gebrauch erfolgt jeweils durch die Inkassostellen COPIE FRANCE und SORE-
COP, welche das Vergütungsaufkommen nach Abzug der Verwaltungskosten zentral an die SDRM ausschüttet, die ihrerseits die Einnahmen an die einzelnen Gesellschafter weiterleitet. Die Verteilung der Einnahmen erfolgt nach gesetzlich
festgelegten Quoten, was zweifellos einen Transparenzvorteil mit sich bringt. Gemäß den in Art. L. 113 - 7 Abs. 1 CPI vorgesehenen Verteilungsquoten gilt es zwischen dem Audio- und dem Videobereich zu differieren: Die Vergütung für die
private Vervielfältigung von Tonträgern steht den Urhebern (Mitglieder der SA-
CEM, SACD und SCAM) zur Hälfte, den ausübenden Künstlern (ADAMI, SPEDI-
DAM) und den Tonträgerherstellern (PROCIREP, SCPA) je zu einem Viertel zu.244
Das Vergütungsaufkommen im Videobereich verteilt sich hingegen gleichmäßig
zwischen Urhebern, ausübenden Künstlern und Produzenten (Art. L. 331-7 Abs. 3
CPI).245 Das Vergütungsaufkommen für die digitale Kopie, das weder für Ton- noch
für Bildtonträger festgelegt ist, steht ebenso den Urhebern und Verlegern jeweils zur
Hälfte zu (Art. L. 331-7 Abs. 3 CPI). Darüber hinaus lassen SORECOP und COPIE
FRANCE Untersuchungen in einer repräsentativen Anzahl von Haushalten durchführen, um eine möglichst nutzungsbezogene Verteilung der einzelnen Anteile für
die Gesellschafter zu erleichtern, wobei weitgehende Pauschalierungen schließlich
unausweichlich sind.
4. Belgien
Die aktuellen Vergütungsregelungen werden durch die königlichen Verordnungen
vom 4.04.2003, 16.06.2003 und 25.04.2004246 festgelegt:
- 3% des Verkaufspreises des Aufzeichnungsgeräts,
- € 1,5% des Verkaufspreises für integrierbare Geräte,
- € 0,1 pro Spielstunde für analoge Tonträger;
- € 0,23 pro Spielstunde für digitale Tonträger;
243 Entscheidung der Kommission v. 4.07.2002, JO v. 27.07.2002, S. 12877.
244 So verteilt die SORECOP 50% des Vergütungsaufkommens an die SDRM für die Urheber,
25% an die ADAMI bzw. die SPEDIDAM für die Interpreten und 25% an die SCPA für die
Produzenten.
245 So schüttet die COPIE FRANCE je ein Drittel der Netto-Einnahmen an die SDRM (Urheber),
die ADAMI bzw. die SPEDIDAM (Interpreten) und die SCPP bzw. die PROCIREP (Produzenten) aus.
246 Jeweils veröffentlicht in Moniteur belge v. 30.04.2003, 22.07.2003 und 29.04.2004.
395
- € 0,12 pro Stück für CD und CD-R bis zu 700 MB;
- € 0, 59 pro Stück für DVD und DVD-R.
Die Verteilung erfolgt zu einem Drittel gleichermaßen unter Herstellern, Urhebern und Leistungsschutzberechtigten (Art. 55, 6° BE-UrhG).
5. Dänemark
Gemäß § 40 DK-UrhG werden die Tarife für digitale audio und audiovisuelle Medien auf DKK 1,88 (€ 0,25) bzw. auf DKK 3 (€ 0,4) pro Speichereinheit festgesetzt.
Die Vergütung für Memory Cards entspricht DKK 4,28 (€ 0,57) pro Gerät.
6. Vereinigtes Königreich
Bis zur Einführung des CDPA 1988 wurden die mechanischen Rechte in Großbritannien zwangslizenziert. Über die bis dahin gesetzlich festgelegte Vergütungshöhe
musste daher nach dem Wegfall der Zwangslizenz verhandelt werden. Das britische
Modell der Geräteabgabe für CD-ROM, CD-I, Playstation usw. wurde Mitte der
neunziger Jahre nach langwierigen Sitzungen entwickelt und unterscheidet zwischen
Produkten, bei denen der Schwerpunkt auf der Musiknutzung liegt, und Produkten,
bei denen die Musik im Hintergrund steht. Im ersten Fall entspricht die MCPS-
Lizenz 8,5% des veröffentlichten Handelspreises („published dealer price“, PDP)
und darf nicht unter 45% des Ladenpreises fallen; im zweiten Fall enthält der entsprechende Tarif 6,5% des Handelpreises, der jedoch je nach Anzahl der enthaltenen
Musikwerke variieren kann.247 Dieselbe Berechungsgrundlage wird auch für Memory Cards verwendet.
4. Abschnitt: Wertende Betrachtung der Wahrnehmungspraxis der europäischen
Verwertungsgesellschaften im digitalen Umfeld
In den Mitgliedstaaten der europäischen Union stellt die kollektive Wahrnehmung
eine etablierte Tradition dar und wird als eine wirtschaftliche, kulturelle und soziale
Notwendigkeit angesehen.248 Trotz des gemeinsamen Grundverständnisses über die
Rolle der Verwertungsgesellschaften weist die kollektive Wahrnehmungspraxis in
den einzelnen Staaten aufgrund unterschiedlicher Traditionen und Ansätze erhebliche Diskrepanzen auf. Die Gesetzgebung auf dem Gebiet der kollektiven Rechtewahrnehmung in den Mitgliedstaaten scheint sich in unterschiedlicher Weise weiter-
247 Isherwood, in: Roos, Willem/ Seignette, Jacqueline (Hrsg.), Multimedia Deals in the Music
Industry, 1996, S. 142, 144 ff.
248 Reinbothe, ZUM 2003, 27, 29.
Chapter Preview
References
Zusammenfassung
Die Anpassung der kollektiven Wahrnehmung von Urheberrechten durch die Verwertungsgesellschaften an das digitale Zeitalter gewinnt zunehmend an Brisanz. Diese rechtsvergleichende Studie nimmt den Urheberrechtswandel in vielen Ländern Europas unter die Lupe, um anschließend die rechtlichen Rahmenbedingungen und die Wahrnehmungspraxis ausgewählter Verwertungsgesellschaften zu untersuchen. Nachgezeichnet werden dabei die Konturen einer gemeinschaftsweiten Rechtewahrnehmung, vor allem im Bereich der Online-Lizenzierung. Dazu wird der Frage nach Handlungsoptionen für eine gestärkte Rolle der Verwertungsgesellschaften in einer stets wandelnden Medienlandschaft nachgegangen.