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Zwangslizenz müssen sämtliche Vergütungen für die Inszenierung dramatischer
Werke an die Gesellschaft ausgezahlt werden, auch wenn der Bühnenautor kein
Gesellschaftsmitglied ist.62 Die Gesellschaft der griechischen Bühnenschriftsteller
plant eine Erweiterung ihrer Wahrnehmungsaufgaben durch den Zusammenschluss
mit dem Verband der griechischen Theater-, Film- und Fernsehregisseure.
3. Sonstige Länder
In Deutschland besteht keine besondere Verwertungsgesellschaft zur Wahrnehmung
von Zweitverwertungsrechten an Bühnenwerken. „Kleine“ Rechte an dramatischen
Werken werden teilweise durch die VG WORT (öffentliche Wiedergabe durch technische Vorrichtungen) oder durch die GEMA (öffentliche Wiedergabe durch Bildund Tonträger, Kleinsendungen) verwaltet. Die Geltendmachung von Vergütungsansprüchen aus der Kabelweitersendung von Bühnenaufführungen wird seit 1981
von der ARGE DRAMA realisiert. Dabei handelt es sich nicht um eine eigenständige
Verwertungsgesellschaft, sondern um eine von der GEMA und der VG WORT eingerichtete Arbeitsgemeinschaft ohne eigene Treuhandfunktion. Ihr Existenzgrund ist
die Wahrung der Zweitverwertungsrechte für den ausländischen Kabelrundfunk an
dramatisch-musikalischen und dramatischen Werken. Im Gegensatz zu dieser Wahrnehmungspraxis nimmt die SACD als erste Verwertungsgesellschaft überhaupt bis
heute die „großen Rechte“ (Aufführung und öffentliche Wiedergabe) für Theaterund Filmregisseure wahr.63 Das dramatische Werkrepertoire wird in Österreich von
der LVG, in Spanien von SGAE, in Italien von SIAE und in Großbritannien von
ALCS vertreten.
D. Fotografie, Grafik, bildende und angewandte Kunst
I. Der Wahrnehmungsbereich
Seit der zweiten Hälfte des 20. Jahrhundert sind etwa ein Dutzend europäische Verwertungsgesellschaften im Bereich der visuellen Kunst mit der treuhänderischen
Rechtewahrnehmung beauftragt. Ihr Repertoire umfasst u. a. Bildwerke, Grafiken,
62 So Art. 4 des Gesetzes Nr. 988 von 1943. Bühnenverträge werden seit 1954 noch von der
Griechischen Gesellschaft zum Schutz der Schriftstellerrechte (SOPE) abgeschlossen. SOPE
operiert jedoch ausschließlich zugunsten französischer Agenturen und lässt sich mangels einer
staatlichen Zulassung nicht als Verwertungsgesellschaft qualifizieren.
63 Eingehend Rouart, FS Françon, 1995, S. 387, 389 ff., der für die Vorteile der kollektiven
Wahrnehmung im Bereich der großen Rechte am Beispiel der SACD plädiert.
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Skulpturen, Gemälde, Kunst-Installationen, Aktionskunst und Werke der angewandten Kunst – reine Fotogesellschaften sind allein in den Niederlanden und Belgien zu
finden. Die damit verbundenen Vergütungsansprüche beziehen sich vornehmlich auf
Ablichtungen in Büchern und der Presse, die öffentliche Wiedergabe durch Sendung
oder Vorführung (z.B. Bildprojektion) und schließlich auf das Folgerecht.64 Während die Verwertungsgesellschaften für eine gerechte Beteiligung der bildenden
Künstler an der Zweitverwertung ihrer Werke zuständig sind, besteht für den Bereich der Primärnutzung und Vermarktung von Bildmaterial ein dichtes Netz an
Bildagenturen65, welche die Details ihrer Zusammenarbeit mit den Urhebern - Umfang der Rechtseinräumung, Honoraranteile, Haftung - im Rahmen des Fotografenvertrags absprechen. Gegenüber den herkömmlichen Lizenzierungsgewohnheiten
führten die unzähligen Möglichkeiten der digitalen Übermittlung, Speicherung,
Bearbeitung und Archivierung von Bildmaterial zu einem Umbruch im Bildgeschäft.
Während neue Ausprägungen der visuellen Kunst (Bildschirminstallationen, Webdesign, „Net Art“66) das Repertoire der Verwertungsgesellschaften anreichern, werden Letztere angesichts einer unglaublichen Bilderflut im Internet und der damit
zusammenhängenden Unkontrollierbarkeit der Nutzung vor neue Herausforderungen
und Verantwortungen gestellt; in dieser Hinsicht ist eine zeitgemäße Rechtewahrnehmung mehr denn je gefragt.
64 Bei jedem Zweitverkauf von Originalkunstwerken durch den Kunsthandel steht bildenden
Künstlern bzw. ihren Erben ein Anteil von 5% des Verkaufpreises zu. Folgerechtpflichtig sind
dabei Galerien, Kunsthandelsverbände sowie Auktionshäuser. Den Verwertungsgesellschaften
steht ein Auskunftsanspruch zu, der Vergütungsanspruch kann auch individuell geltend gemacht werden. Nach der Folgerechtrichtlinie ist das Folgerecht auf jeden Verkauf anwendbar,
dessen Wert € 3000 überschreitet; die Künstler erhalten 0,25% bis 4% der Erlöse aus dem
Wiederverkauf ihrer Werke je nach Betragshöhe.
65 Zu unterscheiden sind die meistens kommerziell betriebenen Bildagenturen sowohl von Bildarchiven mit primär Sammel- und archivarischen Aktivitäten als auch von Bilderdiensten, die
sich weniger in der aktiven Bildbeschaffung betätigen und eher eine Fotoauswahl auf Anfrage
zusammenstellen. Das Tätigkeitsfeld der Bildagenturen erstreckt sich neben dem Bildangebot
und dem dazugehörigen Abrechnungsverfahren gegenüber Kunden und Fotografen auch auf
die aktive Beschaffung; eingehend über Rolle, Probleme und Initiativen der deutschen Bildagenturen, Niemann, Recht des Bildes, 1998, S. 52 ff.
66 „Netzkunst“ oder „Nettokunst“ ist eine sich selbst definierende Bezeichnung, die durch ein
störendes Stück Software verursacht wird, ursprünglich benutzt, um eine Kunst und eine
Kommunikationstätigkeit im virtuellen Raum zu beschreiben. Bei dieser experimentellen
Kunst handelt es sich um eine Art Ausstellung, die nur online angesehen werden kann und
häufig Nutzen aus der wechselwirkenden Natur des Internets zieht. Im Fall der Netzkunst
stellt sich das Internet vor allem als ein neues Verbreitungsmedium dar und wird auf zweierlei
Weise genutzt: für manche Künstler ist das Internet nicht mehr als eine mögliche Verbreitungsform, mit dem man eine riesige Zahl von Betrachtern erreicht; für andere besteht das Interesse am Internet vor allem in der Interaktivität. Diese Form der Nutzkunst steht in der Nähe
der Konzeptkunst, bei der ebenso häufig der Schwerpunkt des künstlerischen Interesses darauf
liegt, beim Betrachter Reaktionen auszulösen und den Betrachter zur Teilnahme an der künstlerischen Auseinandersetzung anzuregen, von Schoenebeck, Moderne Kunst und Urheberrecht, 2003, S. 133 f. Zugang zu derartigen Gestaltungsarbeiten auf der Webseite des Whitney
Museum of American Art unter (Letzter Abruf: 11.06.2003).
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Die Verwertungsgesellschaften der bildenden Künstler erteilen durch Mustervereinbarungen Lizenzen an Museen und Ausstellungsveranstalter und schließen Gesamtverträge mit Nutzerorganisationen wie Sendeunternehmen, Leerkassettenimporteuren und Zeitungsverlegern ab. Zur Zahlung verpflichtet sind auch Kunstbuchverlage67 und Werkbüchereien. Auch der Rechtserwerb für Kunstvereine und
Bildverlage wird durch die Einschaltung der Verwertungsgesellschaften wesentlich
erleichtert. Soweit die Museums- und Ausstellungsbestände in digitalisierter Form
dem Massenverkehr zur Verfügung stehen, etwa durch Sichtbarmachung in Besucherinformationssystemen, Internetpräsentationen sowie durch Herstellung eigener
CD-ROMs und DVDs, wird eine engere Kooperation zwischen bildenden Künstlern
bzw. den Verwaltern der Museen, Ausstellungsinstituten und Galerien einerseits und
den Verwertungsgesellschaften andererseits für unausweichlich gehalten. Die Aufbereitung von Sammlungsbeständen in elektronischen Datenbanken68, der Online-
Zugriff auf diese Inhalte durch wissenschaftliche Institute und kommerzielle Nutzer,
die Anfertigung von Ausdrucken, die öffentliche Vorführung auf Großleinwänden in
Bildungsveranstaltungen oder zu kommerziellen Zwecken usw. bedürfen einer Klärung der Rechtslage und nicht zuletzt einer Regelung der Rechtsübertragung.
Obwohl eine kollektive Wahrnehmung des Urheberpersönlichkeitsrechts in der
Regel nicht in Frage kommt, macht sich im Bildbereich eine restriktive kollektive
Wahrnehmung bereits bemerkbar. Am Beispiel des Berechtigungsvertrags der deutschen Verwertungsgesellschaft VG Bild-Kunst steht sogar der Verwertungsgesellschaft zu, sowohl Vergütungs- als auch Schadenersatzanprüche aus der Verletzung von Urheberpersönlichkeitsrechten durch digitale Bildbearbeitung, insbesondere aus dem Nennungsrecht sowie der Quellenangabe, geltend zu machen.69 Zur
Durchsetzung dieser Ansprüche wurde ein Gesamtvertrag zwischen der Verwertungsgesellschaft und dem Kunsthandel abgeschlossen, der einerseits die Entrichtung der geschuldeten Abgabe in einem Pauschalverfahren sicherstellt und andererseits die Möglichkeit einer fallbezogenen Abrechnung und individuellen Ausschüttung an die berechtigten Künstler bietet. Eine generelle Übertragung zur
Wahrnehmung ist allerdings nach wie vor nicht möglich. Allenfalls zeigt sich da-
67 Diese erwerben von der Verwertungsgesellschaft der bildenden Künstler die Reproduktionsrechte und erhalten gleichzeitig ihre Ansprüche aus der Fotokopie der verlagseigenen Illustrationen.
68 Siehe z.B. die Museumsanwendung „Microgallery“ der National Gallery London
(http://www.nationalgallery.org.uk), eine hauseigene digitalisierte Datenbank mit informativen und kommerziellen Funktionen, die den Besuchern den Zugang zu den Museumsbeständen sowie den Kauf von Kunstdrucken ermöglicht. Um eine Vernetzung der nationalen, regionalen und städtischen Sammlungen in Form einer Kunstdatenbank (www.videomuseum.fr)
bemühen sich derzeit die großen Museen Frankreichs; ähnliche Projekte, die auf die Verlinkung der Bestände europäischer archäologischer Museen (RAMA – Remote Access to Museum Archives) oder mittelgroßen und kleinen Sammlungen (OpenHeritage) abzielen, befindet
sich im Aufbaustadium.
69 § 1 VG Bild-Kunst-BerV. Zu den Möglichkeiten zentraler Wahrnehmung des Urheberpersönlichkeitsrechts durch die Verwertungsgesellschaften siehe Thielecke, Kollektive Wahrnehmung des Urheberpersönlichkeitsrechts, 2003, S. 149 ff., 158 ff.
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durch, dass die zunehmende Kommerzialisierung des Urheberpersönlichkeitsrechts,
das im digitalen Zeitalter einer unkontrollierbaren Zahl von Entstellungen und sonstigen Manipulationen ausgesetzt ist, mit einem erhöhten Schutzbedürfnis einhergeht.
Künftig wäre es nicht gänzlich auszuschließen, dass die Institutionen der kollektiven
Wahrnehmung teilweise effiziente Lösungen in dieser Richtung anbieten könnten.
II. Die einzelnen Verwertungsgesellschaften
1. Deutschland: VG Bild-Kunst
Im visuellen Bereich operiert seit 1969 als rechtsfähiger Verein die VG Bild-Kunst
mit Sitz in Bonn. Sie ist die Verwertungsgesellschaft der bildenden Künstler, Fotografen, Illustratoren, Pressezeichner, Bildjournalisten, Grafik-Designer, Verleger
illustrierter Bücher, Bildagenturen und darüber hinaus eine Filmverwertungsgesellschaft, da sie seit 1982 zugunsten der Filmschaffenden (Filmproduzenten, Regisseuren, Kameraleuten oder Szenen- und Kostümbildnern) agiert. Die historisch gewachsene Mitgliederstruktur der VG Bild-Kunst, die neben Autoren auch Produzenten und Verleger vertritt, dient vor allem dazu, die spezifischen Interessen der
verschiedenen visuellen Medien zu bündeln und in der Gesellschaft zum Ausdruck
zu bringen.70 Die VG Bild-Kunst vermittelt insbesondere die Vervielfältigungs-,
Verleih- und Senderechte71 am Gesamtrepertoire und macht Vergütungsansprüche
für das Fotokopieren, die Nutzung von Abbildungen in Pressespiegeln72, die Ausleihe von illustrierten Werken in Bibliotheken sowie die mit dem Folgerecht zusammenhängenden Ansprüche geltend. Eine beschränkte Rechtseinräumung von Erstreproduktionsrechten (Reproduktionserlaubnisse) für Werkabdrucke in Büchern und
in der Presse wird ebenso vorgesehen, wobei dies eher in den Tätigkeitsbereich der
Bildagenturen fällt. Zur Erteilung einer Genehmigung für die Herstellung von Re-
70 Wiese, in: BVPA – Der Bildermarkt, 2003, S. 165, 168. Die Zahl der VG Bild-Kunst-
Mitglieder stieg 2000 um 5,4% auf 29.031 an, VG Bild-Kunst - Geschäftsbericht 2000.
71 Gemeinsam mit den Filmverwertungsgesellschaften verfolgt die VG Bild-Kunst den Anspruch der audiovisuellen Urheber aus der öffentlichen Wiedergabe von Fernsehprogrammen
in Hotelzimmern, Restaurants und Warteräumen. Obwohl die Geltendmachung der einschlägigen Ansprüche zugunsten der Musik- und Worturheber unproblematisch verläuft, weigert
sich die Verwerterseite bisher standhaft, die Ansprüche der audiovisuellen Autoren zu berücksichtigen. Den Verwertungsgesellschaften ist es bisher nicht gelungen, die Hotels im Verhandlungswege zu einer Einigung zu bewegen. Aus diesem Grund hat die VG Bild-Kunst ein
Verfahren für den Ausbau des Rechts der öffentlichen Wiedergab vor der Schiedsstelle beim
Deutschen Patentamt eingeführt, um den Abschluss eines Gesamtvertrags mit dem DEGOHA
(deutscher Hotel- und Gaststättenverband) zu erreichen, Bild-Kunst – Informationen Nr. 16.
72 Inkassoberechtigt für die Pressespiegelvergütung ist die VG WORT im Auftrag der VG Bild-
Kunst.
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produktionen für kommerzielle Zwecke – Poster, Werbeanzeige, Geschenkartikel –
werden die jeweiligen Voraussetzungen vorher zwischen VG Bild-Kunst und den
Rechtsinhabern selbst geklärt.73
Auch die Digitalisierung hat ihren Niederschlag in den Wahrnehmungsverträgen
gefunden. Die VG Bild-Kunst verwaltet inzwischen aber auch das Recht zur Einspeicherung von Kunstwerken in elektronischen Datenbanken74, die Datenübermittlung im Internet75 sowie die Herstellung digitaler Träger wie CD-ROM und CD-I;
hierfür sind auch entsprechende Tarife erlassen worden. Im April 2003 erfolgte
seitens der Geräteindustrie eine erste Zahlung für CD-Brenner.
Die Nettoeinnahmen der VG Bild-Kunst aus dem Jahr 2006 beliefen sich auf die
Rekordsumme von € 43,5 Mio.76 Dazu kamen Auszahlungen aus dem Kabelbereich
aufgrund vertraglicher Vereinbarungen zwischen der Arbeitsgemeinschaft ARGE
Kabel – ein Zusammenschluss der Verwertungsgesellschaften GVL, VG WORT und
VG Bild-Kunst - und den öffentlich-rechtlichen Sendern ARD und ZDF über die
Beteiligung von Urhebern und Leistungsschutzberechtigten an Erlösen aus der Kabelweitersendung deutscher Fernsehprogramme im In- und Ausland.
Darüber hinaus unterhält die VG Bild-Kunst zugunsten der in Not geratenen Urheber die Stiftung „Sozialwerk“, die auf Antrag in Anspruch genommen werden
kann. Zeitgenössische bildende Künstler werden noch durch die Stiftung „Kunstfonds“ gefördert, deren Arbeit die verschiedenen Berufsgruppen der Verwertungsgesellschaft jährlich mit einem bestimmten Prozentsatz ihres Aufkommens unterstützen.
2. Österreich: VBK
Die Verwertungsgesellschaft bildender Künstler (VBK) wurde am 4. Mai 1977 in
Wien in Form eines Vereins gegründet und ist das wichtigste Instrument rechtlicher
Hilfe für die Schaffenden der bildenden Kunst aller Sparten, Fotografen sowie für
Schöpfer von Tanz- und Pantomimenkunst. Vereinszweck ist die Wahrnehmung der
Interessen der Mitglieder in allen rechtlichen, beruflichen, wirtschaftlichen, sozialen
und kulturpolitischen Belangen.77 Die VBK erstreckt ihre Tätigkeit auf ganz Österreich und vertritt auf der Basis von Gegenseitigkeitsverträgen die Interessen auslän-
73 Informationen abrufbar im Internet unter (Letzter Abruf:
4.06.2003).
74 Die VG Bild-Kunst verwaltet für Museen die Nutzung von fotographischen Datenbanken in
der Form, dass sie nach Abgabe des Bildmaterials durch das Museum als Inkassostelle tätig
wird; sie zieht die entsprechenden Veröffentlichungsgebühren ein und rechnet anschließend
mit dem Museum ab.
75 Für Internetlizenzierungen arbeitet sie als deutsche Agentur von OnLineArt, der internationalen Lizenzierungsorganisation der Verwertungsgesellschaften für bildende Kunst und vertritt
deren Weltrepertoire.
76 VG Bild-Kunst Geschäftsbericht 2006, S. abrufbar unter .
77 So § 2 VBK-Satzung.
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discher Rechteinhaber u.a. der Succession Matisse, der Succession Picasso und des
Estate of Roy Lichtenstein. Die Urheber haben bei ihrem Beitritt in die VBK die
Wahl zwischen zwei Berufsgruppen: Melden sie sich als bildende Künstler an (Berufsgruppe I), übertragen sie ihre Rechte der Verwertungsgesellschaft in vollem
Umfang; sind sie Fotografen, Karikaturisten oder Designer (Berufsgruppe II), übertragen sie ihre Rechte in eingeschränktem Umfang. Die VBK erzielt ihre Haupteinnahmen aus den Bereichen der Reprographie, der Bibliothekstantieme und der Kabelvergütung.
3. Frankreich: SPADEM, ADAGP, SDI
Die Entstehungsgeschichte der Société de la Propriété Artistique des Dessins et
Modèles (SPADEM) geht auf das Jahr 1896 zurück, das Gründungsjahr der ersten
Künstlervereinigung. Neben den Werken berühmter Maler zählen heute zum SPA-
DEM-Repertoire das sog. Design, also gewerbliche Muster und Modelle.
In Frankreich gab es nicht nur im musikalischen und literarischen Bereich den
Anstoß zur Gründung der ersten Wahrnehmungsorganisation, sondern auch die erste
Konkurrenzgründung: aus den Pariser Künstlerkreisen entsprang 1953 die Initiative
zur Gründung der Association pour la Diffusion des Arts Graphiques et Plastiques
(ADAGP), welche später in Société civile des auteurs dans les arts graphiques,
plastiques et photographiques umbenannt wurde. Grund dafür war das Misstrauen
einiger Künstler gegenüber der sorglosen Verwaltung der Reproduktionsrechte
durch die damalige Wahrnehmungspraxis von SPADEM.78 Heute nimmt die A-
DAGP zugunsten 50.000 Bezugsberechtigten die Verwertungsrechte im Bereich der
Malerei sowie der graphischen und plastischen Künste, der Photographie und der
Illustrationen wahr. Ihr wirtschaftlicher Schwerpunkt liegt in der Wahrnehmung des
Vervielfältigungs- und Folgerechts.79
In Konkurrenz zu SPADEM und ADAGP steht die Société de l’image (SDI), die
allerdings nur schwer mit dem Wirtschaftsvolumen der anderen beiden mit halten
kann. Daher wird ihre Rolle lediglich auf die Lieferung von Musterverträgen, die
Kontrolle der Vertragsdurchführung sowie die Einziehung und Verteilung der Einnahmen reduziert.
4. Belgien: SOFAM
Gegründet 1979 zur Wahrnehmung von Ausstellungs-, Kabel- und Senderechten,
stellt die Société des Auteurs-Photographes (SOFAM) eine Wahrnehmungsorganisa-
78 Pfennig, in: Becker (Hrsg.), Die Verwertungsgesellschaften im Europäischen Binnenmarkt,
1990, S. 63 ff.
79 Eingehend zum Wahrnehmungsbereich des ADAGP Gutton, Juris-Classeur „Propriété littéraire et artistique“, 3 mai 2000, Fasc. 1578, S. 2 ff.
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tion für etwa 4.000 bildende Künstler, Grafiker, Fotografen, Fotojournalisten, Illustratoren, Architekten, Stylisten und Designer dar. Um die Palette der verfügbaren
Dienstleistungen zu erweitern, schloss sich SOFAM im März 2007 der
SACD/Scam-Allianz an.
5. Spanien: VEGAP
Die für den visuellen Bereich verantwortliche Wahrnehmungsorganisation Spaniens,
die Visual Entidad de Gestión de Artistas Plásticos (VEGAP), wurde am 17. Mai
1990 ins Leben gerufen.80 Sie schüttet dreimal jährlich an mehr als 32.000 Fotografen, Grafiker und bildende Künstler die Einnahmen aus der Lizenzerteilung für die
Vervielfältigung, Verbreitung, Bearbeitung und öffentliche Wiedergabe ihrer Werke
aus. Im digitalen Kontext hält VEGAP ihre Vergütungssätze auf dem Laufenden,
indem sie die entsprechenden Tarife nicht nur nach den einzelnen Online- oder Offline-Nutzungsvorgängen aufstellt, sondern auch nach den besonderen Gattungen der
elektronischen Kunst sowie der „Net Art“ differenziert.
6. Vereinigtes Königreich: DACS
Die Design and Artists Copyright Society (DACS) formierte sich 1983 in London als
Teil eines nationalen Geflechts aus Fotografen, bildenden Künstlern und Interessenverbänden. DACS verleiht den bildenden Künstlern eine starke Stimme bei der Einflussnahme auf politische Entscheidungen und tritt stets in den Bereichen der digitalen Kunst sowie des in Großbritannien neu eingeführten Folgerechts für die Interessen von mehr als 40.000 Bezugsberechtigten ein. Seit 1998 lässt DACS die
Vervielfältigungsrechte von der Verwertungsgesellschaft Copyright Licensing Agency (CLA) verwalten.
7. Sonstige Länder
In den Niederlanden ist seit 1977 die Verwertungsgesellschaft Beeldrecht für das
Reprtoire an Bildwerken tätig; für die Geltendmachung von Kabelvergütungen für
geschützte Fotografien wurde aus einer Initiative niederländischer Bildjournalisten
die BURAFO ins Leben gerufen. In Schweden werden etwa 4.200 Maler, Bildhauer,
Grafiker, Performer und Videokünstler durch Bildkonst Upphovsrätt i Sverige (BUS)
– die älteste Verwertungsgesellschaft Europas für Fotographie und bildende Kunst vertreten; in Dänemark ist die COPY-DAN Billedkunst seit 1989 für sie zuständig;
80 Ministerielle Genehmigung einen Monat später durch Orden v. 5.06.1990 (Boletín Oficial del
Estado v. 13.06.1990).
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ihre finnische Schwestergesellschaft KUVASTO vertritt ihre 860 Mitglieder bereits
im Multimediabereich, etwa für die Vervielfältigung ihres Repertoires auf CD-
ROM.
Mit der Wahrnehmung der Rechte der griechischen Fotografen sind die Verwertungsgesellschaften FOEBUS und PYRAMIDA betraut. Auf dem Gebiet der bildenden Künste ist OSDEETE tätig.
In den restlichen europäischen Ländern wird das visuelle Repertoire gemeinsam
mit anderen Werkarten durch die musikalischen, literarischen oder reprographischen
Verwertungsgesellschaften vertreten. Dieser Mangel an Wahrnehmungsinstitutionen
speziell für den visuellen Bereich lässt sich vornehmlich durch das starke Interesse
der bildenden Künstler an der individuellen Vermarktung ihrer Werke erklären.
E. Der Film- und audiovisuelle Bereich
I. Der Wahrnehmungsbereich
Da die Entscheidung über die Primärauswertung des Films, nämlich die Kinovorführung und die handelsbezogene Videoaufzeichnung, bei dem Filmproduzenten liegt,
bezieht sich die kollektive Wahrnehmung der Filmurheberrechte nach der derzeitigen Rechtslage allein auf die Zweitverwertung. Den Filmurhebern, also Regisseuren, Kameramännern, Schnittmeistern (Cuttern), Kostümbildnern und Ausstattern,
wird eine Geldzahlung für die öffentliche Wiedergabe und Kabelweitersendung ihrer
Werke, für die private Tonband- und Videoüberspielung (Leerkassettenvergütung)
sowie für das Vermieten/Verleihen von Videokassetten gewährt, die ausschließlich
durch Verwertungsgesellschaften wahrgenommen werden kann.
Was die restlichen Beteiligten am Film angeht, werden die Rechte der Drehbuchautoren, des Filmkomponisten und der Filmmusiker jeweils durch die werkspezifischen Verwertungsgesellschaften bzw. die Wahrnehmungsorganisationen der Interpreten wahrgenommen. Ein besonderes Kapitel stellen die Schauspieler dar. Ihre
Interessen werden in der Regel durch die Verwertungsgesellschaften der ausübenden
Künstler vertreten. In einigen Ländern (z.B. Österreich) überließen dennoch die
Schauspieler die kollektive Wahrnehmung ihrer Vergütungsansprüche aus der
Zweitverwertung den Interessenvertretungen der Filmurheber.
Die Sendeanstalten sind einerseits zu Vergütungen für die Überspielung und Sendung von Bildtonträgern sowie für die Synchronfassung eines Filmwerks in eine
andere Sprache verpflichtet; andererseits haben sie in Bezug auf die eigenen Auftragsproduktionen sowie auf die öffentliche Wiedergabe ihres Sendeguts selbst ein
Anrecht auf Tantiemen und schließen sich insofern den im audiovisuellen Bereich
tätigen Verwertungsgesellschaften an.
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References
Zusammenfassung
Die Anpassung der kollektiven Wahrnehmung von Urheberrechten durch die Verwertungsgesellschaften an das digitale Zeitalter gewinnt zunehmend an Brisanz. Diese rechtsvergleichende Studie nimmt den Urheberrechtswandel in vielen Ländern Europas unter die Lupe, um anschließend die rechtlichen Rahmenbedingungen und die Wahrnehmungspraxis ausgewählter Verwertungsgesellschaften zu untersuchen. Nachgezeichnet werden dabei die Konturen einer gemeinschaftsweiten Rechtewahrnehmung, vor allem im Bereich der Online-Lizenzierung. Dazu wird der Frage nach Handlungsoptionen für eine gestärkte Rolle der Verwertungsgesellschaften in einer stets wandelnden Medienlandschaft nachgegangen.