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C. Die Zukunft der Leistungsschutzberechtigten in der Informationsgesellschaft
I. Einführung
Durch die wesensbedingte Zweiteilung in der kontinentaleuropäischen Rechtstradition zwischen den Rechten des Urhebers einerseits und den verwandten Schutzrechten andererseits467 - das Copyright-System gewährt Filmproduzenten, Tonträgerherstellern und Sendeunternehmen seit lange ein echtes Urheberrecht - steht den Urhebern bereits ein Schutz zur Verfügung, um den die Leistungsschutzberechtigten erst
noch kämpfen müssen. Das Leistungsschutzrecht ist zwar als urheberrechtsähnliches
Recht mit persönlichkeitsrechtlichen und vermögensrechtlichen Elementen aufzufassen; den Leistungsschutzberechtigten kommt jedoch vergleichsweise kein umfassender Rechtsschutz zu, sondern ihm verbleiben einzelne verwertungsrechtliche
Befugnisse, die dem besonderen Schutzgegenstand und der besonderen Interessenlage angepasst sind. Obwohl Unterschiede hinsichtlich der Schutzvoraussetzungen,
des Schutzumfangs und der Schutzdauer nicht verhindern, dass allgemein urheberrechtliche Bestimmungen, Grundsätze und - mit einigen speziellen Ausnahmen –
Schrankenregelungen auch auf die Leistungsschutzberechtigten Anwendung finden,
wird ein uneingeschränktes Nebeneinander ausschließlicher Verwertungsrechte der
Urheber und Leistungsschutzberechtigten auf der Basis dogmatischer und rechtspolitischer Erwägungen grundsätzlich abgelehnt.468 Nichtsdestotrotz wurden die Rech-
467 Der Gesetzgeber hat neben dem Urheberrechtsschutz für eine abschließend behandelte Reihe
von geistigen Leistungen, für die ein Urheberrechtsschutz nicht in Betracht kommt, subjektive
Rechte geschaffen, die als Leistungsrechte bezeichnet werden. Hierzu zählen der Schutz der
ausübenden Künstler, der Hersteller von Tonträgern, der Sendeunternehmen, der Datenbankhersteller sowie der Schutz für Lichtbilder und nachgelassene Werke. Grund für die Unterscheidung zwischen Geisteswerk und Aufführung, zwischen Sphäre der Schöpfung (Kreation,
Produktion) und Wiedergabe (Interpretation, Reproduktion) sei, dass man sich in der Vorstellung sicher und geborgen fühlte, dass das Heer der Berechtigten in zwei einander gegenüberstehenden Fronten zu teilen ist: Schriftsteller, Komponisten, Maler, Bildhauer, Architekten,
Bearbeiter und Übersetzer gegenüber Schauspielern, Sängern, Musikern, Dirigenten, Regisseuren, Tonmischern und Cuttern, so Fromm, GRUR 1964, 304. Vgl. auch die Definition des
ausübenden Künstlers in Art. L. 212-1 CPI.
468 Eine angestrebte Gleichförmigkeit der Schranken der Urheber- und Leistungsschutzrechte
spiegelt sich in der Verweisungstechnik des deutschen Urheberrechtsgesetzes wider, das im
Bereich der Leistungsschutzrechte eine sinngemäße Anwendung der Schrankenregelungen des
Urheberrechtsschutzes vorsieht (siehe § 84 d DE-UrhG). Diese Gleichförmigkeit der Schrankenbestimmungen wird in anderen Gesetzen durch eigenständige Formulierung vermieden; so
z.B. im österreichischen Urheberrechtsgesetz, Medwenitsch/Schanda, FS Dittrich, 2000, S.
219, 224.
Eingehende Darstellung Bäcker, Die Rechtsstellung der Leistungsschutzberechtigten im
digitalen Zeitalter, 2005, S. 61 ff. Von einem arbeitsteiligen Neben- und Miteinander charakterisierten Verhältnis zwischen Werk und Interpretation geht man hingegen vor allem im Bereich der zeitgenössischen Musikproduktion aus, wo Schöpfungs-, Interpretations- und Auf-
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te des Leistungsschutzberechtigten dank der Europäisierung und sonstigen Gesetzesnovellierungen zunehmend dem sachlichen Regelungsinhalt des Urheberrechts
angenähert.
Einen allgemeingültigen Leistungsbegriff gibt es bislang nicht. Grob versteht man
darunter eigenständige Leistungen, die das Werk aus seinem abstrakt-konzeptuellen
Zustand reißen und in einer sinnlich wahrnehmbaren Form überliefern und – gar
buchstäblich - verkörpern469: sowohl künstlerische (schöpferische) Darbietungen im
Sinne eines selbstkritischen Ausschöpfens der persönlichen Ausdrucksmöglichkeiten im Rahmen des vorhandenen „Werkpotenzials“470 als auch wirtschaftlichorganisatorische Leistungen, teilweise in der Form einer wesentlichen Investition,
die den Werkgenuss durch die breite Öffentlichkeit sicherstellen sollen.471 Nach der
Konzeption des Leistungsschutzes steht den Berechtigten ein wirtschaftlicher Nutzen aus ihren geschützten Leistungen nur in dem Umfang zu, in welchem die positive Gesetzgebung einen entsprechenden Schutz anerkannt und ausgestaltet hat.
So gewähren die nationalen Gesetze dem ausübenden Künstler ausschließliche
Verwertungsrechte (z.B. Rechte an der Aufnahme der Darbietung, an der Vervielfältigung und Verbreitung von Bild- und Tonträgern sowie an der öffentlichen Übertragung von Live-Darbietungen472) oder zumindest Vergütungsansprüche473 (z.B.
aus der Sendung und privaten Vervielfältigung von erlaubterweise aufgenommenen
Darbietungen, aus der öffentlichen Wahrnehmbarmachung durch Bild- und Tonträger, aus der Vermietung und dem Verleih, aus der Kabelweitersendung) sowie persönlichkeitsrechtliche Befugnisse (Entstellungsabwehrrechte). Das eingeschränkte
Senderecht sowie die jeweiligen Ansprüche werden einzeln aufgeführt, mit dem
Ergebnis, dass der Schutz des ausübenden Künstlers nicht umfassend gestaltet wird
und damit hinter dem Urheberrechtsschutz zurückbleibt.474
nahmeakt zeitlich zusammenfallen, Wild, Die künstlerische Darbietung, 2001, S. 122. Daraus
lässt sich eine unterschiedliche Gewichtung der verschiedenen Beiträge in Abweichung von
klassischen Paradigmen herleiten, die eine Stärkung des Leistungsschutzes rechtfertigen könnte.
469 Vgl. Tafforeau, Prop. intell., 2006 / N° 18, 50, 51 f.
470 Vgl. Wild, Die künstlerische Darbietung, 2001, S. 147.
471 Schulze, FS Schricker, 2005, S. 523, 527. Darunter fallen je nach Tätigkeitsbereich Vervielfältigung, Verbreitung, Promotion (Werbung) und der Verkauf von Werken als Teil der Musikund Filmproduktion; die systematische Aufbereitung von Informationsinhalten bei der Datenbankherstellung sowie die Sendung und deren öffentliche Wiedergabe als wesentlicher
Leistungs- und Investitionsbeitrag der Rundfunkanstalten.
472 Bei Live-Darbietungen wird den ausübenden Künstler ein echtes Verwertungsrecht in mehreren Rechtsordnungen (z.B. Deutschland und Spanien) zuerkannt. Der Gesetzgeber gestattet
somit ein höheres Schutzniveau als das durch das Rom-Abkommen vorgesehene.
473 Das italienische Urheberrecht (Art. 80 (1) IT-UrhG) sieht beispielsweise keine ausschließlichen Rechte für den ausübenden Künstler vor, sondern Vergütungsansprüche für den Fall,
dass seine Darbietung, Aufführung oder sein Vortrag gesendet, übertragen, mitgeschnitten,
aufgezeichnet oder in sonstiger Weise vervielfältigt wird.
474 Ulmer, Urheber- und Verlagsrecht, 1980, S. 524 ff. Aus geschichtlicher Sicht schützen die
Urheberrechtsgesetze Deutschlands, Dänemarks, Italiens, Irlands und Luxemburgs seit langem die Rechte der ausübenden Künstler durch besondere Bestimmungen, wobei Vergütungs-
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Die Vergütungsansprüche aus der Zweitverwertung werden dem ausübenden
Künstler mit der Verpflichtung zuerkannt, den Tonträgerhersteller, der die für die
Aufzeichnung der jeweiligen Darbietungen erforderliche Unternehmerleistung erbringt, an den Erträgnissen aus der öffentlichen Wiedergabe angemessen zu beteiligen, was beide Rechte aufeinander abstimmt - so die Rechtslage im deutschen Urheberrecht. In Großbritannien sind es wiederum die Tonträgerhersteller, die zur
Einnahme der gemeinsamen Vergütung berechtigt sind; die ausübenden Künstler
erhalten ihren Anteil nach Geltendmachung des Anspruchs. Den Mittelweg schlägt
der Gesetzgeber in Griechenland, Frankreich und Spanien ein, der beiden Gruppen
unabhängig voneinander einen direkten Anspruch auf die Einnahmen zuerkennt. Des
Weiteren wird dem Tonträgerhersteller das Ausschließlichkeitsrecht an der Vervielfältigung und der dem Erschöpfungsgrundsatz unterliegenden Verbreitung seiner
Tonaufnahmen oder sogar – nach französischem Recht475 - ein Recht an der Benutzung erschienener Tonträger zur öffentlichen Wiedergabe gewährt. Im Gegensatz
zum ausübenden Künstler kann sich der Tonträgerhersteller allerdings nicht gegen
Entstellungen oder Kürzungen wehren.
Mit Verwertungsrechten bestimmter Art werden auch die Sendeunternehmen für
die Sendung, Weitersendung und Aufnahme ihrer Sendung auf Bild- und Tonträger
sowie für die entgeltliche öffentliche Wahrnehmbarmachung ihrer Sendungen ausgestattet. Auch den Herstellern von Datenbanken wird ein Investitionsschutz gewährt, der auf die Förderung von für die Kulturwirtschaft wichtiger, systematisch
ansprüche für die öffentliche Wiedergabe ihrer Darbietungen nicht immer gewährt wurden,
Straus, GRUR Int. 1985, 19, 27 f. Die Schwächung der Rechts- und Verhandlungsposition der
ausübenden Künstler bei gesetzlichen Vergütungsansprüchen liegt vorwiegend darin, dass die
Durchsetzung gegenüber dem Schuldner im Falle der Nichterfüllung nicht im gleichen Maße
gesetzlich abgesichert ist. Insbesondere der Anspruch der Verwertungsgesellschaft auf Vorbehaltszahlung oder Hinterlegung der von ihr geforderten Vergütung gelten nur für Ausschließlichkeitsrechte, nicht auch für Ansprüche auf angemessene Vergütung, Dünnwald, FS Rehbinder, 2002, S. 233, 246.
475 Siehe die generalklauselartige Formulierung von Art. L. 213 CPI. Unter das Verbotsrecht der
öffentlichen Wiedergabe („droit de communication au public“) fallen die direkte Aufführung
der Aufnahme an einem öffentlichen Ort, wenn sie zu einer Veranstaltung verwendet wird und
der Tonträger wesentlicher Bestandteil dieser Veranstaltung ist, sowie die indirekte Übermittlung per Draht, Kabel, Sendung und Satellitenempfang, solange es sich nicht um eine Rundfunksendung des Tonträgers handelt, Lucas/Lucas, Traité de la propriété littéraire et artistique,
2001, Rn. 846. Die Ausnahmen des einschlägigen Rechts sind allerdings so weit erfasst, dass
wiederum von einer Verschlechterung der Rechtsstellung von ausübenden Künstlern und Tonträgerherstellern die Rede ist: Die unmittelbare öffentliche Widergabe in Bars und Diskotheken sowie die Rundfunksendung zu Handelszwecken veröffentlichter Tonträger werden de
facto zu einem bloßen Vergütungsanspruch herabgestuft; siehe Knies, Die Rechte der Tonträgerhersteller, 1999, S. 235. Ähnlich gestaltet sich die Lage in den Niederlanden, wo das ausschließliche Senderecht und das Recht der öffentlichen Wiedergabe, die den Tonträgerherstellern gemäß Art. 6 Abs. 1 c) NL-UrhG zu gewähren sind, durch eine gewichtige Ausnahme die
Rundfunksendung erschienener Tonträger nicht verhindern kann. In den anderen Rechtssystemen einschließlich des deutschen wird für die Benutzung von Tonträgern zur öffentlichen
Wiedergabe weder ein Verbotsrecht noch ein Vergütungsanspruch gewährt.
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angeordneter Informationstechnologie abzielt. Der rechtliche Schutz des Datenbankherstellers wird durch die Datenbank-Richtlinie 96/9/EG476 insoweit einheitlich
geregelt, als ihm ein Schutzrecht sui generis gegen die Entnahme bzw. Weiterverwendung der Gesamtheit oder Teile der Datenbankinhalte zuerkannt wird. Die
Grenzen dieses Ausschließlichkeitsrechts finden sich wiederum in der „normalen
Nutzung“ der Datenbank, deren Umfang von den Bestimmungen des konkreten
Lizenzvertrags abhängig ist und sich somit fallbezogen gestalten lässt. Umfassend,
wobei bislang weder auf internationaler noch auf europäischer Ebene harmonisiert,
gestaltet sich schließlich der unternehmerische Aufwand der Filmhersteller. Auf der
Grundlage von Sonderbestimmungen stehen dem Filmhersteller persönlichkeitsrechtliche Befugnisse sowie Leistungsschutzrechte am Tonstreifen des Films und
am Filmträger zu.
Bereits beim Ausgangspunkt des internationalen Schutzes der Leistungsschutzberechtigten im Jahre 1961, als das Rom-Abkommen über den Schutz der
Rechte der ausübenden Künstler, der Hersteller von Tonträgern und der Sendeunternehmen im Rahmen der „verwandten Rechte“ unterzeichnet wurde, ging es vornehmlich um die Frage, wie weit der Leistungsschutz im Einzelnen auszugestalten
sei. Den drei angesprochenen Gruppen von Berechtigten wird das ausschließliche
Vervielfältigungsrecht gewährt (Art. 7, 10 und 13), während den nationalen Gesetzgebern die Aufrechterhaltung oder Einführung weitreichender Ausnahmebestände,
u.a. zum privaten Gebrauch, gestattet wird. Außerdem kommt ausübenden Künstlern, insbesondere den US-amerikanischen Interpreten und Staatsangehörigen aus
anderen Nicht-EU-Mitgliedstaaten, der im TRIPS-Übereinkommen vom 15. April
1994 niedergelegte Grundsatz der Inländerbehandlung für ihre in den USA erfolgten
Darbietungen zugute,477 während sowohl der WIPO als auch der Europäischen Union gewichtige Entwicklungsschritte gelungen sind: Durch die Berücksichtigung
digitaler Formen der unkörperlichen Verwertung, die Gewährung umfangreicher
Ausschließlichkeitsrechte sowie die Zulässigkeit der Schranken nur in gewissen
Sonderfällen unter Anwendung des Dreistufentests wurden im Rahmen des WPPT-
Vertrags und der Info-Richtlinie die internationalen Bedingungen und somit die
Grundlage für einen internationalen Leistungsschutz ausübender Künstler und Tonträgerhersteller im Zeitalter der Digitalisierung gebildet.478 Dennoch bleibt der mul-
476 Richtlinie 96/9/EG v. 11.03.1996 über den rechtlichen Schutz von Datenbanken, EG-ABl. Nr.
L 77 v. 27.03.1996, S. 20 = GRUR Int. 1996, 806; eingehend dazu im Vierten Teil, 1. Abschnitt, A.II.
477 Der Verdienst von TRIPS liegt somit in der Einbeziehung einer stattlichen Zahl von Vertragsstaaten bzw. Entwicklungsländer. Darüber hinaus hat TRIPS weniger der konventionsimmanenten Steigerung des internationalen Schutzniveaus der Leistungsschutzberechtigten beigetragen, da es keinen besonderen Fortschritt zum Rom-Abkommen mit sich gebracht hat; von
den Vorteilen von TRIPs (Meistbegünstigung und „Rom-Plus“-Elemente) werden ausübende
Künstler ausdrücklich ausgenommen.
478 Zu einzelnen Aspekten der Gestaltung des Leistungsschutzes im Rahmen des WIPO-Vertrags
und der europäischen Gesetzgebung (insb. Vermiet- und Verleihrichtlinie, Info-Richtlinie)
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tilaterale Schutz der Leistungsschutzberechtigten – neben der Neufassung des künstlerischen Leistungsschutzes in den nationalen Urheberrechtsgesetzen479 - bis heute
fragmentarisch; die Prüfung, ob die Anwendungsbereiche neuer Technologien sowie
das jeweilige Schutzbedürfnis der genutzten Werke und Leistungen neue Schutzwege rechtfertigen, könnte allerdings international mit größeren Mühen verbunden sein
als national.480
Nachfolgend wird der Schwerpunkt auf die Erweiterung der Ausschließlichkeitsrechte der Leistungsschutzberechtigten um das Recht der öffentlichen Zugänglichmachung gelegt, die im Rahmen einer technologiebedingten Annäherung des Leistungsschutzes an den Urheberschutz erstrebt wurde. Nicht außer Betracht bleiben
dabei Regelungsdefizite in Bezug auf den Umfang der verwandten Schutzrechte, die
aufgrund der immerwährenden Verbreitung digitaler Ausdrucksformen auf eine
internationale und/oder europäische Regelung drängen. Die „Dreigleisigkeit“
(WTO, WIPO, EU) hat anhand bisheriger Erfahrungen dem multilateralen Urheberschutzsystem zu einer neuen Dynamik verholfen, so dass ein Nebeneinander des
internationalen und europäischen Rechtsinstrumentariums gleichsam als der geeignete Weg zu einem angemessenen und effektiven Schutz der Leistungsschutzberechtigten anzusehen ist.481
II. Das Recht der öffentlichen Zugänglichmachung
Die Auswirkungen der rasanten technologischen Entwicklungen haben im europäischen Rahmen Anlass gegeben, den geltenden Leistungsschutz auf den Prüfstand zu
stellen und die Rechtsangleichung einen Schritt weiter zu bringen. Bisher waren
Verbotsrechte nur in Bezug auf die erstmalige Festlegung, die Vervielfältigung und
siehe Bäcker, Die Rechtsstellung der Leistungsschutzberechtigten im digitalen Zeitalter, 2005,
S. 88 ff., 111 ff.
479 Für eine Bilanz zu der deutschen Neufassung siehe Dünnwald, ZUM 2004, 161, 173 ff.;
Flechsig, NJW 2004, 575 ff.
480 Vgl. Schulze, FS Schricker, 2005, S. 523, 538. Diese Feststellung rückt erstmal das Erfordernis eines Leistungsschutzrechts für Bildungsverlage in den Hintergrund, die eine mit dem
Aufwand des Tonträgerherstellers vergleichbare organisatorische, technische und wirtschaftliche Leistung aufbringen und besonders von den mannigfaltigen Kopiermöglichkeiten des digitalen Zeitalters betroffen sind. Für die Ausgestaltung eines originären Schutzes der Leistungen der Verlage für Bildungsmedien in Form eines im deutschen Urheberrechtsgesetzes verankerten Leistungsschutzrechts, das den Gebrauch sowohl im Rahmen als auch außerhalb des
organisierten Unterrichts abdecken soll, plädiert von Bernuth, GRUR 2005, 196 ff., 200.
481 Vgl. Kloth, Der Schutz der ausübenden Künstler, 2000, S. 235; wegen der engen Verflechtungen mit den Rechten anderer Urheber- und Leistungsschutz.B.erechtigter kann ein höherer
Schutz für ausübende Künstler nur im Einklang mit den Rechten von Urhebern, Film- und
Tonträgerherstellern sowie Sendeunternehmen erreicht werden, so Beining, Der Schutz aus-
übender Künstler, 2000, S. 260.
178
die Verbreitung der jeweiligen Leistungen denkbar.482 Die sich auf völkerrechtliche
Vorgaben stützende Info-Richtlinie hat dies insofern geändert, als sie das ausschließliche Recht der öffentlichen Zugänglichmachung neben den Urhebern auch
den Leistungsschutzberechtigten zuerkennt und identisch ausgestaltet (Art. 3 (2)
Info-Richtlinie).
Im Rahmen der Umsetzung der Richtlinie ins nationale Recht wurde in Übereinstimmung mit den europäischen Vorgaben dem Kreis der Leistungsschutzberechtigten das Recht der öffentlichen Zugänglichmachung als ausschließliches Recht eingerichtet. So beschränkt sich das neue Verwertungsrecht allein auf netzbezogene und
interaktive Distanzübertragungen und umfasst nicht die Wiedergabe vor dem anwesenden Publikum. Ausübende Künstler sind nunmehr hinsichtlich Aufzeichnungen
ihrer Darbietungen in der Lage, ein Verbotsrecht gegen die unerlaubte Bereithaltung
auf einem Server zur individuellen Abfrage geltend zu machen. Dies gilt gleichermaßen für audio- und audiovisuelle Werke, in denen geschützte Darbietungen enthalten sind. Auch den Tonträgerherstellern wird durch die Einführung des Rechts
der Zugänglichmachung ein wichtiges Kontrollinstrument gewährt, das ihnen erlaubt die wirtschaftliche Auswertung ihrer Tonträger im Rahmen von Abrufdiensten
effizienter zu steuern.483 Über das Online-Verbotsrecht verfügen schließlich die
Filmhersteller in Bezug auf die erstmaligen Festlegungen sowie die Sendeunternehmen in Bezug auf Aufzeichnungen ihrer Sendungen.484
482 Von einem Bearbeitungsrecht für Künstler oder Hersteller ist dagegen sowohl auf internationaler als auch auf europäischer Ebene kaum die Rede. Zu einem Schutz gegen die geläufigen
digitalen Veränderungen bereits bestehender Ton- bzw. Filmaufnahmen kann allerdings das
Vervielfältigungsrecht führen; so Schricker - von Lewinski, Informationsgesellschaft, 1997, S.
256.
483 Im Gegensatz zu den internationalen Vorgaben der WIPO-Verträge hat die europäische Leistungsschutzharmonisierung schon mit der Vermietrechtsrichtlinie, der Datenbankrichtlinie
sowie der Satelliten- und Kabelweiterleitungsrichtlinie die Nichtdiskriminierung zwischen
Audio- und Videoaufzeichnungen begünstigt. Die europarechtlich vorgeschriebene Ausdehnung des Verbotsrechts auf audiovisuelle Produktionen wird insofern kritisiert, als sie unangemessen die Interessen der Sendeunternehmen in Bezug auf die eigenen Filmproduktionen
beeinträchtigt, da praktisch alle Rundfunksendungen Bestandteile enthalten, die dem Leistungsschutzrecht der ausübenden Künstler und Tonträgerhersteller unterliegen; siehe Michel,
ZUM 2000, 425, 428. Ähnlich Flechsig, ZUM 1998, 139, 145, der für eine Ausnahmeregelung für Darbietende und Tonträgerhersteller plädiert, die das öffentliche Zugangsrecht zu ins
Netz gestellten Film- und Fernsehproduktionen vergütungsmäßig abgilt.
484 Ausgeblieben ist allerdings die Ausnahmemöglichkeit einer erweiterten Nutzung (neue Rundfunkdienste, On-Demand-Distribution) der Eigen- und Auftragsproduktion durch die Sendeunternehmen als Filmhersteller. Die Nicht-Einbeziehung dieser Ausnahme in den Listenkatalog der EU-Richtlinie zum Urheberrecht in der Informationsgesellschaft wurde stark kritisiert,
Flechsig, ZUM 2001, 1, 13.
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III. Sonderprobleme der digitalen Nutzung
Die technische Entwicklung macht die Übertragung von Aufführungen, die Vervielfältigung und Wiedergabe von Tonträgern sowie die Weiterverwendung von Sendungen besonders leicht und kostgünstig – und nicht zuletzt zunehmend attraktiv.
Die digitalen Reproduktions-, Zugriffs-, Sende- und Wiedergabemöglichkeiten haben weittragende Auswirkungen auf die Rechtslage der betroffenen Leistungsschutzberechtigten, was in Frage stellt, ob sie noch zeitgemäß sind.
1. Digitale Rundfunkübertragung
Die Internet-Ausstrahlung traditioneller Radioprogramme – öfters flankiert von
Navigationsinstrumenten –, Mehrkanaldienste, Webcasting, Push- und On-Demand-
Dienste stellen im digitalen Zeitalter die typischen Auswertungsformen von Tonaufnahmen dar. Ausübende Künstler und Tonträgerhersteller können zwar die Online-
Übertragung erschienener Musikproduktionen verbieten; im Bereich des Rundfunks
verbleibt es jedoch bei einem Vergütungsanspruch, den der Rechtsinhaber nur über
die damit beauftragte Verwertungsgesellschaft geltend machen kann. Zwischen der
interaktiven Zugänglichmachung einerseits und dem „broadcasting“ andererseits ist
bereits im Vorfeld der WIPO-Verträge ein klarer Trennungsstrich gezogen worden.
Da sowohl die Mehrkanalsendung in Form von Pay-per-View- und Near-on-
Demand-Diensten als auch die integrale Ausstrahlung von Rundfunksendungen im
Internet dem Sendebegriff zuzuordnen sind, kann die Verwendung von Handelstonträgern zu derartigen Sendezwecken nicht verhindert werden (sog. Sendeprivileg).
Trotzdem steht es den Mitgliedstaaten laut Art. 6 der Richtlinie über Satellitenrundfunk und Kabelweiterleitung frei, den Inhabern verwandter Rechte einen weitgehenden Schutz zu gewähren.
Über die Notwendigkeit eines gesonderten Ausschließlichkeitsrechts der aus-
übenden Künstler und Tonträgerhersteller für die Nutzung geschützter Leistungen in
Mehrkanaldiensten wurde vor dem Erlass der EU-Richtlinie zum Urheberrecht in
der Informationsgesellschaft bereits beraten.485 Die Online-Nutzung dürfte ihrer
Natur nach so intensiv sein, dass bezweifelt werden kann, ob der Vergütungsanspruch der ausübenden Künstler und Tonträgerhersteller für die öffentliche Wiedergabe für diese Art der Nutzung einen ausreichenden Schutz gewährt. Hinsichtlich
der digitalen Übertragungsformate, die jenseits der herkömmlichen Rundfunksendung liegen, sollte die Einführung von Ausschließlichkeitsrechten dem Interesse der
oben genannten Kreise an einer angemessenen Kontrolle und Entwicklung der Nut-
485 Die einschlägigen Diskussionen mündeten in die vereinbarte Erklärung zu Art. 15 WPPT,
nach der das Bestreben nach einer Sonderregelung für Mehrkanaldienste zum Ausdruck
brachte.
180
zung ihrer Primärmärkte am besten dienen.486 Aufgrund der Befürchtung, dass die
Verstärkung von speziellen Rechten das bestehende Rechtsgleichgewicht zwischen
Rechtsinhabern sowie zwischen Rechtsinhabern und Nutzern gefährden und sogar
die Einführung des digitalen Rundfunks behindern könnte, äußerte sich die große
Zahl der Mitgliedstaaten gegen die einschlägige Veränderung.487
2. Digitales Sampling
Da jeder Sampling-Vorgang nicht eine bloße Nachahmung, sondern vielmehr eine
originalgetreue oder veränderte Erzeugung bzw. Aufnahme von beliebigen akustischen Signalen darstellt, erfüllt er urheberrechtlich einen eigenen Tatbestand, der
sich dem Vervielfältigungs- und Verbreitungsrecht der Urheber und ausübenden
Künstler zuordnen lässt. Sofern der Musikproduzent mit dem Sample einen Musikbzw. Textteil in seine Musikproduktion kopiert, dem man eine hinreichende Schöpfungshöhe zusprechen kann, muss er also neben dem Urheberrecht der Autoren
(Komponisten und Textdichter) auch die Leistungsschutzrechte der in dem gesampelten Musikteil zu hörenden ausübenden Künstler erwerben. Für die Vergabe dieser
dem ausübenden Künstler zustehenden Rechte ist allerdings nicht seine Verwertungsgesellschaft zuständig; vielmehr liegen die einschlägigen Rechte bei seiner
Plattenfirma bzw. seinem Tonträgerhersteller. 488
Unter welchen Voraussetzungen die digitalisierte Aneignung von Klangfarben
(Sounds) oder kurzer Tonfolgen die damit zusammenhängenden Leistungsschutzrechte beeinträchtigt, bleibt in vielen europäischen Rechtssystemen weiterhin unklar.
Dabei kommt es lediglich darauf an, ob kleinste Darbietungs- bzw. Tonträgerteile
gerade noch eine schutzfähige Leistung aufweisen - das Vorliegen eines Ausschnitts
von nur wenigen Sekunden schließt eine schöpferische Leistung nicht von vornherein aus.489 Ferner wird angezweifelt, ob eine sinnvolle Abgrenzung zwischen kleinsten Tonpartikeln und substantiellen Teilen der Darbietung/des Tonträgers überhaupt
möglich sei.
486 Schäfer, FS Thurow, 1999, S. 95, 96 ff. Die Gewährung eines bloßen Vergütungsanspruchs ist
nur dort hinnehmbar, wo Musik in einem redaktionellen Programm ohne interaktive Elemente
gesendet wird, so Braun, ZUM 2005, 100, 103.
487 Initiativen zum Grünbuch über Urheberrecht und verwandte Schutzrechte der Informationsgesellschaft, KOM (96) 568 endg. v. 20.11.1996, S. 21 ff.
488 Tenschert, ZUM 1987, 612, 620. Das Sampling sollte unproblematisch eine Verletzung des
Vervielfältigungsrechts darstellen, da es weder als Zitat noch als freie Benutzung einzuordnen
ist. Gegen eine Qualifizierung gesampelter Klangfetzen als „leistungsschutzrechtliche Neuschöpfung“ wird das Argument angeführt, dass unternehmensbezogene Leistungsschutzrechte, wie die des Tonträgerherstellers, keinen schöpferischen Spielraum bieten, Dierkes, Die
Verletzung der Leistungsschutzrechte des Tonträgerherstellers, 2000, S. 24.
489 Ausführlich zur deutschen Rechtslage für ausübende Künstler und Tonträgerhersteller Häuser,
Sound und Sampling, 2002, S. 79 ff., 102 ff.
181
Grundsätzlich ist daran festzuhalten, dass der Rechtsschutz des ausübenden
Künstlers auch in Bezug auf Darbietungsteile besteht, auch wenn zumeist in Zusammenhang mit den einzelnen Rechten des ausübenden Künstlers nur die „Darbietung“, nicht jedoch ausdrücklich „Teile der Darbietung“ genannt werden. Nichtsdestotrotz zeigt sich die Lehre in Bezug auf den Schutz des ausübenden Künstlers vor
der unmittelbaren technischen Übernahme seiner interpretatorischen Leistung beim
Sampling gespalten. Entgegen der Auffassung, die abgesehen vom Gegenstand der
Aufnahme die Verletzung der Rechte der ausübenden Künstler stets anerkennt490,
geht eine andere These von einer werkabhängigen Rechtsposition der Darbietenden
aus: Werden nichterkennbare, an sich nichtschöpferische Teile einer Darbietung zu
Sampling-Zwecken vervielfältigt und anschließend verbreitet, kann der ausübende
Künstler als Werk-Interpret die einschlägige Nutzung nicht verhindern.491 Für die
Bewertung der gesampleten Gesangsausschnitte ist in der Regel auf die individuelle
Prägung der entnommenen Musikteile492 bzw. Textzeilen493 abzustellen. Unter Umständen werden sogar gewisse Aufführungselemente, wie z.B. eine markante Stimme, herangezogen, was eher bei „Vocalsamples“ der Fall ist. Ein einheitliches Bewertungssystem lässt sich schwer entnehmen; vielmehr ist es eine Frage der konkreten Fallgestaltung, ob der Musikproduzent mit seiner Produktion gerade auf den
Wiedererkennungseffekt des Samples beim Zuhörer setzt und der Zuhörer beim
490 Dabei wird erwogen, durch eine Gesetzesänderung auch Darbietungen von nicht schutzfähigen Werkelementen unter Schutz zu stellen; siehe Schricker – von Lewinski, Informationsgesellschaft, 1997, S. 229. Da Schutzgegenstand des Künstlerrechts nicht das dargebotene Werk,
sondern die Darbietung selbst sei, komme es nicht darauf an, ob gerade der vom Künstler dargebotene Werkteil die Schutzfähigkeit des Werkes begründet; siehe Möhring/Nicolini -
Kroitzsch, UrhG, 2000, § 73 Rn. 3. Rechtsprechung zu der Frage des Schutzes von Darbietungsteilen, die schutzfähige Werkteile betreffen, also insbesondere zum Sampling einzelner
Töne, gibt es noch nicht. Für die österreichische Rechtslage siehe Dittrich, RfR 2000, 1, 16,
der als Grundvoraussetzung des Leistungsschutzes nur die Darbietung eines schutzfähigen
Werkes der Tonkunst in seiner Gesamtheit befürwortet. Die Werkqualität eines dargebotenen
Musikteils stelle somit kein geeignetes Abgrenzungskriterium für die Gewährung oder Ablehnung des Leistungsschutzes. Vgl. hierzu Zanger, Leistungsschutz im digitalen Zeitalter, 1996,
S. 134; es komme nicht darauf an, ob gerade derjenige Teil des Werkes, den der Künstler darbiete, die Schutzfähigkeit des Werkes begründe, somit auch im Einzelfall der Leistungsschutz
greife, wenn die kopierte Darbietung einen ungeschützten Werkteil zum Gegenstand habe.
Den Wertungen der österreichischen Rechtsprechung folgend, nach der auch relativ kleine
Teile einer Sendung geschützt sind, ist weder das Vorliegen einer Originalität der Darbietung
noch eine bestimmte künstlerische Leistungshöhe Schutzvoraussetzung; siehe OGH v.
6.11.1990, MR 1990, 230 = GRUR Int. 1991, 653 – Oberndorfer Gschichtn und OGH v.
13.04.1999, MR 1999, 229 – Konflikte.
491 So Hertin, GRUR 1989, 578, 579; Tenschert, ZUM 1987, 612, 621; Alpert, ZUM 2002, 525,
532; für das österreichische Recht Graschitz, FS Dittrich, 2000, S. 151, 154 ff.
492 Während Einzeltöne in der Regel als allgemein zugänglich gelten, kann die Werkqualität von
Tonfolgen nicht von vornherein ausgeschlossenen werden.
493 Die deutsche Rechtsprechung hat bisher ganzen Textzeilen, die als Refrain oder durch sonstige Wiederholung das Thema eines Liedes tragen, keinen eigenständigen Werkcharakter zuerkannt, OLG Düsseldorf v. 1.12.1977, GRUR 1978, 640 ff. – fahr´n auf der Autobahn; LG
Frankfurt a. M. v. 2.12.1993, GRUR 1996, 125 ff. – Tausendmal berührt.
182
Hören der neuen Musikproduktion eine Verbindung zum fremden Musikstück herstellen kann.494
Eine ähnliche Debatte gibt es bezüglich der Rechtslage des Tonträgerherstellers.
Bereits bei der fremden Entnahme kleinster Teile eines Tonträgers und deren Einbau
in eine neue Musikproduktion wird nach herrschender Tendenz in der Fachlehre
eine Verletzung der organisatorischen, technischen und wirtschaftlichen Leistung
des Tonträgerherstellers angenommen.495 Das Einspeichern von Herstellerleistung in
die Klangspeicher der Sample-Computer sowie die Weiterverwendung des unveränderten Samples im Rahmen der Herstellung neuer Tonträger verstößt somit gegen
das den Herstellern ausschließlich vorbehaltene Vervielfältigungs- und Verbreitungsrecht. In diesem Zusammenhang liegt die Frage nicht fern, ob bei der Interessenabwägung dem ohnehin Marktstärkeren ein unangemessen starkes Recht verschafft wird.496 Womöglich aus solcher Skepsis heraus äußerte sich ein deutsches
Gericht für den eingeschränkten Schutz des Tonträgerherstellers und stellte keinerlei
messbare wirtschaftliche Beeinträchtigung der Rechte des Tonträgerherstellers bei
der Vervielfältigung kurzer Tonsequenzen fest.497 Mangels höchstrichterlicher
Rechtspraxis wird eine gesetzliche Regelung für verfrüht gehalten.498
494 Tyra, ZUM 2001, 49, 56. Die Beeinträchtigung des wirtschaftlichen Wertes ist zunächst keine
Verletzungsvoraussetzung; sie ist vielmehr ausschließlich bei der Frage nach der Höhe des
Schadenersatzes relevant.
495 Hertin, GRUR 1989, 578, 578; Schorn, GRUR 1989, 579, 579; Spieß, ZUM 1991, 524, 534;
Schulze, ZUM 1994, 15, 20; Schack, JZ 1998, 753, 754 ff.; Müller Bianca, ZUM 1999, 555,
558; Schramm, Sample-Computer und das Recht der Musik, 1992. Auch im österreichischen
Schrifttum herrscht darüber Einigkeit, dass auch die mittelbare Mitwirkung des Musikproduzenten an einer Darbietung vom Leistungsschutz erfasst wird; siehe Walter, in: Dittrich, Beiträge zum Urheberrecht III, ÖSGRUM Bd. 17 (1995), S. 106, 108.
496 Dem angeführten Argument, der Hersteller sei durch den Schutz kleinster Teile besser gestellt
als der Urheber selbst, kann man allerdings entgegenhalten, dass der Vergleich aufgrund zwei
völlig verschiedener Rechte bereits unstatthaft ist; so Weßling, Digitales Sound-Sampling,
1995, S. 161; Schricker - Dreier, Informationsgesellschaft, 1997, S. 230; übereinstimmend
Dierkes, Die Verletzung der Leistungsschutzrechte des Tonträgerherstellers, 2000, S. 25. Vgl.
auch Schaefer, in: Prütting/Reinbothe./Schöfisch/Becker/Junker/Gerth/Schäfer (Hrsg.), Die
Entwicklung des Urheberrechts im europäischen Rahmen, 1999, S. 119, 123: Die Tonträgerhersteller fordern keine neuen Rechte, um den technologischen Wandel aufzuhalten, sondern
um an ihm teilzunehmen.
497 OLG Hamburg v. 18.4.1991, GRUR Int. 1992, 390 ff. – Tonträgersampling. Die Frage einer
möglichen Verletzung der Rechte des Tonträgerherstellers bei der Entnahme ganzer Tonfolgen ließ das einschlägige Urteil allerdings offen; so die Kritik von Tyra, ZUM 2001, 49, 56 ff.
Einen engeren Schutz des Tonträgerherstellers befürwortet Hoeren, GRUR 1989, 580 ff., der
dem Tonträgerhersteller allein ein Abwehrrecht gegen Tonträgerpiraterie, nicht jedoch gegen
Sound-Piraterie zuerkennt; ähnlich Bortloff, ZUM 1993, 476, 478; vgl. schließlich Alpert,
ZUM 2002, 525, 533, der zwischen identischer und veränderter Übernahme von Soundpartikeln differenziert und bei bearbeiteten Samples keinen Leistungsschutz für die Tonträgerhersteller annimmt, da ihnen kein Bearbeitungsrecht eingeräumt wurde. Den Schutz des Herstellers gegen die unerlaubte Übernahme kleinster Teile des Tonträgers ist auch nach von Lewinski, in: Schricker (Hrsg.), Informationsgesellschaft, 1997, S. 230 ff., zu rechtfertigen, sofern
183
Im Rahmen der WIPO-Verträge war Zurückhaltung gegenüber dem Anliegen der
Tonträgerindustrie geboten, ein ausschließliches Bearbeitungsrecht auch zugunsten
ausübender Künstler und Tonträgerhersteller einzuführen. Als Argument für diese
Entscheidung wurde angeführt, dass der bestehende Rechtsschutz, nach dem den
Leistungsberechtigten ein Künstlerpersönlichkeitsrecht (Art. 5 WPPT) zugute
kommt, auch für die Veränderung von Tonaufnahmen mittels Sampling-
Technologie für ausreichend zu halten ist.499
3. Die Rechte des Sendeunternehmens an der digitalen Nutzung seiner Sendungen
Nur das Rom-Abkommen gewährt auf internationaler Ebene den Rundfunkanstalten
ausschließliche Rechte in Bezug auf die Aufzeichnung von Live-Sendungen, die
Vervielfältigung, die Weiterleitung und schließlich die Wiedergabe ihrer Sendung
an Orten, die der Öffentlichkeit gegen Zahlung eines Eintrittsgeldes zugänglich sind.
Den Weg zu einer aktuellen Revision und somit zu einem internationalen Abkommen über den urheberrechtlichen Schutz der Sendeunternehmen sollten noch einige
Vorschläge im Rahmen der WIPO-Verhandlungen hinsichtlich der Präzisierung des
Rundfunkbegriffs und des zu erfassenden Schutzgegenstandes ebnen, dennoch bisher ohne beträchtlichen Erfolg.500 Im Rahmen der 9. Sitzung des WIPO-
Expertenkommitees im Juni 2003 wurden die 1998 initiierten Verhandlungen vorangetrieben. Dabei wurde versucht, Begriffe wie „Rundfunksendung“ und „Rundfunkveranstalter“ zu präzisieren und nicht zuletzt bestehende Rechte an die Herausforderungen der Digitaltechnologie anzupassen. Während weitgehend Einigkeit über
die Einräumung eines umfassenden Vervielfältigungsrechts sowie des Rechts der
Zugänglichmachung besteht, weichen einzelne Vorschläge bei der Frage einer
Gleichstellung konventioneller Rundfunkanstalten und Webcasting-Organisationen
voneinander ab. Erst die 15. Sitzung des Expertenausschusses 2006 mündete in der
Entscheidung der Generalversammlung, den Zeitpunkt für eine diplomatische Konferenz zur Schließung eines internationalen Vertrags zum Schutz der Sendeunterman bereits darin eine schutzfähige Leistung von wettbewerblicher Eigenart erblickt; zustimmend Häuser, Sound und Sampling, 2002, S. 111 ff.
498 Vgl. Schricker - von Lewinski, Informationsgesellschaft, 1997, S. 231.
499 Hoeren/Sieber – von Lewinski, Multimediarecht, 2006, Teil 7.9 Rn. 52 ff.
500 Vgl. die einzelnem Länderberichte in: World Trade Organization (WTO), Standing Committee on Copyright and related Rights (SCCR), Protection of the Rights of Broadcasting Organisations, Ninth Session, Geneva, June 23 to 27, 2003 (SCCR/9/6); abrufbar unter
. In einer späteren Konferenz wurden mehrere Vorschläge für einen
dem WPPT nachgebildeten internationalen Vertrag zum Schutz der Sendeanstalten in einem
konsolidierten Text der Öffentlichkeit präsentiert, wobei ein Basisvorschlag noch ansteht; siehe hierzu World Trade Organization (WTO), Standing Committee on Copyright and Related
Rights (SCCR), Protection of the Rights of Broadcasting Organisations, Eleventh Session,
Geneva, June 7 to 9, 2004 (SCCR/11/3); abrufbar unter . Mehr hierzu
Sidler, sic! 2006, 904 ff.
184
nehmen auf den Zeitraum vom 11. Juli bis zum 1. August 2007 festzulegen. Einige
Monate zuvor war entschieden worden, Webcasting und Simulcasting aus dem Gültigkeitsbereich des Vorschlagsentwurfes für einen Vertrag über den Schutz der Sendeanstalten auszuschließen.
Über den traditionellen internationalen Leistungsschutz hinaus gehen die Vorschriften der EU-Richtlinie zum Urheberrecht in der Informationsgesellschaft, die
nicht nur jede Sendeform - ob drahtlos oder drahtgebunden, terrestrisch oder über
Satellit, verschlüsselt oder nicht –501, sondern auch den Personenkreis der Kabelsendeunternehmen in den Schutz miteinbeziehen, soweit deren Tätigkeit sich nicht
ausschließlich auf die Kabelweiterleitung beschränkt.502 Zudem verstärken die gemeinschaftsrechtlichen Vorschriften die Rechte der Rundfunkanstalten durch die
Gewährung des Verbreitungsrechts und nicht zuletzt des Rechts der öffentlichen
Zugänglichmachung. Eine an die aktuellen technisch-wirtschaftlichen Gegebenheiten angeglichene Neufassung des Rechts der öffentlichen Wiedergabe von Sendungen im Wege des Rundfunks bleibt hingegen aus.
Ebenso verwehrt bleibt ein Vergütungsanspruch der Sendeunternehmen für die
private Vervielfältigung seiner Sendungen.503 Das Leistungsschutzrecht des Sendeunternehmens wird zwar denselben Beschränkungen wie das Urheberrecht unterworfen, so dass die private Vervielfältigung von Sendungen als zulässig gilt; eine
Vergütung für die gesetzlich gestattete Nutzung ist jedoch nicht vorgesehen. Mit der
Ausdehnung des Rechts der öffentlichen Zugänglichmachung auf Sendeunternehmen und die Einführung des Leistungsschutzes ins digitale Zeitalter stellt sich allerdings die Frage, inwieweit die wachsende Zahl privater Überspielungen auf digitalem Wege für den Bereich der Sendeunternehmen mit Blick auf das gesamte von
ihnen gesendete Programm tiefgreifende Änderungen in deren Rechtslage mit sich
bringt und ob ein Ausschluss der Rundfunkanstalten von der Pauschalvergütung der
Geräte- und Leermedienabgabe sich angesichts der technischen und wirtschaftlichen
Rahmenbedingungen durch das herkömmliche Argument mangelnder schutzwürdiger Interessen aufrechterhalten lässt.
Im Rahmen der Novellierung der nationalen Urheberrechtsgesetze wird auf die
Beteiligung der Sendeunternehmen am Vergütungsaufkommen verzichtet. Eine
solche Regelung wird weder als europarechtlich geboten angesehen504 noch lässt sie
sich mit dem Gleichheitsgrundsatz rechtfertigen. Denn im Gegensatz zu vergütungs-
501 In Anlehnung an Art. 2 lit. f) WPPT.
502 Die relevanten Vorschriften finden sich in erster Linie in der Vermiet- und Verleihrechtsrichtlinie; die Satellitenrichtlinie stellt lediglich klar, dass die Vorschriften der Vermietrechtsrichtlinie auch auf Satellitensendungen anwendbar sind.
503 Den Ausschluss der Sendeunternehmen vom Vergütungsaufkommen bestätigte das deutsche
Bundesverfassungsgericht, BVerfG v. 23.03.1988, NJW 1988, 1715.
504 Siehe Erwägungsgrund Nr. 35 der Info-Richtlinie, woraus sich die Rechtmäßigkeit der kompensationslosen Schrankenbestimmung ergibt. Vgl. aber Götting, Beteiligung der Sendeunternehmen, 2004, S. 51, demnach die im Erwägungsgrund enthaltene „Bagatellklausel“ bei Sendeunternehmen angesichts Art. 5 (2) lit. b) der Vermietrechtsrichtlinie 92/100/EG nicht eingreift.
185
berechtigten Tonträger- und Filmherstellern greift die private Aufzeichnung von
Rundfunksendungen nicht in den Kernbereich der auf öffentliche Wiedergabe und
Weitersendung gerichteten Tätigkeit von Sendeunternehmen ein. Außerdem erhalten
Sendeunternehmen, die gleichzeitig als Tonträger- oder Filmhersteller in Bezug auf
Eigenproduktionen agieren oder über abgetretene Rechte verfügen, bereits eine
Beteiligung für die private Aufzeichnung, so dass ein zusätzlicher finanzieller Ausgleich aufgrund des Leistungsschutzrechts nicht sachgerecht wäre.505 Auch aus verfassungsrechtlichen Gründen ist eine Beteiligung der Sendeunternehmen an der
Geräte- und Leerträgervergütung nicht geboten. Zwar ist grundsätzlich auch das
Leistungsschutzrecht der privaten Sendeunternehmen als Eigentum geschützt. Den
öffentlich-rechtlichen Sendeunternehmen kommt deshalb jedoch keine Grundrechtsfähigkeit zu, denn Inhalt des (geistigen) Eigentums und damit auch des Leistungsschutzrechts bleibt dem Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers unter entsprechender Interessenabwägung und Verhältnismäßigkeitsprüfung überlassen.506 Demnach
erscheint es nach bisher herrschender Tendenz sachgerecht, die Sendeunternehmen
auch weiterhin nur für die Vervielfältigung von Filmen und anderen urheberrechtlich geschützten Inhalten an der pauschalen Vergütung insoweit zu beteiligen, als
die Sendeunternehmen als Tonträger- oder Filmproduzenten bzw. als Veranstalter
fungieren oder sie die entsprechenden Rechte erworben haben.507
505 Zum Ausdruck kommt noch das sog. „Gebührenargument“, wonach die öffentlich-rechtlichen
Fernsehanstalten über erhebliche Gebühreneinnahmen verfügen, sowie das „Verteilungsargument“ als Einwand, dass eine Beteiligung der Sendeunternehmen an der Pauschalvergütung
zwangsläufig zu Lasten der schöpferisch tätigen Urheber- und Leistungsschutzberechtigten
gehen würde; eingehend Götting, Beteiligung der Sendeunternehmen, 2004, S. 29 ff.
506 Auch mit Hinblick auf den Schutz der Rundfunkfreiheit scheint eine Beteiligung der Sendeunternehmen an dem Vergütungsaufkommen nicht geboten, es sei denn, ohne die Teilhabe am
Vergütungsaufkommen könnte eine funktionsgerechte Finanzierung nicht gesichert werden,
was wiederum in der Zeit des Privatfernsehens kaum der Fall ist; so die amtliche Begründung
zum deutschen RefE v. 27.09.2004 für ein Zweites Gesetzt zur Regelung des Urheberrechts in
der Informationsgesellschaft, S. 25 ff., abrufbar unter (Letzter Abruf: 26.03.2005). Vgl. auch BVerfG v. 23.03.1988, NJW 1988, 1715 - Grundrechtsschutz für
öffentlich-rechtliche Rundfunkanstalten, welches den Ausschluss der Sendeunternehmen vom
Vergütungsaufkommen für rechtens erklärte.
507 Siehe z.B. § 54 i.V.m. §§ 81, 84, 85, 94, 95 DE-UrhG; zur eingehenden Darstellung von
Rechtslage und Problematik siehe von Münchhausen, Der Schutz der Sendeunternehmen,
2000, S. 249 ff., 262 ff. Anderer Ansicht Götting, Beteiligung der Sendeunternehmen, 2004,
S. 37, der dieser Betrachtungsweise - unter Hinweis auf die BGH-Rechtsprechung - den Einwand der Unabhängigkeit des Senderechts von anderen Leistungsschutzrechten entgegenbringt.
186
IV. Rechtslage der Verleger und Multimediahersteller
Mit Ausnahme Großbritanniens wird den Verlegern kein Leistungsschutz zuerkannt,
was teilweise als systemwidrig angesehen wird.508 Auch im digitalen Umfeld bleibt
bislang jegliche Form der verlegerischen Tätigkeit weiterhin außerhalb des Leistungsschutzes. Die Auswirkungen der digitalen Technologie auf das Urheberrecht
sind allerdings auch beim Verlagswesen - ungeachtet etwaiger Reformen des Urhebervertragsrechts - spürbar. Vor allem die Auswirkung der neuen Reproduktionsverfahren auf die wirtschaftliche Lage der Verlage drängt auf die zeitgemäße Ausgestaltung eines wettbewerbsorientierten Schutzinstrumentariums zugunsten der derivativen Rechtsinhaber, welches als Antwort auf die Gefährdung von deren
Investitionen gedacht ist.
In Frankreich, das als die Wiege eines stark persönlichkeitsrechtlich geprägten
Urheberrechts gilt, liegen die Anfänge des droit d’auteur gleichfalls im Privilegienschutz der Verleger des 16. Jahrhunderts begründet. Dort werden die Verleger durch
die Neuregelung von Art. L. 311-1 CPI den Urhebern und Leistungsschutzberechtigten insofern gleichgestellt, als sie am Vergütungsaufkommen aus der Urheberrechtsabgabe für digitale Aufnahmemedien teilnehmen.509 Die tatsächliche Einbeziehung
digitaler Speichermedien in die einschlägige Vergütungspflicht steht noch an. Bislang wurde seitens der Commission de la copie privée allein eine Vergütung für
Computerdisketten mit einer nominellen Speicherkapazität von 1,44 MB in Höhe
von € 0,0015 festgelegt.510
Erwähnenswert ist ferner, dass auch in Deutschland im Rahmen des Zweiten Korbs den Verlegern „eine Art Leistungsschutzrecht“ gewährt wird (§ 63a Satz 3
DE-UrhG). Die einschlägige Vorschrift soll gewährleisten, dass auch Verwertern,
auf deren verlegerische Leistungen die tatsächliche Entstehung erheblicher Tantiemen zurückzuführen ist, einen Anspruch auf angemessene Beteiligung zusteht. Das
grundsätzliche Anliegen des Schutzes des Urhebers vor Übervorteilung soll freilich
bei der vorzunehmenden Änderung gewahrt bleiben.511
508 Hilty, UFITA Bd. 116 (1991), 40 ff. Zum "publisher's right", das durch § 1 (1) CDPA 1988
noch verstärkt wurde, siehe Cornish/Llewelyn, Intellectual Property, 2003, Rn. 13-17 ff.; ausführlich zum Thema mit rechtsvergleichendem Bezug Soetenhorst, GRUR Int. 1989, 760, 764
ff.
509 Lucas/Lucas, Traité de la propriété littéraire et artistique, 2001, Rn. 810.
510 Entscheidung der Kommission v. 10.06.2003, JO v. 2.07.2003, S. 11121.
511 § 63a DE-UrhG schreibt vor, dass der Urheber auf gesetzliche Vergütungen im Voraus nicht
verzichten, sondern nur an eine Verwertungsgesellschaft abtreten kann. Dies hat in der Praxis
zu Schwierigkeiten geführt: Die Verleger wurden bei der Verteilung der Pauschalvergütung
durch die Verwertungsgesellschaften nicht berücksichtigt, da sie nach geltender Rechtslage
keine gesetzlichen Vergütungsansprüche innehaben durften. Die Schmälerung des Anteils der
Verleger empfindet der deutsche Gesetzgeber nicht mehr als sachgerecht und schlägt eine angemessene Beteiligung der Verleger am Vergütungsaufkommen als Konsenslösung vor, ohne
auf den Schutz der Urheber im Vertragsverhältnis als vornehmste Aufgabe zu verzichten; Begründung zum RefE v. 27.09.2004 für ein Zweites Gesetz zur Regelung des Urheberrechts in
187
Vorab ist festzuhalten, dass dem Hersteller der Digitalisierung vorbestehender
Werke kein Leistungsschutz zuteil wird. Sein Aufwand besteht nicht in einer erstmaligen Herstellung wie beim Tonträgerhersteller, sondern erschöpft sich in einer blo-
ßen Vervielfältigung. Kommt hingegen ein neues Werk auf digitalem Wege zustande, wird der Hersteller der eigenständigen Schöpfung als Urheber geschützt.512 Anders sieht die Rechtslage für den Multimediahersteller aus, dem bereits ein
Leistungsschutz zuerkannt wird - ungeachtet der Leistungsschutzrechte der am Multimediawerk mitwirkenden Interpreten. Maßgeblich für die Reichweite seiner Rechte
ist die Qualifizierung des CD-ROM-Herstellers als Tonträger-, Film- oder Datenbankhersteller; die jeweilige Einordnung knüpft an unterschiedliche Sondervorschriften an, was zu Unschärfen hinsichtlich der Konkretisierung des Schutzumfangs
führen kann.513
3. Abschnitt: Die Anpassung des britischen Copyright-Systems an die Herausforderungen der digitalen Werkverwertung im Vergleich zu Kontinentaleuropa
A. Copyright als dogmatischer Ausgangspunkt
Gegenüber der Droit d’auteur-Tradition, nach der die Person des Urhebers, sei es als
schöpferisches Individuum oder eingebunden in sein soziales Umfeld514, als zentrale
Figur gilt, ist unter Copyright das Recht an der Copy, dem Werk, zu verstehen. Das
Copyright ist nicht darauf bedacht, die kreative Tätigkeit, sondern das Können und
die am Arbeitsergebnis investierten Bemühungen ("skill and labour") zu belohnen.515 Grundstein des Copyright ist das Ergebnis der Leistung, so dass der Schutz
weniger auf die Wahrung der Rechte des Urhebers und mehr auf die sog. soziale
„utility“ und die wirtschaftlichen Aspekte der Werknutzung ausgerichtet ist. Insoder Informationsgesellschaft, S. 65 ff., abrufbar unter (Letzter Abruf: 26.03.2005).
512 Schack, JZ 1998, 753, 754; hinsichtlich der multimedialen Bearbeitung von Filmwerken siehe
Kreile/Westphal, GRUR 1996, 254, 255.
513 Dreier, 48 Copyright World 36, 37 (1995); vgl. Hoeren, CR 1994, 390, 391 ff. Sollte der
Multimediahersteller beispielsweise den Schutz für Tonträgerhersteller beanspruchen, muss er
daher die Erstaufnahme einer Darbietung oder Tonfolge (Masterband) vorgenommen haben;
Schricker – Vogel, UrhR, 2006, § 85 Rn. 21; vgl. Möhring/Nicolini - Kroitzsch, UrhG, 2000, §
85 Rn. 10 f.; Fromm/Nordemann - Hertin, UrhR, 1998, §§ 85/86 Rn. 3.
514 Der humanistischen, individualistischen Konzeption des Urheberrechts ist man vor allem in
der französischen Rechtsprechung verhaftet, während das deutsche Urheberrecht sozialer geprägt ist. Im deutschen Schrifttum wird nämlich betont, dass der Urheber seine schöpferische
Tätigkeit nicht losgelöst von seiner Umwelt entfaltet.
515 Sterling, World Copyright Law, 2003, Rn. 16.06.
Chapter Preview
References
Zusammenfassung
Die Anpassung der kollektiven Wahrnehmung von Urheberrechten durch die Verwertungsgesellschaften an das digitale Zeitalter gewinnt zunehmend an Brisanz. Diese rechtsvergleichende Studie nimmt den Urheberrechtswandel in vielen Ländern Europas unter die Lupe, um anschließend die rechtlichen Rahmenbedingungen und die Wahrnehmungspraxis ausgewählter Verwertungsgesellschaften zu untersuchen. Nachgezeichnet werden dabei die Konturen einer gemeinschaftsweiten Rechtewahrnehmung, vor allem im Bereich der Online-Lizenzierung. Dazu wird der Frage nach Handlungsoptionen für eine gestärkte Rolle der Verwertungsgesellschaften in einer stets wandelnden Medienlandschaft nachgegangen.